Wie die Süddeutsche in zwei Artikeln beschreibt, hat die Bundesregierung alle Zahlen zu den CO²-Minderungszielen aus ihrem Entwurf für das Klimaschutzprogramm gestrichen, womit die jährliche Revision der Klimaschutzziele wohl gestorben sein dürfte. Wie sie in einem anderen Artikel schreibt, muß die Deutsche Bahn erst einmal 900 neue Mitarbeiter einstellen, um ihre Planungsabteilung darauf vorzubereiten, wie man die angekündigten zusätzlichen Milliarden vom Bund sinnvoll verwenden könnte. Da klemmt es also schon an den Voraussetzungen, um das Geld überhaupt abrufen zu können.
Somit haben sich die einzigen zwei positiven Punkte des Klimaschutzprogramms, die ich in meinem Artikel aufgeführt hatte, aus dem Bereich der Realität in das Reich des Märchens verabschiedet. So richtig wundern tu ich mich ja nicht darüber, denn wie heißt es so schön? Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen. Und wenn es am Wollen hapert, bleibt das Können auf der Strecke! Wer sich von den Lobbyisten der Wirtschaft seine Agenda diktieren läßt, dem kann man das Wollen nicht ernsthaft abnehmen, und so sind dann auch die Ergebnisse!
Das mußte sein! Da letzten Freitag die jungen Streiter für den Klimaschutz, FridaysForFuture, auch uns ältere Semester weltweit zu den Demos eingeladen hatten, hab ich mich per Zug von Andernach nach Koblenz aufgemacht, um an der da angekündigten großen Demo teilzunehmen. Und mit mir zum Glück auch noch viele andere, sodaß der große Platz vor dem Bahnhof zur symbolisch angekündigten Zeit fünf vor zwölf gut gefüllt war.
Meine letzten Erfahrungen auf Demos liegen jetzt auch schon mehr als anderthalb Jahrzehnte zurück, insofern war das durchaus auch ein emotionales Erlebnis. Aber ich konnte feststellen, daß sich so arg viel nicht verändert hat. Man skandierte die selben Parolen ~ Leute laßt das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein! ~ und gewisse Menschen hatten die selben Probleme mit dem Einreihen, die sie auch damals schon hatten. Ich rede jetzt weniger von den außenstehenden Zuschauern als von denen, die so gerne auf einen Zug aufspringen, den sie selbst nicht in Fahrt gebracht haben, die sich vordrängeln und glauben, daß man um so mehr Einfluß bekommt, je lauter man seine Parolen brüllt. Und so sehr ich der Meinung bin, daß ein Systemwechsel weg von Kapitalismus und Neoliberalismus tatsächlich eine Voraussetzung dafür ist, daß sich wirklich etwas ändert, so sehr bin ich auch davon überzeugt, daß die alte Taktik des Kaperns von Parolen, das laute Brüllen und das Vordrängeln eben gar nichts ändert und nur die alten Kämpfe perpetuiert, und dadurch auch alles weiter läuft wie gehabt. Solidarität muß man nicht nur einfordern, man muß sie auch leben! Und das geht anders! Das war eine Veranstaltung von FridaysForFuture, und an sich sollte sich der antikapitalistische Block nach den jungen Leuten einordnen. Nur war da der Egoismus wieder größer und FFF etwas bedröppelt dann ziemlich weit hinten. Weil genau dieser Egoismus des Ich!Ich!Ich! das Problem ist, das nicht nur den Klimawandel verursacht . . . Herr, laß Hirn regnen!
Ansonsten alles gut! Die Demo wurde von der Sambatruppe PiriPiri rythmisch angeführt und angeheizt, die Veranstaltung war nicht nur durch die Regenbogenflagge schön bunt und vielfältig. Und vor allem auch friedlich. Greenpeace war dabei, ExtinctionRebellion, und viele individuelle Einzel- und Paarkämpfer, die mit eigenen selbstgemalten Schildern der Politik die Leviten lesen wollten. Gut so!
