Seit meinem letzten Artikel sind einige Tage vergangen, aber der Titel stimmt immer noch: Es scheint auch in Spanien nicht jeden Tag die Sonne. Heute morgen in einem Vorort von Zaragoza (die Deutschen schreiben mit einem Buchstaben mehr aber sehr viel weniger ausführlich Saragossa) von Regentropfen aufgewacht, die auf das Dach des alten Herrn Magirus trommelten. Das Wetter macht zur Zeit einige Kapriolen. Sturm mit Regen, Sturm ohne Regen, Sturm mit Sonnenschein, zwischendurch mal nur Sonnenschein, dann zur Abwechslung mal wieder Regen. 😉
Die Fahrt auf der Nacional 330 in Richtung Zaragoza mit sintflutartigen Regenfällen hatte so an meiner Laune geknabbert, daß ich vorhatte, in dieser Stadt nur meine Wäsche zu waschen und ein paar Einkäufe zu erledigen, um dann im Sauseschritt über die Pyrenäen nach Südfrankreich hinüberzuwechseln. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz für uns zwei Vagabunden sind wir dann aber an die Kante der Hochebene über Zaragoza hinaufgeklettert, und diese Landschaft hat mich dann total gepackt.
Man müßte etwas fitter in Geologie sein . . . Zaragoza liegt am Ufer des Ebro, wo von Süden der Huerva und von Norden der Gallejo mündet. Da sich die deutsche Wikipedia der Geologie enthält, die spanische sich mir immer noch nicht recht erschließt, verweise ich auf ein als Google-Ebook gefundenes Werk von 1835 eines Herrn Schweizerbart. Die Flüsse haben sich in eine im Tertiär gebildete Sedimentschicht im Lauf der Zeit mal schlappe vierhundert Meter eingegraben, im Übergangsbereich der Flußtäler zur übriggebliebenen Hochebene bildete sich diese Landschaft aus gerundeten Hügeln und scharfen Kämmen aus Kalksediment, das durch um die zwanzig Zentimeter dicke waagrechte Schichten von Marmor beziehungsweise Bruchkiesel davon strukturiert wird. Atemberaubend! Und durch die Kontraste von weiß bzw Hellgrau und dem grünen Bewuchs, der im Kleinen aus duftendem Thymian und Rosmarin, im Größeren aus Pinien besteht, auch (photo-)graphisch sehr interessant. Allerdings nicht einfach einzufangen, vor allem nicht, wenn ein wütender Sturm jede zweite Panoramaaufnahme verwackelt, trotz schwerem Equipment 🙁
Diese beiden Bilderchen jedenfalls ¡unbedingt! durch Klick vergrößern, auch wenn ich nicht so recht damit zufrieden bin. Beide müßten riesengroß an der Wand hängen, um den Eindruck nachvollziehbar zu machen, den ich hatte, und das zweite sollte durch eine Serie bei besserem Licht ersetzt werden, was aber wie gesagt der Sturm vereitelte . . .
Im Lauf der Zeit . . . das ist so ein Ding, das ich bei der Gelegenheit nochmal ansprechen muß, auch wenn der eine oder andere das wahrscheinlich weniger interessant findet. Das Tertiär (ein veralteter Begriff, den man eigentlich nicht mehr verwenden sollte) umfasst einen Zeitraum von vor 66 ¡Millionen! Jahren bis zum Ende vor zweieinhalb ¡Millionen! Jahren, in denen die Sedimente aufgeschichtet wurden, und dann nochmal die zweieinhalb ¡Millionen! Jahre, in denen die Flüsse ihre Betten graben konnten. Was wiegt da die Geschichte der Menschheit, die sich ach so wichtig nimmt, oder das einzelne Menschenleben, gar das eigene? Und das ist nur ein winziger Abschnitt der Erdgeschichte, im Ganzen müssen wir den Zeitraum von 13kommasechs ¡Milliarden! Jahre in Gedanken fassen ~ das dürfte die meisten von uns über unsere Grenzen treiben. Demut . . . ein etwas antiquierter Begriff, ist das, was da angebracht wäre. Und steht nicht im Widerspruch zu Begeisterung!
Am Morgen nach der ersten Nacht in dieser Umgebung, da stand ich noch etwas tiefer, zählte ich mit der Kaffetasse in der Hand, nur in eine Richtung blickend, fünfzig Windturbinen, die über die Kante der Hochebene spickelten. Insgesamt hat die Firma RWE auf dieser Seite des Huervas 160 dieser Energiequirle aufgestellt. Wer mag, kann sich die beiden Bilderchen durch Klick vergrößern und anfangen, die auf der anderen Seite zu zählen . . . und sich links und rechts vom Bild und die hinter der Kante stehenden dann dazudenken! 😉
Und ich? Ich stehe in Zaragoza, die Sonne kommt gerade heraus, werde heute arbeitsam meine Wäsche waschen und Besorgungen erledigen, unter anderem Material für einige Basteleien; danach tanken und weiter in Richtung Pyrenäen. Zaragoza wäre zwar eine sehr interessante Stadt, aber ich merke, daß die Erlebnisse in Cordoba im letzen Jahr noch nachwirken, auch wenn es Diebe nicht mehr so einfach hätten wie damals. Außerdem sind mir die Menschenmassen momentan emotional nicht so zuträglich. Ich werde noch ungefähr eine Woche im spanischen Teil der Pyrenäen bleiben, um den noch nicht erforschten östlicher liegenden Bereich zu erkunden . . . danach steht Frankreich an.
Die Fotos sind eine Wucht. Die Informationen hochinteressant. Immer wieder schön, an deiner Reise teilzunehmen. Danke !
Danke für die Blumen!
😉
Liebe Grüße
Ralf