Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen

Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen
Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen

Am Kap der Ziegen, keine Ziege in Sicht. Kein Wunder, es stürmt und nieselt, alles grau in grau, bei dem Wetter würde ich als Ziege auch im Stall bleiben. Als Vagabund und Blogger, der nach Tagen am Standplatz wieder mal halbwegs ordentliches Netz hat, werde ich zu Busse bleiben und die Einträge der letzten Tage vor dem offensichtlich kurz bevorstehenden Untergang der Bretagne nachholen . . . 😉

Abteilung I ~ Cimetière du Bateaux

* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *

Auf der Fahrt von Locmicélic nach Lorient neugierig gemacht durch Schilder zum Cimetière du Bateaux ~ was mochte das wohl sein? Eine Entdeckungsfahrt ab auf eine kleine Landstraße und dann ganz schmal steil hinab zum letzten Ausläufer der Bucht des Flußes Le Blavet, und da liegen sie: Boote und Schiffe aus alten Zeiten, versunken im Schlick in unterschiedlichen Graden der Auflösung . . .

* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *
Cimetière du Bateaux
Cimetière du Bateaux
Cimetière du Bateaux ~ Deck und Aufbauten hochgesprengt?
Cimetière du Bateaux ~ Deck und Aufbauten hochgesprengt?
* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux ~ Abschiedsbild am Morgen *
* Cimetière du Bateaux ~ Abschiedsbild am Morgen *
Sidecar ~ die Quelle im Wald
Sidecar ~ die Quelle im Wald

Abteilung II ~ Ubootbunker der Deutschen in Lorient

* Ubootbunker in Lorient ~ die Boote konnten direkt ins Dock einfahren *
* Ubootbunker in Lorient ~ die Boote konnten direkt ins Dock einfahren *

Das war ein Tip von Heike (danke, nicht nur für diesen). In Lorient war die Ubootflotte des dritten Reichs stationiert, von hier aus schwärmten die Boote aus, um Verderben über den Atlantik zu bringen. Zuerst für die Schiffe der Alliierten, mit der Zeit und den technischen und taktischen Fortschritten der Gegner neigte sich das Verderben eher den Booten selbst zu . . .

* nicht deutsch ~ französisches Uboot Flore *
* nicht deutsch ~ französisches Uboot Flore *
vor dem Bunker von den Deutschen versenkte Schiffe, zur Abwehr von Fliegertorpedos
vor dem Bunker von den Deutschen versenkte Schiffe, zur Abwehr von Fliegertorpedos
Torpedo, im Hintergrund Wasserbombe zur Ubootbekämpfung
Torpedo, im Hintergrund Wasserbombe zur Ubootbekämpfung

Die Stadt Lorient litt in der Zeit des zweiten Weltkriegs sehr unter den wegen des Ubootstützpunktes geflogenen Luftangriffe der Aliierten; während die Anlagen selbst kaum Schaden erlitten, wurden einige Stadtteile fast komplett zerstört. Und immer noch belastet die Anlage das Stadtsäckel, sowohl Abriss wie auch Erhalt kosten zu viel Geld. So werden einige Teile zivil genutzt, unter anderem als Hafen und Werft auch für große Sportboote, und auch als Ziel für Touristen . . .

Rückwand des Bunkers ~ an den Stahlnetzen zum Schutz vor herabbröselnden Betons wächst Efeu
Rückwand des Bunkers ~ an den Stahlnetzen zum Schutz vor herabbröselnden Beton wächst Efeu

Das führt uns direkt zur

Abteilung III, schnelle Trimarane . . .

Während der alte Herr Magirus am Quai mit dem witzigen Namen ‚Boulevard Pourquas Pas‘ (wieso auch nicht) hinter dem Bunker geparkt das Ende meiner Exkursion abwartete, ist die vordere Straße nach dem französischen Einhandsegler und Konstrukteur Eric Taberly benannt. Auf dem Gelände ist die Cité de la Voile Eric Taberly entstanden, ein Multimediamuseum über die Seesegelei, und hier gibt es auch die Werften, die die großen, schnellen Rennkatamarane und Trimarane zusammenlaminieren und warten. Ich konnte zusehen, wie ein chinesischer Riesentrimaran am Kran baumelte und dann auf einem Tieflader abgelegt wurde. Der Transport über öffentliche Straßen scheint ausgeschlossen, der ganze Act wahrscheinlich nur für einen kosmetischen Besuch auf der Werft . . . man gönnt sich ja sonst nichts 😉

Quingdao China, am Kran ~ auf den Tieflader im Vordergrund soll der Riese
Quingdao China, am Kran ~ auf den Tieflader im Vordergrund soll der Riese

Der chinesische Einhandsegler Guo Chuan hat den 97 Fuß (knapp 30 Meter) langen Trimaran, der früher IDEC hieß und mit dem der Franzose Francis Joyon 2007/08 in 57 Tagen, 13 Stunden, 34 Minuten und 6 Sekunden einhand, das heißt alleine, und nonstop um die Welt segelte (Weltrekord! ;)) gekauft und nach seiner Heimat Quingdao genannt. Er will damit durch die Nordostpassage, das heißt das arktische Meer nördlich Sibierien segeln . . . Guo selbst hat übrigens in einem Einrumpfboot, einem Class 40 monohull, 2012 von Qingdao in 137 Tagen, 20 Stunden, 1 Minute und 57 Sekunden die Welt umsegelt. Die Sekunden sind dabei wohl das Wichtigste.

Quingdao China am Haken vor dem Ubootbunker
Quingdao China am Haken vor dem Ubootbunker
Quingdao China am Haken
Quingdao China am Haken

Die Zeit, in Sekunden bemessen . . . damals, als mich das Einhandsegeln faszinierte, da war die Frage noch, ob eine nonstop Einhand-Weltumsegelung überhaupt möglich ist. Der Franzose Bernard Moitessier und sein Buch ‚La long Route – Seul entre mers et ciels‘, die deutsche Übersetzung eher etwas verunglückt ‚Der verschenkte Sieg‘ beschreibt seine Weltumrundung 1968/69, die deshalb nicht als ‚echte‘ Weltumsegelung gilt, weil er den Äquator nicht zweimal kreuzte, sondern, schon auf dem Rückweg nach Europa, im Südatlantik kehrtmachte und nochmal um Kap Hoorn, nochmal unter Australien und Neuseeland hindurch nach einer anderthalbfachen Weltumsegelung in Tahiti landete, um den Streß der Siegerehrung für den Sunday Times Golden Globe Challange zu vermeiden und seinen Frieden zu finden. Mehr oder weniger überredet dazu, die eh geplante Fahrt im Rahmen eines Wettbewerbs auszutragen, zog er die Reißleine und verabschiedete sich aus der Regatta, die seine eher spirituelle Motivation konterkarierte. Von den ursprünglich neun Teilnehmern beendete damals nur der Engländer Robin Knox-Johnson die Regatta nach den Regeln der Zeitung, die anderen mußten aufgeben. Einer, Donald Crowhurst, beging wohl Selbstmord, nachdem er, den Atlantik nie verlassend, aber regelmäßig Funksprüche eine vollständige Erdumrundung vorgebend sendend, die psychische Belastung dieser Lüge nicht mehr ertrug . . .

