Ein Besuch bei Miguel Horn

Miguel Horn an seiner Skulptur Felsenreiter
Miguel Horn an seiner Skulptur Felsenreiter

Vor knapp zwei Jahren hatte ich auf meiner Tour entlang der Donau in Oberösterreich die Werke von Miguel Horn entdeckt und Bilder in einem Artikel in diesem Blog veröffentlicht. Nach mehreren Telefonaten, in denen wir uns gut unterhalten hatten, waren wir uns einig, dass wir uns ~ irgendwann einmal ~ in natura begegnen sollten. Und nun war es soweit; drei Tage waren der alte Herr Magirus und ich bei Miguel zu Gast.

Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ links der Abgrund
Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ links der Abgrund

Dass nun ausgerechnet an dem Tag, an dem sich Miguel die Zeit genommen hat, mich kreuz und quer durch die niederösterreichische Landschaft zu fahren, um mir einige seiner im öffentlichen Raum installierten Kunstwerke zu zeigen, auch der Tag war, an dem sich die Wasser über dem Horizont mit den Wassern unter dem Horizont zu vereinigen suchten, machte die Arbeit mit der Kamera etwas schwieriger, zeigte aber auch, wie unterschiedlich die komplexen Edelstahlinstallationen je nach Licht und Betrachtungsstandpunkt wirken.

Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ rechts geht es senkrecht nach unten
Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ rechts geht es senkrecht nach unten

In seiner Skulptur der Felsenreiter, über der Donau bei Waldhausen, verdichtet er gleich vier Mythen der Donau, die Donau-Nixe Isa, den Raubritter, der die Gegend einmal unsicher machte, der sich der Bestrafung durch Kaiser Maximilian dadurch entzog, dass er sich samt Pferd über diesen Felsen in die Tiefe stürzte, und den grauen Mönch, der den Kaiser vor dem sicheren Tod rettete, in dem er ihn aus einem danach zusammenstürzenden Saal führte, und dem Donaufürsten zu einem komplexen Kunstwerk aus verschränkten Edelstahlelementen. Zweidimensionale Platten, aus denen mit dem Plasmaschneider Konturen und Silhuetten geschnitten werden, verschränkt zu stabilen dreidimensionalen Werken, die lebendig werden durch mit der Schruppscheibe gearbeitete, in der Sonne schillernden Texturen.

Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ Sprung in den Abgrund
Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ Sprung in den Abgrund

Die Donaunixe Isa, die einige der Arbeiten Miguels am Wanderweg Donausteig verbindet, hat bei ihm nicht den sonst üblichen Fischschwanz, sondern zu Flossen geformte Füße, und wird begleitet von den symbolischen Schlangen der sich durch die Landschaft mäandernden Donau. Die Stophand sowohl aktuelle Warnung für den Wanderer, als auch bewußt missachtete für den Raubritter, der im Sprung mit beiden Händen in den Abgrund, zur Donau zeigt.

Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ Blick zur Donau
Miguel Horn ~ Felsenreiter ~ Blick zur Donau
Gobelwarte Grein und das Strudengauer Burgspektakel
Gobelwarte Grein und das Strudengauer Burgspektakel
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Gobelwarte Grein
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Gobelwarte Grein

Wie sehr diese Werke dazu einladen, sie immer wieder aus einem andern Blickwinkel zu betrachten, weil immer wieder neue Ansichten die Phantasie beflügeln, wird auch bei der Skulptur des Strudengauer Burgspektakels deutlich, die man auch vom daneben stehenden Aussichtsturm aus unterschiedlicher Höhe betrachten kann. Das Fest auf der Burg, wo das Pferd in der einen Hand den Reichsadler (oder den Pleitegeier?) und in der anderen den tanzenden Hund (oder den schlauen Fuchs?) balanciert, während der Ritter (warnend?) in die Ferne zeigt und der Hofnarr/Harlekin ausgelassen tanzt, zeigt nach Perspektivwechsel . . .

Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Gobelwarte Grein
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Gobelwarte Grein
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Detail
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Detail

. . . in ironischem Augenzwinkern, wie das gehörnte Tier mit erigiertem Gemächt der anmutigen Frau (nennen wir sie Eva, oder ist sie Isa inkognito, ohne ihre Flossen?) an die Titten grapscht, während die nach dem biblischen Apfel (der Erkenntnis oder der Sünde?) greift, der ihr von der Schlange angeboten wird. Und eine Figur rauft sich (aus Verzweiflung?) mit zur Fratze verzerrtem Gesicht die Haare.

Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Eva (Isa?), die Schlange Donau und der Apfel
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, Eva (Isa?), die Schlange Donau und der Apfel

Es begeistert nicht nur die schillernde Darbietung der Geschichte, sondern auch die durch Texturen dreidimensional anmutenden Ausarbeitung der Platten. Phantasie, kreative Intelligenz plus gekonntes Handwerk ist gleich Kunst!

Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, vom Turm aus gesehen
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, vom Turm aus gesehen

Miguel selbst ist übrigens kein Fan von solchen schriftlich niedergelegten Interpretationen, der Betrachter selbst soll den von den Werken inspirierten Assoziationen nachspüren. Der oben gezeigte Text ist also mein persönliches Erleben beim Besuch, erweitert noch durch die Auseinandersetzung mit den Bildern während der Auswahl und Bearbeitung zu diesem Artikel. Für Euch gilt: selber hingehen, schauen, erleben! Am Schluss des Artikels finden sich dazu die Positionen in Google Maps.

Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, vom Turm herab
Miguel Horn ~ Strudengauer Burgspektakel, vom Turm herab
Miguel Horn ~ die Messerer ~ der Künstler an seinem Werk
Miguel Horn ~ die Messerer ~ der Künstler an seinem Werk

Die komplexen Edelstahlskulpturen sind sozusagen der vorläufig aktuelle Stand der Entwicklung der Arbeiten von Miguel Horn, der eigentlich in den 60er und 70er Jahren als Holzbildhauer mit zum Teil monumentalen Skulpturen Aufsehen erregte ~ davon später. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre entstanden die ersten Arbeiten aus Metall; eine der Arbeiten ist diese: Die Messerer, entstanden 2007, fünf Meter hoch, mit ausgeschnittenen Kopfprofilen, aus der Ebene der vollen Platten herausgedreht und verschränkt. Nicht ganz so monumental sind die Skulpturen in der Freiluftgalerie in Engelhartszell, die ich schon in meinem Artikel von vor zwei Jahren gezeigt habe.

Miguel Horn ~ die Messerer, Ausschnitt
Miguel Horn ~ die Messerer, Ausschnitt

Miguel verarbeitet auch immer wieder aktuelle Ereignisse in zum Teil stark provozierende Werke. 1997 führte seine Installation ‚Wer vergibt uns unsere Schuld?‘ gegen Krieg und Ungerechtigkeit in Blindenmarkt , einer Kreuzigungsgruppe kopfüber, zu rigiden Kommentaren des Kameradschaftsbundes (der sich in seiner Selbstbeschreibung darstellt als ‚überparteiliche Organisation, die für aktiven „Frieden in Freiheit“ eintritt und die Zukunft unserer Heimat mitgestaltet‘) und zum Abbruch der Ausstellung. Hier die Arbeit ‚Rinderwahn‘, die auf einer Verkehrsinsel bei Waidhofen an der Ybbs ihren Platz gefunden hat.

Miguel Horn ~ Rinderwahn
Miguel Horn ~ Rinderwahn

Ergreifend ins Eingemachte gehen die Arbeiten, die in Impression durch die medial voll übertragenen Bilder aus dem Golfkrieg entstanden sind. Man google nach ‚Highway of Death‚: Die USA stoppten in der Nacht vom 26. auf den 27. Februar 1991 mit Minen Anfang und Ende des Konvois der Irakischen Truppen auf dem von der UN geforderten Rückzug, um mit mehrstündigen Luftangriffen alles niederzumähen. Zivilisten, die auf dem Highway unterwegs waren, hatten Pech. Zwischen 1800 und 2700 Fahrzeuge wurden zerstört, mindestens 800 bis 1000 Menschen kamen um. Wer sich die gruseligen Bilder noch einmal antun will, kann sich auch die Nachrichtensendung des Senders CBC zu den Vorfällen anschauen.

