Am Kap der Ziegen, keine Ziege in Sicht. Kein Wunder, es stürmt und nieselt, alles grau in grau, bei dem Wetter würde ich als Ziege auch im Stall bleiben. Als Vagabund und Blogger, der nach Tagen am Standplatz wieder mal halbwegs ordentliches Netz hat, werde ich zu Busse bleiben und die Einträge der letzten Tage vor dem offensichtlich kurz bevorstehenden Untergang der Bretagne nachholen . . . 😉
Abteilung I ~ Cimetière du Bateaux
Auf der Fahrt von Locmicélic nach Lorient neugierig gemacht durch Schilder zum Cimetière du Bateaux ~ was mochte das wohl sein? Eine Entdeckungsfahrt ab auf eine kleine Landstraße und dann ganz schmal steil hinab zum letzten Ausläufer der Bucht des Flußes Le Blavet, und da liegen sie: Boote und Schiffe aus alten Zeiten, versunken im Schlick in unterschiedlichen Graden der Auflösung . . .
Abteilung II ~ Ubootbunker der Deutschen in Lorient
Das war ein Tip von Heike (danke, nicht nur für diesen). In Lorient war die Ubootflotte des dritten Reichs stationiert, von hier aus schwärmten die Boote aus, um Verderben über den Atlantik zu bringen. Zuerst für die Schiffe der Alliierten, mit der Zeit und den technischen und taktischen Fortschritten der Gegner neigte sich das Verderben eher den Booten selbst zu . . .
Die Stadt Lorient litt in der Zeit des zweiten Weltkriegs sehr unter den wegen des Ubootstützpunktes geflogenen Luftangriffe der Aliierten; während die Anlagen selbst kaum Schaden erlitten, wurden einige Stadtteile fast komplett zerstört. Und immer noch belastet die Anlage das Stadtsäckel, sowohl Abriss wie auch Erhalt kosten zu viel Geld. So werden einige Teile zivil genutzt, unter anderem als Hafen und Werft auch für große Sportboote, und auch als Ziel für Touristen . . .
Das führt uns direkt zur
Abteilung III, schnelle Trimarane . . .
Während der alte Herr Magirus am Quai mit dem witzigen Namen ‚Boulevard Pourquas Pas‘ (wieso auch nicht) hinter dem Bunker geparkt das Ende meiner Exkursion abwartete, ist die vordere Straße nach dem französischen Einhandsegler und Konstrukteur Eric Taberly benannt. Auf dem Gelände ist die Cité de la Voile Eric Taberly entstanden, ein Multimediamuseum über die Seesegelei, und hier gibt es auch die Werften, die die großen, schnellen Rennkatamarane und Trimarane zusammenlaminieren und warten. Ich konnte zusehen, wie ein chinesischer Riesentrimaran am Kran baumelte und dann auf einem Tieflader abgelegt wurde. Der Transport über öffentliche Straßen scheint ausgeschlossen, der ganze Act wahrscheinlich nur für einen kosmetischen Besuch auf der Werft . . . man gönnt sich ja sonst nichts 😉
Der chinesische Einhandsegler Guo Chuan hat den 97 Fuß (knapp 30 Meter) langen Trimaran, der früher IDEC hieß und mit dem der Franzose Francis Joyon 2007/08 in 57 Tagen, 13 Stunden, 34 Minuten und 6 Sekunden einhand, das heißt alleine, und nonstop um die Welt segelte (Weltrekord! ;)) gekauft und nach seiner Heimat Quingdao genannt. Er will damit durch die Nordostpassage, das heißt das arktische Meer nördlich Sibierien segeln . . . Guo selbst hat übrigens in einem Einrumpfboot, einem Class 40 monohull, 2012 von Qingdao in 137 Tagen, 20 Stunden, 1 Minute und 57 Sekunden die Welt umsegelt. Die Sekunden sind dabei wohl das Wichtigste.
Die Zeit, in Sekunden bemessen . . . damals, als mich das Einhandsegeln faszinierte, da war die Frage noch, ob eine nonstop Einhand-Weltumsegelung überhaupt möglich ist. Der Franzose Bernard Moitessier und sein Buch ‚La long Route – Seul entre mers et ciels‘, die deutsche Übersetzung eher etwas verunglückt ‚Der verschenkte Sieg‘ beschreibt seine Weltumrundung 1968/69, die deshalb nicht als ‚echte‘ Weltumsegelung gilt, weil er den Äquator nicht zweimal kreuzte, sondern, schon auf dem Rückweg nach Europa, im Südatlantik kehrtmachte und nochmal um Kap Hoorn, nochmal unter Australien und Neuseeland hindurch nach einer anderthalbfachen Weltumsegelung in Tahiti landete, um den Streß der Siegerehrung für den Sunday Times Golden Globe Challange zu vermeiden und seinen Frieden zu finden. Mehr oder weniger überredet dazu, die eh geplante Fahrt im Rahmen eines Wettbewerbs auszutragen, zog er die Reißleine und verabschiedete sich aus der Regatta, die seine eher spirituelle Motivation konterkarierte. Von den ursprünglich neun Teilnehmern beendete damals nur der Engländer Robin Knox-Johnson die Regatta nach den Regeln der Zeitung, die anderen mußten aufgeben. Einer, Donald Crowhurst, beging wohl Selbstmord, nachdem er, den Atlantik nie verlassend, aber regelmäßig Funksprüche eine vollständige Erdumrundung vorgebend sendend, die psychische Belastung dieser Lüge nicht mehr ertrug . . .
Ist die Machbarkeit erstmal bewiesen, sucht man sich neue Herausforderungen. Zweimal nonstop, dreimal (Jon Sanders) ~ gegen den Wind (Chay Blyth), (Wilfried Erdmann) ~ und dann geht’s nur noch um die Zeit und Geschwindigkeit. Moderne Renntrimarane und Katamarane erreichen über 37 Knoten, um die 70 Km/h, inzwischen ist der Stand der Technik der Katamaran, der auf Hydrofoils über dem Wasser schwebt . . . diese Maschinen verzeihen aber keine Fehler, auch nicht die kleinsten.
Oder man segelt eben die Nordostpassage mit einem Trimaran, viel Erfolg, Guo Chan!
Update im November 2016:
Guo Chuan ist bei dem Versuch, einen neuen Rekord bei der Einhand-Überquerung des Pazifiks seiner Liste der Rekorde hinzuzufügen, anscheinend über Bord gegangen. Dabei scheint seine Sicherungsleine direkt am korrekt eingehängten Karabinerhaken gebrochen zu sein ~ damit hatte er keine Chance mehr, an Bord des schnellen Trimarans zurückzukommen. Näheres gibt es hier und hier zu lesen . . .
Lassen wir das Thema, das wohl die meisten von euch eh nicht interessiert, und gehen zur
Abteilung IV, Point de Raz,
der wohl westlichsten Position dieser Reise. Obwohl, mal sehen, der Point St-Mathieu bei Brest sieht auf meiner Karte auch sehr westlich aus, ich werde dann mal das GPS konsultieren 😉
Und wie immer: *chen um den Kommentar >>> klicken, vergrößern!
Jetzt Frühstück, es ist gleich halb eins . . .