Daß die Politiker unserer Regierung entgegen ihrer Verlautbarungen immer noch nicht begriffen haben, daß die Zeit für’s NichtsTun schon lange abgelaufen ist, konnte man dann nach der Veröffentlichung des sogenannten Klima*Paket*s bewundern, das wie zu erwarten nicht mal ein Päckchen geworden ist, nicht einmal eine Warensendung, sondern nur ein Prospekt mit Ankündigungen, das nicht das Papier wert ist, auf das es gedruckt wurde. Klimazertifikate, die verschenkt werden, Preise für den Handel mit denselben, die 2021 mit € 10/t anfangen sollen, bis 2025 steigend auf € 35/t. Zur Erinnerung: Der aktuelle Börsenpreis für CO²-Zertifikate liegt bei gut 26 €uronen! In der Schweiz gibt es eine sogenannte Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe (nicht Treibstoffe!) seit 2008, im Moment liegt der Preis bei 96 Franken/t, das sind in €uro 85! Und so geht es auch gleich weiter ~ um zu zeigen, wie ernst ihnen das Thema ist, fliegen 5 Regierungsmitglieder in 4 Flugzeugen in die USA zum UN-Klimagipfel, zur UN-Vollversammlung und zu einem Treffen mit dem sogenannten Verteidigungsminister, wobei schon der Flug unserer frischgebackenen Verteidigungsministerin um die 360000 €uronen aus der Staatskasse saugt . . .
Die ursprünglich avisierte Ausschüttung eines CO²-Preises zurück an die Bevölkerung (wie in der Schweiz) ist klammheimlich unter den Teppich gekehrt worden. Es gibt eine Erhöhung der Pendlerpauschale um 5 €urocent, die aber schon die erste Erhöhung des Spritpreises von 6 €urocent nicht ausgleichen wird, weil die Pauschale nur für den einfachen Arbeitsweg gilt. Außerdem wird die Pendlerpauschale nur an die ausbezahlt, die lange Arbeitswege haben, eine Steuerung hin zu kürzeren Arbeitswegen, wie sie vernünftig wäre, findet also nicht statt. Kein Systemwechsel, alles bleibt im Interesse der Wirtschaft, flexibel hat nur der Arbeitnehmer zu sein! Wie wäre das, nur mal kurz angedacht, wenn der Arbeitgeber, der ja die Arbeitswege verursacht, der die Arbeitnehmer für die Produktion oder die Dienstleistung braucht, die Arbeitswege der Mitarbeiter entlohnt und die CO²-Abgabe bezahlt? Das wäre sozialverträglich und würde auf Dauer das System umweltverträglicher gestalten.
Es wird in der Politik viel darüber geredet, daß man die ‚kleinen Leute‘ mit den geringen Einkommen nicht überlasten dürfte, daß der Klimawandel (eigentlich die Maßnahmen dagegen!) sozialverträglich abgefedert werden müßte. Allerdings gibt es fundierte Studien, die belegen, daß die CO²-Bilanz der Bürger unabhängig vom Umweltsbewußtsein mit dem Einkommen steigt. Man konsumiert mehr, man wohnt in einer größeren Wohnung, die beheizt oder im Sommer gekühlt werden will, man fährt das größere Auto, macht die weiteren Reisen, sogar der moderne 4K-Fernseher schluckt mehr Energie. Bei einer reellen Rückerstattung einer reellen CO²-Abgabe würden also automatisch diejenigen profitieren, die wenig CO²-Emmissionen verursachen, insbesondere die Bezieher kleiner Einkommen egal welcher Art! So wie das jetzt gestrickt worden ist, gibt es nur den Effekt, daß der Staat wieder mehr Geld aus den Bürgern saugt, mit dem er Unsinn machen kann, wie zum Beispiel den sogenannten Wehretat zu erhöhen (gegen wen wehrt sich Deutschland?).
Schon Ende der 90er-Jahre hatte damals die SPD unter Lafontaine die Idee, die Ökosteuer auf Treibstoffe dazu zu verwenden, Einkommen unter 1500 Mark von Sozialabgaben frei zu stellen. Aber Schröder fuhr dann lieber eine neoliberale Politik, die die unteren Schichten belastete (Hartz IV) und einen Berg von Altersarmut in der Zukunft noch verursachen wird, weil die Leut ohne Job halt auch nichts in die Rentenkasse einzahlen konnten. Man könnte durch gezielte Maßnahmen wie eine spürbare CO²-Steuer den Resourcenverbrauch minimieren, gleichzeitig Arbeit billiger machen und die kleinen Einkommen entlasten. Man könnte das Soziale wieder in die Marktwirtschaft bringen. Man könnte einen Teil des Geldes in genossenschaftlichen oder kommunalen, nicht gewinnorientierten Wohnungsbau stecken. Möglichkeiten gibt es, man muß es nur wollen!
