Tohuwabohuch! :(

Tohuwabohuch! <em>I</em>
Tohuwabohuch! I

Ein Spaziergang im heimatlichen Wald am Schönberg. Vor zwei Wochen war die Welt hier noch in Ordnung, kaum zu fassen, was innerhalb von 14 Tagen für ein Tohuwabohu angerichtet werden kann. Der Wald noch lichter als im Winter eh normal, Wege verschlammt, neue Fahrspuren durch den Wald gefräst, wo vorher Unterholz, Farn und Moos den Boden bedeckten. Überall liegen gestapelte, gefällte Stämme herum, außerdem große Haufen abgetrennter Äste und Zweige. Dazu gibt als Hintergrundgeräusch das Geballere des örtlichen Schützenvereins einen surrealistischen Geräuschteppich. Ein Gefühl von Fremdheit kommt auf.

Tohuwabohuch! <em>II</em>
Tohuwabohuch! II

Vor ungefähr einem Dutzend Jahren war das schon einmal so. Damals waren am Südhang viele der schönsten großen Buchen aus dem Wald gerissen worden. Erntereif, wie der Forstwirt das nennt. Auf einen Schlag verlor der Wald das, was ihn einzigartig und schön machte. Übrig blieb fast ununterscheidbares, junges ‚Gemüse‘, und (damals) jede Menge nicht verwertbares Holz in wildem Durcheinander. Das scheint jetzt wohl auch der geordneten Verwertung als Hackschnitzel für Heizanlagen aufgehäufelt zu werden.

 Tohuwabohuch! <em>III</em>
Tohuwabohuch! III

Nun also der Nordhang. In banger Erwartung den gewohnten Weg entlang. Ob wohl die alte Buche auch dieser ökonomischen Verwertung des Waldes zum Opfer gefallen ist? Als ich vor fast acht Jahren erleben und photographieren konnte, wie dieser Baum aus einer grauen Nebelsuppe heraus plötzlich in sattem Grün in der Sonne aufleuchtete, hat sich eine Beziehung aufgebaut, und immer wieder habe ich ihn besucht und geschaut, ob es ihm noch gut geht. Mich geärgert, wenn Waldarbeiter ihm den wunderschönen, bemoosten Wurzelbereich zugeschüttet und einen Stapel geschlagener Stämme auf die Füße geworfen haben. Mir Sorgen gemacht, wenn sich da später eine großfleischige Sorte Pilze breit gemacht hatte. Wie geht es dir jetzt, alter Freund?

 Tohuwabohuch! <em>IV</em>
Tohuwabohuch! IV
Buche im Vorfrühling
Buche im Vorfrühling

Diesmal ist er noch davongekommen. Erleichterung, meine zwei liebsten alten Buchen sind ~ dieses Mal ~ noch nicht dem ökonomischen Kalkül zum Opfer gefallen. Nicht das erste Mal überlege ich, ob man einen einzelnen Baum, der einem besonders am Herzen liegt, kaufen und so vor der Säge bewahren könnte . . .

Buche nach Nebel im Sonnenlicht
Buche nach Nebel im Sonnenlicht

Das wahrscheinlich nicht. Aber es gibt eine Möglichkeit, einen ganzen Wald vor der Säge zu schützen und für zumindest die nächsten fünfzig Jahre als Buchen’Ur’Wald zu bewahren. Nicht alleine, aber als Teilhaber, sozusagen. Der Förster Peter Wohlleben hat ein Projekt mit forestfinance.de aufgezogen, in dem man für € 9,99 oder € 99.- oder auch mehr Teilhaber eines naturnahen alten Buchenwaldes werden kann. Nicht um irgendwann sein Geld samt Rendite zurückzubekommen, sondern um diesem Wald die Chance zu geben, zu leben, sich zu entwickeln und jedem Baum sein natürliche Lebensfrist auskosten zu lassen. Eine schöne Sache, das!

