Jetzt aber ~ wir treiben langsam nordwärts . . .

* ausgiebiger Regen und tiefhängende Wolken ~ Sierra Alhamilla *
* ausgiebiger Regen und tiefhängende Wolken ~ Sierra Alhamilla *

Nach 36 Stunden ausgiebigen Regens, damit Andalusien noch grüner wird 😉 und die ich genutzt habe, um die letzten zwei verspäteten Artikel endlich ins Netz zu setzen, lassen wir (der alte Herr Magirus und meine Wenigkeit) uns mehr oder weniger langsam nach Norden treiben.

* Abend in der Sierra de Filabres *
* Abend in der Sierra de Filabres *

Durchquerung der Sierra Alhamilla, der missglückte Versuch, in Lucainena die Lebensmittelvorräte zu ergänzen, weil morgens die Kaffemilch gestockt war. Da besteht die erhöhte Gefahr, daß mit einem verdorbenen Morgenkaffee auch der restliche Tag versaut wird. Also in Lucainena einem Schild zum Supermarkt folgend links abgebogen, und die Erfahrung von spanischen Gebirgsdörfern/städtchen wiederholt. Die Straße wird immer enger, es geht um Kurven und Ecken, die wir gerade noch so meistern, ohne an irgendwelchen Häuserwänden zu schrammeln, vorbei an einem Café mit Aussenbestuhlung und einem englischen Paar auf der anderen Straßenseite, bis die Exkursion an einem bis zu einem Drittel der Straße aufgebauten Baugerüst ein schon vorher befürchtetes Ende findet. Pffffft! Da geht nichts mehr! Also die vier-, fünfhundert Meter im Rückwärtsgang mit Fuß auf der Bremse wieder zurück und abwärts . . . um die Ecken links den Spiegel weggeklappt, um auf der anderen Seite die nötigen Zentimeter Platz zu schaffen . . . das ganze absolviert ohne Feindberührung, glücklicherweise. Den Supermarkt allerdings nicht zu Gesicht bekommen, und trotzdem heilfroh, aus der Geschichte ohne Kratzer herausgekommen zu sein!

Nach dem abendlichen Minimaleinkauf in Sorbas (H-Milch, igittigitt, und getoastete halbe Brötchen mangels richtigem Brot) die Fahrt durch die nächste querliegende Gebirgskette der Sierra de los Filabres, vorbei an einem Marmorsteinbruch, vor allem aber an vielen wunderschönen Mandelbäumen. Wegen der dunklen Rinde, die mich zuerst verwirrenderweise an frisch geschälte Korkeichen erinnert, dauert es eine Weile, bis ich sie richtig identifiziert habe.

Auf der anderen Seite der Sierra wieder abwärts lasse ich die Mandelbäume hinter mir, hier hegt man wieder Oliven. Die Landschaft erinnert mich immer mehr an den heimatlichen Kaiserstuhl, wo er nicht von den gigantomanischen Weinbau-Monopolterrassen verunstaltet ist. Weiche Formen und ob des diesjährigen Regens viel Grün. Ich komme mir also fast wie zu Hause vor, und beim Spaziergang an meinem Übernachtungsplatz stellt sich auch heraus, daß der Boden hier weitgehend ebenfalls aus einer dicken Schicht Löß besteht.

So weit, so gut die Realität um mich herum . . . erlaubt mir aber einen kleinen Ausflug in die politische ‚Realität‘, die mich über die stets präsente Internetverbindung erreicht: Unsere erhabene Regierungskoalition hat einen neuen Anlauf, genannt Kompromiss, zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebracht, nachdem sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der EuGH die anlasslose Datensammelei als verfassungswidrig abgeschmettert hatten. Wie der Kommentar in der Frankfurter Rundschau ganz richtig bemerkt, handelt es sich bei diesem ‚Kompromiss‘ um das Zugeständnis, daß der Dieb nicht ganz so lange in der Wohnung bleibt, in die er eingebrochen ist, und nicht alles mitnimmt, was ihm unter die Finger gerät . . .

Ich höre schon wieder die beschwichtigenden Kommentare derjenigen, die sagen, es ginge ja ’nur‘ um die Metadaten, es würden keine Inhalte aufgezeichnet, und ‚man‘ hätte ja nichts zu befürchten, so als braver Bürger . . . zuletzt habe ich dieses ‚ich habe ja nichts zu verbergen‘ von einer Bekanntschaft hier gehört, der mir noch zehn Minuten vorher erklärt hatte, daß ihn seine Krankenversicherung nur die Beiträge für das halbe Jahr Auszeit erlassen hätte, weil er eine Bescheinigung vorlegen konnte, daß er ohne Geld zu verdienen an einem Projekt außerhalb der EU mitarbeiten würde. Wobei die Metadaten seines deutschen Handys natürlich jederzeit seinen Standort in der EU verraten. Da bleibt man sprachlos, leider. Auch bei mir kam die Erkenntnis mit Präzisions-Spätzündung.

Was Big Data, die Zusammenführung aller möglichen vor allem ‚Meta‘-Daten alles herausfindet und welche Auswirkungen das im konkreten Fall Kreditscoring hat, darüber berichtet ein Artikel in der Welt – sollte sich jeder dieser ‚ich hab ja nichts zu verbergen‘ mal zu Gemüte führen und sich intensiv Gedanken darüber machen, was das für Auswirkungen hat: auf seine Kreditwürdigkeit, vielleicht sogar darauf, überhaupt ein Girokonto von einer Bank genehmigt zu bekommen, ob er eine Lebensversicherung abschließen darf und zu welchen Konditionen, ob die Krankenkasse Behandlungskosten übernimmt oder nicht, ob er bei einer Bewerbung zu einem Job oder der Miete einer Wohnung wenigstens zum Vorstellungsgespräch zugelassen wird, wenn in Zukunft Algorithmen diese Entscheidungen treffen. Und der Witz dabei ist, daß keiner mehr eine Begründung für diese Entscheidungen angeben kann. Der selbst lernende Algorithmus verrät das nicht einmal dem, der ihn ursprünglich programmiert hat!