Ist die Machbarkeit erstmal bewiesen, sucht man sich neue Herausforderungen. Zweimal nonstop, dreimal (Jon Sanders) ~ gegen den Wind (Chay Blyth), (Wilfried Erdmann) ~ und dann geht’s nur noch um die Zeit und Geschwindigkeit. Moderne Renntrimarane und Katamarane erreichen über 37 Knoten, um die 70 Km/h, inzwischen ist der Stand der Technik der Katamaran, der auf Hydrofoils über dem Wasser schwebt . . . diese Maschinen verzeihen aber keine Fehler, auch nicht die kleinsten.

Oder man segelt eben die Nordostpassage mit einem Trimaran, viel Erfolg, Guo Chan!

Update im November 2016:
Guo Chuan ist bei dem Versuch, einen neuen Rekord bei der Einhand-Überquerung des Pazifiks seiner Liste der Rekorde hinzuzufügen, anscheinend über Bord gegangen. Dabei scheint seine Sicherungsleine direkt am korrekt eingehängten Karabinerhaken gebrochen zu sein ~ damit hatte er keine Chance mehr, an Bord des schnellen Trimarans zurückzukommen. Näheres gibt es hier und hier zu lesen . . .

Lassen wir das Thema, das wohl die meisten von euch eh nicht interessiert, und gehen zur

Abteilung IV, Point de Raz,

der wohl westlichsten Position dieser Reise. Obwohl, mal sehen, der Point St-Mathieu bei Brest sieht auf meiner Karte auch sehr westlich aus, ich werde dann mal das GPS konsultieren 😉

* Point du Raz *
* Point du Raz *
Point du Raz am Horizont in der Mitte
Point du Raz am Horizont in der Mitte
gegen die Abendsonne, Bucht beim Point du Raz
gegen die Abendsonne, Bucht beim Point du Raz

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Jetzt Frühstück, es ist gleich halb eins . . .

Obelix war fleißig!

* Blick über die Bucht vom Dolmen de Pierres Plates, bei Locmariaquer *
* Blick über die Bucht vom Dolmen de Pierres Plates, bei Locmariaquer *
Proa in der Bucht von Kerner, trockengefallen bei Ebbe
Proa in der Bucht von Kerner, trockengefallen bei Ebbe

Wie ja allgemein bekannt ist, hat Obelix, der Gallier, die ganzen Hinkelsteine, gallisch Menhir, in der Bretagne aufgestellt, und er konnte das, weil er als Kind in den Zaubertrank gefallen ist 🙂 Jedenfalls stolpert man hier alle paar Meter über einzelne und Ansammlungen von Hinkelsteinen. Man hat hier keine Gartenzwerge vor dem Haus, wer auf sich hält, leistet sich einen Hinkelstein, und wenn es ein zerbrochener ist, oder gleich einen Steintisch . . .

Hinkelstein vor dem Haus ~ leider zerbrochen, der vordere Teil gehört auf den hinteren. Reparatur mit Stahlstange war wohl erfolglos (Locmariaquer)
Hinkelstein vor dem Haus ~ leider zerbrochen, der vordere Teil gehört auf den hinteren. Reparatur mit Stahlstange war wohl erfolglos (Locmariaquer)
oder lieber gleich ein Steintisch? (Carnac)
oder lieber gleich ein Steintisch? (Carnac)
* Steinreihen bei Erdeven *
* Steinreihen bei Erdeven *

Wenn alle zusammenlegen, kann sich eine Gemeinde auch eine größere Hinkelsteinsammlung zulegen. Allerdings sollte man vorausschauend die zukünftige Verkehrsführung bedenken, damit man nicht einen Teil wieder für eine Straße entfernen muß, wie in Erdeven, wo die D781 durch die Steinreihen führt.

* Steinreihen bei Erdeven ~ mit Straße *
* Steinreihen bei Erdeven ~ mit Straße *

Jedenfalls gabs über das verlängerte Pfingstwochenende, das ich in Carnac und in Locmariaquer verbracht habe, Menhire satt. In Locmariaquer ist auch der größte aller Hinkelsteine zu bewundern, allerdings leider in vier Teilen, der Grand-Menhir-Brisé, der am Stück 20einhalb Meter lang war und aufgerichtet, die unteren zwei Meter im Erdboden versenkt, immer noch 18einhalb Meter in den Himmel ragte, ein Hochhaus von sieben Stockwerken! Wenn man dann noch bedenkt, daß dieser Koloß von Stein mit einem Gesamtgewicht von etwa 280 Tonnen aus dem zehn Kilometer entfernten Auray herbeigeschafft wurde ~ ungefähr vor sechseinhalbtausend Jahren!. Ein Transport über Land eines solchen Trumms wäre auch heute noch, mit moderner Technik, eine logistische Herausforderung . . .

le grand Menhir brisé aus der Entfernung über den Zaun hinweg
le grand Menhir brisé aus der Entfernung über den Zaun hinweg

Ich war an diesem Dienstag wohl ~ ausnahmsweise ~ zu früh dran. Nachdem ich die ‚archäologische Zone‘ erstmal entdeckt hatte, die gut versteckt (damit niemand den Menhir wegguckt?) hinter Zaun und hohen Hecken liegt, war das Eingangstor gut verschlossen ohne irgendeinen Hinweis auf Öffnungszeiten. Es war halb zehn, wie ich hinterher im Internet feststellte, ist zur Zeit ab zehn geöffnet. Ich tapperte nicht alleine um das Gelände herum, es gab noch drei andere herumirrende Pärchen. Nachdem ich über eine Lücke in der Hecke nur ein Bild über große Distanz ergattern konnte, entschloß ich mich schließlich, kurzentschlossen über ein Tor illegal in das Gelände einzusteigen, um ein Bild aus der Nähe zu bekommen. Die Ruhe und die Gelassenheit waren allerdings beschränkt, sodaß ich den eindrucksvollen Innenraum des Table de Marchand, der sich ebenfalls auf dem Areal befindet, leider verpaßt habe . . .

le grand Menhir brisé
le grand Menhir brisé
* le grand Menhir brisé *
* le grand Menhir brisé *

