Sprung zurück in der Zeit zu Dienstag und Mittwoch, als ich vom Kamm der Pyrenäen auf der französischen N116 hinuntergefahren bin. Der Plan war eigentlich, von der Nationalstraße abzufahren, bevor sie vor Millas zur Autobahn wird (iiich bin Autobahnhasser!). Aber Schnupp!, war es doch passiert, also die nächste Ausfahrt wieder hinaus und in Ille-sur-Têt auf dem Parkplatz des Carrefour mit rudimentärem Womoservice übernachtet. Genug gefahren für heute!
Am nächsten Tag, also Mittwoch, einen kleinen Hüpfer rückwärts, um die am vorigen Abend verpaßte Abzweigung zur D618 zu ergattern, die sich auf der Karte so anheimelnd südwärts nach Amélie-les-Bains windet, aber anscheinend nicht ausgeschildert ist. Orientierung Bouleternère und mit Pfadfindergespür auf die D618 vers Amélie ~ und Bingo!
Eine Straße, wie wir sie lieben. Ohne irgendwelche weiße oder gelbe Markierungen auf der ungehobelten Fahrbahn windet sich das schmale Sträßchen durch die Vorbergzone entlang des Le Boulé / El Bolès mal direkt am Flüßchen entlang, mal weiter oben am Hang. Keine Blechleisten zur Absturzverhinderung, wo es etwas kniffliger wird, säumen niedrige, oben rundliche Natursteinmäuerchen die Fahrbahn auf der abwärts orientierten Seite. Die kleinen Brücken zieren Geländer aus Gußeisen und rundem Rohr, nicht aus eckigen Profilen zusammengeschweißt.
Und so föhnt sich der alte Herr Magirus mit seinem großen, luftgekühlten Motor im niedrigen Gang durch eine Landschaft, die durch den Kontrast von bemosten Kork- (tatsächlich!) und Steineichen mit ihrem dunkelkühlgrünen und anderen nicht-nur-Eichen mit frischem, in der Sonne leuchtend hellgrünen Blättern geprägt ist. Die Nadel des Drehzahlmessers pendelt zwischen fünfzehnhundert und achtzehnhundert Touren, der Tacho um die dreißig Km/h. Bei Begegnung mit einem der zur Zeit gerade ausgeschwärmten Schulbusse muß einer der Kombattanden unter Umständen zurücksetzen, damit das noch paßt, bei PKWs reicht normalerweise ein vorsichtiges aneinander vorbeischleichen 🙂
Touristisch nennt sich die Straße irgendwann ‚Route des Colles‘, Strecke der Pässe, und so mäandern wir bergauf, bergab durch das Rousillon, im Westen immer wieder mit Blick auf das Schneehäubchen des Pic du Canigou mit seinen zweitausendsiebenhundertvierundachtzig Metern Höhe. Die Beschilderung wie in Katalonien zweisprachig, nur diesmal nicht spanisch-kastilisch/katalan, sondern französisch/Oc, die gallische Variante der mediterranen Mundart. Das Europa der Regionen ist bedeutend bunter als das Europa der Nationen 😉
Auf dem letzten Drittel der Stecke wird es zwar etwas moderner, mit sporadisch auftauchenden Leitplanken und Brückengeländern aus Vierkantrohr, aber immer noch eine wunderschöne Fahrt ~ mit aller Konzentration aufs Chauffieren, und deshalb ohne Photos.