Miguel Horn ~ im Vordergrund Impressionen zum Highway of Death
Miguel Horn ~ im Garten, im Vordergrund Impressionen zum Highway of Death

Die Werke aus Draht und Thiokol, einem Kunststoff, wie er in der Isolierglasherstellung als Dichtmasse verwendet wird, reflektieren die Bilder von LKW-Fahrern, die aus ihren brennenden Fahrzeugen krabbeln. Miguel Horn: Mit meiner Arbeit ‚Die Abscheu des Krieges‘ möchte ich ein Denkmal setzen für die Verführten, ein Denkmal für die Toleranz, ein Denkmal zum Nachdenken, und schließlich einen Beitrag dazu leisten, damit in der Zukunft Kriege nicht mahr passieren können.

Miguel Horn ~ Impressionen zum Highway of Death ~ Kuwait
Miguel Horn ~ Impressionen zum Highway of Death ~ Kuwait

Der Jurist und Friedensaktivist Ramsey Clark kritisierte die Vorgehensweise als Verstoß gegen die Genfer Konvention und Kriegsverbrechen. Aber die mächtigsten der Welt, die den Krieg befehlen oder durch Eskalation provozieren, werden nicht zur Rechenschaft gezogen, egal ob sie aus dem Westen oder dem Osten kommen. Wie man aktuell sieht, ist Krieg immer noch möglich . . .

Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs

Für Miguel selbst seine „wahrscheinlich wichtigste Arbeit“ ist der ‚Platz der vergessenen Völker‘ in Neuhofen an der Ybbs. Ein Steinkreis aus fünf großen Granitstelen mit gekreuzigten, gequälten Kreaturen, ergänzt durch den Ostarrichi-Stein, auf dem in Schrift aus Edelstahl die Völker angezeigt werden, die im Lauf der Zeit das Land Österreich besiedelt haben (und wie z.B. die Slawen, wieder vertrieben wurden) und einem Stein, auf dem die weltweit bedrohten Völker auf Edelstahlplaketten aufgeführt sind ~ von den meisten kennen wir nicht einmal die Namen . . .

Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Ostarrichi-Stein
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Ostarrichi-Stein
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs
Miguel Horn ~ Platz der vergessenen Völker ~ Neuhofen an der Ybbs

Mein dreitägiger Aufenthalt bei Miguel hat mir aber auch einen winzigen Einblick in die Schaffenshistorie und Schaffenskraft dieses Künstlers ermöglicht. Rund ums Haus sammeln sich Werke aus den unterschiedlichsten Perioden, die Stahlskulpturen frei im Garten, die aus Holz eher wettergeschützt unter Dach am Haus oder dem Carport. Und das in einer Menge, die buchstäblich überwältigend ist. Man fragt sich unwillkürlich, ob dieser Mann sich auch einmal eine Pause gestattet. Die Fülle der Werke zeigt in jedem Fall eine Entwicklung, in der Miguel sich und seine Formensprache von den großen Holzskulpturen über Stein, Marmor, Bronze, Stahl, Stahl und Kunststoff, Edelstahl immer weiter entwickelt und dabei die Möglichkeiten des jeweiligen Materials gekonnt genutzt hat.

Miguel Horn ~ im Garten ~ Hände
Miguel Horn ~ im Garten ~ Hände
Miguel Horn ~ im Garten ~ von 2D zu 3D
Miguel Horn ~ im Garten ~ von 2D zu 3D
Miguel Horn ~ Arbeit in Bronze
Miguel Horn ~ Arbeit in Bronze
Miguel Horn ~ Arbeit in Bronze
Miguel Horn ~ Arbeit in Bronze
Miguel Horn ~ im Atelier ~ Aktstudie in Holz
Miguel Horn ~ im Atelier ~ Aktstudie in Holz
Miguel Horn ~ im Atelier
Miguel Horn ~ im Atelier
Miguel Horn ~ Mutter mit Kind
Miguel Horn ~ Mutter mit Kind
Miguel Horn ~ der Künstler vor dem Arbre de Vie an seinem Lagerplatz
Miguel Horn ~ der Künstler vor dem Arbre de Vie an seinem Lagerplatz

Ein Beispiel für die frühen, großen Holzarbeiten ist der Arbre de Vie, Lebensbaum, eine Skulptur aus einer Redwood Sequoia, über zehn Meter hoch, die mehr als 35 Jahre in Pontoise, Nordfrankreich, aufgestellt war. Miguel sucht für dieses Werk einen Standort unter Dach, witterungsgeschützt, denn Wind und Wetter nagen mit der Zeit doch am Holz. Also, wer hat ein möglichst öffentlich zugängliches, mindestens 11 Meter hohes Dach und hat Interesse an einer (unter Umständen kostenlosen) Dauerleihgabe?