Was an der Politik frappiert ist, mit welcher Frechheit ein von den Verfassungsgerichten unserer Republik und dem obersten Gerichtshof der EU als verfassungswidrig deklariertes Gesetz in einer Neuauflage wieder aufs Gleis gesetzt wird, die in der Sache nicht die Bohne verändert worden ist. Das bestätigt wieder mal meinen Verdacht, daß die Leutchen, die immer von anderen die explizite Bestätigung haben wollen, daß sie auf dem Boden des ‚freiheitlichsten Grundgesetzes auf deutschem Boden‘ stehen, diese beachtenswerte Fixierung der Bürgerrechte nie gelesen haben oder im Zweifelsfall schlicht ignorieren, wenn eigene oder die Interessen der Lobby durchzusetzen sind, die einem Vorteile verschafft hat oder verschaffen wird.

Das Argument, nur auf diese Weise würde der Staat dem Terrorismus oder Sexualverbrechern habhaft, wird durch die belegbaren Tatsachen ad absurdum geführt: ‚In diesen 56 Fällen ging es unter anderem um 16 Diebstähle, zwölf Drogendelikte, zwölf Fälle von Stalking, aber in keinem einzigen Fall um Terrorismus und schwere Kriminalität‘ (Zitat aus dem verlinkten Artikel). Und die Bemerkung von Sigmar Gabriel, daß mit der Vorratsdatenspeicherung die Attentate der NSU hätten verhindert werden können, gehören definitiv in die Sparte Politsatire. Denn die NSU wurde wie die gesamte rechte Szene über die V-Leute der staatlichen Dienste finanziert und damit aufgebaut, und dieselben Dienste sperren sich wie diese unsere Bundesregierung mit allen schmutzigen Mitteln gegen die Aufklärung der Vorgänge. Akten werden flott geschreddert, dem Untersuchungsausschuß verweigert oder nur hochprozentig geschwärzt zur Verfügung gestellt, Zeugen der Dienste dürfen nur Ungefährliches aussagen, andere bringen sich vor einer bevorstehenden Vernehmung vorsichtshalber um. Ein Schelm, wer Böses sich bei denkt!

Noch ein Artikel zur Sache, aus der Zeit. Das Bundesamt für Verfassungsschutz richtet ein Referat von 37 Mitarbeitern ein, das im Internet soziale Netze überwachen soll und eben auch über Metadaten Bewegungs- und Beziehungsprofile erstellen soll. In den USA ist übrigens den entsprechenden Diensten zumindest offiziell verboten, US-Amerikaner zu beobachten, hier in Deutschland ist es selbstverständlich ganz ausdrücklich erlaubt, Deutsche, will heißen, die eigenen Bürger zu bespitzeln. In diesem Artikel wird erwähnt, daß der Datenschutzbeauftragte des BND im NSU-Untersuchungsausschuß aussagte, daß der BND bis in die vierte und fünfte Ebene der Kontakte einer Verdachtsperson sammelt und unter Umständen auch an das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt. Wieviele Kontakte habt ihr in eurem Smartphone gespeichert, Telefonnummern, Emailadressen? Wieviele diejenigen, die ihr gespeichert habt, auf ihren Geräten, und weiter bis in die fünfte Ebene? Wer will dafür eine Garantie der Harmlosigkeit geben?

Ich weiß ja, daß wir alle, und vor allem unsere Innenminister, nur mit unseren / ihren angetrauten Ehepartnern (häh bitte?) vögeln, beziehungsweise wenn doch nicht nur, dann zumindest mit einer doppelten Lage Regenmäntel zur Sicherheit. Leute, es wird Zeit, daß das Zeitalter von Safer Sex ausgeweitet wird auf ein Zeitalter von Safer Data, in dem vor allem, aber nicht nur, der Staat, unser fürsorglicher Papa (harrharrharr!) sich an die Spielregeln unseres Grundgesetzes hält und die Bürgerrechte, und vor allem die nicht umsonst eingezogenen Grenzen der Rechte des Staates respektiert!

Was tun? Online-Unterschriftsaktionen greifen definitiv zu kurz. Kein Politiker kümmert sich um Sofademonstrationen. Sascha Lobo empfiehlt, nach der provokanten Frage, ob die Tochter des Vorratsdatenbefürworters es sich noch erlauben können wird, für ihren Studienplatz zu demonstrieren, seinem Abgeordneten Dampf zu machen, gegen diese Gesetzesvorlage zu stimmen. Wohl gesprochen! Aber mal abgesehen davon, daß die Abgeordneten, die ich wähle, meist gar nicht erst in die Parlamente kommen. Wer sich da durch die Selektionsmechanismen unser Parteien hochgekämpft hat, ist schon sehr weit von unserer Welt abgekoppelt und lebt in der Welt der Einflüsterungen der Lobbykratie. Trotzdem: dranbleiben, nachdenken, vor allem selber denken!

Ein Platz zum leben? oder der verrottete Kapitalismus

* ein Platz zum leben? * oder der verrottete Kapitalismus
* ein Platz zum leben? oder der verrottete Kapitalismus *

Ihr erkennt das Motiv (das sich vergrößern läßt) wieder? Nicht wundern, ich möchte dieses Sofa zum Aufhänger für einen Artikel aus der politisch-philosophisch-kapitalismuskritischen Ecke machen, das habe ich mir viel zu lange verkniffen.

Man hat mir Hintergründe über die von mir zwar vor einiger Zeit realisierte, aber nicht mehr recht präsente Situation in Spanien mitgeteilt: daß sich viele Menschen selbst töten, weil sie, zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit, die Raten für ihre Wohnung nicht mehr zahlen können und zwangsgeräumt werden. Dazu muß man wissen, daß es in Spanien relativ unüblich ist, eine Wohnung zu mieten. Man kauft auf Kredit und zahlt monatliche Raten an die Bank. Wegen der Immobilien- und Wirtschaftskrise konnten nun viele, die in die Arbeitslosigkeit rutschten, diese Raten nicht mehr bezahlen, wurden zwangsgeräumt, die Wohnung versteigert . . . der zynische Witz an der Sache ist, daß die Banken auf grund des zusammengebrochenen Immobilienmarktes die Wohnungen selbst für einen Appel und ein Ei ersteigerten, der offiziell erzielte Erlös bei weitem nicht den Kredit tilgte, der Besitzer, der oft schon Jahre monatlich für die Wohnung bezahlt hatte, diese zwar loshatte, aber weiter die monatlichen Raten zu bezahlen hatte ~ eine Schuld zu tilgen, die er sein Leben lang mit sich herumzutragen hat. Mir kommt ein Spruch von F.K.Waechter in den Sinn: Die Bürde des Menschen ist unantastbar . . . eine satirische Überspitzung des ersten Artikels unseres Grundgesetzes.