Was mag die Menschen in dieser Zeit wohl zu so einer kollektiven Kraftanstrengung bewegt haben? Wohl mag die im Lauf der gewachsenen Erfahrung nach dem Motto ‚wir können das, und wir sind stolz darauf, also machen wir das!‘ eine große Rolle gespielt haben. In für uns historisch überschaubarer Zeit gab es vergleichbar die Errichtung der großen Kathedralen, den ideellen Hintergrund lieferte da eine Religion (in diesem Fall christliche, ähnlich aber auch im arabisch-muslimischen oder fernöstlichen), die Resource Mensch stark hierachisch geprägte Machtstrukturen. Die meisten Menschen arbeiteten aber wohl freiwillig mit, als Teil eines Kollektivs mit einer gemeinsamen Idee . . . was die Megalithkultur betrifft, wissen wir darüber so gut wie gar nichts, da es keine schriftlichen Zeugnisse aus dieser Zeit gibt. In den wenigsten Dolmen wurden Gräber entdeckt, die wohl auch aus späteren Zeiten stammen könnten, so daß sogar die Theorie, es handle sich um Grabanlagen (ähnlich den ägyptischen Pyramiden), auf einigermaßen wackligen Füßen steht. Die ganze Megalithkultur ist ein großes schwarzes Loch, nichts genaues weiß man nicht. Und wie jedes Loch reizt das Hinz und Kunz, dieses Loch mit seiner eigenen Phantasie zu füllen ~ was Hinz und Kunz auch tut . . .

Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
im Inneren des Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
im Inneren des Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)

Die Dolmen, das, was wir in der einfachsten und kleinsten Form als Steintisch kennen, waren dabei ursprünglich mit einem Erdhügel bedeckt, also von außen eher unscheinbar. Erst später wurden sie ~ zum Teil ~ freigelegt, Steine auch schon mal als Baumaterial geräubert; in den letzen Jahrhunderten auch durch nicht immer sensible ‚archäologische‘ Forschungen, die mehr Schatzsuche waren. Der oben abgebildete Dolmen Mané Rethual in Locmariaquer besteht gegenwärtlich zum Teil aus Betonplatten, auch ein Teil der Decke ist aus Beton gegossen. Ein eher hilfloser Reparaturversuch.

Dolmen des Pierres Plates, neben meinem Übernachtungsplatz bei Locmariaquer
Dolmen des Pierres Plates, neben meinem Übernachtungsplatz bei Locmariaquer

Den Dolmen des Pierres Plates wollte ich ausführlich auch von innen erleben und wie die Goldminen in Andalusien mit Langzeitaufnahmen ablichten. Der erste Durchgang war nicht sehr erfolgreich, die Batterie der Taschenlampe schwächelte zu sehr. Allerdings hatte ich mir zweimal den Kopf angeschlagen, nicht sehr, aber immerhin. Also nochmal zum alten Herrn Magirus zurück, beide Fahrradlampen eingepackt, Mützchen aufgesetzt, auf ein Neues! Wie man sieht, diesmal mit Erfolg, und wie ich spürte . . . wieder den Kopf angeschlagen, aber diesmal richtig, daß die Funken sprühten und im Käppchen Blut und schlimmer noch etliche Haare hängenblieben, die eh schon auch ohne Unfall weniger werden. Aber was tut man nicht alles für seine geschätzten Leser!

im Innern des Dolmen des Pierres Plates
im Innern des Dolmen des Pierres Plates

Trotzdem, es hat sich gelohnt. Der ziemlich lange Dolmen hat eine kleine Seitenkammer links direkt hinter dem Eingang, ganz hinten noch eine durch eine zweidrittel der Gangbreite verdeckende Platte eine abgeschirmte Nische. Etwa in der Mitte die gravierte Platte an der rechten Seite. Wie gesagt, jede Idee ist nur Spekulation, aber ich kann mir sehr gut eine Zeremonie zur Huldigung der Erde oder etwas in der Richtung vorstellen . . .

im Innern des Dolmen des Pierres Plates
im Innern des Dolmen des Pierres Plates
Gravur im Innern des Dolmen des Pierres Plates
Gravur im Innern des Dolmen des Pierres Plates

Nach dem Spautz am Kopf beschloß ich (nein, das war schon vorher klar), die Forschung an Dolmen vorerst ruhen zu lassen und wieder dem Gott des Kilometers zu huldigen. Da wir ganz offiziell auf einem speziell für Camping Cars eingerichteten Parkplatz ~ überall sonst wars strengstens verboten ~ genächtigt hatten, unter den bösen Blicken der Plastikogemeinde, die die Notwendigkeit des dreiminütigen Vorlaufs des Motors, um die Druckluftanlage für die Bremsen zu füllen, bevor überhaupt die Feststellbremse frei wird, weder kennt noch billigt. Einer der Gründe, wieso ich lieber frei und mit Abstand stehe . . .

Aus ähnlichen Gründen war der anschließende Abstecher an der Cote Sauvage auf der Halbinsel Quiberon, obwohl wunderschön, mit dem sehr gemischten Gefühl des Unwillkommenseins gesalzen. Ja, es hätte schon Möglichkeiten gegeben, sogar einen offiziellen Wohnmobilstellplatz. Allerdings ein eingezäuntes Ghetto, mit weit sichtbarer digitaler Füllanzeige. Ansonsten alle Parkplätze mit Balken zur Verhinderung von Wohnmobilverseuchung. Ich mag sie ja selber nicht, aber der gute alte Herr Magirus ist halt drei Meter hoch 🙁

Weiter die Küste entlang (wenn auch in Distanz) wurde es auch nicht besser. An der Bucht von Kerdurand/Kerner hatte ich einen Parkplatz an einer Wiese am Wasser gefunden, nur um bei der Rückkehr von meinem Spaziergang (auf dem ich die oben abgebildete Proa entdeckt hatte) festzustellen, daß auf der meiner Ankunft entgegengesetzten Seite des Parkplatzes wieder so ein Schild stand: Parkverbot für Camping Cars! Malvenue a Kerner!

Also wieder los! Ein paar Kilometer weiter bei Port-Lois ein Parkplatz für Wohnmobile, Zaun drumrum, direkt an der Straße. Ein Graus! Weiter . . . nach einiger Suche dann der (Park-)Platz am Hafen von Locmicélic mit Blick auf Bucht auf der einen und Yachthafen auf der anderen Seite, verwunderlicherweise legal. Das wurde auch nötig, denn diese Verbotsschilder und Balken machen müde, sooo müde!

Ob die Ghettoisierung und Konzentration in speziellen Lagern (ja, ich überspitze) wirklich die Schönheit der Küste bewahrt, möchte ich mal bezweifeln. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, sind sie trotzdem überall, die Zu-Vielen. Mal hier, mal da ein einzelner Wagen wär vielleicht das geringere Übel.

Frankreich hat seit achziger Jahren den Verwaltungen die generelle Verbote für die sogenannten ‚Gens du Voyage‚ untersagt, wobei seit 1986 die Verpflichtung zur Bereitstellung von Arealen für den ständigen oder vorübergehenden Aufenthalt der ‚Vagabunden‘ Fakt ist ~ und die Gemeinden durch die Bereitstellung wieder das Verbot anderswo durchführen können. Nun denn, die Wohnmobilisten fallen offensichtlich in dieselbe Denkschublade . . . Malvenue!