. . . und die gebrochene Zeit . . .

ist da die Zeit zerbrochen ~ oder doch nur die Uhr? :)
ist da die Zeit zerbrochen ~ oder doch nur die Uhr? 🙂

Wo ist bloß die Zeit hingeraten? Mehr als drei Monate auf einem regulären Wohnmobilstellplatz. Jahre ist das her, daß ich mich so lange an einem Ort aufgehalten habe, festgenagelt war. Alles in Allem war es aber nicht gar so schlimm, die meiste Zeit war nicht gar so viel los, der Jahreszeit sei Dank! Aber der alte Kumpel, der Rabe, mahnt an, daß es wieder mal Zeit wird für die weniger sesshafte Lebensweise, für die Chancen, daß jeder Tag ein Tag ins Unbekannte wird, wo man nie so recht weiß, was passiert.

der alte Kumpel, der Rabe
der alte Kumpel, der Rabe

Eine Umstellung, die gar nicht so leicht ist. Denn auch das Leben als Vagabund, oder, wie eine gute Freundin es lieber hört, Reisender, hat seine eigenen Routinen, die sich von denen der Sesshaftigkeit unterscheiden. Man sollte zum Bleistift daran denken, für den grünen Tee mit Ingwer und auch für den puren Trinkgenuss genügend Wasser in einem separaten Behälter mitzunehmen, denn das Wasser im Tank ist geschmacklich doch etwas zweifelhaft. Auch wie man die Sächelchen zur Fahrt sicher verstaut, ist fast in Vergessenheit geraten 🙁

die neue Plakette der Freiheit :)
die neue Plakette der Freiheit 🙂

Aber nun ist es wieder so weit, seit letzem Freitag prangt am Hintern des alten Herrn Magirus die neue Plakette der Freiheit, und wie immer habe ich mir einen zu dicken Kopf gemacht. Die Prüfung lief, zwar mit dem üblichen Nevenkitzel, letzlich aber problemlos ab. Nun kehrt Ruhe ein . . .

. . . es könnte einem der Himmel auf den Kopf fallen . . .
. . . es könnte einem der Himmel auf den Kopf fallen . . .

Und so habe ich mich für ein paar Tage Urlaub zum Rhein begeben, erlöst aus der Welt der Comfort- und Premium-Liner, von der Gesellschaft derer, die beim Sonnen einen Helm tragen, weil ihnen ja der Himmel auf den Kopf fallen könnte 🙂 Auf geht’s, das ist nicht das Ende, das ist der Anfang des Regenbogens, den ich hier gestern gesehen habe. Und im Moment eitel Sonnenschein, da freut einen das Leben . . .

der Anfang, nicht das Ende des Regenbogens!
der Anfang, nicht das Ende des Regenbogens!

um nicht ganz in Vergessenheit zu geraten . . .

ein bunter Morgenhimmel ist keine Garantie für einen sonnigen Tag :(
ein bunter Morgenhimmel ist keine Garantie für einen sonnigen Tag 🙁

Ich weiß, ich weiß ~ die wenigen, die regelmäßig diese Seite besuchen, enttäusche ich in diesem Winter sehr. Aber da ich meine Zeit festgenagelt auf einem Wohnmobilstellplatz verbringe, gibt es halt auch wenig zu berichten. Oder wollt ihr eine wechselnde Dokumentation von diversen Plastikos bewundern? Ich bin ja schon froh genug, daß ich bei dem poppig bunten Morgenhimmel von gestern all die Womos in den Schatten am unteren Bildrand oder sogar darunter rutschen lassen konnte 🙂

Leider war das rotgoldene Leuchten am westlichen Himmel keine Garantie auf einen sonnigen Tag, im Gegenteil, es regnete von früh bis spät, und auch heute wieder. Da bleibt nichts weiter übrig als den Tag ruhig anzugehen, Kollege HaiTzung hebt die Temperaturen in den kuschligen Bereich und die Lebenserinnerungen von Marcel Reich-Ranicki sorgen für intellektuellen Input. Und ein kleines Artikelchen mit zwei Bilderchen (der Eisvogel ein Schnappschuß-Ausschnitt mit dem großen Telezoom schon vom vergangenen Monat) für den von mir selbst so sehr vermißten intellektuellen Output.

Seid geduldig, irgendwann demnächst bin ich wieder unterwegs, dann gibt es neues Futter. Habt Dank!

Kingfisher ~ Eisvogel
Kingfisher ~ Eisvogel