Ebenso und bedeutend mehr unantastbar ist offensichtlich das Recht der Banken, Gewinne zu realisieren. Banken werden als systemrelevant mit Milliarden gerettet, Menschen können vor die Hunde gehen!

Nach dem selben Muster, aber in größeren Maßstab läuft die Debatte über die verschuldeten südlichen Eurostaten, im Besonderen momentan Griechenland. Da ist, wir erinnern uns, eine linke Regierung gewählt worden, die die Reformforderungen der Troika ablehnt. Denn diese ‚Reformen‘ schlagen, wir ahnen es nicht nur, wir wissen es und können es nachlesen, vor allem auf die ärmere Bevölkerung durch. Die Reichen haben ihr Vermögen schon ins Ausland gebracht, zahlen legal, wie die Reeder, oder illegal, wie die besserverdienenden Selbstständigen, wenig oder gar keine Steuern. Abhängig Beschäftigten sind die Wege der Steuersparmodelle versperrt, ihr Anteil wird gleich von Lohn, Gehalt und der Mehrwertsteuer weggefressen. Gespart wird, wo es den nicht Vermögenden weh tut: Gesundheit, Bildung, (vor allem soziale) Infrastruktur.

Die deutsche Politik ist sich mit dem deutschen Michel vor allem in Gestalt des Forenleserbriefschreibers der großen Onlinezeitschriften einig: Verträge müssen erfüllt werden, Schulden müssen bezahlt werden! Mal abgesehen davon, daß es mir bei so machen Äußerungen so manchen Politikers und so manches Foristen die Fußnägel hochrollt ~ das deutsche Recht kennt den Begriff der Sittenwidrigkeit, der Verträge ungültig macht und aufhebt. Es spricht viel dafür, daß der oben beschriebene Sachverhalt des spanischen Wohnungsbesitzers wie auch die Forderungen der Troika, die jetzt mal eben umgetauft worden ist, den Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllen.

Die EU, an deren Spitze der Zögling von Goldmann Sachs Mario Draghi steht, hat mit dem Versprechen wirtschaftlicher Prosperität in den €uroraum gelockt, und Goldmann Sachs hat Griechenland dabei geholfen, seine Bilanzen zu fälschen, damit es die Vorgaben schafft. Auch Deutschland hat großes Interesse an der €uro-Mitgliedschaft von Griechenland gehabt, hat zum Beispiel für Milliarden Waffen, veraltete Bestände aus Bundeswehr und NVA auf Kredit an die Griechen verkauft.

Ich sags mal so: Wenn ich bei jemanden Begehrlichkeiten wecke oder verstärke, ihm zur Erfüllung dieser Begehrlichkeiten Kredit gebe, obwohl ich genau weiß, daß der die nie und nimmer zurückzahlen kann, und ihn hinterher in Geiselhaft nehme, diese Kredite trotz allem zurückzuzahlen; wenn das nicht sittenwidrig ist, was sind dann gute Sitten? Wenn eine finanzwirtschaftsgesteuerte Immobilienblase platzt, in eine europaweite Wirtschaftskrise eskaliert und deswegen ein Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, hat dieses Kreditinstitut als Teil der Ursache das Recht, sich eine momentan nicht verkaufbare Immobile unter den Nagel zu reißen und den Kreditnehmer auf die Straße zu setzen und ihm dann noch weiter Geld abzupressen?

Wir mästen spätestens seit Maggie Thatcher und in Deutschland Helmut Kohl die Finanzwirtschaft durch Entfesselung der Märkte, die unkontrolliert im Nanosekundentakt ihre Margen aus der Wirtschaftsleistung ziehen. Der Wähler hat nicht mehr wirklich die Wahl, wenn auch sozialdemokratische Parteien die Konservativen rechts überholen, wie das Helmut Schröder mit der Agenda 2010 gemacht hat.

An dieser Stelle sollten wir einmal mit der Mär aufräumen, daß die schmarotzenden Griechen, Portugiesen, Spanier sich mit den Finanzhilfen der Troika (will heißen, auf Kosten vor allem der deutschen Steuerzahler) ein lässiges Leben machen. Die vielen hundert Milliarden €uro landen garantiert nicht bei ‚den Griechen‘, ‚den Portugiesen‘, ‚den Spaniern‘, die landen über eine nanosekundenkurze Umleitung bei den großen Banken und Hedgefonts, die schon in den Jahren und Jahrzehnten vorher ihre Gewinne mit den Krediten und Staatsanleihen gemacht haben. Sie landen bei den Vermögenden, vor allem im Norden, auch in Deutschland. Die Befürchtung, diese Hilfszahlungen müßten irgendwann vom deutschen Steuerzahler getragen werden, sind allenfalls insofern real, daß im Fall der Fälle auch bei uns der sogenannte ‚Kleine Mann‘ zur Kasse gebeten würde, wie jetzt schon in Griechenland, Portugal und Spanien. Die ‚Großen‘ haben zu viel Erfahrung, sich um ihre Verantwortung zu drücken, schieben ihre Gewinne ins Land der gefälligsten Steuergesetzgebung, wie zum Beispiel Luxemburg, wo man ~ als Konzern ~ oft weniger als ein Prozent bezahlt.

Das Problem ist ein weltweit agierendes Finanzsystem und deren Profiteure, die allem Anschein nach auch alle Politiker in der Tasche haben, zumindest die, die an der Macht sind. Die erst an die Macht kommen, sacken sie zu Zeiten dann schon noch ein.

Man kann so tun, als ob dieses Finanzsystem von Gott gegeben und unabänderlich wäre, oder wie Frau Merkel das ausdrückt, ‚alternativlos‘ ist. Man kann hingehen, und die ’soziale Marktwirtschaft‘ in ‚marktkonforme Demokratie‘ umtaufen. Neusprech für Kapitalismus, für Diktatur des Kapitals.

