wie laaangweilig? Morgenhimmel über der Hafeausfahrt
Geschafft! Nach vier Tagesetappen und ein wenig mehr als neunhundert Kilometern bin ich wieder mal am Mare Mediterranum angekommen und genieße die morgendliche Tasse Kaffee mit Ausblick auf den poppig bunten Morgenhimmel über dem Meer. Die Sonne macht sich zwar rar, ich bin einen Tag zu spät dran. Gestern war war bei der Anfahrt südwärts von den Cevennen immer ein Streifen klarer blauer Himmel über dem Meer zu sehen, während die restliche Welt unter einem diffusen Wolkenschirm lag und die Sonne nur vergleichsweise kraftlos durchschimmerte. Immerhin, es ist wärmer geworden ~ ein Segen!
Der alte Herr Magirus am Ufer der RhoneBlick aus dem Fenster – die Füße der Weiden im Wasser
Knapp 200 Kilometer weiter südlich am Ufer der Rhone. Leider ein unkuschlig steifffffer und kalter Wind aus Süden, grau und regnerisch. Sonst wär das hier ein ausgesprochen schöner Platz . . .
Abendhimmel ~ während der Fahrt auf der RN83 mit dem Handy geschossen
Nun hab ichs gestern doch noch geschafft, die Grenze zu Frankreich zu überfahren und uns auf Nationalstraßen – weil mir Autobahnen ein Graus sind – eilig eilig auf den Weg nach Süden zu machen. Von Petrus belohnt mit zeitweiligem Sonnenschein, fahren der alte Herr Magirus und ich bis in die Dunkelheit hinein 330 Kilometer bis zu einem kuschligen Übernachtngsplatz, den wir im November 2012 und 35tausend gefahrene Kilometer vorher besucht hatten. Mindestens zwei Tagesetappen an einem Tag, für unsere Verhältnisse des geruhsamen Reisens eine Tour de force.
Zwischendurch in Montbeliard bei Leclerc eine französische SIM fürs Handy besorgt, für knapp 15 Euros pro Monat und 5 Euros für die SIM zwei Gigabyte Daten und kostenloses Telefonieren und Simsen innerhalb Frankreichs (aber mit wem?). Innerhalb 20 Minuten steht die Verbindung mit dem Netz, Surfen und Email aus der Hosentasche 😉
Die Freude währt allerdings nur bis zum Abend, als ich versuche, mit dem Netbook über das Handy auf diesen Blog zuzugreifen . . . Nichts geht! Tethering ist nun also auch im Netz von SFR (nach allem Ärger mit Orange in den Jahren voher) blockiert. Auch meine Versuche, mit den Netzeinstellungen die Kommunikation zum Laufen zu bringen, sind erfolglos. Auch die APN mit der Modemoption führt nur zum kompletten Verbindungsabbruch, da wird wohl noch mal ein Extraobulus fällig, wobei ich noch keine Möglichkeit gefunden habe, die Option zu aktivieren . . .
Ein vernünftiges Arbeiten ist in der Situation natürlich nicht möglich. Dieser Artikel entsteht mit einer Bluetooth-Tastatur und angedockter kabelloser Maus auf dem Handy, die Bedienung des Blogprogramms WordPress ist trotzdem eine Zumutung, ganz zu Schweigen davon, daß Bilder selbstverständlich auf dem Netbook bearbeitet und mühsam vorher auf das Handy übertragen werden müssen.
Europa bleibt so für uns digitale Nomaden ein Entwicklungsland, und die Europäische Kommission scheint auch weiterhin vor den Lobbyinteressen der Telekommunikationskonzerne einzuknicken. Eine vollständige Aufhebung von Roaminggebühren, die europaweite Gültigkeit von Vertragsbedingungen ist mit den letztjährigen Äußerungen in ferne Zukunft verschoben worden. Alle diese Konzerne sind zum Geldverdienen europaweit aufgestellt, nur der europaweite Service ist anscheinend nicht möglich. Hier in Frankreich sind die Konzerne besonders restriktiv aufgelegt, Tethering, die Weitergabe des Internets an Notebooks nicht gestattet beziehungsweise besonders teuer, Protokolleinschränkungen (z.B. kein verschlüsseltes FTP möglich, eine Forderung der Geheimdienste?). Immerhin, ein Zusatzobulus wie vor einigen Jahren für Emailzugang ist anscheinend vom Tisch. Ich bin mal gespannt, wie das in Spanien läuft, auch da gab es letztes Jahr Probleme, die ich mit einem Providerwechsel in den Griff zu kriegen bemüht war. Schaumermal!