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die Steinreihen von Carnac

die Steinreihen von Carnac
die Steinreihen von Carnac

Nicht versäumen wollte ich die Steinreihen von Carnac, obwohl ich die Befürchtung hatte, ausgerechnet am Pfingstsonntag wäre die Anlage so überlaufen, daß ich die Stätte nicht in der ihr angemessenen Würde erleben könnte. Aber zum Glück verteilt sich der Trubel auf fast drei Kilometer Länge, außerdem ist Carnac ein Badeort mit großem Strand und Amüsiermeile, es war also auszuhalten.

* die Steinreihen von Carnac *
* die Steinreihen von Carnac *

Für den Mann mit der Kamera ist die Anlage natürlich viel zu groß, um sie im Bild zu erfassen. Nicht zum ersten Mal wünsche ich mir eine Kameradrohne, um Bilder aus einer stark erhöhten Perspektive zu machen. Für den Mann hinter der Kamera ist die größte Frage die, welche Ideen eine Gemeinschaft (denn nur eine Unmenge Menschen konnte in koordinierter Arbeit in vielen tausenden Arbeitsstunden fast dreitausend Menhire, zwischen einem halben und vier Meter hoch, zu dieser beeindruckenden Anlage formen) vor mehr als sechstausend Jahren antrieb, welches Bild von Welt, welche Vorstellungen von Sinn . . .

* die Steinreihen von Carnac *
* die Steinreihen von Carnac *

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Pfingstäääkschen in Vannes

da gibts was zu sehen! was gibts da zu sehen? Ääääkschen im Hafen von Vannes
da gibts was zu sehen! was gibts da zu sehen? Ääääkschen im Hafen von Vannes

Als ich gestern um die Mittagszeit in die Außen­be­zirke von Vannes einfuhr und mich langsam in Richtung Hafen vorarbeitete, wirkte die ganze Stadt wie ausgestorben, leer und tot. Die Leute mochten wohl alle entweder am Mit­tags­tisch schlem­men, um die gestern im An­sturm eingekauften Lebens­mittel­vor­räte zu de­zi­mie­ren, oder sie waren ans Meer gefahren und grillten sich selbst und ihre Würste am Strand . . .

Am Hafen angekommen kippte der Eindruck dann total. Hiiieeer saßen die ganzen Menschen auf den Terrassen vor den Restaurants und Bars und schlemmten, was das Zeug hielt! Außerdem war auf dem langgestreckten Platz und anschließenden Park um den (Yacht-)Hafen so einiges los, was ich mir genauer ansehen wollte. Eine Spielshow wie im richtigen Fernsehen 😉 mit Frage- und Antwortspielen und Knöpfen, auf die die Teilnehmer hauen mußten. Skater zeigten ihr Können auf Slalombahnen mit Hütchen. Grüne Firmen warben für ihre Dienstleistungen. Und im Hafenbecken eine Handvoll seltsamer Wasserfahrzeuge, die aus PET-Flaschen, Kanistern und Abfallholz zusammengebastelt waren . . .

die Teilnehmer alle zusammen nach dem ersten Schaulauf
die Teilnehmer alle zusammen nach dem ersten Schaulauf
Floß mit Seniorpaddler ~ liegt etwas tief im Wasser
Floß mit Seniorpaddler ~ liegt etwas tief im Wasser
stabiler Matratzenrahmen ~ mit zwei Personen etwas untermotorisiert
stabiler Matratzenrahmen ~ mit zwei Personen etwas untermotorisiert
hoch- und überzüchtete Technik ~ der Pedaloantrieb wollte nicht so recht
hoch- und überzüchtete Technik ~ der Pedaloantrieb wollte nicht so recht

Wenig später gings dann los. Die Teilnehmer der Regatta streiften die obligatorischen Rettungswesten über, enterten ihre Rennboote, man versuchte, den nicht ausgereiften Pedalo-Antrieb doch noch in Gang zu bringen, improvisierte dann aber doch noch die Umstellung auf Paddel. Die Ääääkschen-Cam der Mädels wurde nochmal justiert, und los gings zu einem ersten Schaulauf . . .

nix als PET-Flaschen und Netze ~ mangelhafte Hydrodynamik erzwingt übermenschliche Anstrengung
nix als PET-Flaschen und Netze ~ mangelhafte Hydrodynamik erzwingt übermenschliche Anstrengung

Ich halt’s mal kurz und knapp: Die Mädelscrew dominierte die Verantstaltung, obwohl die Fanmeile zumindest einer Jungenscrew besser motiviert war und mit Aaaa-lex!, Aaaa-lex! Rufen ihre Mannschaft antrieb. Sie hatten schlicht die bessere Technik, die sie lässig zur Schau stellten. Da konnte die Nur-PET-und-Netz-Crew trotz übermenschlicher Anstrengung nicht mithalten, das Triplet mit dem Senior-Paddler schien einmal sogar mitten in der Strecke aufgeben zu wollen, weil irgendetwas unter Wasser sie zurückhalten wollte . . . aber alle hatten höllisch viel Spaß, auch die Zuschauer 😉

in best shape ~ die alles dominierende Crew der hübschesten Mädels der Stadt ~ Ääääkschencam fest montiert
in best shape ~ die alles dominierende Crew der hübschesten Mädels der Stadt ~ Ääääkschencam fest montiert

Vorfeiertagshektik im Supermarkt

unter/hinter der Hängebrücke über die Vilaine bei La Roche-Bernard die Fundamente der alten Brücke
unter/hinter der Hängebrücke über die Vilaine bei La Roche-Bernard die Fundamente der alten Brücke
Fundamente der alten Brücke über die Vilaine bei La Roche-Bernard
Fundamente der alten Brücke über die Vilaine bei La Roche-Bernard
* Strandspaziergang am Auslauf der Vilaine ~ Ebbe *
* Strandspaziergang am Auslauf der Vilaine ~ Ebbe *

Die Küste der Bretagne ist alles andere als geradlinig, Buchten und Flußläufe im Einfluß der Gezeiten zerfurchen die Küstenlinie. Die großen Straßen liegen deshalb in weiten Abschnitten im Hintergrund und berühren die Küste nur an der Innenseite der großen Buchten. Auch ein Übergang über die Flüsse mit ihren in der Regel recht großen Mündungstrichtern ist nur im Innenland möglich, wie bei der Brücke der D765 bei La Roche-Bernard, wo ich bei einem Spaziergang am Yachthafen unter der großen Hängebrücke ein wenig nostalgisch der ehemaligen, aber nur theoretischen Affinität zur Seesegelei gefrönt habe. Dabei fielen mir unter der nun auch nicht mehr ganz neuen großen Hängebrücke über die Vilaine die Fundamente der alten Brücke auf, die mit einem kleinen Wäldchen bewachsen sind. Da wachte wieder mal der kleine Abenteurer in mir auf und wollte das genauer erforschen.