Jedenfalls setzt man sich laut einer aktuellen Studie dem Verdacht aus, linksextremistische Ansichten zu pflegen, wenn man die Zustände kritisiert. Frau Merkel und ihre Alternativlosigkeit werden vom Verdacht des Extremismus freundlicherweise ausgenommen . . . Herr Schroeder, was wundern sie sich? Ich wundere mich allenfalls über seltsame Definitionen und Fragestellungen.

>>>>> Für heute Schluß, ich hab auch noch anderes zu erledigen. Übermorgen weiter. Um solange Mißverständnissen vorzubeugen: Ich bin für den €uro, für Demokratie, für SOZIALE Marktwirtschaft. Für die Würde des Menschen, für ein Leben in Freiheit. Aber Politik und Finanzwirtschaft sollten für die Menschen da sein, nicht der Mensch für die Politik und das Kapital! <<<<<

27. und 28. Februar 2015, weiter im Text!

Im vorletzten Abschnitt ein paar Korrekturen angebracht, da war ich wohl nicht mehr ganz konzentriert bei der Sache . . . pünktlich zum Thema erschien kurz nach dem Post der vorangehenden Ausführungen dann ein Artikel von Harald Schuhmann auf Zeit Online, der ziemlich deutlich beschreibt, auf welche Weise mit Griechenland umgegangen worden ist, und auch die Zielrichtung, die die sogenannten Reformen haben. Das Ganze praktischerweise ohne demokratische Kontrolle (womit sich auch wieder der Kreis schließt zum Banner oben rechts ~ auch TTIP, der kleine Bruder CETA und TISA werden hinter verschlossener Tür verhandelt. Bevor der Vertragstext vorliegt, soll man nicht diskutieren, hinterher ist es plötzlich zu spät, läßt sich nichts mehr ändern. Demokratie mutiert zur Realsatire).

Deutlich wird auch, daß die ganze sogenannte Rettungsaktion nur inzeniert wurde, um die Fehlinvestitionen des (privaten) Finanzsektors zu retten ~ und als Staatschuld entweder von Griechenland (oder allgemeiner der südeuropäischen Länder, bzw bei endgültiger Pleite der staatlichen Retter der wirtschaftlich starken €uro-Länder des Nordens) zu verlagern. Das alte Spiel: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

Man sollte jetzt nicht den Denkfehler begehen, daß diese Milliardenbeträge, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen, um je nach Neusprech Griechenland, Spanien, Portugal, ‚den €uro‘ oder ‚die Banken‘ (systemrelevant!) zu retten, wirklich und wahrhaftig reales Geld darstellen. Sie werden aus dem Nichts heraus, Draghi sei Dank, in dem Moment, wo diese Hilfskredite vergeben werden, von den Zentralbanken ‚geschöpft‘, will heißen erzeugt, und würden bei Zurückzahlung auch wieder verschwinden . . . wenn sie denn zurückbezahlt werden könn(t)en. Es handelt sich sozusagen um zusätzliches, virtuelles Geld, das nur dazu erzeugt wird, den Renditewünschen der großen Investoren gerecht zu werden . . .

Nun denn, dann ist es ja nicht weiter schlimm, oder? Wenn es nicht real ist, dann können wir den Reichen und Schönen ihr Spielgeld lassen, nicht wahr? Ganz so einfach ist das leider nicht 🙁

Auch wenn es sich bei diesem Monopoly auf der einen Seite nur um Spielgeld handelt (seit der Loslösung vom Gold in der zweiten Hälfte des letzen Jahrhunderts hat sich die Geldmenge exponentiell vervielfacht), verringert sich dadurch, daß Otto Normal, abhängig Beschäftigter, nicht im selben Maß mehr Geld verdient, anteilmäßig die Geldmenge, die bei den sogenannten ‚kleinen Leuten‘ hängenbleibt. Es findet eine Konzentration des Reichtums statt, eine Umverteilung von Unten nach Oben. Darüber wundern sollten wir uns allerdings nicht, denn genau zu diesem Zweck ist dieses System ja auch erfunden worden 😉

Erinnern wir uns an eine kleine deutsche Partei mit einem großen ‚F‘ (wie Fuck!) im Kürzel, die zum Glück keine große Rolle mehr spielt, und hoffentlich nie mehr. Über Jahrzehnte hinweg hat sie ihre Macht als Mehrheitsbeschafferin in Koalitionen ausgespielt und gegen die Umverteilung gewettert. Gemeint war allerdings die Umverteilung von Geld, das eigentlich sogenannten ‚Leistungsträgern‘ zustünde, in die Sozialkassen. Das denjenigen zugute kommt, die es sich in der ’sozialen Hängematte‘ bequem gemacht hatten, Stichwort ’spätrömische Dekadenz‘. Die wahre Umverteilung ging von unten nach oben, beklagt wurde eine virtuelle von oben nach unten. Mit diesem Argument wurde Harz IV eingeführt und die Renten gekürzt und umgebaut, Mensch sollte nur noch eine Minimalrente bekommen, sollte zusätzlich privat vorsorgen. Zum Wohle des Finanz- und Versicherungssektors, mit dem zu erwartenden Ergebnis einer baldigen massiven Altersarmut. Wie sich jetzt zeigt, sehen sich in Zeiten der Finanzkrise, in denen niedrige bis negative Zinsen realisiert werden, die großen Lebensversicherungen nicht in der Lage, positive Renditen auszuzahlen. Der privat vorsorgende Bürger erhält weniger Geld zurück, als er einbezahlt hat, weil, was Wunder, der Rest für Provisionen bei den Versicherungsgesellschaften hängengeblieben ist. Auf diese Weise werden sogar diejenigen um ihr Geld beschissen, die sich eine private Vorsorge leisten konnten, geraten in Gefahr, im Alter in Armut zu rutschen. Von denen, die es sich nicht leisten konnten, weil am Ende des Geldes noch jede Menge Monat übrig war, von denen, die bei Arbeitslosigkeit und Harz IV gezwungen wurden, ihr angespartes ‚Vermögen‘ zu verbrauchen, denen, die für einen Lohn unter dem Existenzminimum arbeiten mußten, ganz zu schweigen. Es rollt eine Welle von Altersarmut auf uns zu, unaufhaltbar . . . unaufhaltbar?