Sei es, wie auch immer: Unter diesen Umständen werden die Blogbeiträge dieser Reise wohl etwas seltener und nicht ganz so ausführlich ausfallen, ich bitte um Verständnis . . .
noch vor Sonnenaufgang ~ Rheinkahn in Nebelschwaden . . .lang erwartet ~ Sonne, die Wärmende, Licht, Leben
Es wird kälter und damit auch winterlicher. Tagsüber fällt das gar nicht so sehr auf, solange die Sonne lacht. Sobald sie sich hinter ein paar Bäumen versteckt oder gar untergeht, wird das frisch, nachts und vor allem gegen Morgen frostig. Heute beim Aufstehen minus zweikommasieben Gräder ~ im Bus 🙁 Welch Glück, wenn sich dann die Sonne über die Baumwipfel auf der östlichen Rheinseite hochschwingt und Wärme spendet. Da freut einen der Anblick von feinen Nebelschwaden über dem Wasser und der Anblick von Kormoranen und Schwänen, die genau wie ich den Tag ruhig angehen und erstmal Wärme tanken . . .
lange Schatten in den Rheinauen
Tagsüber dann Exkursionen mit Kamera auf der Rheininsel. Kristallklares und knochenhartes Licht, das auch mittags lange Schatten wirft. Ich genieße die letzten Tage Sonnenschein, bevor Wolken und Nebel den Winter wirklich hart machen. Sogar die Natur gibt sich der Illusion hin, daß schon der Frühling vor der Tür steht. Blühender Thymian am Wegrand, sprießende Haselkätzchen. Wenn das mal gutgeht!
Orgie in kaltem Blau, Wehr und Himmel gespiegelt im Rhein, und trotzdem tagsüber frühlingshaft warmda ist sie wieder, ersehnt nach fast drei Minusgraden beim Aufstehen: Sonnenaufgang mit Nebelflöckchen
vor Sonnenaufgang am Rhein Ivor Sonnenaufgang am Rhein II
Nachdem ich nun den ganzen November und den angebrochenen Dezember auf dem Wohnmobilstellplatz in Freiburg verbracht habe, um den alten Herrn Magirus für die nächste Reise in den Süden und nicht zuletzt auch für die jährlich zu erkämpfende Legalitätsplakette im hinteren Kennzeichen fit zu machen, steht dem Aufbruch eigentlich nichts mehr entgegen, denn die Prüfung ist überstanden. Aber nicht nur das ausgesprochen schöne und für die Jahreszeit milde Wetter hält mich noch zurück. Es fehlt der letzte Kick (oder im Klartext der Tritt in den Hintern?), daß ich mich auf den Weg mache. Oder hab ich mein Herz tatsächlich an der Kasse des ‚Wir lieben Lebensmittel‘ liegen lassen?
Jedenfalls hab ich mich erstmal für ein paar Tage an einen meiner Lieblingsplätze am Rhein zurückgezogen, um wieder die frische Luft zu spüren und den freien Blick zu üben. Zur Belohnung gabs den ersten Morgenhimmel und anschließenden Sonnenaufgang ohne Wohnmobile und Häuser im Vordergrund. ‚Nur‘ Rhein, eine Baumreihe, ein Himmel in Flammen und Kormorane. Alles Weitere wird sich geben . . .
In heimatlichen Gefilden treibt es mich in der Regel weniger dazu, meine Umwelt auf Photos zu bannen und dann in den Blog hochzuladen, besonders da ich in der letzten Zeit intensiv mit den Vorbereitungen zur jährlichen TÜV-Plakette für den alten Herrn Magirus beschäftigt bin, die sich dieses Jahr wegen Schwierigkeiten in der Ersatzteilbeschaffung zur Reparatur des für die Bremsen nötigen Kompressors besonders schwierig gestalten. Und von einem Tag, einem Moment zum anderen von der technischen Problematik umzuschalten in den ästhetisch künstlerischen Modus ist gar nicht so einfach.
goldener Herbst ~ heimatlicher Sonnenuntergang II
Beim Anblick des in pures Gold verwandelten Auwaldes am Rhein südlich des Kaiserstuhls gestern ließ mich der Gedanke nicht mehr los, eine aktualisierte Version des ‚ganz schön bunt hier!‘ vom selben Standpunkt aus zu schießen, auch wenn das um die 30 Kilometer Fahrt ans nördliche Ende des Kaiserstuhls bedeutete.
