Eine kleine Rast da, wo El Segre in den Ebro fließen würde, wenn, ja wenn der Ebro nicht fast 40 km flußabwärts in Ribaroja aufgestaut wäre. So ist nicht nur der Ebro, sondern auch der Segre bis fast zu der Mündung des Cinca fast neun Kilometer weiter oben zu einem großen See verwandelt, an dem fleißig Angelsport getrieben wird. In ganzen Gruppen mit Anhang werden reihenweise die Ruten am Ufer in speziellen Gestellen aufgebaut, und wenn irgendwo ein Fisch anbeißt, laufen von beiden Seiten hundert Meter weit alle herbei, um zu helfen und den Fang zu kommentieren. Nachts mit Beleuchtung über Stirnlampen 🙂 Die Iberer sind ein kommunikatives und soziales Völkchen.
Rechts flußabwärts um die Ecke, nur wenige hundert Meter den Ebro aufwärts steht die nächste Staumauer, die den Strom zur Embalse de Mequinenza aufstaut, etwas pompöser auch Mar de Aragón, Meer von Aragón, genannt. Das alte Städtchen Mequinenza mußte weichen, es sind nur noch einige Ruinen übriggeblieben. Zwischen den Grundmauern der Kirche wächst das Schilf, wo etwas mehr von den Grundmauern übrig geblieben ist, zeigen historische Photographien in Originalgröße, wie der Innenraum vorher ausgesehen hat.
So gibt es heute also weniger Photos von mir als Reproduktionen historischer Photos. Auf einer Schautafel ist als Photograph Santiago Caballé Oliver genannt, ob alle Photos von ihm sind, ist nicht ganz klar. Es lohnt sich, diese Tafeln genauer anzusehen, nicht nur wegen der Bilder. Man erfährt zum Beispiel, daß der alte Fußballklub von Mequinenza seinen Rasen im überflutungsgeplagten Bereich hatte, aber so geübt im Spiel in knöcheltiefem Wasser war, daß er in Heimspielen öfter den Sieg davontrug. Die Gäste hatten da zu wenig Erfahrung 🙂
Außerdem, daß ein bekannter Sohn der Stadt, Jesús Moncada, seineszeichens Schriftsteller, in seinem Roman „Camí de sirga“ (= Leinpfad), der deutsche Titel „Die versinkende Stadt“, das Leben in Mequinenza und das Versinken der alten Stadt beschrieben hat. Hier kann man sich in das Buch einlesen, man kann es aber auch als Taschenbuch auf deutsch kaufen.
Die Glocken der alten Kirche sind anscheinend mit den Bewohnern beim Aufbau des neuen Mequinenza umgezogen, hängen in einer eigens erstellten Mauer neben der neuen Kirche, während im neuen Kirchturm Lautsprecher zum Gottesdienst rufen . . . Wikipedia gibt als Bauzeit für den Staudamm die Jahre von 1955 bis 1964 an, 1965 soll der Beginn des Staus sein. Die Tafel an der ehemaligen Kirche nennt als Datum der Zerstörung 1975. Die Zusammenhänge sind mir vom technischen und zeitlichen Ablauf nicht ganz klar, aber es mag schon sein, daß es zehn Jahre gedauert hat, bis die 1530 Mio. m³ Wasser aufgelaufen waren, die das alte Tal des Ebro auf 110 km Länge füllen. Aber es müßte eigentlich eher das Wasser der Embalse de Riba-roja gewesen sein, das an den Ort herangekrochen ist. Deren Bauzeit lag von 1958 bis 1967. Für die Aufklärung dieser Frage geben die Wikipedia-Artikel nicht allzu viel her, vielleicht müßte man tatsächlich das Buch von Jesús Moncada lesen . . .
Das Luftbild aus Google Maps zeigt sehr schön die vielen Schlaufen, in denen sich der Ebro als Mar de Aragón durch die Landschaft windet, und damit auch, wieso ich hierher zurückgekommen bin, um die Bekanntschaft vom letzten Jahr zu erneuern, die, wer mag, ab diesem Beitrag nachlesen kann. Es gibt nur wenige Übergänge über das Mar de Aragón, sodaß ich es im letzten Jahr nur von der südlichen Seite erkunden konnte. Dieses Jahr stehen Stippvisiten am nördlichen Ufer an, das allerdings sehr viel schwieriger zu erreichen ist.