Mein Faibel für die Architektur aus genieteten Eisenprofilen aus dem 19ten und Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat mich nach Henrichenburg zum dortigen historischen Schiffshebewerk geführt, das 1899 im Beisein von Kaiser Wilhelm II eröffnet worden ist und bis 1969 Dortmund über den Dortmund-Ems-Kanal mit dem Rhein-Herne-Kanal verband. Das Schiffshebewerk hatte gegenüber Schleusen den Vorteil einer größeren Geschwindigkeit (zweieinhalb Minuten für den reinen Hebevorgang, 45 für den kompletten Durchgang) und ~ vielleicht noch wichtiger ~ einen niedrigeren Wasserverbrauch, da der Dortmund-Ems-Kanal keinen natürlichen Wasserzulauf hat und somit verbrauchtes Wasser wieder hochgepumpt werden müsste.
Das Hebewerk hob den damals üblichen Dortmund-Ems-Kanal-Normalkahn von 67 m Länge, 8,2 m Breite und 2 m Tiefgang um 14 m auf die Ebene des Dortmunder Hafens. Das Schiff fährt in einen Trog, der auf fünf Schwimmkörpern ruht, die in 33 Meter tiefe, wassergefüllte Schächte eintauchen. Da das Schiff bei der Einfahrt so viel Wasser verdrängt, wie es wiegt, bleibt die gesamte Konstruktion von Schwimmkörpern, Trog und Schiff im sozusagen „schwebenden“ Gleichgewicht, es reicht ein verhältnismäßig schwacher Elektromotor von 110 kW, um Schiff und Trog über vier Drehspindeln, die über Kegeltrieben und Wellen bewegt werden, zu heben oder zu senken. Genial!
In den Hebetrog ist zur Anschauung ein den Maßen des Normalkahns entsprechendes Raupenblech eingebaut worden, rote Stangen verdeutlichen die Dimensionen eines Schiffskörpers. Auf der einen Seite ist gerade mal eine Handspanne Platz zur Trogwand, auf der anderen Seite ein wenig mehr. Auch vorn und hinten bleibt nicht viel Raum.
Das Schaubild unten zeigt das Funktionsprinzip, wer mehr wissen möchte, benutze den Link zum zugehörigen Wikipedia-Artikel. Viel Freude! 🙂
Die Villa Hügel, von Alfred Krupp 1870-1873 als Familien- und Firmensitz realisierter Baukomplex mit 8.100 Quadratmetern Wohn- und Nutzfläche über 269 Räume, im 28 Hektar großen zugehörigen Hügelpark gelegen . . . ich bezweifle, daß ich mir ein solches Heim leisten könnte, sogar dann, wenn ich den vollen €urojackpot alleine knacken würde. Allein schon die Heizkosten ~ bei einer Meßreihe im März 1883 bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wurden insgesamt 71,5 Tonnen Kohle und Koks verbraten 🙁 ~ und das Personal, das täglich mit dem Staubsauger durchgeht, das Parkett bohnert, die Möbel poliert und die Fenster putzt ~ nicht auszudenken 🙂 Stammpersonal damals zwischen 421 und 648 Menschen, mehr wurden für größere Gesellschaften kurzfristig eingestellt.
Alfred Krupp war ein schwieriger Bauherr. Schon einen Architekten zu finden, der seine Pläne genau so realisieren würde, wie er es sich vorstellte, gelang erst nach der dritten Annonce in der Deutschen Bauzeitung, wohl auch, weil Krupp weniger als die Hälfte des üblichen Gehalts zahlen wollte. Im Lauf des Baus wurden dann auch mehrere Architekten verschlissen, weil Krupp zu genau wußte, was er wollte, und die Architekten nur als ausführende Gehilfen für seine Pläne sah, nicht aber auf deren Rat hörte. Zudem bestand er auf Einhaltung seines Wunschtermins für den Einzug, was auch deshalb schwierig wurde, weil der Beginn des französischen Kriegs dazu führte, daß die Mehrzahl der französischen Steinmetze die Baustelle verließ und ein Teil der deutschen Arbeiter zum Militärdienst eingezogen wurde. So waren am Bau „nur noch“ vierzig Steinsäger, 300 Maurer und 450 Erdarbeiter beschäftigt. Wegen des Termindrucks wurde die Sicherung des durch frühere Bergwerksarbeiten unterhöhlten Untergrunds vernachlässigt und Risse und Absackungen traten auf. So konnte die Familie Krupp dann im Januar 1873 mit eineinhalbjähriger Verspätung einziehen.
