Tja, das Ausland 🙂 Und irgendwie ist Österreich ja Ausland, auch wenn hier eine Variante von Deutsch gesprochen wird. Obwohl, so ganz sicher kann man sich auch wieder nicht sein. Den Autokennzeichen nach, die ich auf den bis jetzt in Österreich befahrenen Strassen gesehen habe, gefühlt 99 von 100 mit deutschen Kennzeichen, sind die Österreicher ein aussterbendes Volk. Was ja manche auch schon von Deutschland erzählt haben, aber definitiv ein Irrtum ist. Sie sind nur nicht da, wo sie zu Hause sind, sie sind alle hier, in der Alpenrepublik, unterwegs in einem stetigen Strom von Motorrädern und Autos, vorzugsweise Cabrios (heute nicht, es regnet) und Wohmmobilen, so dicht, dass man kaum aus seiner Parkbucht ausfahren kann.
Wobei die erste Nacht Mitte letzter Woche eine sehr schöne, ruhige war. Vom Allgäu aus kommend hatten wir, der alte Herr Magirus und ich, uns in Bregenz verirrt und uns, weil überall eng und zu hektisch, in die Vorallberger Alpen hochgehangelt ~ für den alten Herrn Magirus ein anstrengendes Erlebnis. Steil, wir mussten uns im zweiten Gang, den wir normalerweise nur zum Anfahren benutzen, die zum Teil bis 16% Steigung hinaufquälen. Der luftgekühlte Deutz schafft zwar jede Steigung, solange der Untergrund genügend Traktion zulässt, braucht aber genügend Drehzahl, damit der Ventilator genügend Luft durch die Kühlrippen blasen kann. Schließlich einen Parkplatz an einem Sportplatz für die Nacht, allenthalben freundliche Gesichter und winkende Grüße für uns zwei. Die Nacht dann geprägt von absoluter Ruhe, kein Laut um uns herum, über uns nur Sterne und ein Mond, ringsherum die Alpen.
Dafür am Morgen dann ein Bauer, der etliche Tonnen Gülle in bestimmt sechs, sieben Fuhren auf die gegenüberliegende Wiese verklappt. Ob das wohl Absicht war? Ein paar Tage vorher war im Allgäu schon das Ansinnen, an einem schönen Platz mit Alpenblick zu übernachten, den wir im letzten Jahr gefunden hatten, vom Bauern mit Verklappung von Gülle quittiert worden. Ja, es würde ihn stören, letztens wären da vorne und da hinten welche gestanden ~ und als harmoniebedürftiger Mensch habe ich mich freiwillig von dannen gemacht . . .
Der Aufenthalt im Voralberger Land war übrigens ausgesprochen kurz. Nach nicht zu langer Weiterfahrt am nächsten Tag wischte ein Schild rechts an uns vorbei, auf dem irgendwas von Maut, Toll und sonstnochwas stand. Viel zu schnell wieder aus dem Blick, um das genau zu sehen. Schreck lass nach, sollte ich doch ein Pickerl, eine Vignette brauchen, hier auf der schmalen Straße in den Bergen? Dabei hatte ich gedacht, ich könnte mir das als Autobahnhasser und Liebhaber der schmalen, engen Straßen sparen 🙁 Total verunsichert stellte ich den alten Herrn bei nächster Gelegenheit ab und schnappte mir mein Fahrrad, um die Angelegenheit genauer zu verifizieren . . .
Aha! Das Schild war ein deutsches, das mitten in der Pampa jedem Fremden und weniger fremden ankündigte, dass in Deutschland für LKW über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht eine Straßenmaut zu berappen wäre, ein paar Meter dahinter prangte das runde Wappen des Freistaats Bayern, um klarzustellen, dass Mir Mir san, gelle! So hatte ich also völlig unbeabsichtigt schon wieder die alles andere als gerade gezogene Grenze überrollt und war wieder, naja, nicht ganz, in der Heimat 🙂
Da ich den Nachmittag dieses Tages dann mit Pflichtaufgaben für meine Webseiten vertrödeln musste ~ die SSL-Zertifikate meiner Webseiten mussten verlängert werden, was für vier Domains insgesamt acht DNS-Einträge erfordert, und jeweils ewige Wartezeiten, bis die dann im Internet zur Verfügung stehen, konnte ich diesen stetigen Strom von touristischen Fahrzeugen und den entsprechenden Lärm hautnah im Abstand von wenigen Metern genießen. Als das Zertifikat dann endlich da war, wo es hingehört, war es schon dunkel, aber immer noch laut, und ich war zu gebügelt, um von Deutschland noch die handvoll Kilometer wieder nach Österreich, Abteilung Tirol, hinüberzuwechseln. Morgen wäre ja schließlich auch noch ein Tag, gelle?
