Lahnfenster in Gießen

Um den Kommentar von Arno für nicht~Gießener begreiflich zu machen, hier ein (furchtbares!) Photo. In der unteren Bildhälfte die Lahn. Wie man sieht, sieht man nichts! 😉

Blick durchs Lahnfenster in Gießen ~ wie man sieht, sieht man nichts! ;)
Blick durchs Lahnfenster in Gießen ~ wie man sieht, sieht man nichts! 😉

Man kann da in Höhe des Wasserspiegels durch eine dicke Glasscheibe das Lahnwasser anschauen ~ später im Jahr soll das Wasser nicht mehr so trüb sein . . . die Pollen der Bäume sind schuld!

Immer die Lahn lang . . .

Himmelsgäßchen ~ möcht man hier wohnen?
Himmelsgäßchen ~ möcht man hier wohnen?

So manches mal fragt sich der Blogger, wieso er sich überhaupt text- und bildmäßig ins Internet ergießt . . . kommt sich vor wie ein Subsistenzleser.

Zur Zeit lese ich ein Buch von Milan Kundera: Das Buch vom Lachen und Vergessen. Ein streckenweise autobiographisches Buch. Ich zitiere: „Dieses Gespräch mit dem Taxichauffeur hat mir mit einem Mal das Wesen des schriftstellerischen Daseins enthüllt. Wir schreiben Bücher, weil unsere Kinder sich nicht für uns interessieren. Wir wenden uns an die anonyme Welt, weil unsere Frauen sich die Ohren zuhalten, wenn wir mit ihnen sprechen.“

Nun hat Kundera das Buch geschrieben, bevor das Internet seinen Siegeszug angetreten hat und Hinz und Kunz das Netz mit Bildern und Text vollmüllt. Trotzdem hat er die allgemein verbreitete Graphomanie, die Besessenheit, (Bücher) zu schreiben, vorausgesehen . . .

Zum Glück habe ich nach bestem Wissen und Gewissen keine Kinder, und es muß sich auch keine Frau die Ohren zuhalten, wenn ich mit ihr spreche 😉 ~ zumindest nicht regelmäßig und immer dieselbe . . .

Trotzdem stellt sich ab und an die Sinnfrage, und dann ist es angenehm hilfreich, wenn mal ein Kommentar verdeutlicht, daß dieser Blog auch gelesen wird ~ nicht nur von den Spidern und Bots von Google, Microsoft, NSA, GCHQ und Consorten. Danke, Ursula!

Oder lieber da? Häuser in Marburg, direkt an der Lahn
Oder lieber da? Häuser in Marburg, direkt an der Lahn
bisschen näher ran ~ Garten an der Lahn
bisschen näher ran ~ Garten an der Lahn
noch näher ~ dolce vita direkt am Ufer der Lahn
noch näher ~ dolce vita direkt am Ufer

Aber jetzt zur Sache: Von mehreren Seiten wurde mir eine Fahrt entlang der Lahn empfohlen, soll sehr schön sein. Bis jetzt hat sich das bewahrheitet, wenn es auch nicht immer ganz einfach ist. Zum Glück ist die Lahn nämlich nicht links und rechts von Straßen eingefaßt, ich muß damit zufrieden sein, sie ab und an zu Gesicht zu bekommen. Und außerdem zur Befriedigung meiner ästhetischen Bedürfnisse immer wieder die kleinen Landsträßchen suchen, die näher am Fluß entlangführen als die gut ausgebauten ungeliebten Bundesstraßen und Autobahnen. Wenn der alte Herr Magirus schwimmen könnte, daaas wäre schön! Manchmal betrachte ich mit Neid die Kanuten, die das kleine Flüßchen abwärts paddeln . . .

Bekanntschaft in Marburg
Bekanntschaft in Marburg

Diese Fahrt soll also von Marburg aus die Lahn abwärts führen bis zum Rhein, dann auf der anderen Seite die Mosel entlang aufwärts . . . ursprünglich bis an die Quelle hinauf in den südlichen Vogesen. Ein Blick auf die Karte hat mich aber aufgeklärt, daß die Mosel einen gaaanz weiten Bogen durch Frankreich nimmt von der Quelle aus, die ich mal in meiner Zeit als Langstreckenwanderer kennengelernt habe. Naja, schaumermal, dannsehmerscho!

😉

Reisebegleitung zugeflogen ~ Frieder? Frieda?