Nur zwei Punkte gibt es, die ein wenig Hoffnung machen ~ die Bahn freut sich darüber, daß ein Teil der Mehreinnahmen für ihre Investitionen gespendet werden soll. Hoffentlich minimiert sich dann auch ihr Verbrauch von Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken, der bis jetzt noch bei 34% liegt. Außerdem müßten dann natürlich die durch die Erneuerbaren überflüssig gemachten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, anstatt den Kohlestrom zu exportieren! Und auch der Braunkohletagebau müßte eingestellt werden! Hambi bleibt!
Der andere Punkt ist der, daß jährlich! abgecheckt werden soll, ob die Einsparung der CO²-Emmissionen auch das geplante Soll erreicht. Nur scheint rein gar kein Plan darüber zu existieren, was denn passieren soll, wenn die Zielvorgaben NICHT erreicht werden ~ worauf ich jeden Betrag wetten würde! Es bleibt also spannend! Herr, laß Hirn regnen!!!
Nochmal zum Thema Zeit, die bleibt: Wenn man die Zeit für die politischen Diskussionen und Maßnahmen (gerade verpaßt!!!) mit einrechnet, wenn wir einrechnen, daß für das 1,5°-Ziel die Vorgaben nochmal angepaßt werden müssen, und zwar zum nächsten 5-Jahrestermin, wie man im oben verlinkten Artikel nachlesen kann, also in ein paar Monaten Anfang 2020, dann haben wir keine zehn Jahre mehr. Dann ist spätestens seit Veröffentlichung des sogenannten Klima*paket*s nicht 5 vor Zwölf, sondern 5 nach Zwölf!
Auf, Endspurt, der alte Herr Magirus düst mit 70 Stundenkilometern die Mosel hinunter bis Koblenz, und die meisten Bilder entstehen während der Fahrt, einhändig durch die Windschutzscheibe. Schnappschüsse also, aber den Verlautbarungen nach verbringe ich eh zu viel Zeit mit der Bearbeitung der Bilder, also kommt es darauf auch nicht mehr an 🙂
Die Mosel, an sich schon grün, kleidet sich auf diesen letzen hundert Kilometern in einen schönen und genauso grünen Mantel aus Laubbäumen, nur das Wetter ist recht grau. Für die Brücke aus genietetem Eisen, auf der zwischen Bullay und Alf (sei gegrüßt, du witziger Alien!) oben die Eisenbahn und untern die Straße die Mosel überspannt, stoppe ich kurz auf dem Seitenstreifen ~ aber dann geht es weiter durch Dörfer und Städtchen mit seltsamen Namen. Zum Beispiel St. Aldegund ~ sollte mir im Leben tatsächlich einmal eine Aldegund begegnen? Oder Ediger-Eller, nach dem mich eine verirrte Frau aus Cochem fragte, als ich dem alten Herrn Magirus die verschmierten Scheiben geputzt habe. Den Ort hatte ich gerade vor einem Kilometer durchrollt . . .
Auch durch Cochem nur noch durchgerollt, trotz eindrucksvoller Reichsburg. Wobei die ursprüngliche Reichsburg, entstanden um 1100, wohl im 17. Jahrhundert zerstört wurde, aber in den Jahren von 1868 bis 1877 von einem reichen Kaufmann im Burgenromantischen Stil wieder aufgebaut worden ist. Nun, wer hat, der darf! Und er hat es freilich nicht selbst getan, dafür kauft man seine Leut! 🙂
Koblenz selbst, eine Stadt, in der ich mich bei jedem Besuch wohlgefühlt habe, versuchte mich diesmal nachdrücklich zu enttäuschen. Der unbefestigte Parkplatz für Busse und Wohnmobile, auf dem ich immer einige Tage verbracht hatte, und von dem man gut mit dem Fahrrad an der Mosel entlang zum Deutschen Eck und damit in die Innenstadt fahren konnte, der ist inzwischen schön gepflastert, aber gesperrt. Und das schon so lange, daß das Unkraut zwischen den Pflastersteinen wuchert. Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir nicht einmal, falls das Gelände jetzt Privatbesitz ist. Und nebenan wird aus dem Stabilo-Baukasten und Beton-Fertigelementen ein neues Riesengebäude gebaut . . . nun steht der alte Herr Magirus also direkt neben der nachts ruhigen, aber tagsüber belebten Straße und wir genießen den Anblick auf rangierende Tieflader.