Die Villa Hügel war vor allem auch ein repräsentatives Objekt, mit dem die Familie Krupp mit festlichen Bällen und Empfängen punkten wollte, wobei sich allerdings der Rheinländische Hochadel eher fernhielt. Aber Kaiser Willhelm II samt Frau und Entourage war gleich mehrfach zu Besuch, seine und andere Kaiserliche Portraits finden sich an den Wänden des Haupthauses. Außerdem eignete sie sich hervorragend für den Empfang wichtiger Kunden, zum Beispiel Waffenkäufer aus aller Welt.
Krupp wurde reich mit der Fabrikation von Gussstahl, zu Beginn mit einer Walzmaschine für Besteck, dann der Erfindung eines nahtlosen Radreifens für die im Aufschwung befindliche Eisenbahn, ab den fünfziger Jahren des 19ten Jahrhunderts auch durch Waffentechnik (was in der Ausstellung in der Villa Hügel eher klein geschrieben wird). Im deutsch-französischen Krieg spielte die doppelte Reichweite der Kruppschen Stahlgeschütze gegenüber den französischen Bronzegeschützen eine tragende Rolle.
Alfred Krupp war ein Patriarch im alten Sinn des Wortes. Wie schon beim Bau der Villa erwähnt, mußte alles nach seinen Vorgaben ausgeführt werden. Um sich und seinem ständig expandierenden, aber auch hoch verschuldeten Unternehmen die nötigen treuen und zuverlässigen Arbeiter zu sichern (und nach einem Generalstreik, initiiert durch die Sozialdemokratischen Arbeiterpartei SDAP), führte er Sozialleistungen wie Krankenversicherung und Rente ein, baute Arbeitersiedlungen, in denen sie günstig wohnen konnten, und eröffnete einen Konsumladen, in dem sie günstig für den täglichen Bedarf einkaufen konnten. Wer sich allerdings aufmüpfig zeigte oder gar streiken wollte, wurde entlassen und verlor diese Privilegien komplett. An Demonstrationen teilzunehmen oder gar die aus der SDAP und des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins entstandeneSozialistische Arbeiterpartei Deutschlands zu wählen ~ das ging gar nicht und führte zur sofortigen Kündigung . . .
„Untreue und Verrat muss mit aller gesetzlichen Strenge verfolgt werden … denn wie aus dem Samen die Frucht hervorgeht und je nach seiner Art Nahrung oder Gift, so entspringt dem Geist die Tat – Gutes oder Böses.“
„Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein, dann bringt Arbeit Segen, dann ist Arbeit Gebet“
„Ich habe die Erfindungen und neuen Produktionen eingeführt, nicht der Arbeiter. Er ist abgefunden mit seinem Lohne, und ob ich darauf gewinne oder verliere, das ist meine eigene Sache“
„Genießet, was Euch beschieden ist. Höhere Politik treiben erfordert mehr freie Zeit und Einblick in die Verhältnisse, als dem Arbeiter verliehen ist.“
Was soll man davon halten? Krupp war ein Kind seiner Zeit, die Zeit des Kaiserreichs, da wurde selbstverständlich von oben herunter regiert und dirigiert. Dem gemeinen Arbeiter wurde der notwendige Sachverstand abgesprochen, der hatte einfach zu tun,was ihm gesagt wird.
