Les Cascades d’Orgon, auch wieder so ein Thema, bei dem die Photographie, vor allem im kleinen Blog-Briefmarken-Format, an ihre Grenzen stößt. Schon, um sie mit bloßem Auge auch nur halbwegs vollständig in den Blick zu bekommen, muß man sich von einem Parkplatz um die hundertfünfzig Meter abwärts von dem Pfad, der zur Fußgängerbrücke führt, von der das erste Bild dieses Beitrags entstanden ist, auf eine dieser Felsrippen hinausbegeben, Überreste senkrecht geklappter geologischer Schichten. Kein Pfad führt da hinaus, kein Schild weist darauf hin. Wenige Besucher werden diesen Platz finden, und vielleicht ist auch deshalb nicht einmal auf der französischen Seite von Wikipedia etwas über diesen Wasserfall zu erfahren.
Auf dem großen Bild, das von da entstanden ist, kann man links oben die filigrane Fußgängerbrücke über die obere Kante des Wasserfalls kaum erkennen, auch den oberen Teil des Falls, bevor er sich hinter einer Felsrippe versteckt, sieht man nur, wenn man ihn sucht. Knapp unterhalb der Mitte des Photos taucht er wieder auf, um dann in die rechte untere Ecke zu fließen, aus dem Bild und aus dem Sichtbereichs des Aussichtspunktes auf der Felsnase heraus. Weiter steil bergab geht es da trotzdem. Und überall krallen sich Bäume in die fast senkrechte Felswand, schmiegen sich an.
Die nächsten zwei Bilder deshalb mit etwas längerer Brennweite aufgenommen, aufgeteilt in den oberen und den unteren Fall, damit ihr da etwas besser sehen könnt. Mit zweien sieht man besser, um einen öffentlich-rechtlichen Angeberspruch etwas zu verballhornen 🙂
Nochmal von der Brücke aus photographiert der Blick das Tal des Orgon hinab über die Bergketten am Rande der Cevennen, ganz hinten im Osten wäre vielleicht das Mittelmeer sichtbar, wenn, ja wenn die Luft etwas klarer wäre als in den letzten Tagen. Am rechten Hang sieht man die Felsnase, von der die Bilder entstanden sind, darunter als Doku noch ein Handybild von der Kameraarbeit 🙂
Um einen Aussichtspunkt zu finden, von dem aus man vielleicht mehr vom Wasserfall sehen könnte, vielleicht sogar von unten nach oben blickend, habe ich mich auf eine längere Wanderung begeben, auf einen Pfad, der direkt neben der Brücke nach rechts steil hinauf führt. Oben den Kamm entlang, erst eben, dann sanft abwärts, dann steil in Serpentinen den Hang hinunter, auf einem Pfad, der nun wirklich nicht behindertengerecht ausgebaut ist. Hätte ich mein Einbeinstativ dabei gehabt anstelle dessen mit den drei Beinen, hätte sogar ich als UrUrUrenkel einer Gemse dieses als unterstützenden Wanderstab benutzt. 🙁
Nach einhundertsechzig Höhenmetern, steil hinab, biegt der Pfad dann aber talabwärts ab, die Richtung auf den Wasserfall zu ist als wanderwegmäßig falsch markiert (gekreuzte Farbmarkierung anstatt parallel). Doch der Weg ist gangbar, also auf, nur nicht zagen! Der Pfad ist zwar erkennbar, aber auch erkennbar nicht mehr gepflegt. Immer wieder muß ich über quer über den Pfad gestürzte Bäume klettern, und dann geht es abrupt gar nicht mehr weiter. Links geht es steil nach unten, rechts steil nach oben eine Felsgruppe hinauf, vorn ist gar nichts mehr. Auch die Hoffnung, daß es oberhalb des Felsens weitergehen würde, trügt leider, und die Kletterei mit dem Stativ ist auch keine Freude, wird mir zu riskant. Immerhin, ich kann den Wasserfall nun hören, sehen leider nicht 🙁 Und so kämpfe ich mich die einhundertsechzig Höhenmeter unter beträchtlichem Flüssigkeitsverlust wieder hinauf (was dieser Blogger nicht alles tut für seine wehrte Leserschaft!), wenn man so will, erfolglos. Allerdings habe ich auf dieser Tour einige Wesen gesehen, die den zweiten Teil dieses Artikels füllen werden:
Buchen, Buchen, Buchen . . . und Buchenbabys 🙂
Gewöhnlich findet man auf den Bergen im südlichen Frankreich Stein- und Korkeichen, die den südlichen Flair dieser Landschaft ausmachen. Hier jedoch war der ganze Hang von dicht an dicht stehenden Buchen bewachsen, alle ungefähr gleich hoch, also alt. Mag sein, daß ihn einmal ein großer Waldbrand komplett leergefressen hat, es sind allerdings keine Anzeichen davon mehr zu sehen. Auch nicht von forstwirtschaftlichen ‚Ausdünnungen‘, die bei den übrig gebliebenen Bäumen für schnelleren Wuchs und dickere Stämme sorgen sollen.
Auch vom forstwirtschaftlich gewünschten ‚geraden Wuchs‘ kann oft ganz und gar keine Rede sein, die Buchen wachsen mitunter fast waagerecht vom steilen Hang weg, mag sein, daß in Jünglingsjahren mal der Boden weggerutscht ist, oder Büchlein hat sich da draußen etwas mehr Licht erhofft.
Der Nationalpark Cevennen ist 1970 ausgewiesen worden, ob der Hang deswegen so unbearbeitet aussieht? Wahrscheinlich liegt es eher daran, daß man die Stämme hier kaum abtransportieren könnte, so steil fällt der Hang ab. Die einzigen Sägespuren sind die, die den Wanderpfad von über ihn gefallenen Bäumen befreien sollten, die Sägestücke liegen da und gehen dem natürlichen Verfall entgegen.
Besonders gefreut hat mich, daß ich der Buchenkinderstube zusehen konnte, das machen die nämlich nicht jedes Jahr, aber dann alle gemeinsam. Überall standen die kleinen Buchenkinder herum, meist in Gruppen, selten einzeln, in jedem Fortschrittsgrad der Entfaltung. Zuerst streckt der kleine seine Wurzel aus der Buchecker, krallt sich im Boden fest. Dann wächst ein Trieb senkrecht nach oben, lüpft dabei die Buchecker mit in die Höhe, ein dunkelgrünes, fleischiges, rundes Doppelblatt drückt sich aus der Ecker, bis es sie absprengen kann, dann erst sprießen die ersten zarten, hellgrünen typischen Buchenblätter. Nur ganz wenige von den vielen werden es schaffen, zum veritablen Bäumchen zu wachsen, eine große Buche zu werden ist weniger wahrscheinlich als ein Sechser im Lotto. Denn die zarten Triebe sind natürlich Nahrung für viele Tiere, und im Kampf um Licht, Wasser und Mineralien als Nahrung können nur wenige Sieger werden . . .