Auch am Deutschen Eck eine Enttäuschung ~ der Platz am Eck wird gerade mit neuem Belag versehen, und da ich euch nicht ein Bild von Radladern, Containern und Zäunen bieten wollte, mußte ein altes Bild von 2014 her. In dem alten Artikel könnt ihr auch einiges über Koblenz nachlesen.
Aaaaber! In meiner Lieblingseisdiele gab es tatsächlich wieder ein Schokoladeneis mit Chilli 🙂 zwar nicht die ganz dunkle Schokolade, aber immerhin! Koblenz hat also doch noch etwas zu bieten!
Ansonsten verabschiede ich mich zu einer kleinen Pause ~ es gilt den Geburtstag einer 88 Jahre jungen Dame zu feiern. Da ich die Schnapszahlengeburtstage für besonders feiernswert halte, ist das auch nicht mit einer Kaffee-und-Kuchen-Session getan, also entschuldigt mich für ein paar Tage . . .
Meinen drei Kumpels, den Krähen an der Moselbrücke in Traben-Trarbach, ist der Blick auf die Mosel verwehrt, die haben nur den Blick auf die Fußgänger, die von der Uferpromenade die Brücke erklimmen wollen.
Ich selbst allerdings konnte am gestrigen sonnigen und heißen Sonntag den Blick über die Mosel auf eine Kette von Ausflugsautos und Motorrädern beobachten, die diesen als letzten schönen des Jahres angekündigten Tag zu einer Ausfahrt um die weit geschwungenen Kurven der Frau Mosel nutzten. Die Motorräder überwiegend laut (wobei der Lärm in der Schlucht der Mosel weit getragen wird), ein gut Teil der Autos ohne Dach unterwegs (wer sich kein Auto mit Dach leisten kann . . .). So einen Haufen Cabrios auf einem Haufen hab ich noch nie gesehen!
Ein ganz besonderes Cabrio gab es dann in Traben-Trarbach selbst zu sehen, ein Ampficar aus den 1960er-Jahren, laut Wikipedia das erste zivile Amphibienfahrzeug. Der heutige Beitrag zur IAA, Fahrzeuge, die man heute da nicht mehr findet 🙁
Das Ampficar scheint sehr seetüchtig gewesen zu sein, Wikipedia berichtet von einer Fahrt bei Windstärke 8 auf der Ostsee! Außerdem haben zwei Fahrzeuge 1962 den Ärmelkanal überquert, wobei das eine am Schluß das andere abschleppen mußte. Nobody’s perfect! Ansonsten ~ ein pfiffiges Cabrio für 4 Personen, an Land 120 Km/h schnell, auf dem Wasser Maximum 12 Km/h. Verbrauch 9 Liter auf 100 Km, auf dem Wasser je nach Geschwindigkeit 2,3 L/Stunde (5 Km/h) bis 10 L/Stunde (10 Km/h). Ja mai, wer es so eilig hat . . .
Wobei in der Praxis der Schwimmbetrieb wohl sehr aufwendig war ~ nach jedem Wasserausflug mußte das Fahrzeug aufgebockt und insgesamt 13 Schmiernippel mit Fett versorgt werden, die zum Teil auch nur mit ausgebauter Rücksitzbank erreichbar waren . . .