Auf der Stadtseite war leider gar kein Durchkommen, der Bewuchs undurchdringlich urwaldmäßig, aber das Gegenteil von mäßig. Mit einer extrem scharfen Machete hätte man sich ~ vielleicht ~ durcharbeiten können, oder als Wiesel oder ähnlich schlankes Tier bodennah hindurchkrabbeln. Keine Chance hier . . .

Auf der anderen Seite an sich kein Problem, man kann mit dem alten Herrn sogar bis an die alte Auffahrt heranfahren und, man höre und staune, sogar parken. Allerdings sind wir nicht mehr in Spanien, wie ein Schild am Brückenansatz deutlich macht. Das Betreten der Brücke sei allerernsthafterweise amtlicherweise verboten, denn es bestünde die Gefahr, zu fallen! (echt wahr? Wer hätte das gedacht!) Man möge das doch respektieren . . . wir befinden uns also in einem zivilisiertem Land, wo man viele Worte darauf verwendet, dem Individuum seine Eigenverantwortung abzunehmen. Die Abwägung zwischen der Lust, am Rand des Brückenfundaments bis zum Kopf vorzulaufen und zum Fluß hinunterzusehen, und der Abneigung, sich dem wortgewaltigen, aber freundlichem Verbot zu widersetzen, fiel ~ dieses mal ~ gegen die Lust aus 🙁

Parallel zur vierspurigen und seeehr verkehrsreichen Straße fahre ich auf der alten Landstraße fast ganz alleine und biege bald wieder ab auf noch kleinere Sträßchen, die auf meiner Frankreichkarte nicht einmal mehr verzeichnet sind. Ich navigiere also mit Googles Map und hangle mich durch an das Ufer der Verlaine ziemlich weit vorne im Mündungsbereich, wo ich ein schönes Plätzchen direkt auf dem Ufer finde. Es ist Ebbe, und ich bin mal gespannt, wie weit das Wasser zum alten Herrn hinaufkommt. Wir stehen auf Sandstrand, der mit zerbröselten Muschelschalen durchsetzt ist, aber die Treibgutränder liegen zwei, drei Meter entfernt. Weit und breit kein Wohnmobil in Sicht 🙂

Das ändert sich aber, als ich einen kleinen Spaziergang mache. Aus kleiner Entfernung beobachte ich so einen Alkovenplastikbomber, wie er zuerst einen anderen Platz weiter weg erkundet, den alten Herrn Magirus sieht, dahinfährt, dann ausführlich und umständlich hin- und her und kreuz die quer einen angenehmen, ebenen Platz sucht und schließlich findet ~ direkt vor meinem Panoramablick. Es ist nicht zu fassen, zu was der ihm offensichtlich genetisch eingepflanzte Herdentrieb den Plastikofahrer treibt! Wahrscheinlich denkt er, ich bin den weiten Weg von Deutschland in die Bretagne gefahren, um ausführlich sein bayrisches Produkt (Bavaria, oheeeh!) zu bewundern ~ pfffft! Nachdem ich mich eine halbe Stunde still geärgert habe, werfe ich nochmal meinen Motor an und drehe den alten Herrn um 180 Grad, um wieder freien Blick auf die Flußlandschaft zu haben . . .

Ja, man ist nicht alleine auf der Welt, und am Wochenende merkt man das ganz besonders, am langen Pfingstwochenende schon ganz und gar. Da schwärmen alle Plastikos aus 😉 Die Gallier, wahrscheinlich auch die aus dem kleinen Dorf von Asterix, machen aus dem langen Pfingstfest mit dem angekündigten schönen Wetter einen Riesenact, wie ich gestern beim Einkauf im Super U von Muzillac feststellen konnte. Vorfeiertagsstreß hoch drei, man mußte aufpassen, nicht von Einkaufswägen überrollt zu werden. Nachdem meine Einkäufe erledigt waren, konnte ich noch ganz gemütlich und alleine im angeschlossenen Automatenwaschsalon eine Zehnkilomaschine mit Wäsche befüllen und anschließend an dem ebenfalls auf dem Gelände befindlichen Ver- und Entsorgungsareal sämtliche Tanks des alten Herrn versorgen. Die Suche nach dem Schlitz für den Münzeinwurf blieb ohne Ergebnis, und da der Knopf für Wasser marsch auch ohne sehr druckvoll funktioniert . . . einen herzlichen Dank, Super U!

Nachdem das alles erledigt war, war der Abend schon recht weit fortgeschritten. Einige andere Wohnmobilisten hatten anscheinend vor, auf dem nicht ungemütlichen Gelände des Super U zu nächtigen, aber ich wollte doch weiter. Ans Meer lieber nicht, weil es über die Feiertage da Hinz und Kunz hinzieht, und ich die letzten zehn Tage Meer ausführlich genießen konnte. Die Bretagne besteht schließlich nicht nur aus Küste, nicht wahr?! Also über eine kleine Landstraße im Landesinneren durch wunderschöne grüne Landschaft, auf Maps hatte ich einen Stausee entdeckt. Nun, man kann nicht immer das Optimum haben . . . das Gelände darum war alles als Privatgrund beschildert, deswegen stehe ich jetzt am Rande einer kleinen Ortschaft, aber auf der dem See abgewandten Seite, auf einem zur Bebauung vorgesehenen Gelände, auf dem aber schon eine Weile nichts mehr geschieht. Ruhig und mit viel Grün drumrum, ideal, um in den Blog zu schreiben 🙂 Euch allen fröhliche Feiertage!

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Aremorika on the run . . .

Morgensonne über dem Marais Salante bei Quimiac
Morgensonne über dem Marais Salante bei Quimiac
* Bucht bei Préfailles, Ebbe *
* Bucht bei Préfailles, Ebbe *
über die Hängebrücke von St-Nazaire
über die Hängebrücke von St-Nazaire

Die gestern angekündigte kleine Fahrradtour nach bloggen und Frühstück verzögerte sich wieder mal bis zur Mittagszeit, da ich mich dazu verleiten ließ, noch an dem Code für die Website zu frickeln. Selbst Schuld, könnte man sagen, aber nur morgens in der Frühe ist mein Kopf so aufgeräumt, daß ich mich in die streng logischen Tiefen der Programmierung begeben kann, ohne allzuviel Unsinn zu bauen. Das ist das Krux bei den Angelegenheiten: Ein Semikolon vergessen, ein Anführungszeichen falsch gesetzt, und der Code tut nichts mehr, oder zumindest nicht das, was er soll. Aber besser spät als gar nicht die Tour an der Landspitze von St-Gildas, als Ergebnis das Schnappschußpanorama der Bucht bei Préfailles, im Original über 22tausend Pixel breit, was eine Ausbelichtung in der nativen Auflösung der Laserbelichtung (wie sagt Apfel: Retina!) von mehr als einen Meter achzig zulässt 😉 Hier nur zweitausend Pixel, trotzdem klicken, vergrößern, schauen . . .