Heute haben wir die Medien, die uns sagen, was gut und richtig ist, die Unternehmen haben die Verantwortung für ihre Arbeiter und Angestellten, die jetzt Mitarbeiter genannt werden, an Versicherungen und den Staat abgegeben, entlassen wird dann, wenn die Shareholder höhere Dividenden möchten. Der Mitarbeiter ist nur noch Kostenfaktor, den man nach Möglichkeit einspart. Und gut ist?
Als Alfred Krupp 75-jährig 1887 an einem Herzinfarkt starb, hatte das Unternehmen 20tausend Angestellte und Arbeiter und expandierte unter seinem Sohn Fríedrich Alfred weiter zum Stahl- und Rüstungskonzern, aber auch unter ihm mit einer sozialen Komponente, die gleichwohl strikt anti-sozialdemokratisch war.
Ein paar Anekdoten lassen sich über die Yacht Germania der dritten Generation der Krupps (Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach) erzählen, die fast vollständig „deutsch“, will heißen, von einem deutschen Konstrukteur gezeichnet, in einer deutschen Werft aus deutschen Materialien gebaut, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts als Regattayacht sehr erfolgreich war. Nur die Masten aus Douglasienholz konnten nicht aus deutschen Materialien hergestellt werden, Holz in der Qualität und Größe war hier nicht zu beschaffen.
Die aus rostfreiem Stahl gebaute Yacht lag, obwohl sie mit einer Durchschnittsgeschwindikeit von knapp über 13 Knoten gegen die englischen Yachten bei den Sommerregatten vor Cowes mit Abstand gewann, gegen die Yacht Meteor des Kaisers Willhelm II immer eine Idee zurück ~ alles andere wäre unziemlich gewesen und wohl auch geschäftsschädigend 🙂 Der Kaiser konnte auch seine Yachten Meteor IV und V recht günstig in der Kruppschen Germania-Werft in Kiel bauen lassen, für die Meteor IV rechnete Krupp 587.771 Mark ab, der Werft blieb ein Gewinn von 95,31 Mark. Für Krupps Germania selbst berechnete die Werft 704.024,41 Mark bei einem Gewinn von 64.002,20 Mark (Materialkosten: 421.997,80 Mark, Löhne: 85.901,42 Mark, Zuschläge: 132.122,99 Mark)
Aber laßt uns die Krupps und die Villa Hügel verlassen und den Park darum herum genießen, dessen Bäume zum Teil älter sind als der Park selbst, weil Alfred Krupp schon ausgewachsene Bäume pflanzen ließ und auch gestorbene Bäume durch ältere Bäume ersetzt wurden. Viel Vergnügen beim Spaziergang!
Wir hangeln uns die Ruhr aufwärts, bei durchwachsenem Wetter. Zum Teil fast so viel Wasser über dem Spiegel der Ruhr wie darunter 🙁
Da trifft es sich ganz gut, daß wir schon am ersten Abend nahe unserem nächtliche Unterschlupf das Aquarius Wassermuseum sehen, das in einem alten Wasserturm eingerichtet worden ist, den der Stahlmagnat August Thyssen selbst und persönlich 1892/93 errichtet hat, um sein nahe gelegenes Bandeisenwerk und von Anfang an auch die Bewohner der Umgebung mit Wasser zu versorgen. Wenn ich so etwas lese, habe ich immer das Bild vor Augen, wie Herr Thyssen selbst mit Kelle und Mörtel einen Ziegel nach dem anderen aufschichtet . . . 🙂
Ansonsten tut sich die Industrie an der Ruhr ähnlich rar wie die Sonne. Kohlebergbau und Stahlerzeugung sind den ausgebeuteten Kohleflözen schon lange nach Norden gefolgt, die Spuren der Industrie so gut wie beseitigt. Das enttäuscht den Photographen ein wenig, der alte Industrie ablichten wollte, und freut den Photographen und Romantiker, der die zurückgekehrte Natur in Grün auf Bilder bannen darf. Alles gut!