goldener Herbst ~ heimatlicher Sonnenuntergang III
Aber da wurde nichts daraus ~ wenige Kilometer davor versank das Rheintal in immer dichterem Nebel, das leuchtende Gold versank in Grau und wurde immer matter 🙁 was tun?
goldener Herbst ~ heimatlicher Sonnenuntergang IV
In der Hoffnung, an einen meiner Lieblingsplätze auf dem Kaiserstuhl über der Nebelsuppe den Sonnenuntergang genießen zu könnnen (ohne Sonne verfalle ich schnell in depressive Zustände!) wechselte ich rasch die Rheinseite und fuhr in umgekehrter Richtung, südlich, wieder der nicht mehr sichtbaren Sonne entgegen . . . und tatsächlich, kurz vor meinem Ziel tauchte sie auch wieder auf, die Wärme und Lebensspenderin 🙂
goldener Herbst ~ heimatlicher Sonnenuntergang V
Belohnt wurde ich für die gut 50 Kilometer Fahrt mit einem überwältigenden Sonnenuntergang hinein in den Nebel, mit ständig wechselnder Stimmung, Schärfe und letztlich dann auch Farbe. Und hoffe, mit dem (Mit-)Teilen hier auf dem Blog auch euch eine Freude zu bereiten!
Jau, die Arbeit und das frühe Aufstehen haben sich gelohnt! Gestern abend noch das große Spiegeltele (mit seinen 500mm Brennweite an APS-C entspricht das einer ungefähr 18-fachen Vergrößerung, das Bild oben und die meisten in diesem Artikel sind noch herausvergrößert auf schätzungsweise 40-fach) schön gesäubert und poliert, Kamera und Stativ fertig zum Einsatz gemacht und dann mit gestelltem Wecker auf 3:45 Uhr ins Bett. Gut ausgeschlafen schießt sich’s besser!
das Spektakel schon im Gang ~ 4:04 Uhr, f:8, 5 sec, ISO100, 500mm Spiegeltele, -> Bewegungsunschärfe durch den flinken Mond
Als ich dann aus dem alten Herrn Magirus gehüpft bin, war die Sache schon ziemlich weit gediehen. Der Mond schon zum Teil im Voll-, zum Teil im Halbschatten der Erde und eine kleine Sichel noch voll beleuchtet. Aber weil man halt so selten Gelegenheit hat, eine totale Mondfinsternis zu erleben und zu photographieren, sind die ersten Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 5 Sekunden schon durch die Bewegung des Mondes unscharf . . . sapperlott, ein Bild trotzdem hier im Blog, weil man die unterschiedlichen Zonen von voller Beleuchtung, Halb- und dem rotbraunen Vollschatten recht gut sehen kann . . .
4:13 Uhr, f:8, 1sec, ISO400 ~ scharfe Sichel und Halbschatten, der volle Schatten versinkt in der Dunkelheit
Es folgt ein spielen mit den wenigen übrigen Verstellmöglichkeiten. Blende öffnen geht nicht, ein Spiegelteleobjektiv hat eine feste Blende. Die Belichtungszeit verkürzt auf 1 Sekunde, das hilft schon ein wenig. Die Empfindlichkeit von den für das Rauschen optimalen ISO100 stufenweise auf 400, dann 1600 und auf 3200 erhöht, und der Mond strahlt richtig schön rostrot oder blutrot, wie es die allzeit sensations- und klickgierige Webpresse gerne nennt 😉 Der Rest ist Arbeit in der Bildbearbeitung ~ nach Bedarf Gamma leicht erhöhen, das Histogramm spreizen und sanft unscharf maskieren im Lab-Modus. Das aber erst nach Restschlaf bis zum Sonnenaufgang und der gewohnten Sechserkanne Expresso! 😉
Bei den höheren ISO-Werten sieht man dann schon den Sensor rauschen, aber was solls, so ist die Technik eben. Ich habe nicht nur einzelne Aufnahmen geschossen, sondern schnelle Serien, da läßt sich in der Kombination dann das Rauschen weitgehend herausrechnen. Das aber nicht auf die schnelle hier für den Blog, das bleibt als Fleißaufgabe für später.
Zum Schluß aber noch ein wenig Bewegung, damit ihr seht, wie schnell der Mond unterwegs ist. Die Serie entstand zwischen 4:27 und 4:34 Uhr, also fünf Bilder in sieben Minuten. Bilder marsch!