Wie wurde Norbert Blüm nicht verlacht, als er die Rente als ’sicher‘ bezeichnete. Mit Blick auf den demographischen Wandel (die Deutschen sterben aus!) wurde von von interessierter (Lobby-)Seite vorgerechnet, daß immer weniger junge Menschen für die immer mehr werdenden alten Menschen immer mehr Geld einzahlen müßten, was notgedrungen zum Zusammenbruch des Rentensystems führen müßte. Deswegen unausweichlich, alternativlos: Kürzung der Rente, private Vorsorge . . .

Wie oben bemerkt, das geht schief. Bei genauerer Analyse sieht man allerdings auch, daß diese Lobbyinduzierte Argumentation am Kern des Problems vorbeigeht. Die staatliche Rente war als ‚Generationenvertrag‘ angelegt, will heißen, die jeweils arbeitende Generation versorgt die aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen mit, weil die ja früher für die noch nicht arbeitende Generation gesorgt hatten. Logisch, oder? Jede aktive Generation baut auf der Leistung vorhergehender Generationen auf, jede noch nicht aktive Generation ist auf die jetzt arbeitende angewiesen.

Das System würde auch weiter funktionieren, wenn man das denn wollte. Aber es wird mit Bedacht zu Grunde gerichtet! Nicht nur, daß der Finanzminister in Zeiten knapper Kassen immer wieder seine Finger im Rententopf hatte und sich da für Dinge bediente, die mit der Rente nichts zu tun hatte. Wenn man z.B. aus politischen Gründen bei der Wiedervereinigung Rentner integriert, die vorher nicht ins System einbezahlt haben, ist das, zwar berechtigt, aber wie bei der kürzlich eingeführten Mütterrente eine gesamtpolitische, will heißen aus Steuern zu finanzierende Aufgabe, die eben nicht aus Beiträgen gedeckt sind.

Was aber viel durchschlagender ist: Im Prinzip ist unsere Rentenversicherung als durch Beiträge finanzierter Pool angelegt, in dem nur das Bruttoeinkommen abhängig Beschäftigter Personen als Bemessungsgrundlage dient. Wenn, wie zumnindest in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, die Produktivität pro eingesetzter Arbeitsstunde immer weiter ansteigt, beschleunigt durch immer weiter umgesetzte Automatisierung und Computerisierung, ohne daß die Lohn- und Gehaltsentwicklung der Produktivitätsentwicklung nachfolgt, hat das selbstverständich auch Auswirkungen auf die Rentenkasse. Wenn wie in den zurückliegenden neoliberalen Jahren Arbeitsplätze zuerst nach Osteuropa, dann in den fernen Osten bis nach China exportiert werden, dann hat das Auswirkungen auf die Rentenkasse. Wenn deswegen die Arbeitslosigkeit auf 5 Millionen steigt, nach den alternativlosen Regeln des Marktes das Lohnniveau in den freien Fall übergeht, ein immer größerer Anteil der Bevölkerung im Wirtschaftsprozess nicht mehr gebraucht und abgehängt wird, Arbeitslose in prekäre Scheinselbständigkeit gelockt (wer erinnert sich noch an die sogenannte Ich-AG?) oder nach einem Jahr in Harz IV entsorgt werden, wenn ein dereguliertes Finanzsystem den Vermögenden nahelegt, ihr Geld in einer virtuellen anstatt in der realen Wirtschaft zu vermehren, ohne sie steuermäßig adäquat an den Gemeinschaftsaufgaben zu beteiligen, während für die abhängig Beschäftigten der Reallohn nach Inflationsausgleich ständig sinkt, wird dieses, und zwar nicht nur das Rentensystem, sondern die Gemeinschaft selbst, kollabieren.

Geld ist ganz offensichtlich genug da. Trotz immer wieder induzierter Krisen wächst die Wirtschaft insgesamt immer weiter, der Finanzminister freut sich jedes Jahr über gestiegene Steuereinnahmen, jedes Jahr ein neuer Rekord. Und jedes Jahr jammert der Finanzminister, daß für diese oder jene dringende Aufgabe kein Geld vorhanden wäre, und jedes Jahr konzentriert sich immer mehr Vermögen bei denen, die viel, sehr viel haben, und noch viel mehr, immer mehr haben wollen . . .

Wenn denn, wie gezeigt, die wirtschaftlichen und politischen Rahnenbedingungen so gestaltet sind, wie sie sind, stehen Wirtschaft und Politik in der Verantwortung: Laut Grundgesetz ist nicht die Bürde, sondern die Würde des Menschen unantastbar. Ich bezweifle, daß ein Bezieher von Harz IV, ein Arbeitsloser oder Praktikant ohne Aussicht auf einen Job, ein Rentner unterhalb des Armutsniveaus die Würde seines eigenen Daseins spürt.

Möglichkeiten gäbe es, wenn man die gesamtgesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen würde. Die naheliegenste: Bedingungsloses Grundeinkommen für alle, zumindest €uropaweit. Finanzieren wir nicht Rettungsschirme für Staaten oder Banken mit Milliardenbeiträgen, schöpfen wir nicht Geld durch Kredite über Banken. Schöpfen wir monatlich Geld, indem wir jedem Bürger das zum würdevollen Leben (nicht Luxusleben!) notwendige Grundeinkommen überweisen, der mit seinem Konsum die Wirtschaft genau in dem Maß antreibt, wie Mensch das braucht. Denn der Mensch, nicht der €uro, sollte das Maß der Dinge sein. Und halten wir die Geldmenge über eine Besteuerung des Finanzsektors auf stabilem Stand. Stellen wir das Finanzsystem vom Kopf auf die Füße: Eine Revolution im wahrsten Sinn des Wortes 😉

have a seat III

have a seat III
have a seat III

In die Reihe der Fundstücke am Meer paßt die Serie ‚have a seat‘, jetzt aktuell zum dritten Mal ein Bildchen wert. Die anderen beiden finden sich hier und hier. Diesmal der Traumplatz jedes Möchtegern-Machos 😉

Der Ort, an dem ich inzwischen angekommen bin, ist meinen treuesten Lesern, falls es sie noch gibt 😉 , noch aus einem alten Beitrag bekannt, Stichwort Jogger, Radfahrer und kackende Hunde . . .