Fels'Statuen' bei Piriac-sur-Mer
Fels'Statuen' bei Piriac-sur-Mer

Danach aber flott in die Puschen und weiter an der Küste entlang, über einen Ort mit dem witzigen Namen St-Michel-Chef-Chef und dann autobahnähnlich in hohem Bogen über die große Hängebrücke bei St-Nazaire, wobei man im absteigenden Bogen einen interessanten Ausblick auf die Werftanlagen mit einem riesigen Pott von Schiff hat. Weiter a la Autobahn bis bei Guérande, erst dann gehts wieder auf gemütlicheren Landstraßen weiter bis Turballe, wo im Super U mit einhundertfünf Litern Diesel für das leibliche Wohl des alten Herrn Magirus und Brot und Gemüse für den Vagabunden gesorgt wird . . .

in einer Felsspalte: Tang, Schnecken, Muscheln, auch Moule - Miesmuscheln
in einer Felsspalte: Tang, Schnecken, Muscheln, auch Moule - Miesmuscheln

Da das Frühstück sehr mager ausgefallen war ~ kein Brot mehr ~ am Strand von Piriac-sur-Mer dringend nötiger Nachschub an Alimentation mit nachfolgenden Strandspaziergang. Schöne ‚organische‘ Felsstrukturen und die kleinen Entdeckungen bei genauerem Hinsehen. Daß zum Beispiel beim Spaziergang über die Felsen die Flipflops gar nicht den Felsen selbst berühren, sondern eine dichte Schicht von 5 bis 6 Millimetern großen runden Muscheln oder was auch immer. Mehr da, wo der Fels bei Flut regelmäßig überspült ist, immer weniger, je näher am Strand. In den Spalten zwischen den Felsen im Wasser Moules, Miesmuscheln, die ich besonders in Rieslingsoße sehr mag. An der Wasserkante Unmengen von Schnecken und auch Seepocken, die sich an die Felsen klammern. Auf dem Sandstrand selbst gefallen mir die vom Meer glattgeschliffenen und polierten Austernschalen, die ein Damastmuster wie bei einem Damaszenermesser zeigen, nur ganz in weiß schillernd . . . das ist schön hier, sehr schön . . .

vom Meer geschliffen und poliert ~ Austernschale mit Damastmuster
vom Meer geschliffen und poliert ~ Austernschale mit Damastmuster

Die Suche nach einem nicht umzäunten und umgatterten Platz für die Nacht, mit Aussicht, gestaltet sich wieder einmal aufwendig, ist aber von Erfolg gekrönt. Wir stehen bei den Marais Salant von Quimiac, recht ruhig, obwohl direkt an der Straße. Die Marais sind ein Salzwassersumpf und Naturschutzgebiet, ehemals Salinen, durch die ein Wanderweg führt, auf dem man die Silberreiher aufscheucht, die da nach ihrem Abendessen stochern . . . aber auch hier ~ wunderschön!

Bewuchs der Felsen ~ 5-6mm Durchmesser
Bewuchs der Felsen ~ 5-6mm Durchmesser

die Plage mit den Plages . . .

* Point de St-Gildas *
* Point de St-Gildas *

Wir bewegen uns voran, haben einen Falz in der Karte ohne Probleme überwunden und hangeln uns die Küste entlang in Richtung Bretagne. Je nachdem, wie man die Bretagne definiert, sind wir vielleicht auch schon drin, denn das Departement Loire-Atlantique wurde mitsamt der ehemaligen bretonischen Hauptstadt Nantes 1941 abgespalten. So Sachen können passieren, da verliert ein kleines Land mal eben seine Hauptstadt und einen guten Teil der Fläche . . . armes Aremorika (wie die Gallier die Bretagne nannten, wie jeder Asterixleser weiß)

lieber so! Sonnenaufgang über Land, wolkenloser Himmel
lieber so! Sonnenaufgang über Land, wolkenloser Himmel

Gemischte Gefühle. Die Fahrt entlang der Atlantikküste ~ meist aber gerade mal außer Sichtweite des Meeres, dafür in Reihe ein Campingplatz nach dem anderen, Fastfood, Vergnügungsparks mit Wasserrutschen, Gelände, auf denen man mit kleinen Quads in vorgefertigten Spuren durchs Gelände hetzen kann, und natürlich Immobilienbüros und Hotels . . . und allgegenwärtig Balken in zweimeterzehn über den Parkplatzeinfahrten, die Schilder, daß Camping Cars reglementiert oder sogar verboten sind. Natürlich auch jetzt, außerhalb der Saison, denn es ist so gut wie nichts los zur Zeit. Die leeren Tourismusinstallationen sind schon deprimierend genug, aber gut gefüllt wärs wahrscheinlich schon gar nicht auszuhalten. Es ist eine Plage mit den Plages (Stränden) bzw mit der Kommerzmaschine dahinter!

Man versucht, die vagabundierenden Wohnmobile über Nacht in umzäunte und umgatterte Areale ohne Aussicht einzusperren, kostenpflichtig selbstverfreilich, auch wenn außer der Schranke und dem Kassenautomaten keinerlei Installationen sichtbar sind. Und meinereiniger Vagabund, dem Gatter und Zäune und Schranken die Fußnägel hochrollen und der ganz dringend den Blick ins Freie braucht, versucht natürlich, allen Reglementierungsversuchen zum Trotz, einen Platz ohne Beschränkung zu finden.

Zum Point, der Landspitze, von St-Gildas bin ich gefahren, weil eine Assoziation aus der Lektüre der Merlin- und damit auch Artussaga mich im Hinterkopf kitzelte, ich erwartete ein Kloster oder wenigstens eine Kirche oder eine Burg. Nix da Romantik, einfach ein vom Tourismus lebendes Örtchen und ein moderner Freizeithafen. Das Schnappschußpanorama oben ist auf einem Minutenparklatz für Reisebusse entstanden, die da ihre Touristenladungen rauswerfen sollen, bevor sie zum ordentlichen Busparkplatz zurückfahren. Danach wieder zurück ins Innere der Landspitze, am Rand eines Gewerbegebiets dann ein Plätzchen, auf dem wir, richtig aufgestellt, einen Blick haben auf ein Getreidefeld und viel Buschwerk. Und am Morgen einen Sonnenaufgang auf einem wolkenlosen Himmel, der Lust auf eine Fahrradtour an der Küste macht. Mal sehen, ob sich das Wetter hält, die letzten Tage waren stürmisch, zum Teil wolkenverhangen mit Regen, viel kühler als gewünscht. Heute Nacht unter acht Grad im Bus, da braucht die Sonne lang, bis es halbwegs kuschlig wird am Frühstückstisch. Aber im Moment? Könnt nicht besser sein! 🙂

Carrelet ~ nachgeforscht ;)

auch ich war ein carrelet
auch ich war ein carrelet
auch ich war ein carrelet
auch ich war ein carrelet

Uhhhhh! Ursula, daaas war ganz schön aufwendig!
Wie meistens, wenn man von Google eine Info will, die nichts mit Kommerz zu tun hat und etwas spezieller ist ~ und noch dazu in einer fremden Sprache . . . aaalso, zum Tidenhub in der Baie de Aiguillon ~ das sind um die fünfeinhalb bis sechs Meter. Da aber die ganze Bucht um die 4900 Hektar mißt und anscheinend bei Ebbe bis zum Horizont
trocken fällt, ist das für einen Vagabunden vor Ort schlecht festzustellen, man muß sich auf die Angaben im Internet verlassen. Auch bei Flut (da Neumond war, sollte die recht hoch gewesen sein) liegt die Platform noch um die zwei Meter über dem Wasserspiegel.