Nichts genaues weiß man nicht! 😉

Frieder? Frieda? Will jedenfalls mit!
Frieder? Frieda? Will jedenfalls mit!

Da hätt ich vor Schreck beinahe die Spur gewechselt, als diese grüne Maxi-Ausgabe eines Heuhüpfers plötzlich vor meinem Gesicht herumflatterte und dann auf meiner Hand landete. Bei 80 km/h auf der A5 bei Rastatt . . .

Fährst du auch schön vorsichtig?
Fährst du auch schön vorsichtig?

Im Verlauf der nächsten Stunden hat sich Frieder/Frieda immer wieder aufs Lenkrad gesetzt, um bei Fahrweise und Ziel mitzureden. Am nächsten Übernachtungsplatz hab ich das Tierchen dann zu anderen grillenden Zirpen auf die nächstgelegene Wiese gesetzt. Denn wer weiß schon, was Frieder/Frieda zum Abendbrot braucht?

TTIP ~ uuuuund tschüß, Demokratie!

Transatlantic Trade and Investment Partnership

(Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft)

Nachdem ich gestern einen sehr gut geschriebenen Artikel in der Zeit (Online) gelesen habe, möchte ich nochmal auf den roten Teaser rechts oben auf dieser Seite hinweisen und kurz erklären, wieso ich gegen TTIP bin ~ schon gar nicht in dieser Form und wie das durchgezogen werden soll.

I) Die Verhandlungen finden intransparent hinter verschlossenen Türen und unter strenger Geheimhaltung statt. Sogar die Beamten der Mitgliedsländer dürfen nur in einem verschlossenen Raum ohne Kommunikations- oder Kopiermöglichkeit für einen halben Tag Einblick nehmen, und die Zahl der Plätze ist beschränkt. Man kommt sich vor wie in einem Agentenfilm . . .
Eine öffentliche Diskussion um Ziel, Sinn und Zweck des Abkommens findet jedenfalls nicht statt. Danach soll das Abkommen nur noch durch die nationalen Parlamente durchgewunken werden, ohne daß über einzelne Komponenten beraten, geschweige denn entschieden werden kann. Das ganze wieder zu stornieren so gut wie unmöglich, da alle Mitgliedsstaaten der EU und die USA zustimmen müßten.

II) Es werden in erschreckendem Ausmaß fast nur Vertreter der Wirtschaftsinteressen beratend hinzugezogen, zivile Nichtregierungsorganisationen (Umweltschutz-, Verbraucherschutz-, Arbeitnehmerverbände) werden laut einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) so gut wie nicht berücksichtigt (nur 26 von 560 Kontakten). Hier wieder ein Artikel in der Zeit dazu.

III) Das geht noch weiter: USA und EU planen offensichtlich einen Regulatory Cooperation Council RCC (Rat zur regulatorischen Kooperation), in dem neue Gesetzesvorhaben mit Lobbygruppen ‚abgestimmt‘ werden sollen, schon bevor die Parlamente mit ihrer Arbeit anfangen. Das gießt in eine feste Form, was im berliner Abgeordnetenviertel leider schon üblich ist ~ daß Lobbyisten für unsere Regierung die Gesetze schreiben.

IV) Besonders pikant und gefährlich: Die in TTIP implementierten ‚Investitionsschutzklauseln‚, die es Konzernen erlauben würde, vor ausserstaatlichen Sondergerichten gegen Staaten zu klagen, wenn ihre Investitionen durch einschränkende Gesetze nicht die erwünschten Gewinne einfahren. Das fände außerhalb der normalen Gerichtsbarkeit statt, ohne Möglichkeit der Revision. Mögliche Spielwiesen dieser Gerichtsbarkeit: Umweltrecht, Lebensmittelrecht, Arbeitsrecht, (De-)Regulierung des Finanzmarktes, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen (Stichwort Wasserversorgung, sozialer Wohnungsbau, öffentliche Ausschreibungen, IT-Dienstleistungen, zur Freude von NSA und Konsorten) . . .

Wenn im öffentlichen Politiker-Sprech TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) als ‚Freihandelsabkommen‘ verharmlost wird, dann werden die gravierensten Komponenten dieses Abkommens unterschlagen. Es geht vor allem um die Investitionen, es geht ums wirklich große Geld. Es geht darum, die Umverteilung nach oben ungestört und ungebremst weiterlaufen zu lassen. Demokratische Institutionen wie Parlamente stören da nur. Alle Macht dem Kapital!