Miguel Horn ~ Arbre de Vie
Miguel Horn ~ Arbre de Vie
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Ausschnitt senkrecht gestellt
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Ausschnitt senkrecht gestellt
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Detail
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Detail
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Ausschnitt freigestellt
Miguel Horn ~ Arbre de Vie, Ausschnitt freigestellt

Zum Schluß noch, Miguel, meinen herzlichen Dank für die Zeit, die du dir für mich genommen hast, die Einblicke in dein Schaffen, für die Gastfreundschaft und die Aufnahme in deine Familie und Freundeskreis, und für die Begleiterin, die auf dem Tisch bei der Erstellung dieses Artikels zugeschaut hat!

mit Google-Maps zu den Werken:

Predigtstuhl – Felsenreiter
Gobelwarte Strudengauer Burgspektakel
Böhlerwerk – Die Messerer
Mensch und Kommunikation – Rinderwahn
Platz der vergessenen Völker

vom alten Artikel in diesem Blog:

Panta Rhei
Freiluftgalerie Engelhartszell
Römerburgus Oberranna
Schlögener Blick auf die Donauschleife

Kommentare

Die Donau, die Römer und Miguel Horn

da geht's lang!
da geht’s lang!

Mit der gestrigen reichlich anstrengenden Radtour vom Ufer der Donau, viereinhalb Stunden über Berg und Tal, gleich am Anfang 19% Steigung, dann immer wieder gefühlt mehr rauf als runter zum Aussichtspunkt Schlögener Blick auf die Donauschleife bei Schlögen, findet ein Artikel ein zumindest vorläufiges Ende, der mich die letzten 8 Tage beschäftigt hat ~ eine Sammlung einiger Werke des Bildhauers Miguel Horn.

Donauschleife Schlögener Schlinge
Donauschleife Schlögener Schlinge

Ohne das Wissen darum, dass Miguel Horn einen Wegweiser zum ‚Blick‘ und einen Kopf des römischen Wächters direkt am Aussichtspunkt gestaltet hat, hätte ich diese Tour de Force wahrscheinlich nicht in Angriff genommen ~ und bestimmt auch nicht mit dem Fahrrad, wenn ich im Voraus gewusst hätte, wie anstrengend das wird. Ich bin ja schließlich kein Masochist, oder? 🙂

der römische Wächter
der römische Wächter

Aber fangen wir mal mit einer Erklärung der Überschrift an, die Donau und die Römer. Die Donau war hier die nördliche Grenze des antiken römischen Reiches. Militär war zur Sicherung der Grenzen stationiert, und Österreichs Touristikwirtschaft bezieht sich natürlich gerne darauf, um die Rad- und Wanderwege an der Donau mit ein wenig historischem Geschmäckle aufzupeppen. Es gibt einige Museen, die die Anwesenheit der Römer in der Gegend thematisieren (zur Zeit alle wegen Corona geschlossen), so auch das Römerburgus Oberranna / Engelhartszell. Und den ganzen Donauradweg und den Donauwanderweg Donaustieg entlang findet man immer wieder Hinweise auf die Anwesenheit des Imperium Romanum im heutigen Oberösterreich. Oft auch mit aus Edelstahl geformten Reliefs des Künstlers Miguel Horn. Das hat mich neugierig gemacht (oder war ich schon immmer so? 🙂 )