Was das Carrelet betrifft, waren die Ermittlungen schneller und ergiebiger. Von der Herkunft her stammt das Wort Carrelet aus dem südfranzösischn Oc und bezeichnet gleich drei Dinge:

  1. den Plattfisch Pleuronectes platessa, für dessen Fang der Aufwand getrieben wird.
  2. das horizontale Netz, das zum Einsatz kommt.
  3. und verallgemeinert die auf Stelzen installierte Platform (Ponton) inklusive Hütte (Cabane) und Seilzug mit Horizontalnetz.

Aber so lernt man jeden Tag wieder etwas dazu 😉

Ich kann mich übrigens erinnern, in meiner Kindheit ähnliche Installationen bei uns am Oberrhein gesehen zu haben. Die Netze waren allerdings größer und an einem großen Hebel befestigt, damit man sie schnell anlupfen konnte, wenn sich ein Schwarm Fische leichtsinnigerweise oberhalb aufhielt. Irgendwann verfielen die Dinger dann, wer wollte schon Fische aus dem mit Schwermetallen, Kalisalz und Chemikalien- bzw Pharmazieresten belasteten und von Kernkraftwerken aufgeheizten und so gut wie toten Rhein essen? Inzwischen hat sich die Situation so grundlegend geändert, daß sogar die Lachse wieder zurückkommen . . . gut so!

Und jetzt noch ein Bildchen von einem Gast, der sich gestern an meinen nicht ganz sauberen Scheiben niedergelassen hatte. Sah zuerst aus wie eine gemeine Stechmücke, die beim ersten Anblick plattgemacht werden sollte. Durch die filigranen Geruchssensorbüschel als etwas Besonderes und Interessantes ausgewiesen, durfte sie überleben und bekommt einen Platz im Blog.

filigran . . .
filigran . . .

Nun denn . . .

auf Wunsch: Ente ~ 2CV
auf Wunsch: Ente ~ 2CV
auf Wunsch: Ente ~ 2CV
auf Wunsch: Ente ~ 2CV

. . . auf Wunsch also eine Ente, 2CV, die mir gestern noch hier an der Baie de Aiguillon begegnet ist. Da ich zwar um Erlaubnis für das Photographieren, nicht aber nach dem Baujahr gefragt hatte, mußte ich auf Wikipedia nachforschen. Der Chromstreifen auf der Motorhaube und die Blinker an der C-Säule, nicht auf dem Kotflügel, sprechen für eine Geburt vor 1960, ab 1957. Der gewölbte Kofferraumdeckel mag eine Spezialausführung gewesen sein, darüber habe ich gar nichts gefunden.

Auf meinem Nach-Blog-Spaziergang entlang der Baie de Aiguillon kam ich an mehreren dieser ‚Fischerhütten‘ auf Stelzen vorbei, die, wie ich inzwischen weiß, von den Einheimischen Carrelet genannt werden. Man kann sogar eines mieten, als Familie oder Gruppe bis einschließlich 10 Personen. Kostet fünfzig €uro für sechs Stunden. Ob man in dieser Zeit Fisch im Wert von fünfzig €uro fangen kann, mag man bezweifeln. In Anbetracht des Betrags von knapp 10000 €uro, mit der die EU den Bau des Carrelets gefördert hat, ist der Preis wohl doch angemessen . . .

Carrelet pédagogique ~ mietbar ;)
Carrelet pédagogique ~ mietbar 😉

Die meisten Carrelets dürften aber im Privatbesitz sein und mehr dem Amüsement als dem wirtschaftlichen (Fisch-)Ertrag dienen. Am gestrigen Nachmittag habe ich einige Stunden der äußerst anstrengenden Tätigkeit gewidmet, in meinem Lowrider-Sessel das Heranrollen der Flut zu beobachten (ganz schön flott, hätt ich nicht gedacht) und eben auch eine Gruppe von Freizeitfischern auf einem Carrelet. Nervenaufreibendes Geschäft! Alle Viertelstunde wird das Netz angehoben ~ wieder nichts! 🙁 ~ und wieder abgelassen. Der Ertrag an diesem Nachmittag: Nichts, das ich mitbekommen hätte . . .

Carrelets an der Baie de Aiguillon
Carrelets an der Baie de Aiguillon
* Carrelets an der Baie de Aiguillon *
* Carrelets an der Baie de Aiguillon *

Der End- bzw Umkehrpunkt meines Spaziergangs war eine bei Ebbe völlig trockengefallene Austernzucht, an der der Besitzer fleißig am arbeiten war. Obwohl ich das Bild auf dreitausend Pixel Breite eingestellt habe, ist die Auflösung schon grenzwertig. Auf die normalen zweitausend für die (*chen!) vergrößerbaren Bilder wären so gut wie keine Einzelheiten mehr zu sehen gewesen, die dieses Bild ausmachen. Das Ding gehört in der Originalauflösung an die Wand, naja, im Blog bleibt man bescheiden . . .

* Austernzucht an der Baie de Aiguillon *
* Austernzucht an der Baie de Aiguillon *

Uns sonst? Nun, nicht nur anstrengendes Kontrollieren, ob die Flut auch ordentlich in die Baie reinkommt, zur Entspannung auch eine kleine Fahrradtour in den nächsten größeren Ort mit Kirche. Eine Kirche wie eine Festung, auf deutsch auch Wehrkirche genannt.

Wehrkirche Église Saint-Martin d'Esnandes
Wehrkirche Église Saint-Martin d'Esnandes
Église Saint-Martin d'Esnandes ~ Portal
Église Saint-Martin d'Esnandes ~ Portal
Église Saint-Martin d'Esnandes ~ Decke
Église Saint-Martin d'Esnandes ~ Decke

Bei meinen Bemühungen, die schöne Bogendecke der Église Saint-Martin d’Esnandes in eine anschaubare Datei einzufangen, hat INRI leicht gequält und indigniert geschaut. Ich hoffe mal, daß er mir trotzdem nicht allzu böse ist . . .

