Ein Spaziergang im heimatlichen Wald am Schönberg. Vor zwei Wochen war die Welt hier noch in Ordnung, kaum zu fassen, was innerhalb von 14 Tagen für ein Tohuwabohu angerichtet werden kann. Der Wald noch lichter als im Winter eh normal, Wege verschlammt, neue Fahrspuren durch den Wald gefräst, wo vorher Unterholz, Farn und Moos den Boden bedeckten. Überall liegen gestapelte, gefällte Stämme herum, außerdem große Haufen abgetrennter Äste und Zweige. Dazu gibt als Hintergrundgeräusch das Geballere des örtlichen Schützenvereins einen surrealistischen Geräuschteppich. Ein Gefühl von Fremdheit kommt auf.
Vor ungefähr einem Dutzend Jahren war das schon einmal so. Damals waren am Südhang viele der schönsten großen Buchen aus dem Wald gerissen worden. Erntereif, wie der Forstwirt das nennt. Auf einen Schlag verlor der Wald das, was ihn einzigartig und schön machte. Übrig blieb fast ununterscheidbares, junges ‚Gemüse‘, und (damals) jede Menge nicht verwertbares Holz in wildem Durcheinander. Das scheint jetzt wohl auch der geordneten Verwertung als Hackschnitzel für Heizanlagen aufgehäufelt zu werden.
Nun also der Nordhang. In banger Erwartung den gewohnten Weg entlang. Ob wohl die alte Buche auch dieser ökonomischen Verwertung des Waldes zum Opfer gefallen ist? Als ich vor fast acht Jahren erleben und photographieren konnte, wie dieser Baum aus einer grauen Nebelsuppe heraus plötzlich in sattem Grün in der Sonne aufleuchtete, hat sich eine Beziehung aufgebaut, und immer wieder habe ich ihn besucht und geschaut, ob es ihm noch gut geht. Mich geärgert, wenn Waldarbeiter ihm den wunderschönen, bemoosten Wurzelbereich zugeschüttet und einen Stapel geschlagener Stämme auf die Füße geworfen haben. Mir Sorgen gemacht, wenn sich da später eine großfleischige Sorte Pilze breit gemacht hatte. Wie geht es dir jetzt, alter Freund?
Diesmal ist er noch davongekommen. Erleichterung, meine zwei liebsten alten Buchen sind ~ dieses Mal ~ noch nicht dem ökonomischen Kalkül zum Opfer gefallen. Nicht das erste Mal überlege ich, ob man einen einzelnen Baum, der einem besonders am Herzen liegt, kaufen und so vor der Säge bewahren könnte . . .
Das wahrscheinlich nicht. Aber es gibt eine Möglichkeit, einen ganzen Wald vor der Säge zu schützen und für zumindest die nächsten fünfzig Jahre als Buchen’Ur’Wald zu bewahren. Nicht alleine, aber als Teilhaber, sozusagen. Der Förster Peter Wohlleben hat ein Projekt mit forestfinance.de aufgezogen, in dem man für € 9,99 oder € 99.- oder auch mehr Teilhaber eines naturnahen alten Buchenwaldes werden kann. Nicht um irgendwann sein Geld samt Rendite zurückzubekommen, sondern um diesem Wald die Chance zu geben, zu leben, sich zu entwickeln und jedem Baum sein natürliche Lebensfrist auskosten zu lassen. Eine schöne Sache, das!