Wenn die Entwicklung so weiter geht, darf das Wahlvieh zwar weiter alle vier Jahre zur Urne gehen und einen Zettel einwerfen, ihr Einfluß auf die Politik strebt aber noch mehr gegen Null, und die sogenannten Volks-Vertreter haben noch viel weniger zu gestalten als eh schon. Aber es gibt ja in den selben Abständen noch die Fußball-WM und die Olympiade . . . kauft Chips und Bier!

PS: Ich sollte mich vielleicht dafür entschuldigen, daß in diesem Artikel nur Beiträge der Zeit verlinkt sind, aber die waren wirklich informativ. Danke!

Riot Control ~ Der Bund investiert in Technik

Vor einer Weile, genauer Ende April dieses Jahres, ging eine Reihe belustigter Artikel durch die Presselandschaft, weil Polizisten als Test einen neu angeschafften Wassserwerfer mit Eiern, Tennisbällen und halbgefüllten PET-Flaschen beworfen hatten und das gute, teure (900000 €uronen) Stück dabei eine Beschädigung der Polycarbonat-Windschutzscheibe davontrug . . .

In den Meldungen versteckt irgendwo die Information, daß der Bund (? ~ Polizei ist eigentlich Ländersache . . .) bisher 14 dieser Wasserwerfer für die Länder angeschafft hat, 61, nach anderen Informationen 78 sollten es insgesamt bis 2019 werden

In einem Bericht des mdr vom 20. September 2013 wird die neue Generation von Wasserwerfer W10 als ’sanfter Riese‘ beschrieben, weil der Wasserstrahl auch breit gestreut weich eingestellt werden kann, um die Verletzungsgefahr für die Gegner zu verringern . . . löblich, löblich, dafür lohnt es sich allemal, fast 55 oder gar gut 70 Millionen Millionen €uros auszugeben, nicht wahr?

In einem Telepolis-Artikel vom 13.10.2010 stehen aber auch ein paar Details, die die gegensätzliche Option beschreiben. Der neue kann mit einem um ein Drittel verstärkten Druck von 10 Bar bis zu 3300 Liter pro Minute verschießen . . . und: ‚vor den eigenen Zwangsmitteln durch eine Außenluftfilteranlage geschützt, können dem Strahl sowohl CN- wie auch CS-Tränengas zugemischt werden.‘ Der Spiegel berichtet, daß die Beamten begeistert sind von dem neuen Fahrzeug und sich darum balgen, einmal auf dem Kommandoplatz sitzen zu dürfen . . .

Keiner der damaligen Artikel warf die Frage auf, für welchen Zweck das BMI (Bundesinnenministerium) diese Menge von gepanzerten Fahrzeugen mit Wasserkanonen finanziert, die nur für den Einsatz gegen Menschenmassen brauchbar sind.

Man sollte sich aber schon mal Gedanken machen, denn jetzt tauchen neue Meldungen auf, mit welcher Technik das BMI die Polizei ausrüstet: Insgesamt 76 Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen mit einem 4 Meter hohen Mast mit Videokamera und Richtmikrofonen, vollgestopft mit Elektronik. Dazu ein Artikel in der Telepolis von Matthias Monroy.

Die Auskunft des Berliner Senats an eine Anfrage von Piratenabgeordneten zur Sache hört sich noch relativ harmlos an ~ es bestünde keine Möglichkeit zur Gesichtserkennung, zur Bildsuche bzw zum Bildvergleich, auch ein Abgleich mit Datenbanken sei vor Ort nicht möglich. Im Bonner Generalanzeiger gibt sich der Geschäftsführer der Herstellerfirma Elettronica GmbH, Gerhard Henselmann, über die konkreten Spezifikationen eher zugeknöpft. Die Firma ist aber auch im militärischen Sektor tätig und rüstet zum Beispiel Fuchs Spürpanzer der Bundeswehr mit einem neuen ‚Innenleben zur Ortung und Identifizierung feindlicher Aktivitäten‘ nach.

In Anbetracht der Tatsache, daß die Europäische Union mit
INDECT ein Projekt zur automatischen Erfassung und Verfolgung ‚ungewöhnlichen Verhaltens‘ (!) finanziert und sich auch deutsche Polizei schon durch gesetzwidrige Überwachung der gesamten Handydaten- (wer war anwesend?) und Kommunikation durch IMSI-Catcher hervorgetan hat, wird meinereiner da aber schon mißtrauisch . . .