Miguel Horn ~ Römischer Wächter
Miguel Horn ~ Römischer Wächter

Der 1948 in Passau geborene Miguel Horn, aber in Chile aufgewachsen und erst als Erwachsener nach Europa zurückgekehrt, inzwischen in Niederösterreich in Neuhofen an der Ybbs zu Hause, ist hier überall so präsent, dass man kaum an ihm vorbeikommt. Und ich, der ich in jüngeren Jahren sehr viel mit Stahl gearbeitet habe, schon gar nicht. Ich hab so den Verdacht, dass im Hintergrund dieser Faszination so eine Art Seelenverwandschaft an mir zupft, wie ich gestern beim Anblick von ‚Panta Rhei‘ feststellen konnte. Nicht nur dass das ‚Alles fließt‘ mit zum Motto meines mobilen Lebens gehört und mich an Flüssen entlanghangeln lässt, sei es Rhein, Rhone, Mosel, Ebro oder jetzt die Donau ~ die Themen des Mannes (laut Wikipedia die ’negativen Auswirkungen unseres Wohlstands: Verlust der Individualität, Zurückdrängung indigener Völker, Zerstörung letzter Naturreservate, um nur einige zu nennen‘ sind meinen verwandt. Mit dem Unterschied, dass er nicht nur unwahrscheinlich produktiv ist, während unsereiner oft sinnierend auf das vorbeifließende Wasser schaut . . . und eine Durchsetzungskraft hat, die mir abgeht. Man kann es auch ein gerüttelt Maß an Frechheit nennen, wenn er wie 1975 seine fünf Meter hohe Skulptur Je cherche mon visage unautorisiert unter dem Eiffelturm in Paris aufstellt 🙂 Vielleicht hätte ich Ende der 90er COR vor dem Freiburger Münster aufstellen sollen . . . Miguel nennt seine Skulpturen zu Holz, Stein und Metall erstarrte Gedankengänge. Also lasst uns mitdenken, mitträumen!

Miguel Horn ~ Römischer Wächter
Miguel Horn ~ Römischer Wächter am Römerburgus Oberranna / Engelhartszell ~ im Hintergrund der alte Herr Magirus
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei

Zitat Miguel Horn: Die Skulptur „Panta Rhei“ setzt sich aus vielen urtümlichen Fischen zusammen, die sich gegenseitig beim Durchschwimmen der Schlinge unterstützen. Jedes einzelne Element trägt zur Stabilität der Skulptur bei, so wie in jedem Ökosystem nur die Vielfalt der Organismen seine Stabilität gewährleistet.

Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei
Miguel Horn ~ Panta Rhei

Die erste Arbeit, die mir von Miguel Horn aufgefallen ist, war die Donaunixe an der Promenade von Aschach mit ihrem (w)irren Haar und der ‚römischen‘ Nase 😉

 Miguel Horn ~ Donaunixe ~ Relief in edlem Stahl ~ b&w-Ausarbeitung
Miguel Horn ~ Donaunixe ~ Relief in edlem Stahl ~ b&w-Ausarbeitung
und noch ein Römer . . .
und noch ein Römer . . .

Und nun zum Schluss noch einige Skulpturen, die zur Zeit als Leihgabe am Ufer der Donau bei Engelhartszell aufgestellt sind.

Miguel Horn ~ Phönix aus der Asche
Miguel Horn ~ Phönix aus der Asche
Miguel Horn ~ Abgesang der bedrohten Völker
Miguel Horn ~ Abgesang der bedrohten Völker
Miguel Horn ~ Das Rad des Dharma
Miguel Horn ~ Das Rad des Dharma
Miguel Horn ~ Zoaga
Miguel Horn ~ Zoaga
Miguel Horn ~ Birnbeitla
Miguel Horn ~ Birnbeitla
Miguel Horn ~ Birnbeitla
Miguel Horn ~ Birnbeitla

Links:
Webseite von Miguel Horn
Wikipedia über Miguel Horn
Römisches Erbe in Oberösterreich

Photographie vs Fotografie ~ pffffft!

* zwischen den Gebirgsketten eine Ebene, weites Land, weiter Himmel *
* zwischen den Gebirgsketten eine Ebene, weites Land, weiter Himmel *
* weich gewellt ~ Blick zurück zur Sierra de Maria *
* weich gewellt ~ Blick zurück zur Sierra de Maria *
* campo und cielo ~ Land und Himmel ~ noch weiter *
* campo und cielo ~ Land und Himmel ~ noch weiter *

Der alte Herr Magirus frißt Kilometer und Bergketten. Nach der Sierra de Las Estancias und der Sierra de Maria sind wir jetzt an der Puerta del Pinar zwischen der Sierra de la Sagra und der Sierra de Taibilla angekommen, auf 1600 Metern und einer Nachttemperatur gerade mal eben über Zero . . .