Überraschungen gibt es allemal: echte Wikinger, sogar mit originärem Helm mit ausladenden Hörnern, auf einem echten Wikinger-Langboot! Nicht in den Blog geschafft hat es eine Gondel aus Venedig, denn die dümpelte zugedeckt am Anlieger. Ansonsten vieleviele Fahrradfahrer, denn an der Ruhr entlang gibt es gut ausgebaute und ausgeschilderte Radwege, die ich immer wieder benutze, wenn ich den alten Herrn Magirus irgendwo sicher abgestellt habe. Am liebsten bei Sonnenschein, klar, aber oft muß es ohne gehen . . .
Die Ruhr ist inzwischen vom Schiffahrtsweg, gesäumt von Kraftwerken, Zechen und Fabriken, zur grünen Lunge des Potts geworden und einer der saubersten Flüsse Europas. Auch Lachse sind schon wieder gesehen worden, weshalb an der Stausperre des Baldeneysees ein Fischaufzug eingerichtet wurde, um die 8,70 Meter Höhenunterschied zwischen Ruhr und See für die Fische komfortabel zu überbrücken. Für die Menschen ist der See Zentrum für Freizeit und Körperertüchtigung, man segelt mit Optimisten und Nordischen Folkebooten, man rudert und ~ neueste Errungenschaft, frönt dem SwimRun, bei dem die Teilnehmer für knapp sechzig €uronen Startgebühr abwechselnd Joggen und mehrmals über den See schwimmen, einzeln oder mit Leine verbunden als Team. Und das bei Außentemperaturen von um 10° Celsius, Mann-O-Mann (und auch Frau!).
Aber nicht nur Hektik ist angesagt, an vielen Stellen gibt es verwunschene und idyllische Eckchen, schaut’s euch an!
Wir haben ihn alle unterschätzt, den hoffentlich irgendwann vorübergehenden Präsidenten der USA!
Er ermahnt die Türkei, sich nach Einmarsch in Syrien ordentlich zu benehmen, denn wenn sie etwas täte, was er IN SEINER UNVERGLEICHLICHEN WEISHEIT (lol!) als außerhalb der Grenzen einschätzt, dann werde er die Wirtschaft der Türkei total zerstören, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß die USA sowas schon getan hätten . . .
Was lernen wir daraus? Mahatma Ghandi, Buddah und Jesus Christus mögen sich bitte hinten anstellen, der neue Messias übernimmt!
Wie heißt es seit einiger Zeit? Satire darf alles! Was aber, wenn die Politik sich selbst satirisch kommentiert? Jede Menge arbeitsloser Satiriker 🙁
Auf geht’s! Ich bin schon wieder mehrere Tage im Rückstand 🙁 Und auch im Lauf des Jahres viel zu spät dran, denn es herbstelt, die Sonne macht sich rar und versteckt sich immer wieder hinter Wolken, aus denen es viel zu oft auch noch regnet . . .
Das Ziel dieser Reise ist das Ruhrgebiet, was man so den Ruhrpott nennt, die Gegend zwischen den Flüssen Rhein und Ruhr. Alte Industrie photographieren, als bekennender Romantiker am liebsten in verfallendem Zustand, wo das Menschgemachte vergeht und die Natur es sich wieder erobert. Vorerst aber vor allem die noch funktionierenden und arbeitenden Hüttenwerke Krupp Mannesmann bei Duisburg, die Natur kommt trotzdem nicht zu kurz.
Ich kann mich noch gut an eine Reise in den späten siebziger Jahren erinnern, wir besuchten einen ehemaligen Schulkameraden, der in seine Heimatstadt Bochum zurückgekehrt war, um Astronomie zu studieren. Die Luft war schwefelgelb, roch und schmeckte nach verbrannter Kohle, das Atmen war fast unmöglich. Eine Inversionswetterlage, Smog, so was von dick! Puhhh!