Inzwischen sind wir übrigens weiter 😉 / 🙁 die Nutzung des IMSI-Catchers ist im sogenannten Omnibus-Verfahren inzwischen legalisiert. Will in diesem Fall heißen, man hat die Legalisierung an ein Gesetz zur strafprozessualen Eingliederung der DNA-Analyse angehängt. Zitat: ‚. . . dass die Strafverfolgungsbehörden nur so den Aufenthaltsort von Sexualstraftätern feststellen könnten, sagt Bötticher. „Das Argument nehmen wir immer, wenn wir etwas bei Politikern durchbekommen wollen“, habe ihr ein Interviewpartner aus dem Sicherheitsbereich erzählt. ‚ So macht man das also!

Die Funkzellenabfrage steht zwar unter Richtervorbehalt, trotzdem ist sie sozusagen zur Normalität verkommen. Laut netzpolitik.org wurden letztes Jahr allein von der Berliner Polizei knapp 50 Millionen Datensätze erfasst, will heißen, jeder Einwohner Berlins ist statistisch gesehen 14,6 mal erfasst worden. Mensch muß ja einfach nur da sein ;(

In Afghanistan oder dem Jemen kann so eine Erfassung schon mal dazu führen, daß man von einer amerikanischen Drohne mit einer Rakete be- oder erschossen wird, auch wenn sich das Zielhandy vielleicht gerade nicht in den Händen eines Terroristen befindet. Wer gerade daneben steht, zufälligerweise, hat halt Pech gehabt ~ mit freundlicher Unterstützung unseres Bundesnachrichtendienstes!

(Zur Rolle deutscher Nachrichtendienste zum Drohnenkrieg auch ernsthaft hier)

Bei uns heißt das ’nur‘, daß man als Teilnehmer einer Demonstration erfasst ~ und gespeichert ~ werden kann, wenn man sich in der Nähe befindet. Ob das die Bereitschaft zu politischem Engagement befördert, mag ich stark bezweifeln. Schön ausgemalt in diesem Beitrag

Unser Grundgesetz garantiert in Artikel 8 grundsätzlich die Versammlungsfreiheit und in Artikel 10 das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Durch die aber genauso niedergelegten Beschränkungen durch nachrangige Gesetze heißt das inzwischen, daß ein Teilnehmer einer friedlichen Demonstration damit rechnen muß, erfaßt und registriert zu werden, und im Extremfall wie bei den Demonstrationen in Frankfurt (Blockupy) eingekesselt zu werden oder gegen Stuttgart 21 wie Dietrich Wagner das Augenlicht ausgeblasen zu bekommen . . .

Sascha Lobo interpretiert in seiner gestrigen Kollumne die immer weiter ausgeweitete staatliche Überwachung als Sucht des Staates und seiner Akteure. Ein interessanter Gedanke, und psychologisch hat das so einiges für sich. Aber es greift doch zu kurz. Außerhalb der psychischen Sphäre gibt es knallharte Interessen, es geht um Macht, es geht um viel Geld. Mit seinem Beitrag über kybernetische Gesellschaftskontrolle kommt er näher an die Motivation der Macher . . .

Wenn, wie in den letzten Jahrzehnten beschleunigt geschehen, wenig Reiche immer reicher werden und logischerweise viele immer ärmer, besteht auch in unserer spätrömischdekadenten Welt mit Brot und Spielen (Fußball, Flachbildfernseher, Pommes und Bier) die Gefahr, daß soziale Spannungen irgendwann doch zu Unruhen führen, auf die dann reagiert werden muß. Also vorher Bescheidwissen (deshalb Überwachung der Bürger) und auf Aufmüpfigkeit reagieren können (deshalb Wasserwerfer) . . .

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, von der ‚marktkonformen Demokratie‘ (will heißen, dem entfesselten Kapitalismus, gesteuert durch Lobbykratie der viel! Besitzenden, legitimiert durch Wahlen alle vier Jahre, in denen sich der Wahlbürger aus den von Parteien und Medien präsentierten Politschauspielern für die nächsten Jahre aussuchen kann, wer ihn an der Nase herumführen darf) wieder zurückzukehren zu der oft beschworenen SOZIALEN Marktwirtschaft. Oder so . . . man darf ja mal träumen, oder?