Kaum hatte ich dem Ampficar den Rücken zugekehrt, um weiter hoch in die Innenstadt zu laufen, kam übrigens ein Zweites die Straße hinuntergefahren! Wie gesagt, Cabriotag! Da für ein so perfekt restauriertes Fahrzeug um die 80tausend Dollar gelöhnt werden müssen, habe ich dem alten Herrn Magirus davon nicht berichtet. Er soll sich da nicht schämen müssen, daß sein Wert in €uronen sehr viel niedriger eingeschätzt wird. Aber nur für die anderen, die Banausen 🙂
1962 kostete ein Ampficar übrigens 10.500 DM, so viel wie zwei VW Käfer, was nach heutiger Kaufkraft und inflationsbereinigt rund 22.675 Euro wären. Nach Einstellung der Produktion, weil der Export in die USA, wohin die meisten Fahrzeuge gingen, wegen veränderter Vorschriften nicht mehr möglich war, kostete ein Ampficar dann von der Halde nur noch 8.385 DM. Ein Schnäppchen, sozusagen 🙂
Was macht ein Gutmann in einer Stadt? In Trier? Nun, Tanks leeren, Tanks füllen. Und wenn man schon mal da ist, eine kleine Radtour in die Innenstadt und ein Stadtbummel. Und weil ich vor gut fünf Jahren schon mal da war und so gut wie keine Photos gemacht hatte, weil ich irgendwie mangels Laune oder Wetter keinen rechten Zugang zu dieser ältesten Stadt Deutschlands bekommen hatte . . . und das Wetter diesmal bombastisch gut . . . also keine Ausrede mehr . . . diesmal also das Pflichtprogramm der Postkarten- und Reiseführerbilder ~ zumindest drei 🙂
Der Dom zu Trier mit Liebfrauenbasilika, von vorne, von oben, die Porta Nigra, und gut ist! Ich weiß, ich weiß, ich bin ein Banause! Aber wer sich dafür interessiert (das tu ich sogar auch!) mag sich die verlinkten Wikipedia-Artikel anschauen, die diese Stadtgründung der Römer um Christi Geburt herum beschreiben. Iiiich mach solang einen Stadtbummel und schieße mit der Kamera das, was mich anspricht . . .
Zum Beispiel diese BMW-Isetta des Trierer Spielzeugmuseums! Die hat auch nicht nur mich interessiert 🙂 Das Bild sozusagen mein Beitrag zur IAA, der internatioalen Automobilausstellung in Frankfurt. Sooo haben früher mal Autos ausgesehen: Leergewicht 350-370kg, Hubraum 250-300cc und 12 oder 13 PS, Höchstgeschwindigkeit 85 Km/h. Das Fahrzeug brachte zuverlässig zwei nebeneinander sitzende Personen von A nach B, mit 13 Litern Benzin bis zu 400 Km weit! Das 3-Liter-Auto von 1955-1962 . . . geht doch! 🙂
So weit so toll! Man muß aber leider dazu sagen, daß die Isetta nicht von BMW entwickelt wurde. Mitte der 50er Jahre stand BMW kurz vor der Pleite, man hatte neben Motorrädern nur eine Limousine mit Sechszylinder- und einen Sportwagen mit Achtzylindermotor im Angebot, die aber am Markt nicht die Produktionskosten einbrachten. So fertigte man in Lizenz des Italieners Renzo Rivolta von 1955 bis 1962 insgesamt 161.728 Isettas und sammelte so Kapital für die weitere Entwicklung des Automobils bis zum überschweren und übermotorisierten SUV. Effektivität ins Perverse getrieben.
Aber auch die Verkehrstransformation mit dem Fahrrad setzt voraus, daß man es auch benutzt 🙂 Wobei auch das Fahrrad als Stehzeug, wenn es nur lange genug parkt, einen ästhetischen Genuß darstellt. Die Zeit macht’s!
Noch viel schöner fand ich diese künstlichen Medusen im Schaufenster eines Juweliers. Die Transparenz und die Schwerelosigkeit dieser profan Quallen genannten schönen Tiere aus rotem Netzstoff komponiert sind wirklich toll! Einen sehr interessanten Artikel über die lebendigen Tiere gibt es bei Planet Wissen.
Ein letzer Blick durch ein Schaufenster auf den dahinter liegenden Sichtschutz, der mir einfach so gefallen hat. Als ganzes und als Single, Lepidoptera, Schmetterlinge. Auf der Ausschnittsvergrößerung sieht man auch die Struktur des Stoffes, und wie das Licht damit spielt. Wer mag, liest wieder den Artikel aus der Wikipedia ~ kaum zu glauben, was es alles über Schmetterlinge zu wissen gibt! 🙂
Nach anstrengender Fahrt gut angekommen, inzwischen schon kurz vor Luxemburg, an der Moselschleuse bei Koenigsmacker. Und da Zeuge geworden von guter Seemannschaft. Das Flußschiff Rasta in der Schleuse, ich konnte es fast nicht glauben, daß das geht! Als Schubverband 172 Meter lang und 11,45 Meter breit, das Schleusenbecken ist 176 Meter Lang und 12 Meter breit ~ da blieben auf jeder Seite 27,5 Zentimeter Raum! Für mich sah das eher nach zwanzig Zentimetern aus . . .