Seit damals hat sich viel getan! Die Luft ist um Potenzen besser, was zum einen an strengeren Umweltvorschriften liegt, aber auch daran, daß fast die ganze Eisen- und Stahlindustrie nach China verkauft und verlagert worden ist. Man hat daraus gelernt, und vielleicht liegt es auch an diesen alten Erfahrungen, daß so gut wie jedes Gebiet, das nicht gerade Industrie, Siedlung oder Landwirtschaft ist, explizit als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, wo ein alter Herr Magirus natürlich nichts zu suchen hat 🙂
So erobere ich die Rheinaue Friemersheim zu Fuß in einem gemütlichen Spaziergang. Zwischen dem Grün des Auwalds blitzen immer wieder die Schlote der Industrie sowohl links als auch rechts des Rheines hervor, aber die Aue ist gemischt mit Laubbäumen und Büschen die Heimat von vielen verschiedenen Tieren geworden, wenn man (und wieso sollte man nicht?) den Schautafeln glaubt.
Alle Bilder bis jetzt sind während zwei kleinen Rund-Spaziergängen im selben Gebiet entstanden ~ hier liegt schließlich alles nahe beieinander. Aber jetzt machen wir einen Sprung auf die rechte Rheinseite und schauen auf die linke, Rheinhausener Seite zurück.
Auch heimelige Siedlungen und die Schlote der Industrie liegen hautnah beieinander, und in einem dieser Häuschen mit Blick auf den Rhein zu wohnen, wird wohl keine Strafe sein 😉
Und jetzt, TATATATAAAHHH!!! stehen wir an der Mündung der Ruhr in den Rhein, die dem Ruhrpott ihren Namen gegeben hat. Links die Ruhr, rechts der Rhein. Ab jetzt geht es nach Plan ~ und wann hat der Gutmann schon mal einen Plan? 🙂 ~ die Ruhr hinauf. Was werden wir entdecken? Schaumermal, dann sehmrescho, gelle?!
Nun habe ich sie also besucht, die mit 1,1 Millionen viertgrößte Stadt Deutschlands, am Rhein gelegen und die ersten zwei Tage recht regnerisch und grau, weswegen die ersten beiden Bilder auch sinnigerweise gleich in Schwarz und Weiß mit den Zwischentönen grau ausgearbeitet sind. Viel mehr Farben gab es auch nicht, da ging nichts verloren 😉
Wie wir ja alle wissen 🙂 * ist die Stadt über zweitausend Jahre alt und eine römische Gründung. Der uns allen bekannte römische Feldherr und spätere Kaiser Gaius Julius Caesar hatte den auf der linken Rheinseite beheimateten Stammesverband der Eburonen bei einem Rachefeldzug gründlich ausgerottet. Die Eburonen, die vorher sogar mit Caesar gegen die Belger gekämpft hatten, griffen nach einer bedrohlich schlechten Ernte das Winterlager von 15 Kohorten der römischen Armee an, lockten die Legionäre aus dem Lager und machten sie nach und nach nieder. Rund zehntausend Legionäre fielen. Wilde Zeiten! Nur hat der Sieg den Eburonen nicht gut getan, wie gesagt, Caesar löschte die Eburonen aus. Das wiederum setzte den römischen Feldherren und Statthalter Marcus Vipsanius Agrippa in die Lage, den Stamm der wohl folgsameren Ubier von der rechten Rheinseite auf die linke umzusiedeln, wo sie die Siedlung Oppidum (eine befestigte Siedlung) Ubiorum gründeten, und damit das spätere Köln. Aber den Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium, von dem der heutige Name Köln stammt, bekam die inzwischen gewachsene Stadt erst später. Agrippina die Jüngere, Tochter des Germanicus, Gattin des Kaisers Claudius und Mutter von Nero, die im Jahre 15 n. Chr. im Oppidum Ubiorum geboren worden war, erreichte es, dass Claudius im Jahre 50 n. Chr. ihre Geburtsstadt zur Colonia Claudia Ara Agrippinensium („Stadt römischen Rechts am Ort eines dem Kaiser geweihten Altars, unter Claudius gegründet auf Initiative Agrippinas“) erhob. Aber das wissen wir ja schon alle, auch daß die Bürger von Colonia damit rechtlich den Römern gleichgestellt wurden, volles Bürgerrecht bekamen. Und deshalb beende ich hiermit den Ausflug in die antike Geschichte von Köln, denn wieso sollte ich euch weiter mit Dingen langweilen, die ihr schon wisst? 😉 (und wer es nicht weiß, kann es nochmal hier und hier auf Wikipedia nachlesen) . . .
