Kühle Tage

Kühle und dunkle Tage im Auwald
Kühle und dunkle Tage im Auwald
Installationen der Kiesgrube
Installationen der Kiesgrube
Installationen der Kiesgrube
Installationen der Kiesgrube
historischer Antrieb
historischer Antrieb

Das Internet und die Einfalt

Passend zum letzten Artikel, in dem ich ein eine negative Entwicklung der Kommunikation im Internet bedauert habe, hat mir gestern eine Freundin über Telegram einen Post geschickt, in dem ein C.M. (ich kenn ihn nicht, ob meine Freundin ihn kennt?) einen Beitrag weiterleitet, der von einer Website stammt, die sich uncut-news nennt und in der Schweiz zu Hause ist. Und laut Untertitel ‚unabhängige News und Infos‘ verbreitet. Der Post geht so:

Einige mögen sich fragen, warum wir es den Fauci-Gates-NWO-Virus nennen:

„Amerika wurde vorgeführt! Das chinesische Biolabor in Wuhan gehört GlaxoSmithKline, die (zufällig!) Pfizer besitzen (der Konzern, der den Impfstoff gegen das Virus produziert), das (zufällig!) im Biolabor in Wuhan begann, das (zufällig!) von Dr. Fauci finanziert wurde, der (zufällig!) den Impfstoff propagiert. GlaxoSmithKline wird (zufällig!) vom Finanzkonzern BlackRock gemanaged, der (zufällig!) die Finanzen der Open Society Foundation (Soros Foundation) managed, die (zufällig!) der französischen AXA dient! Zufällig besitzt Soros die deutsche Firma Winterthur, die (zufällig!) das chinesische Labor in Wuhan errichtete und vom deutschen Versicherer Allianz gekauft wurde, der (zufällig!) ein Teilhaber von BlackRock ist, die wiederrum (zufällig!) die Zentralbanken kontrollieren und ungefähr ein Drittel des globalen Investmentkapitals. BlackRock ist außerdem (zufällig!) ein großer Teilhaber von Microsoft, eines Unternehmens, das Bill Gates gehört, der (zufällig!) ein Teilhaber von Pfizer ist (die den Wunderimpfstoff verkaufen) und (zufällig!) der größte Sponsor der WHO!“

Nun ist es ja eine relativ simple Sache, man könnte es auch einfältig nennen, eine gute Handvoll nirgends belegte Pseudofakten mit einem in Klammern gesetzten Kampfbegriff ~ (zufällig!) ~ zusammen zu pappen und ins Internet zu blasen. Die Frage, die sich mir zuallererst stellt, die sich jeder Leser stellen sollte: Wer steckt denn hinter diesen Aussagen, und welche Motivation hat er?

Wer auch immer sich hinter den Initialen C.M. verbirgt, ich hab keine Ahnung. Ist auch nur derjenige, der wie meine Freundin irgendwelche ‚News‘ aufpickt und aus welchem Grund auch immer (man, die selbst sollten sich darüber Gedanken machen!) an andere weiterverbreitet und multipliziert. Wenn man aber auf der Website, von der dieses Geschwurbel stammt, nach dem Impressum sucht, bekommt man das hier zu sehen:

Impressum

Leider bekommen wir immer wieder Pakete mit bedrohlichem und widerlichem Inhalt. Auch unsere Nachbarschaft wurde immer wieder belästigt und ausgefragt, so dass wir gezwungen waren, den Standort zu wechseln und diesen nun auch geheim zu halten. Kontaktanfragen bitte per Mail.

Also explizit kein Impressum, keinerlei Angaben, die für die Veröffentlichung im Internet vorgeschrieben sind. Die nächste Frage, die sich stellt, die jeder Leser sich stellen sollte, ist die, ob so eine Website vertrauenswürdig ist. Die Frage ist, wer hier vorgeführt wird!?!

Bei genauerem Hinsehen stellen sich alle sogenannten Fakten als NULL-Info heraus. Greifen wir uns einmal die erste heraus: Das chinesische Biolabor in Wuhan

Was ist daran Fakt? Es gibt also eine chinesische Stadt namens Wuhan. In dieser chinesischen Stadt gibt es ein chinesisches Biolabor. Und weiter?