Sicherlich ist die Präzisionsnavigation nur durch moderne Technik möglich, Querstrahlruder und einen Mann mit Funkgerät auf dem Vorschiff. Trotzdem: Chapeau, messieurs! Noch spannender wird das bei den nächsten Schleusen bei Thionville, Richemont und Talange, die laut Liste auf Wikipedia nur 172 Meter lang sein sollen. Da müssten nominell Bug und Heck mit den Schleusentoren Kontakt haben 🙂
Obwohl ich eigentlich nicht am Kanal, der hier eine Schleife der Mosel abschneidet, sondern direkt an La Moselle parken wollte, bin ich doch froh, daß die Zufahrtsstrasse da hin zur Zeit gesperrt ist. Im Nachhinein habe ich festgestellt, daß der ursprünglich vorgesehene Platz die wunderbare Aussicht auf die vier Kühltürme des nicht erdbebensicheren Atomkraftwerks bei Cattenom, dessen Zwischenfalliste beeindruckend ist, geboten hätte ~ darauf wird mit Dank verzichtet! 🙁
Die Gegend hier ist so schön, daß sie eigentlich zum Bleiben einlädt. Zumindest eine Nacht (in einem Funkloch 🙂 , obwohl hier jedes Dorf mit 4G ausgestattet zu sein scheint, und auch jeder Wald) habe ich mir gegönnt. Denn da wohnen zwei Seelen, ach!, in meiner Brust: zum Bleiben und Genießen und Nichtstun wäre man(n) wohl besser in (weiblicher) Gesellschaft, damit man(n) nicht nur virtuell kommunizieren könnte. Aber so ~ I’m a rolling stone 🙂
Dafür bekommt man dann auch die Sonnenaufgänge mit, heute fast psychedelisch surreal. Von der Festbrennweite auf das längere Automatik-Zoom gewechselt, das freilich recht verwirrt auf die gleichzeitige Anwesenheit von Schärfe und Unschärfe reagiert hat ~ und mich gleich mit in Verwirrung gestürzt hat. Am Besten bei den alten manuellen Objektiven bleiben, die tun, was ich will!
Zurück zur Landschaft ~ La Moselle und der Canal des Vosges fließen hier mehr oder weniger parallel nebeneinander her, mal hautnah, mal mit Abstand. Und ein Baggersee am anderen, die allermeisten schon wieder begrünt. Der Kanal wurde ja im 19ten Jahrhundert gebaut, über das Kanalnetz konnten Kies und Sand bis ans Mittelmeer, aber auch nach Belgien, Deutschland und die Metropole Paris verschifft werden. Kann gut sein, das halb Paris mit Kies und Sand von hier gebaut ist. Aber jetzt ~ alles grün mit viel Wasser überall. Sooo schön!
Der alte Herr Magirus rollt weiter, die Mosel, oder auf französisch La Moselle entlang, mehr oder weniger. In Epinal nutzen wir den Wohnmobilparkplatz für einen Spaziergang mit Photosession, aber nur kurz, dann geht es weiter. Der Hafen, der heutzutage nur noch von Sportbooten benutzt wird, ist über einen Stichkanal mit dem Canal de L’Est (seit 2003 verbal aufgespalten in Canal de Meuse und Canal des Voges) verbunden, der Epinal einerseits mit der Saône und damit mit Lyon und über die Rhone mit dem Mittelmeer verband, andererseits über die Marne (deutsch Maas) mit Belgien und dem Rhein. In alten Tagen war der Kanal eine wirtschaftlich bedeutende Verbindung zum Süden Frankreichs, Teil eines Kanalnetzes, das über das ganze Land geworfen wurde. Heute wird das alte Netz noch von der Sportschiffart benutzt, und parallel führt oft wie hier auch ein gut ausgebautes Fernradnetz.
Ein paar Kilometer weiter kreuzt der Stichkanal die Mosel auf einer Brücke, und ganz in der Nähe findet der alte Herr Magirus einen Ruheplatz für die Nacht an einem Flugfeld, das Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts vom französischen Militär für eine Aufklärungsstaffel angelegt wurde, für Flugzeuge und auch Beobachtungsballons. Das Elsaß und Lothringen waren ja nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 vorübergehend deutsches Gebiet, die Grenze war also nicht weit weg. Die Streitereien um den Grenzverlauf, die mit dem Entstehen der Nationalstaaten angefangen hatten, sollten auch in den nächsten zwei Weltkriegen eine Rolle spielen. Interessantes über die national-mentalen Hintergründe hier.