Nix als Hinweise auf alte Beiträge? Nun, ich muß euch sagen, es ist eine Wonne, wieder solch kompliziert verweisende Links in einen Artikel einbauen zu können, ohne sich Gehirn und Finger verbiegen zu müssen 🙂

Will heißen, ich habe es Samstag endlich geschafft, mir eine neue SIM von hitsmobile.es zu besorgen, und damit funktioniert wieder das Internet inclusive Tethering, das heißt Übergabe vom Handy zum Notebook, wodurch das Arbeiten am Blog erheblich einfacher wird. Das muß man doch gleich ausnutzen!

Hitsmobile verwendet das Netz von Vodafone, das scheint in dieser Hinsicht nicht eingeschränkt zu sein. Masmovil, mein voriger Betreiber, funkt im Netz von Orange, und von Orange ist sowohl in Frankreich als auch in Spanien abzuraten. Der Konzern ist offensichtlich der Meinung, daß der Kunde beziehungsweise sein Geld vor allem für die Fütterung des Konzerns zuständig ist, nicht umgekehrt der Konzern, um den Kunden eine Dienstleistung anzubieten. Innerhalb des letzten Jahres hat diese Geschäftspolitik neue Blüten getrieben, häufige Verbindungsabbrücke in Frankreich waren anscheinend nicht genug, Tethering wurde komplett blockiert. Nun mußte ich mich einen Monat mit demselben Problem in Spanien auseinandersetzen, auch die finanziellen Konditionen haben sich verschlechtert. Bei gleichem Preis wurde das Datenvolumen reduziert, zudem kostet das Parken der Nummer bei Nichtanwesenheit in Spanien nun einen €uro im Monat, früher war das umsonst.
Nun denn, wir haben uns in Deutschland an sehr günstige Tarife gewöhnt, mal sehen, ob das so bleibt, nachdem O2 mit E+ fusioniert hat. Weniger Konkurrenz könnte auch bei uns zu steigenden Tarifen und schlechteren Konditionen führen.
Jedenfalls wird es höchste Zeit, daß bei uns in der EU die Mobiltarife eben auch EU-weit gelten. Was würde ein US-Amerikaner dazu sagen, wenn er von New York nach Chikago fährt und müßte entweder überhöhte Roamingtarife löhnen oder sich eine andere SIM eines lokalen Betreibers zulegen? Kleinstaaterei, digitales Entwicklungsland. In so mancher Hinsicht brauchen wir wahrlich mehr EU anstatt weniger, wie das so mancher meint! Und Orange? Kommt mir nie mehr in meine Kommunikationsmaschine!

Und weil das so schön war, gleich noch ein paar Links hinterher! Mir ist heute ein Artikel auf Zeit Online aufgefallen, der ausgesprochen lesenswert ist für alle, die sich Gedanken über Recht und Gerechtigkeit in unserer Welt machen, auch und gerade in dieser Zeit der scheinheiligen Kriege und terroristischen Attacken. Ist der Terrorist Bürger oder Feind? von Thomas Fischer geschrieben ~ der Mann ist Richter am Bundesgerichtshof. Er wirft einige Fragen auf, über die man sich durchaus Gedanken machen sollte. Fragen, die mit einem gerüttelt /geschüttelt Maß an realsatirischem bis sarkastischem Unterton gestellt werden und: Solange noch ein so hoher Funktionsträger in der deutschen Justiz diese Fragen öffentlich stellt, ist Hopfen und Malz noch nicht gänzlich verloren in einem Land, dessen Regierung meinem Empfinden nach unser Grundgesetz und einige andere juristische Grundlagen weder kennt noch beachtet.

Wenn ich mir dann auf Wikipedia den Werdegang dieses Herrn Fischer anschaue (nicht den des anderen, der oben angekommen von seinen jüngeren Überzeugungen nichts mehr wissen wollte), muß ich sagen: Solche Menschen bräuchten wir mehr, nicht nur in Deutschland, in Europa und im Rest der Welt . . . aber selbstverständlich muß auch dieser Quertreiber in Funktion mit allerlei Widerstand aus dem ‚System‘ rechnen, siehe hier

Ich hoffe, ihr nehmt mir dies Abschweifungen von den romantischen Sonnenaufgängen nicht übel, aber das war endlich einmal eine Info, die Hoffnung macht in dieser scheinheiligen Welt. Nächste Woche die Fortsetzung des Artikels, ich bin gespannt! Auch lesenswert ist der Startbeitrag der Kolumne.

Riot Control ~ Der Bund investiert in Technik

Vor einer Weile, genauer Ende April dieses Jahres, ging eine Reihe belustigter Artikel durch die Presselandschaft, weil Polizisten als Test einen neu angeschafften Wassserwerfer mit Eiern, Tennisbällen und halbgefüllten PET-Flaschen beworfen hatten und das gute, teure (900000 €uronen) Stück dabei eine Beschädigung der Polycarbonat-Windschutzscheibe davontrug . . .

In den Meldungen versteckt irgendwo die Information, daß der Bund (? ~ Polizei ist eigentlich Ländersache . . .) bisher 14 dieser Wasserwerfer für die Länder angeschafft hat, 61, nach anderen Informationen 78 sollten es insgesamt bis 2019 werden

In einem Bericht des mdr vom 20. September 2013 wird die neue Generation von Wasserwerfer W10 als ’sanfter Riese‘ beschrieben, weil der Wasserstrahl auch breit gestreut weich eingestellt werden kann, um die Verletzungsgefahr für die Gegner zu verringern . . . löblich, löblich, dafür lohnt es sich allemal, fast 55 oder gar gut 70 Millionen Millionen €uros auszugeben, nicht wahr?

In einem Telepolis-Artikel vom 13.10.2010 stehen aber auch ein paar Details, die die gegensätzliche Option beschreiben. Der neue kann mit einem um ein Drittel verstärkten Druck von 10 Bar bis zu 3300 Liter pro Minute verschießen . . . und: ‚vor den eigenen Zwangsmitteln durch eine Außenluftfilteranlage geschützt, können dem Strahl sowohl CN- wie auch CS-Tränengas zugemischt werden.‘ Der Spiegel berichtet, daß die Beamten begeistert sind von dem neuen Fahrzeug und sich darum balgen, einmal auf dem Kommandoplatz sitzen zu dürfen . . .