Nun, Fakt ist, dass in dieser chinesischen Stadt Wuhan um den Jahreswechsel 2019/2020 herum der erste identifizierte Ausbruch von SARS/CoV-2 dokumentiert wurde. Zuerst wurde er als neue Lungenkrankheit/Epidemie festgestellt, bei der WHO gemeldet und dann durch radikale Maßnahmen (Isolation) und beispiellose Anstrengungen (Bau einer kompletten Klinik innerhalb einer Woche) in den Griff bekommen.

Und dann gibt es ein ‚Biolabor‘ in Wuhan. Und was hat das mit SARS/CoV-2 zu tun? Nichts genaues sagt das Geschwurbel nicht, aus gutem Grund. Denn ganz ab davon, dass es Biolabore rund um die Welt gibt: es hat nichts miteinander zu tun!

Zuerst einmal muss festgestellt werden, dass der erste identifizierte Ausbruch einer Pandemie nicht auch der Ursprung der Pandemie sein muss. Die ‚Spanische Grippe‘ zum Beispiel, die nach Ende des ersten Weltkriegs in drei Wellen um den Globus rollte und bei einer Weltbevölkerung von damals nur 1,8 Milliarden (heute ~ 7,8) zwischen 20 und 50 Millionen Menschenleben forderte, hatte ihren Ursprung höchstwahrscheinlich in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Bei SARS/CoV-2 ist es nun so, dass in Abwasserproben aus Barcelona, Spanien, schon für März 2019 mit PCR-Tests Genbruchstücke des Virus nachgewiesen werden konnten, in Italien waren am am 18.12.2019 in Mailand und Turin und am 29.01.2020 in Bologna erste Proben positiv. Das Virus war also höchstwahrscheinlich in Europa schon lange vor dem Ausbruch in Wuhan aktiv!

Auch Blutproben von Menschen, die von schon früher im Jahr 2019 an Lungenkrankheiten in Italien gestorben waren und die im Nachhinein auf SARS/CoV-2 getestet wurden, deuten darauf hin, dass das Virus schon viel früher in Europa angekommen war: Tatsächlich, so berichten die Forscher, fanden sie in 11,6 Prozent der nachträglich getesteten Proben Antikörper gegen das Virus. 14 Prozent davon stammten von Patienten, die ihre Blutprobe bereits im September 2019 abgegeben hatten.

Wuhan war also der erste dokumentierte Ausbruch der Pandemie, das Virus war aber höchstwahrscheinlich schon im Sommer / Herbst 2019 in Europa aktiv. Damit bricht die implizierte Schwurbelkette schon ganz am Anfang zusammen! Anstatt wie z.B. Trump China-Bashing zu betreiben, sollte man anerkennen, dass China die Gefahr erkannt und wirksam bekämpft hat, die in Europa erstmal verschlafen wurde.

Weiter geht’s mit Blackrock, einer Investmentgesellschaft mit Sitz in New York, die mit Stand 30.September 2020 mit 7,81 Billionen US$ verwaltetem Vermögen die weltgrößte Vermögenverwaltung ist. Das wäre jetzt ein guter Ausgangspunkt, um zu einer fundierten Kritik am Weltfinanzsystem, an Investoren = Kapitalisten, am Kapitalismus als Wirtschaftssystem anzusetzen, aber das findet wohlweislich nicht statt. Stattdessen werden verschiedene große Versicherungen, Pharmafirmen, Stiftungen und die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, in einen Topf geschmissen und dreimal umgerührt. Was ist der Erkenntnisgewinn? Bei genauerer Betrachtung: NULL!

Blackrock hält Investments an allem, womit aus Geld noch mehr Geld gemacht werden kann, denn das ist das Ziel des Kapitalismus, dafür ist das System so aufgestellt worden. Damit die Reichen noch reicher werden können. Die Investments gehen von Energie, Industrie, Versicherungen, Verkehr, Immobilien, Sportartikel zu hastdunichtgesehen eben auch Pharmaunternehmen, denn die versprechen einen hohen Gewinn. Was sagt uns das also? Dass der Kapitalismus weiter aktiv ist. Darüber hinaus? Nichts Neues!

