Wie ja allgemein bekannt ist, hat Obelix, der Gallier, die ganzen Hinkelsteine, gallisch Menhir, in der Bretagne aufgestellt, und er konnte das, weil er als Kind in den Zaubertrank gefallen ist 🙂 Jedenfalls stolpert man hier alle paar Meter über einzelne und Ansammlungen von Hinkelsteinen. Man hat hier keine Gartenzwerge vor dem Haus, wer auf sich hält, leistet sich einen Hinkelstein, und wenn es ein zerbrochener ist, oder gleich einen Steintisch . . .
Wenn alle zusammenlegen, kann sich eine Gemeinde auch eine größere Hinkelsteinsammlung zulegen. Allerdings sollte man vorausschauend die zukünftige Verkehrsführung bedenken, damit man nicht einen Teil wieder für eine Straße entfernen muß, wie in Erdeven, wo die D781 durch die Steinreihen führt.
Jedenfalls gabs über das verlängerte Pfingstwochenende, das ich in Carnac und in Locmariaquer verbracht habe, Menhire satt. In Locmariaquer ist auch der größte aller Hinkelsteine zu bewundern, allerdings leider in vier Teilen, der Grand-Menhir-Brisé, der am Stück 20einhalb Meter lang war und aufgerichtet, die unteren zwei Meter im Erdboden versenkt, immer noch 18einhalb Meter in den Himmel ragte, ein Hochhaus von sieben Stockwerken! Wenn man dann noch bedenkt, daß dieser Koloß von Stein mit einem Gesamtgewicht von etwa 280 Tonnen aus dem zehn Kilometer entfernten Auray herbeigeschafft wurde ~ ungefähr vor sechseinhalbtausend Jahren!. Ein Transport über Land eines solchen Trumms wäre auch heute noch, mit moderner Technik, eine logistische Herausforderung . . .
Ich war an diesem Dienstag wohl ~ ausnahmsweise ~ zu früh dran. Nachdem ich die ‚archäologische Zone‘ erstmal entdeckt hatte, die gut versteckt (damit niemand den Menhir wegguckt?) hinter Zaun und hohen Hecken liegt, war das Eingangstor gut verschlossen ohne irgendeinen Hinweis auf Öffnungszeiten. Es war halb zehn, wie ich hinterher im Internet feststellte, ist zur Zeit ab zehn geöffnet. Ich tapperte nicht alleine um das Gelände herum, es gab noch drei andere herumirrende Pärchen. Nachdem ich über eine Lücke in der Hecke nur ein Bild über große Distanz ergattern konnte, entschloß ich mich schließlich, kurzentschlossen über ein Tor illegal in das Gelände einzusteigen, um ein Bild aus der Nähe zu bekommen. Die Ruhe und die Gelassenheit waren allerdings beschränkt, sodaß ich den eindrucksvollen Innenraum des Table de Marchand, der sich ebenfalls auf dem Areal befindet, leider verpaßt habe . . .
Was mag die Menschen in dieser Zeit wohl zu so einer kollektiven Kraftanstrengung bewegt haben? Wohl mag die im Lauf der gewachsenen Erfahrung nach dem Motto ‚wir können das, und wir sind stolz darauf, also machen wir das!‘ eine große Rolle gespielt haben. In für uns historisch überschaubarer Zeit gab es vergleichbar die Errichtung der großen Kathedralen, den ideellen Hintergrund lieferte da eine Religion (in diesem Fall christliche, ähnlich aber auch im arabisch-muslimischen oder fernöstlichen), die Resource Mensch stark hierachisch geprägte Machtstrukturen. Die meisten Menschen arbeiteten aber wohl freiwillig mit, als Teil eines Kollektivs mit einer gemeinsamen Idee . . . was die Megalithkultur betrifft, wissen wir darüber so gut wie gar nichts, da es keine schriftlichen Zeugnisse aus dieser Zeit gibt. In den wenigsten Dolmen wurden Gräber entdeckt, die wohl auch aus späteren Zeiten stammen könnten, so daß sogar die Theorie, es handle sich um Grabanlagen (ähnlich den ägyptischen Pyramiden), auf einigermaßen wackligen Füßen steht. Die ganze Megalithkultur ist ein großes schwarzes Loch, nichts genaues weiß man nicht. Und wie jedes Loch reizt das Hinz und Kunz, dieses Loch mit seiner eigenen Phantasie zu füllen ~ was Hinz und Kunz auch tut . . .
Die Dolmen, das, was wir in der einfachsten und kleinsten Form als Steintisch kennen, waren dabei ursprünglich mit einem Erdhügel bedeckt, also von außen eher unscheinbar. Erst später wurden sie ~ zum Teil ~ freigelegt, Steine auch schon mal als Baumaterial geräubert; in den letzen Jahrhunderten auch durch nicht immer sensible ‚archäologische‘ Forschungen, die mehr Schatzsuche waren. Der oben abgebildete Dolmen Mané Rethual in Locmariaquer besteht gegenwärtlich zum Teil aus Betonplatten, auch ein Teil der Decke ist aus Beton gegossen. Ein eher hilfloser Reparaturversuch.