Und dann ging die Sonne auf, wie man auf dem obigen Bild sehen kann. Grund genug, mich auf das Fahrrad zu schwingen und von unserem Standplatz am Rhein bei einer eingemeindeten Vorstadt auf dem gut ausgebauten Radweg entlang des Stromes bis in die Innenstadt zu rollen, vorbei an pfiffig im ehemaligen Hafen von Köln gebauten Wohnblöcken bis zur Hohenzollernbrücke, die mit dem Dom eine Ost-West-Achse teilt. Das Duo Hohenzollernbrücke und Dom wäre schon wieder einen wie-wir-ja-alle-wissen historischen Ausflug wert, aber ich verschiebe den eben mal ein paar Bilder nach hinten, denn wie wir tatsächlich alle auf dem übernächsten Bild sehen können . . .
. . . ist das Geländer der Brücke über die ganze Länge von 409,19 Metern mit sogenannten Liebesschlössern behangen. Hier gilt inzwischen der Spruch Gorbatschows ~ wer zu spät kommt, den bestraft das Leben ~ denn inzwischen kann wohl kein Liebespaar mehr einen Platz für sein Schloß finden, sie hängen dicht an dicht und klettern sogar schon das eine oder andere Kabel hoch. 2016 wurde der Bestand von Schlössern auf 500tausend geschätzt, wieviel das jetzt sind? ~ ich weiß das nicht. Nur daß mir die Assoziation von Liebe und Schloß sehr fremd und unverständlich ist, sollte doch die Liebe etwas mit der täglich erneuerten freiwilligen Entscheidung für einen Menschen zu tun haben und nicht durch ein Schloß erzwungen werden müssen. Aber so sind die Menschen halt, anscheinend 🙁
Köln ist eine Millionenstadt, also vieleviele Menschen. Und die einskommaeins Millionen werden noch verstärkt durch Heerschahren von Touristen wie mir selbst, die die Sehenswürdigkeiten mit ihren Kameras, inzwischen meist denen in ihren Handys, ablichten wollen. Wir sind viele, und wir kämpfen alle um die beste Perspektive, um das beste Bild. Nicht nur einmal ist es deshalb an diesem Tag dazu gekommen, daß mir die eine oder andere holde Dame mit dem Handy ins Bild gesprungen ist. Sei’s drum, so lange es auch zu meiner eigenen Freude beiträgt 😉
Aber weiter, wir gehen die Hohenzollernbrücke entlang in Richtung Dom, und hier beginnt schon wieder ein wie-wir-ja-alle-wissen geschichtlicher Ausflug. Ich mach das ganz kurz, die Fülle der Erkenntnisse aus den unten nochmal gesammelten Links zu Wikipedia-Artikeln lassen sich in einem lesbaren Blog-Beitrag einfach nicht unterbringen, wie ich nach aufwändigen leidvollen Erfahrungen zugeben muß 🙁 Wer aber mag, kann sich durch die Links durchwühlen und kommt um Einiges schlauer wieder heraus 🙂
Im zweiten Weltkrieg war die Hohenzollernbrücke die letzte intakte Brücke über den Rhein bei Köln, bis am 6. März 1945 deutsche Pioniere (es war also kein Bombenangriff, wie es der Dateititel des Bundesarchivs unterstellt) die Brücke sprengten, um die Amerikaner aufzuhalten, die aber nur wenige Tage später bei Remagen über den Rhein setzten. Die uferseitigen Bögen der alten Brücke wurden nur leicht beschädigt und konnten wiederverwendtet werden. Auch der Hauptbahnhof wurde durch Luftangriffe schwer beschädigt, von denen Köln insgesamt 262 erlebte, den ersten am 12. Mai 1940 durch britische Bomber, schon zwei Tage nach dem Beginn des Westfeldzugs.