Auch wenn zur Zeit genügend Deppen die Grenzen wieder hochziehen wollen ~ unsereins genießt die freien Reisemöglichkeiten, und auch die Mosel fließt ungerührt weiter gen Westen . . .
On the road again, auf der französischen Route 66, der N66 über die Vogesen zum eigentlichen Startpunkt dieser Fahrt, der Quelle der Mosel. Die zieht sich in großem Bogen durch Frankreich, danach an der Grenze zwischen Luxemburg und Deutschland entlang und schließlich bis zu ihrer Mündung in den Rhein bei Koblenz. Diese Strecke bin ich in umgekehrter Richtung schon vor fünf Jahren gefahren, aufwärts, bei zum Teil schlechtem Wetter, jetzt soll es dem Lauf des Wassers folgend abwärts gehen, und für die nächsten Tage ist auch Sonnenschein angesagt ~ das freut den Gutmann und die Energiebilanz der Solaranlage 🙂
Die für die Touristen schön eingefaßte Quelle spuckt gerade mal ein dünnes Rinnsal aus, das sich im obigen Bild durch die untere Bildhälfte schwingt, aber schon einige Meter weiter schwillt sie zu einem kleinen Bach an, und gerade mal 21 Kilometer flußabwärts ist sie ein veritables kleines Flüßchen geworden, das zum angeln einläd.
Von der Quelle zur Mündung, das ist der grobe Plan, aber selbstverfreilich sind Abweichungen jederzeit möglich, zum Beispiel, wenn mir ein Schild ins Auge fällt zu einem Ort, den ich in jüngeren Jahren oft besucht habe, weil meine damalige Freundin an der Gegend einen Narren gefressen hatte.
Faucogney-et-la-mer ~ wobei ich la mer, das Meer, hier noch nie gefunden habe. Wenn man davon absieht, daß der gesamte Bodenbelag der alten Innenstadt komplett neu gemacht worden ist, macht der an diesem Sonntag völlig ausgestorbene Ort den Eindruck, als ob die Zeit hier nicht nur die letzten vierzig Jahre stehengeblieben wäre. Die Auberge, die meisten Läden, das Hotel und viele Häuser offensichtlich leer und unbewohnt, aber Mairie und Post frisch gemalt.
Der Laden von Monique, in dem es neben Büchern Lebensmittel und Kleider zu kaufen gab ~ wohl schon lange leer.Am alten Hotel au Coq Gaulois, dem gallischen Hahn, ist das Zimmerchen mit der schönen Terrasse davor möbliert zu vermieten. Ganz verwaschen und verblichen an einem Haus die Aufschrift Photographie Nouvelle ~ neue Photographie. Auch das liegt schon lange in der Zeit zurück.
Aber dann stellt sich heraus, daß der Ort deswegen so ausgestorben wirkt, weil sich alle Menschen vor der Stadt bei einem Faire Bio aufhalten, einer Art Leistungsschau und Markt für alle, die sich mit dem beschäftigen, was man so Bio nennt: Landwirte, Handwerker (z.B. ein Schmied, der noch Äxte, Messer und Gartenwerkzeuge von Hand herstellt), Kunsthandwerker, Imker und biologisches Bauen (Formsteine aus Lehm und Holzschnitzeln, interessant!). Auch daß das Wort faire machen, tun, aber auch flechten (Körbe, oder auch Netzwerke?) bedeuten kann.
Weiter dann im kühlen Licht eines bedeckten Himmels hinauf zum Plateau der tausend Teiche, Plateau de 1000 Etangs. Ob es wirklich tausend sind, das weiß man nicht genau, jedenfalls ganz schön viele auf dieser land- und forstwirtschaftlich geprägten Hochebene. Schmale Straßen, die wir so lieben, wenn uns nicht allzu Breites entgegenkommt 🙂 Unterwegs immer wieder alte Fahrräder an Leitungsmasten befestigt, anfeuernde Schriften auf der Fahrbahn. Da war wohl ein großes Fahrradrennen. Die Tour de France war es anscheinend nicht, die hat die Gegend ausgespart.
An einem der Teiche verbringen wir die Nacht, der Morgen geht wieder einmal damit drauf, Bilder zu bearbeiten, diesen Artikel zu schreiben und ins Netz zu stellen ~ aber jetzt, hopphopp, geht es weiter . . .