Zwischendrin eine weite Ebene mit teilweise schnurgeradem Straßenverlauf. Ich frage mich, ob unter der Andalusia 317 eine alte Römerstraße liegt. Eine Frage, die sich auch mit Wikikpedia, sogar in der spanischen Ausführung, nicht so einfach beantworten läßt. Jedenfalls haben die zwei ersten Bilder, obwohl gestitchte Panoramen doch eher Schnappschüsse der gestrigen Fahrt, an ein nun fast zwei Jahre altes Panorama erinnert, das ich nun in der etwas größeren Auflösung von 2000 Pixeln Breite nochmal anhänge. Die Originalauflösung von 12434 Pixeln Breite erreicht das zwar immer noch nicht, aber es füllt einen FullHD-Monitor. Das Original würde auch einem der neuen 4K-Monitore nur zu einem Drittel der Breite draufpassen. Die vergrößerungsfähigen Bilder hier im Blog (*chen um den Kommentar) entsprechen halt im Detailreichtum lange nicht dem Original . . .

Eine Nachricht aus dem Internet gestern inspiriert mich zum heutigen Thema des Blogs, und ich weiß noch nicht genau, wohin mich das führen wird. Schaumermal, dann sehn mer scho, gelle!

Der etwas seltsame Titel eines Interviews der Deutschen Welle zur Eröffnung der Photoausstellung von Wim Wenders im Düsseldorfer Museum Kunstpalast: ‚Bilder einer entleerten Welt: Wim Wenders‚. Auch die Zeit titelt etwas gesträubt: ‚Wim Wenders Blick fürs Sonderbare

Wim Wenders war für mich bis jetzt vor allem durch beeindruckende Filme bekannt, angefangen von der Highsmith-Verfilmung ‚Der amerikanische Freund‘ 1977 über ‚Paris, Texas‘ 1984, ‚Der Himmel über Berlin‘ 1987, ‚Lisbon Story‘ 1994, ‚Buena Vista Social Club‘ 1999 und ‚Pina‘ 2011, um nur die zu nennen, die ich selbst gesehen habe. Parallel zu seiner Regiekarriere hat er aber offensichtlich immer photographiert, eine Retrospektive zeigt jetzt einige seiner Photos, und ‚die haben etwas‘, um das mal so auszudrücken. Das Bild mit dem Hund vor Ayers Rock ist richtiggehend genial . . .

Das lesenswerte Interview zeigt einige Ähnlichkeiten in unserer Einstellung zur Photographie, das fängt schon mit der Schreibweise an, die wir beide trotz Rechtschreibreform (Deutschtümeln für Legastheniker in einer Zeit der Europäisierung und Globalisierung ~ wer kam blos auf die skurille Idee, international verständliche Begriffe in unverständliche deutsche Schreibweise zu verwandeln? pffffft!) hartnäckig verwenden. Photographie ist vom griechischen Wortstamm her das Zeichnen mit Licht, dem Motto, das auch über meiner Website steht. Es geht weiter mit der Einschätzung, daß Photographie im Gegensatz zur Filmerei als Teamwork eine notwendigerweise einsame Arbeit ist, weil nur im Alleingang die Möglichkeit besteht, sich wirklich auf das Objekt einzulassen, das für uns beide oft Landschaften sind. Auch in seinem Verhältnis zur Zeit in der photographischen Arbeit spricht er Dinge an, die für mich zentral im Verständnis von Welt und Photographie sind.