Keiner der damaligen Artikel warf die Frage auf, für welchen Zweck das BMI (Bundesinnenministerium) diese Menge von gepanzerten Fahrzeugen mit Wasserkanonen finanziert, die nur für den Einsatz gegen Menschenmassen brauchbar sind.

Man sollte sich aber schon mal Gedanken machen, denn jetzt tauchen neue Meldungen auf, mit welcher Technik das BMI die Polizei ausrüstet: Insgesamt 76 Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen mit einem 4 Meter hohen Mast mit Videokamera und Richtmikrofonen, vollgestopft mit Elektronik. Dazu ein Artikel in der Telepolis von Matthias Monroy.

Die Auskunft des Berliner Senats an eine Anfrage von Piratenabgeordneten zur Sache hört sich noch relativ harmlos an ~ es bestünde keine Möglichkeit zur Gesichtserkennung, zur Bildsuche bzw zum Bildvergleich, auch ein Abgleich mit Datenbanken sei vor Ort nicht möglich. Im Bonner Generalanzeiger gibt sich der Geschäftsführer der Herstellerfirma Elettronica GmbH, Gerhard Henselmann, über die konkreten Spezifikationen eher zugeknöpft. Die Firma ist aber auch im militärischen Sektor tätig und rüstet zum Beispiel Fuchs Spürpanzer der Bundeswehr mit einem neuen ‚Innenleben zur Ortung und Identifizierung feindlicher Aktivitäten‘ nach.

In Anbetracht der Tatsache, daß die Europäische Union mit
INDECT ein Projekt zur automatischen Erfassung und Verfolgung ‚ungewöhnlichen Verhaltens‘ (!) finanziert und sich auch deutsche Polizei schon durch gesetzwidrige Überwachung der gesamten Handydaten- (wer war anwesend?) und Kommunikation durch IMSI-Catcher hervorgetan hat, wird meinereiner da aber schon mißtrauisch . . .

Inzwischen sind wir übrigens weiter 😉 / 🙁 die Nutzung des IMSI-Catchers ist im sogenannten Omnibus-Verfahren inzwischen legalisiert. Will in diesem Fall heißen, man hat die Legalisierung an ein Gesetz zur strafprozessualen Eingliederung der DNA-Analyse angehängt. Zitat: ‚. . . dass die Strafverfolgungsbehörden nur so den Aufenthaltsort von Sexualstraftätern feststellen könnten, sagt Bötticher. „Das Argument nehmen wir immer, wenn wir etwas bei Politikern durchbekommen wollen“, habe ihr ein Interviewpartner aus dem Sicherheitsbereich erzählt. ‚ So macht man das also!

Die Funkzellenabfrage steht zwar unter Richtervorbehalt, trotzdem ist sie sozusagen zur Normalität verkommen. Laut netzpolitik.org wurden letztes Jahr allein von der Berliner Polizei knapp 50 Millionen Datensätze erfasst, will heißen, jeder Einwohner Berlins ist statistisch gesehen 14,6 mal erfasst worden. Mensch muß ja einfach nur da sein ;(

In Afghanistan oder dem Jemen kann so eine Erfassung schon mal dazu führen, daß man von einer amerikanischen Drohne mit einer Rakete be- oder erschossen wird, auch wenn sich das Zielhandy vielleicht gerade nicht in den Händen eines Terroristen befindet. Wer gerade daneben steht, zufälligerweise, hat halt Pech gehabt ~ mit freundlicher Unterstützung unseres Bundesnachrichtendienstes!

(Zur Rolle deutscher Nachrichtendienste zum Drohnenkrieg auch ernsthaft hier)

Bei uns heißt das ’nur‘, daß man als Teilnehmer einer Demonstration erfasst ~ und gespeichert ~ werden kann, wenn man sich in der Nähe befindet. Ob das die Bereitschaft zu politischem Engagement befördert, mag ich stark bezweifeln. Schön ausgemalt in diesem Beitrag

Unser Grundgesetz garantiert in Artikel 8 grundsätzlich die Versammlungsfreiheit und in Artikel 10 das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Durch die aber genauso niedergelegten Beschränkungen durch nachrangige Gesetze heißt das inzwischen, daß ein Teilnehmer einer friedlichen Demonstration damit rechnen muß, erfaßt und registriert zu werden, und im Extremfall wie bei den Demonstrationen in Frankfurt (Blockupy) eingekesselt zu werden oder gegen Stuttgart 21 wie Dietrich Wagner das Augenlicht ausgeblasen zu bekommen . . .

Sascha Lobo interpretiert in seiner gestrigen Kollumne die immer weiter ausgeweitete staatliche Überwachung als Sucht des Staates und seiner Akteure. Ein interessanter Gedanke, und psychologisch hat das so einiges für sich. Aber es greift doch zu kurz. Außerhalb der psychischen Sphäre gibt es knallharte Interessen, es geht um Macht, es geht um viel Geld. Mit seinem Beitrag über kybernetische Gesellschaftskontrolle kommt er näher an die Motivation der Macher . . .

Wenn, wie in den letzten Jahrzehnten beschleunigt geschehen, wenig Reiche immer reicher werden und logischerweise viele immer ärmer, besteht auch in unserer spätrömischdekadenten Welt mit Brot und Spielen (Fußball, Flachbildfernseher, Pommes und Bier) die Gefahr, daß soziale Spannungen irgendwann doch zu Unruhen führen, auf die dann reagiert werden muß. Also vorher Bescheidwissen (deshalb Überwachung der Bürger) und auf Aufmüpfigkeit reagieren können (deshalb Wasserwerfer) . . .

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, von der ‚marktkonformen Demokratie‘ (will heißen, dem entfesselten Kapitalismus, gesteuert durch Lobbykratie der viel! Besitzenden, legitimiert durch Wahlen alle vier Jahre, in denen sich der Wahlbürger aus den von Parteien und Medien präsentierten Politschauspielern für die nächsten Jahre aussuchen kann, wer ihn an der Nase herumführen darf) wieder zurückzukehren zu der oft beschworenen SOZIALEN Marktwirtschaft. Oder so . . . man darf ja mal träumen, oder?