Den Dolmen des Pierres Plates wollte ich ausführlich auch von innen erleben und wie die Goldminen in Andalusien mit Langzeitaufnahmen ablichten. Der erste Durchgang war nicht sehr erfolgreich, die Batterie der Taschenlampe schwächelte zu sehr. Allerdings hatte ich mir zweimal den Kopf angeschlagen, nicht sehr, aber immerhin. Also nochmal zum alten Herrn Magirus zurück, beide Fahrradlampen eingepackt, Mützchen aufgesetzt, auf ein Neues! Wie man sieht, diesmal mit Erfolg, und wie ich spürte . . . wieder den Kopf angeschlagen, aber diesmal richtig, daß die Funken sprühten und im Käppchen Blut und schlimmer noch etliche Haare hängenblieben, die eh schon auch ohne Unfall weniger werden. Aber was tut man nicht alles für seine geschätzten Leser!
Trotzdem, es hat sich gelohnt. Der ziemlich lange Dolmen hat eine kleine Seitenkammer links direkt hinter dem Eingang, ganz hinten noch eine durch eine zweidrittel der Gangbreite verdeckende Platte eine abgeschirmte Nische. Etwa in der Mitte die gravierte Platte an der rechten Seite. Wie gesagt, jede Idee ist nur Spekulation, aber ich kann mir sehr gut eine Zeremonie zur Huldigung der Erde oder etwas in der Richtung vorstellen . . .
Nach dem Spautz am Kopf beschloß ich (nein, das war schon vorher klar), die Forschung an Dolmen vorerst ruhen zu lassen und wieder dem Gott des Kilometers zu huldigen. Da wir ganz offiziell auf einem speziell für Camping Cars eingerichteten Parkplatz ~ überall sonst wars strengstens verboten ~ genächtigt hatten, unter den bösen Blicken der Plastikogemeinde, die die Notwendigkeit des dreiminütigen Vorlaufs des Motors, um die Druckluftanlage für die Bremsen zu füllen, bevor überhaupt die Feststellbremse frei wird, weder kennt noch billigt. Einer der Gründe, wieso ich lieber frei und mit Abstand stehe . . .
Aus ähnlichen Gründen war der anschließende Abstecher an der Cote Sauvage auf der Halbinsel Quiberon, obwohl wunderschön, mit dem sehr gemischten Gefühl des Unwillkommenseins gesalzen. Ja, es hätte schon Möglichkeiten gegeben, sogar einen offiziellen Wohnmobilstellplatz. Allerdings ein eingezäuntes Ghetto, mit weit sichtbarer digitaler Füllanzeige. Ansonsten alle Parkplätze mit Balken zur Verhinderung von Wohnmobilverseuchung. Ich mag sie ja selber nicht, aber der gute alte Herr Magirus ist halt drei Meter hoch 🙁
Weiter die Küste entlang (wenn auch in Distanz) wurde es auch nicht besser. An der Bucht von Kerdurand/Kerner hatte ich einen Parkplatz an einer Wiese am Wasser gefunden, nur um bei der Rückkehr von meinem Spaziergang (auf dem ich die oben abgebildete Proa entdeckt hatte) festzustellen, daß auf der meiner Ankunft entgegengesetzten Seite des Parkplatzes wieder so ein Schild stand: Parkverbot für Camping Cars! Malvenue a Kerner!
Also wieder los! Ein paar Kilometer weiter bei Port-Lois ein Parkplatz für Wohnmobile, Zaun drumrum, direkt an der Straße. Ein Graus! Weiter . . . nach einiger Suche dann der (Park-)Platz am Hafen von Locmicélic mit Blick auf Bucht auf der einen und Yachthafen auf der anderen Seite, verwunderlicherweise legal. Das wurde auch nötig, denn diese Verbotsschilder und Balken machen müde, sooo müde!
Ob die Ghettoisierung und Konzentration in speziellen Lagern (ja, ich überspitze) wirklich die Schönheit der Küste bewahrt, möchte ich mal bezweifeln. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, sind sie trotzdem überall, die Zu-Vielen. Mal hier, mal da ein einzelner Wagen wär vielleicht das geringere Übel.
Frankreich hat seit achziger Jahren den Verwaltungen die generelle Verbote für die sogenannten ‚Gens du Voyage‚ untersagt, wobei seit 1986 die Verpflichtung zur Bereitstellung von Arealen für den ständigen oder vorübergehenden Aufenthalt der ‚Vagabunden‘ Fakt ist ~ und die Gemeinden durch die Bereitstellung wieder das Verbot anderswo durchführen können. Nun denn, die Wohnmobilisten fallen offensichtlich in dieselbe Denkschublade . . . Malvenue!
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