Unterschiede gibts natürlich auch: Wim Wenders photographiert streng analog mit einer Mittelformatkamera. Meine Mamiya 645 liegt eingelagert unter dem Sofa, ich bin heilfroh um die Möglichkeit, über die digitale Bildbearbeitung meine Vorstellungen eines Bildes zu realisieren, wie ich sie in analogen Zeiten so nicht hatte. Nicht um Bilder zu fälschen, sondern um die Aussage auf den Punkt zu bringen. Siehe da . . . Und im Gegensatz zu Wim Wenders, der immer aus der Hand photographiert, benutze ich sehr gern mein Stativ, zumindest das Einbein ist meist dabei. Zu Mittelformatzeiten habe ich es auch noch selten benutzt, aber mit einer leichten Digitalkamera hoher Auflösung stößt man sehr schnell an die Grenzen, wo sich ein Verreißen mit schlechter Detailwiedergabe rächt. Außerdem gibt mir das Stativ die Zeit und die Ruhe, die Bildkomposition auszuarbeiten.

Aber zurück zum Thema: Wie kommen die Kulturjournalisten auf die Idee dieser Titel? Bilder einer entleerten Welt ~ Wim Wenders ~ Blick fürs Sonderbare. Sind die Titel mit Wim Wenders abgesprochen? Eine kurze Durchsicht der veröffentlichten Photos bestätigt meinen Verdacht: Auf einem von zehn Photos ist silhouettenhaft eine weibliche Person abgebildet, das wars. Mit dem Fehlen von Menschen auf Bildern kann sich Kultur nicht abfinden, das ist ‚LEER‘ und ‚SONDERBAR‘, bleibt letztlich unverständlich. Und dieses Unverständnis transportiert sich auch in der sturen Schreibweise nach neuer deutscher Art entgegen der Einstellung des Künstlers, so what?

Ein kleiner Einschub am Rande, weil Wim Wenders auch Jim Jarmousch in seiner Arbeit gefördert hat und ein Link auf der Website der Deutschen Welle war (und ich dessen Filme auch seeehr mag), habe ich den auch gelesen. Der Autor Jochen Kürten verballhornt den Film ‚Down by Law‘, Unten durch Gesetz, durchgehend durch den ganzen Artikel (vom 1.4.2015, inzwischen haben wir den 19.) inklusive Bildunterschriften mit ‚Dawn by Law‘, Morgendämmerung durch Gesetz. Einen Tag später immer noch nicht korrigiert, soweit zum Thema Kompetenz, Qualitätsjournalismus, zum Thema Kultur . . . 🙁
Hier mal wirklich angebracht der Disclamer, den man auf meiner Website so nicht findet, der trotzdem und in diesem Fall ganz besonders gilt: Ich lehne jegliche Haftung für externe Links ab, deren Inhalte liegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Autoren und Besitzer! 😉

Zurück zum Thema:
Schon vor Jahren, als ~ damaliger ~ regelmäßiger Kulturzeitschauer und Fan von Andrea Meier fiel mir auf, daß Themen, die nicht Mensch-zentriert sind, so gut wie keine Rolle spielten. Sogar wenn einmal Photographie, die Arbeit eines Photographen einen Beitrag wert war, waren in der Regel Menschen abgebildet. Ich kann mich nur an eine Ausnahme erinnern, wo es um Luftbildaufnahmen afrikanischer Landschaften und Tiere ging. Der Kulturbetrieb treibt menschliche Nabelschau, der Blick nach draußen ist ihr fremd.

Nun ist Kultur selbstverfreilich im Menschsein verankert, da sie im Gegensatz zur Natur Menschgemachtes ist. Daß sie sich Schwerpunktsmäßig mit dem Menschen befasst, erstaunt also nicht. Daß sie alles, was nicht den Menschen zum Thema hat, so gut wie ignoriert, befremdet mich schon. Denn das war nicht immer so, erreicht aber in unseren Zeiten der Selfie-‚Kultur‘ einen traurigen Höhepunkt: Man kann sogar spezielle Butt-Selfie-Sticks kaufen, auf die man sein Smartphone klemmt, um seinen eigenen Hintern zu fotografieren (man beachte die Schreibweise) und zu Fakebook oder Instagram hochzuladen.