Forschungen an Viren, an Krankheiten und Impfungen finden rund um die Welt statt, so gut wie jede Universität, so gut wie jede größere Pharmafirma ist auf dem Gebiet aktiv. Finanziert werden diese Forschungen zum (kleinen) Teil mit öffentlichen Mitteln (Steuern), zum größeren Teil mit privaten Kapital wie eben aus Vermögensverwaltungen (wie Blackrock) oder aus dem Forschungsetat der großen Pharmakonzerne. Die wiederum tun das, was Wunder, um aus Geld mehr Geld für sich zu machen, und sie tun das beileibe nicht immer mit moralisch vertretbaren Mitteln. Auch das ist nichts Neues, leider.

Das wäre jetzt eine Gelegenheit, eine Frage an die Politik zu stellen, auch an die deutsche. Man könnte schließlich Pharmaforschung an den Universitäten mit öffentlichen Mitteln mit dem Ziel unterstützen, danach die Erkenntnisse dieser Forschung zu lizenzieren, um bezahlbare Medikamente und auch Impfungen gegen Krankheiten zu ermöglichen. Die deutsche Politik geht aber mindestens seit den 80er Jahren den gegensätzlichen Weg. Investitionen in Bildung, in Universitäten, werden immer mehr zusammengestrichen, die Unis sollen sogenannte Drittmittel aus der privaten Wirtschaft einwerben, was inzwischen einen gut Teil der Anstrengungen der Universitäten ausmacht. Letztlich läuft das darauf hinaus, dass mit öffentlichen Mitteln finanzierte Universitäten im Auftrag von Unternehmen aus der Privatwirtschaft Forschung realisieren, die diesen Unternehmen zu teuer ist. Die Forschungsergebnisse werden dann aber privatisiert, patentiert und kommerziell ausgebeutet, was im Pharmabereich dann zu teuren Medikamenten führt, die von der Allgemeinheit über Versicherungsbeiträge bezahlt werden muss. DAS ist der wirkliche Skandal!

Die Lobbyisten der Wirtschaft waren in Deutschland in den letzten Jahrzehnten bei den Regierungen der ewigen Kanzler und Kanzlerinnen und dem Zwischenspiel einer rot/grünen Regierungsmannschaft so effektiv, dass aus sämtlichen Bereichen der zivilgesellschaftlich organisierten Daseinsvorsorge im Zuge einer neoliberalen Ideologie so viel wie möglich privatisiert, das heißt den Gewinnerwartungen der Privatwirtschaft untergeordnet wurde. Das reicht von Dingen wie der Versorgung mit Energie, Wasser, der Entsorgung von Abwasser und Müll hin eben zum Gesundheitswesen, Krankenversicherung und auch der Altersvorsorge. Das war und ist nicht alternativlos, wie es unsere ewige Kanzlerin so darstellt, das war politisch gewollt. Sie nennt das ‚marktkonforme Demokratie‘. Unser Grundgesetz spricht aber davon, dass Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist (GG Artikel 20 Satz 1). Da wird irgendwas ins Gegenteil verkehrt! Darüber sollte die Diskussion geführt werden, nur wer tut das?

Das Geschwurbel von irgendwelchen Einfaltspinseln, die sich im Internet und in den sozialen Netzwerken aufspielen wollen beziehungsweise müssen, um ihr Ego aufzupumpen, ohne auch nur irgend etwas zu belegen, nicht einmal wer sie selber sind, trägt jedenfalls ganz bestimmt nicht dazu bei! Genausowenig die Weiterverbreitung von Links aus so durchsichtig undurchsichtigen Quellen!

kleine Linksammlung zum Schluss:

Nicht-Impressum der uncut-news
Goethe-Universität Frankfurt zum Thema Abwasserproben auf SARS/CoV-2
Telepolis zu Abwasserproben in Barcelona und Italien
Istituto Superiore di Sanità (Italien) zu Abwasserproben
NTV zu Abwasserproben in Bacelona und Italien
Wikipedia zur Spanischen Grippe
Fokus zum Thema Blutproben in Italien 2019
FAZ zum Thema Blutproben in Italien
Wikipedia zu Blackrock

1001 ~ märchenhaft . . .

1001 märchenhaft feiern!
1001 märchenhaft feiern!

