Daaas war jetzt wahrlich eine schwere Geburt! Die aktualisierte Variation eines Selfies von 2012 stellte sich als veritable Herausforderung da. Die in zackigen Runen der dumpfbackigen intelligenzarmen Fraktion gab es schon damals, aber die Spiegel im Spiegelkabinett sind anscheinend durch zu häufiges Putzen ein wenig matt geworden, so richtig scharfe Selfies gehen also nicht mehr 🙁
Das größere Problem befand sich aber zugegebenermaßen auf der Seite desjenigen, der die Kamera in der Hand hatte. Um es mal schonend auszudrücken (man möchte ja nicht zu nahe treten, nicht wahr!) ~ die Haartracht des Photographen hat in den letzten Jahren zunehmend die Tendenz entwickelt, unregelmäßiger zu wachsen, will heißen, an manchen Stellen eher nicht. Und da er in den letzten Monaten einen Versuch gestartet hat, die Kurzhaarpracht etwas länger wachsen zu lassen . . .
Sagen wir es so: der Versuch war ein Irrtum. Die Haartracht tendierte im Style, bei dieser Gelegenheit von allen Seiten, links und rechts und sogar von oben betrachtet, irgendwo zwischen Tim (freistehende Stirntolle) und Struppi, zusätzlich noch Dackelfalten auf der Stirn, die Struppi (weil kein Dackel) nicht hat. Uuuunmöglich! Erst nach einer Schur war das halbwegs ansehnlich, nur jünger wurd der Kerl dadurch auch nicht. Läßt sich halt nicht ändern . . .
Was geht sonst? Nun, zwischendurch wieder mal Graffity: Unter einer Brücke ein Ensemble eines Legionäres auf einem Schaukelpferd, ein kleines Piekserchen von Pilum als Waffe, den Blick ängstlich dahin, wo eine zornige, martialisch dreinblickende Powerfrau ein überdimensionales Gladius zückt. Jo mei, nix is mehr, wie’s mal war! Und gut so, auch wenn so mancher sein Schaukelpferdchen nicht mehr als edles Ross verkaufen kann und sein Pilum . . . lassen wir das, dieser Blog soll ja jugendfrei bleiben, gelle?!
Apropos, mein Stammparkplatz hier in Wetzlar, der Stadt der Optik und auch des werten Herren Goethe, hat sich zum Treffpunkt diverser Fahrschulen (tagsüber) und Motorrad- und Autoklicken (gegen Abend) gemausert. Man (nein Frau) hat mir berichtet, daß jede dieser Gruppen ihr Revier auf diesem Parkplatz hätte, und wenn man sich aus Versehen auf den Platz dieser Gruppe stellen würde, könnte das ungemütlich werden. Naja, wie man’s nimmt. Nicht jeder freut sich leise. Die Jungs tun so, als ob sie das Motorradfahren, den Wheelie und das Burnout erfunden hätten. Aus der Erfahrung des Weiseren weiß man, daß Beschwerden zu nichts führen, solange die Jungs mit ihrem Pilum nichts besseres anzufangen wissen 🙂 Außerdem hat man ~ lang, lang ist’s her ~ ja selbst genug mit Motorrädern und später Autos herumgemacht, weshalb man zwar manches erzählen könnte, aber sich in Langmut übt, weshalb es dann doch recht gemütlich wird.
Zurück zu Johann Wolfgang. Goethe war von Mai bis September 1722 als Praktikant am hiesigen Reichskammergericht eingeschrieben, verabschiedete sich nach kurzer unglücklicher Liebesgeschichte aber wieder aus der Stadt. An dem Platz, an dem dieses Schild an einem Weinladen (im Sommer geschlossen . . .) angebracht ist, wird er wohl schon gewesen sein, der liegt nämlich sehr zentral. Wenn es auch den Laden damals nicht gegeben hat.
Aus so einem kurzen Aufenthalt läßt sich natürlich touristisch nicht allzuviel machen, mit der Geschichte der optischen Industrie an sich schon. Leitz mit der Leica, der ersten Kleinbildkamera (24x36mm), und Minox Kleinstbildkamera (8x11mm) sind hier zu hause, wenn auch die erste Ur-Minox in Lettland entwickelt wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg ging’s aber weiter in Wetzlar.
Es gibt einen Optik-Parkour für die Touristen, zu dem gehört auch das Spiegelkabinett des Klonphotoschafs. Allerdings sind die meisten Ausstellungsstücke des Parkours in sehr schlechtem Zustand, so auch die Minox XXL, von der aus man 2012 noch Grußkarten mit Selfies schicken konnte. Außer Betrieb, auf der Website von Minox entgegen der Ankündigung keine Spur mehr. Mei, kost halt alles Geld, net wohr?!
Überhaupt hat der Besucher, nicht nur hier in Wetzlar, oft den Eindruck, daß ausgerechnet zu der Zeit, in der die Touristen die Gegend überschwappen, überall die Bürgersteige hochgeklappt werden. Während ein Fahrradfahrer nach dem anderen mit Packtaschen durch die Stadt fahren, Paddler die Lahn entlangpaddeln, Wohnmobile und Autos aus aller Herren Länder durchfahren, bleiben viele Läden geschlossen. Betriebsferien bis Mitte August, bis September. Rentiert sich’s nicht, oder muß man selber dringend in Urlaub? Jedenfalls bleibt viel Muße zur Betrachtung schöner Schaufenster, danach, wenn man Glück hat, in den bei gutem Wetter sogar geöffneten Biergarten 🙂