Allerdings wurde die Parkbucht am Jochpass neben der Bundesstrasse 308, die ich am Nachmittag fast für mich alleine hatte, gegen Abend so mit Wohnmobilen zugestopft, dass die Spätankömmlinge unverrichteter Dinge wieder von dannen ziehen mussten, und ich habe keine Ahnung, wo die dann untergekommen sind. Der Verkehrslärm ging freilich unvermindert weiter bis nach Mitternacht, volles Kontrastprogramm zur Nacht vorher. Und ging frühmorgens gleich wieder los, schließlich war Samstag, also Wochenende und Ferien in Baden-Württemberg! Da will das heilige Blechle bewegt werden!
Die Bundesstraße 308, die auf der österreichischen Seite dann zur 199 mutiert (auch da an der Grenze ein Schild, das die Maut für die Autobahn ankündigt), hat übrigens eine lange Geschichte. Sie wurde um 250 nach Christus als Römerstraße (wobei das laut Wikipedia widerlegt ist 🙁 )gebaut, war dann im Mittelalter für den Salzhandel wichtig. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass Salz, das man heute für 19 Cent beim Discounter kauft, früher ein wertvolles Handelsgut war. An diesem Samstag wurde allerdings weniger Salz transportiert, allenfalls, wenn man deutsche Urlauber als Salz des österreichischen Tourismus bezeichnen will. Eine Invasion allemal bei schönstem Wetter!
Eine Erkundung der österreichischen Supermärkte zur Auffüllung der Vorräte für das Wochenende brachte die Erkenntnis, dass die Preise von Lebensmitteln in der Alpenrepublik um einiges über denen der Bundesrepublik liegen, besonders der griechische 10%ige Frühstücksyoghurt war zum Teil mit 75%igem Aufschlag versehen 🙁
Ein Abstecher zum Plansee zeigte noch größere Mengen deutscher Touristen und jede Menge Schilder, dass das Kampieren hier laut Tiroler Gesetz ganz und gar und überhaupt verboten wäre. Naja, es war eh viiieeel zu belebt! Nach dem See keine Schilder mehr, und der müde Gutmann fand ein Plätzchen über dem Fluss, an dem ein morgendliches Frühstück mit Aussicht gewährleistet schien . . . aber würde sich das auch bewahrheiten?
Mitten in der Nacht, um Viertel nach eins, wurde ich geweckt durch Scheinwerferlicht um den alten Herrn Magirus. Eine Streife, zwei Mann und eine Frau hoch in gelben Warnwesten, klärte mich freundlich bestimmt darüber auf, dass in ganz Tirol das Nächtigen in Wohnmobilen gesetzlich und strengstens verboten und mit einer Strafe von bis zu 220 €uronen belegt wäre. Fällig, weil sie mich ja schon liegend ertappt hätten, aber sie würden es für diesmal mit einer Verwarnung gut sein lassen ~ nach Registrierung auf einem schon zwei DIN A4 umfassenden Liste auf einem Klemmbrett. Die Frage, ab wann ich denn ~ bei sicherlich überfülltem Campingplatz am See ~ mich abends wieder auf nach Deutschland machen müsste, wurde in einer interessanten Variante der Weg-mit-den-Vagabunden-Gesetze beantwortet: An sich könne ich so lange bleiben wie ich wolle, ich dürfe mich nur nicht hinlegen. Wenn ich im Campingsessel vor dem Bus sitzen würde, wäre das die ganze Nacht in Ordnung! 🙂 Schlaflos in Tirol!
Da Tirol die Vagabuntenfreiheit so viel wert ist (denn meine 2Mann-1Frau-Streife ist sicher nicht die einzige, die nächtens unterwegs ist und bezahlt werden will), musste ich also die 120 Pferdchen des alten Herrn wieder aus dem Stall lassen und die fünf Kilometer bis zur deutschen Grenze und ein paar Meter darüber fahren, um mich auf der ersten Bucht neben der Strasse zu platzieren, schön waagerecht, schön ruhig jedenfalls die Nacht über. Vermutlich trotz abwesender Beschilderung auch nicht ganz legal, da schon Naturpark. Und auf allen abwärts liegenden Parkplätzen Schilder, dass von 22-5 Uhr das Parken verboten wäre.
So haben wir uns zur Erholung von dem ganzen Stress dann am Montag (nach Erkundung der Linder, die später zur Ammer wird) ein Stück von den Alpen weg bewegt, zu einem Platz an der Ammer, wo wir im Frühjahr letzen Jahres die Bauten der Biber erkundet haben. Wenn sich jetzt noch der Nebel lichtet und die versprochene Sonne auf uns herabscheint, ist die Welt wieder halbwegs in Ordnung 🙂
Zum Glück scheint das Reisen in Österreich für uns nicht überall so kompliziert auszufallen, wie ein Artikel auf bergzeit.de so schreibt. Man bleibt gespannt 🙂