Der Mensch ist das Maß aller Dinge . . . zumindest für den Menschen, insofern hat der alte Philosoph (nicht Filosof!) Protagoras schon recht, aber genausowenig, wie die Welt, das Universum in einen Fuß oder Meter paßt, läßt die Beschränkung auf den Menschen auch nur ansatzweise eine Erkenntnis des Universums, der Welt oder auch nur der Welt des Menschen zu. Erst das Ins-Verhältnis-Setzen des Menschen zu den Ausmaßen dessen, was außerhalb des Menschseins eben auch noch existiert, hilft da ein bisschen weiter. Und da versagt der moderne (früher: neuzeitliche) Kulturbetrieb, aber mit Karacho!

Die einzigen, die die entsprechenden Relationen des Verhältnisses vom Menschen zu seiner Welt noch im Auge haben, sind anscheinend Wissenschaftler: Geologen rechnen in Millionen von Jahren, Astronomen als Betrachter des Größten und (Astro- und Kern-)Physiker als Betrachter des kleinsten in Milliarden (genauer 13,8 über den Daumen) Jahren und als Distanz Lichtjahren (13,8 x 300000 x 60 x 60 x 24 x 365 km) . . . liegt vielleicht auch daran, daß in unserer jüdisch-christlichen und dann auch in der islamischen ‚Kultur‘ das Göttliche vermenschlicht (nach seinem Ebenbild) und damit auf menschliches Maß hinuntergebrochen wurde, während hinter den griechischen Göttern immerhin noch zwar personifizierte aber Natur-Gewalten steckten, vor denen man gerüttelt Respekt hatte. Wenn Zeus mal eben einen Blitz mit krachend Donner ins Haus schickte oder Neptun das Meer dynamisch an Land schickte, dann war das schon noch beeindruckend. Der heutige Gott jeglicher Provinienz kümmert sich nur noch darum, wer mit wem ins Bett geht und ob das Kind dann auch pflichtsgemäß ausgetragen wird. Waffen werden schon wieder für beide Kriegsparteien gesegnet, und dann aufeinander mit Gebrüll!

Und die Kunst? Ist zur Selbstdarstellungsorgie verkommen. Ob das mit den Konservendosen von Andy Warhol oder den Schießkünsten der Niki de Saint Phalle angefangen hat und wo es noch hingehen soll, keine Ahnung (aber davon viel! wie ein Kumpel von mir gerne sagt).

Über den Kunstmarkt läßt sich übrigens mehr Fundiertes sagen als über das Wesen und den Inhalt von Kunst. Dr. Martina Mettner hat das in der Zeitschrift c’t digitale Fotografie (04/14) so beschrieben (und ich hoffe, dieses kurze Zitat geht urheberrechtsmäßig durch): ‚Tatsächlich haben die meisten das Prinzip des Kunstmarktes nicht begriffen oder wollen es einfach nicht wahrhaben: Sie bieten eine Ware an, die nur wertvoll ist, wenn sie selten ist und alle sie haben wollen. Kunstmarkt ist Kapitalismus in Reinkultur . . . Der schöne Schein, es gehe um kulturelle Werte, muß unbedingt aufrecht erhalten werden, weil genau dieser ja Teil der Vermarktungsstrategie ist.‘

Zu diesem Kunstmarkt gehört logischerweise auch, daß extrem wenige Millionen für ein einziges Unikat erzielen wie Andreas Gursky, einem Feld- Wald- und Wiesenphotographen in Zeiten der Internetbildagenturen und CreativeCommons-Lizenzen für eine (große!) Veröffentlichung auf der Titelseite der Sonntagszeitung meiner seligen Heimatstadt der exorbitante Betrag von €uro 40,- (in Worten: vierzig €uro!) angeboten wird ~ und man noch dankbar sein soll, daß der Name des Photographen mit veröffentlicht wird. Wie auch immer ~ mit Dank abgelehnt!

 * das war das Photo ~ Störfall im AKW Fessenheim im Jahr 2010 *
* das war das Photo ~ Störfall im AKW Fessenheim im Jahr 2010 *

Bleibt für einen, der seit seinem 14ten Lebensjahr die Photographie als Mittel zur Entdeckung und Kommunikation seiner Welt benutzt, weiter das zu tun, was er tut, und sich das Gefühl von Sinn dabei zu bewahren. Und die Freude an dieser Arbeit, auch wenn zur Finanzierung der Reisen und des Lebensunterhalts nur ‚mein guter Name‘ auf der Kreditkarte beiträgt 😉