Jetzt kommen wir endlich zum Wahrzeichen Kölns, dem Dom! Wir schleichen uns sozusagen von hinten an, schon da sieht er eindrucksvoll genug aus mit seinen vielen türmchenbewehrten Stützbögen, rechts herum vorbei, dann stehen wir vor den beiden Türmen der östlichen Fassade, wo wir den Kopf ganz nach hinten in den Nacken legen müssen, um die filigran durchbrochenen Turmspitzen sehen zu können, die über 157 Meter hochragen. Und wenn wir den Kopf wieder heruntersinken lassen, erschlagen uns die ganzen Details der Steinmetzarbeiten! Was für ein phantastischer Bau!
In vier Etappen von 1248 bis 1528, fast 300 Jahre wurde am Dom gebaut, um ihn dann als Fragment erst einmal für die nächsten fast 300 Jahre stehen zu lassen. Es gab den Chor mit dem Altarraum, das Langhaus mit den zwei Seitenschiffen, und den Stumpf des südwestlichen Turms mit einem 25 Meter hohen Kran darauf, als Symbol für das Scheitern des Projekts. Innen war der Bau durch Mauern unterteilt, zum Teil mit Notdächern gedeckt. In Köln wurde gewitzelt: »Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter.
In mancher Hinsicht ist die Baupause aber vielleicht sogar als Glücksfall zu sehen. Denn nachdem Goethe sich 1770 für das Straßburger Münster begeisterte und einen romantischen neugotischen Architekturhype lostrat, der in den zwanziger Jahren des 19ten Jahrhunderts zur Wiederaufnahme des Baus führte, war sozusagen Barock, Rennaisance und Romantik übersprungen und der Weiterbau ging stilrein im (neu-)gotischen Stil weiter, wenn auch mit den damals modernsten Mitteln inklusive Eisen und dampfgetriebenem Werkzeug.
Die Kosten waren gewaltig: zwischen 1823 und 1880 flossen insgesamt 6,6 Millionen Taler in den Bau, nach heutiger Währung um eine Milliarde €uronen! Weil das Geld langsamer floß als gewünscht, richtete man 1864 erfolgreich eine Domlotterie ein, und die Taler flossen erheblich schneller und ergiebiger. So konnte der Dombaumeister in der Domhütte 500 Steinmetze beschäftigen und die Türme bis 1880 fertigstellen 🙂 Na, wie wär’s, ihr Herren Finanzminister in Bund und Lämdern? Noch eine Möglichkeit, denen, die zu wenig haben, mit der Hoffnung auf Reichtum das Geld aus der Tasche zu ziehen. Achso, haben wir ja schon: Toto und Lotto, Glücksspirale . . .
Und jetzt noch die kurze Bemerkung, was die Hohenzollern, vor allem Preußens König Friedrich Wilhelm IV und unser Kaiser Willhelm I mit dem Dom zu tun haben. Für beide war die Fertigstellung des Doms ein repräsentatives Zeichen, Friedrich Wilhelm IV beteiligte sich mit 10tausend Talern pro Jahr plus einem einmaligen Zuschuß von 100tausend Talern für den Nordturm an den Baukosten, und bei der Eröffnung nutzte der erste deutsche Kaiser Willhelm I den Dom als Demonstration für die Größe und Einheit seines neuen Kaiserreichs.
Aber genug der anstrengenden Geschichte, die ihr ja eh alle schon aus dem effeff . . . und auf zu einem Bummel durch die City von Köln, Eis essen oder ein Crêpe ~ aber obacht!, nicht fallen lassen!
* eine Randnotiz: Hiermit einen Gruß an Uli, der schon vor Jahrzehnten viele Geschichten erzählen konnte, die alle mit dem Satz „Wie wir ja alle wissen . . . “ anfingen und die alle von Dingen handelten, von denen die Anwesenden aber auch gar keine Ahnung hatten 🙂