INRI schaut etwas gequält nach der Kamera
INRI schaut etwas gequält nach der Kamera

Wie immer: *chen um den Kommentar -> mit Klick vergrößern . . .

Garonne, Dordogne, Gironde am Ende ~ jetzt Atlantik!

Aber vorher in Anknüpfung an den letzen Artikel ein einziges der alten Autos der Oldtimerparade, das für mich französischste und reizvollste: Citroën15CV Traction Avant, das aus alten Gangsterfilmen bekannte Flucht- und Verfolgerauto.

Citroën CV15 Traction Avant
Citroën CV15 Traction Avant

Wobei mir gestern bei La Rochelle so viele Enten begegnet sind (Citroën 2CV, sozusagen die Variante fürs gemeine Volk), und zwar in jeder möglichen Variante: normale Enten, poppig bunte Enten, Kastenenten, Pickup-Enten, zum Teil in fabrikfrischer Anmutung, daß ich dann schließlich doch wieder Smartphone und Internet bemüht habe. Kein Wunder, der örtliche 2CV-Club Niortais veranstaltet vom 13. bis 17. Mai das nationale 2CV-Treffen, und so vergeht keine Minute, in der man nicht gleich mehrere dieser nostalgischen Gefährte auf der dicht befahrenen autobahnähnlichen D137 sieht . . . aber kein Photo während der Fahrt, außerdem wollen wir ja keinen Autoblog, oder?

Fischerhütten bei Saint-Palais-sur_Mer
Fischerhütten bei Saint-Palais-sur_Mer

Also zurück zur Gironde . . . bei diesen Fischerhütten bei Saint-Palais-sur_Mer, die auf Stelzen am Ufer der Gironde stehen, weiß man schon nicht mehr ganz genau, ob da Fluß- oder Atlantikwasser den Raum bis zum Horizont füllt. Ein gegenüberliegendes Ufer gibt es jedenfalls nicht mehr, zwischen den Hütten ist aber als schmale Nadel der Phare (Leuchtturm) de Cordouan auf der Insel vor dem Mündungstrichter zu sehen.

Fischerhütten bei Saint-Palais-sur_Mer
Fischerhütten bei Saint-Palais-sur_Mer

Die Gegend ist allerdings sehr stark touristisch geprägt, und von Menschen und deren Automobilen überschwemmt. Nachdem ich die letzte Zeit im ruhigen Hinterland der Dordogne verbracht habe, machen mich diese Menschenmassen und der Lärm nervös und fluchtbereit. Muß ich mir Gedanken machen über die Verbuschung des Vagabunden? Nichts wie weg hier . . .

definitiv Atlantik!
definitiv Atlantik!

Auf der weiteren Fahrt durch den wunderschönen geschützten Wald der Coubre la Tremblade ergattern wir ein Plätzchen direkt hinter der Düne auf dem anscheinend einzigen Parkplatz, der nicht durch Balken höhenbegrenzt und durch Schilder für Camping Cars gesperrt ist. Nicht ganz alleine, aber doch fast. Und schon fühlt sich die Welt wieder viel besser an 😉

atlantischer Sonnenuntergang
atlantischer Sonnenuntergang

Bis hierhin hat dieser Artikel 24 Stunden Verspätung ~ weil mich das Mobilfunknetz immer dann rausgeschmissen hat, wenn ich mich mit dem Netbook an den Blog anmelden wollte ~ pffffft! Aber das hatte den positiven Effekt, daß ich die Zeit für eine kleine Radtour und einen ausführlichen Strandspaziergang nutzen konnte.

Dreirad mit Kite ~ Begegnung am Strand la Tremblade
Dreirad mit Kite ~ Begegnung am Strand la Tremblade

Das Wetter nicht wirklich optimal, ich war froh, bei dem kühlen Wind vom Atlantik den dicken Fleecepulli und die Cordjacke anzuhaben. Aber was für ein schönes Gefühl, barfuß feinen Sand in unterschiedlicher Dichte und Konsistenz zu spüren, und im Bereich der Wellen das salzige Wasser . . . aufgepaßt, um nicht auf eine der vielen Quallen zu treten, die da zwischen der Größe einer Zwei€uromünze und der einer Waschschüssel ihr Ende gefunden haben. Ich würde diese Tiere lieber in ihrem angestammten Element sehen, schwerelos in transparenter Schönheit dahintreibend, aber dazu müßte ich wohl ganz ins Wasser gehen . . .

bis zur Waschschüsselgröße ~ meine Füße nur als Größenmaßstab (43 -44)
bis zur Waschschüsselgröße ~ meine Füße nur als Größenmaßstab (43 -44)
bis zur Waschschüsselgröße ~ nur mit großem Zeh
bis zur Waschschüsselgröße ~ nur mit großem Zeh

Aber auch sonst gabs am Strand jede Menge schöne Dinge zu sehen, man mußte nur die Augen aufmachen . . .

Treibholzskulptur
Treibholzskulptur
filigraner Hohlkörper ~ wenn man bloß fitter wäre in Biologie . . .
filigraner Hohlkörper ~ wenn man bloß fitter wäre in Biologie . . .
Seestern
Seestern
Miesmuschel ~ ausgebleicht zu leuchtendem Blau
Miesmuschel ~ ausgebleicht zu leuchtendem Blau

Danach weiter auf der schmalen D25 durch den heimeligen Wald, aber für meinen Geschmack wieder viel zu viel Verkehr. Ob das nach dem Wochenende besser ist? Vorbei an Rochefort, einen Abstecher nach Fouras, um die im Meer liegende Festung Fort Boyard zu sehen, die man sogar als Keksdose im Supermarkt kaufen kann . . . kein Photo, man müßte sich einen Hubschrauber mieten. Nach Kampf durch das wieder total überlaufene Örtchen ist der Anblick, den ich aus einem Fernsehbericht und Bildern kenne, alles andere als eindrucksvoll. Aber Fouras lebt nicht schlecht mit und von dieser Attraktion, die durch eine in Serie laufende Fernsehshow angeheizt wird. Nichts wie weg!

der nächste atlantische Sonnenuntergang I
der nächste atlantische Sonnenuntergang I

Inzwischen habe ich schon den zweiten atlantischen Sonnenuntergang erlebt. Wobei das, was zurückbleibt, wenn sich der Atlantik zwecks Ebbe von dannen gemacht hat, genauer gesagt der Pertuis Breton ist. Ist euch übrigens klar, daß der Begriff Ebbe eine schwäbische Erfindung ist? ‚Ebbe war doch do noch Wasser, nit wohr?‘ Womit ich meine Pflicht der traditionellen Sticheleien zwischen Badenern und Schwaben erfüllt habe und zu meinem morgendlichen Spaziergang aufbrechen kann 😉

der nächste atlantische Sonnenuntergang II
der nächste atlantische Sonnenuntergang II