Dreieckland . . .

Regenbogen nach heftigem Niederschlag am Rhein
Regenbogen nach heftigem Niederschlag am Rhein

Das Dreieckland, die Gegend im Dreiländereck zwischen Baden/Deutschland, Elsaß/Frankreich und Baslerland/Schweiz war mal bekannt für heftige Aufstände gegen das Durchdrücken der Kernkraft, wie neulich beschrieben . . . inzwischen ist das vergleichsweise ruhig geworden, die Badener wehren sich ein wenig gegen einen Ausbau der Güterbahnlinie entlang der Rheinebene, aber alles geht sehr gesittet zu 😉

Waterworld ~ Baggersee
Waterworld ~ Baggersee

Aber es gibt den Rhein, wo ich immer wieder ein wenig Ruhe finde, und den einen oder anderen Baggersee, in dem ich mich erfrischen kann. Zur Zeit tatsächlich noch eine Erfrischung, wie ich das gerne mag. Später im Jahr ist mir der eine oder andere Tümpel schon zu warm . . .

Die Europawahl hat wie erwartet keinerlei Veränderung in der politischen Situation gebracht, man streitet sich darüber, ob der von den Wahlgewinnern protegierte Kommissionspräsident es denn nun tatsächlich werden soll, denn der liebe Herr Cameron vom Reich der Insel kann ihn nicht leiden. Die noch liebere Frau Merkel (hört, hört!) wackelt mal hin, mal her, es wird unter den Regierungschefs geküngelt wie eh und je. Demokratie hin oder her, sobald der Wähler seinen Zettel in die Urne geschmissen hat, kann der Politiker wieder machen, was er will, der Bürger hat seine Pflicht getan, und gut ist!

Auch in der Ukraine geht alles weiter wie gehabt, Bürgerkrieg. Die pro-westliche Regierung schickt Militär in die aufmüpfigen Gebiete und läßt Leute umbringen, die nicht so gerne unter die ‚beschützenden‘ Flügel der per se ‚guten‘ USA schlüpfen wollen.

Die deutsche Medienlandschaft funktioniert wie geschmiert nach den Interessen ihrer vermögenden Besitzer, sogar der Spiegel (Online), ehemals das ‚Sturmgeschütz der Demokratie‘, streut eine Statistik in die Welt, die Russland als bösen Buben hinstellen, weil seine Militärausgaben ~ im Verhältnis zum BIP ~ höher als die der USA seien und im europäischen Vergleich unangefochten an der Spitze liege . . . aber was will man von einem Verlag erwarten, der seine Chefredakteure inzwischen bei der Bild abwirbt 🙁

In absoluten Zahlen sieht das allerdings etwas anders aus. Die USA alleine geben über sieben mal (7,2888 mal, um halbwegs genau zu sein) so viel für ihr Militär aus, nur zwei von den drei Ländern Deutschland, Frankreich oder Großbritannien zusammengenommen schlagen Russland. Von den Gesamtausgaben der NATO, die ihr Terrain immer weiter gen Russland ausstreckt, ganz zu schweigen. Die SIPRI-Daten lassen sich hier als Excel-Tabelle herunterladen ~ und enthalten sowohl die BIP-bezogenen als auch die absoluten Zahlen seit 1988.

Insgesamt, wenn ich so in meiner Erinnerung krame, fallen mir jede Menge Länder ein, in denen die USA in den letzen Jahrzehnten eingefallen ist. Eingeladen war sie dabei ausgesprochen selten . . .

Da aber die Russen so gefährlich sind, bietet der brave Friedensnobelpreisträger und Präsident der USA Europa mehr Unabhängigkeit vom russischen Gas durch amerikanisches Fracking-Gas . . . man müsse dazu aber das ‚Freihandelsabkommen‘ TTIP ~ auch so eine demokratieferne Veranstaltung ~ unterschreiben . . . sowohl die technische Machbarkeit als auch die ökonomische uuund ökologische Sinnhaftigkeit des Angebots liegen Lichtjahre entfernt. Außerdem möge man doch bitte die Militärausgaben erhöhen, damit die armen Amis nicht überall selbst einmaschieren müssen . . .

Und wie stehts mit dem Komplex NSA/GCHQ? Nun, der Bundesanwalt Harald Range hat sich ~ nachdem die Absicht, ALLES unter den Tisch fallen zu lassen, für eine Protestwelle gesorgt hat, doch noch dazu herabgelassen, zumindest im Fall Merkels Handy Ermittlungen zu eröffnen. Scheiß auf die Überwachung aller deutschen Bürger durch die NSA/GCHQ ~ die sei schließlich nicht belegt beziehungsweise gar nicht belegbar . . .

Aber Deutschland tut etwas: Was?
Nun, der BND möchte ein kleiner NSA werden und für schlappe 300 Millionen €uro die technischen Möglichkeiten schaffen, soziale Netzwerke in Echtzeit zu überwachen! Sonst würde man noch hinter Spanien oder Italien zurückfallen, tzzzt tzzzt tzzzt!
Und das BKA fängt, versuchsweise, damit an, biometrische Daten der deutschen Bürger mit dem amerikanischen FBI auszutauschen, damit der große Bruder auch wirklich eine vollständige Datenbank hat. Habt ihr auch alle eure Fingerabdrücke auf dem neuen Personalausweis hinterlegt?

Wie gesagt, alles beim Alten. Deutschland, schlafe ruhig. Die nächste Diktatur ist schon fast komplett, auf den nächsten Krieg müssen wir ~ vielleicht ~ noch ein wenig warten . . .

Navid Kermani ~ eine lesenswerte Rede zum Grundgesetz!

Zum 65. Geburtstag des Grundgesetzes hat der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani eine Rede gehalten, die nicht allen Abgeordneten gefallen hat. Das Lob wird gerne angenommen, aber die Teile, die den Umgang mit dem Grundgesetz und dessen Demontage kritisieren ~ das wollte man denn doch nicht so gerne hören.

Lesenswert: Hier das Protokoll der Rede . . .