1001 Artikel seit dem Start dieses Blogs im Juli 2011, diese märchenhafte Zahl wurde mit dem letzten Beitrag über die Donau-Nixe Isa erreicht. Mehr als 4Tausend Photos sind in der Bilddatenbank verzeichnet. Ein Grund zu feiern, wie das neue Jahr, mit einem Tusch am Himmel aus dem Jahr 2016. Und Anlass für eine Rückschau, und für einen Blick in die Zukunft nicht nur dieses Blogs.

Fast zehn Jahre also hat mich die Arbeit an diesem Blog auf meinen Reisen begleitet, in aller Regel eine freudige und sinnstiftende Tätigkeit. Nur unterwegs zu sein wäre mir zu wenig gewesen. Die Aufarbeitung meiner Erlebnisse und Erfahrungen in Bild und Text, das Einpassen in die Fassung eines Artikels wie Edelsteine in einen Ring oder eine Brosche hat mich oft drei, vier, fünf Stunden eines Tages gekostet, bei den politischen Artikeln der Kategorie Polis-Angelegenheiten mit ihren ausgiebigen Recherchen gleich über mehrere Tage hinweg. Aber, wie gesagt, es war eine Arbeit, die auch im Kampf mit dem Zusammensuchen von Sinn-Zusammenhängen, im Kampf mit den eigenen Ansprüchen für eine qualitativ schlüssige Formulierung, in Bemühung um sehenswerte und ästhetische Bilder, eine Arbeit mit viel Freude war.

Im Verlauf dieser zehn Jahre der Bloggerei konnte ich aber auch beobachten, wie sehr das Internet sich gewandelt hat. Da ich ja wissen wollte, wie gut oder schlecht meine Arbeit bei meinen Lesern und Schauern ankam, habe ich recht intensiv die Logdateien meines Statistik-Plugins verfolgt, sodass ich immer recht gut informiert war, was auf meinen Seiten los war. Oberflächlich betrachtet sind auch die aktuellen Zahlen nicht gar so schlecht ~ 1010 Besucher im Dezember 2020, 41063 Seitenzugriffe, 2540 davon über Feeds. Wenn man aber genauer hinschaut, nicht nur die Quantität, sondern vor allem die Qualität der Besucher und der Zugriffe analysiert, stellt man fest, dass nur noch eine Handvoll Menschen regelmäßig den Blog besucht. Ein paar Menschen mehr landen durch Suchmaschinen hier, aber die kommen in der Regel nicht wieder. Der Rest sind Maschinen, die das Internet abscannen, zum Teil den kompletten Blog auslesen, oft immer wieder, Tag für Tag, dieselben Inhalte abfragen.

Über Sinn und Zweck von derlei Aktionen kann man sich zwei, drei Gedanken machen, mehr besser nicht. In früheren Zeiten haben oft die Artikel der Kategorie Polis-Angelegenheiten einen Sturm auf den Blog verursacht, weniger von Menschen als von den Spidern der entsprechenden staatlichen Dienste. Ich hatte plötzlich viele Freunde in Berlin, wo die Botschaften aller Mächtigen der Welt heimisch sind, die USA und Großbrittannien, Russland und China waren ausgiebig zu Gast. Inzwischen bin ich für diese Leutchen uninteressant geworden, zu deutlich ist, dass mein Geschreibsel von seeehr wenig Menschen gelesen wird. Die allermeisten Zugriffe auf den Blog dürften inzwischen die Maschinen sein, die die Inhalte für Big-Data sammeln, als Futter für die sogenannte ‚künstliche Intelligenz‘, KI, von den Anglophonen AI für Artificial Intelligence genannt. In gewisser Hinsicht ist das Internet inzwischen überwiegend mit sich selbst beschäftigt.

Auch von der Struktur her hat sich das Internet in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Als Tim Berners-Lee Anfang der 1990er Jahre die Grundlagen des World Wide Web (das, was für die meisten Laien das Internet ist, auch wenn dazu einiges mehr gehört) entwickelte, leitete ihn die Idee, wie eine Gesellschaft funktionieren sollte: flache Hierarchien, harmonische Kooperation, Toleranz und Offenheit für Vielfalt, Vernunftgebrauch sowie Zuversicht in die Mitstreiter. Es sollte ein freies Netz sein, in dem nicht nur Wissenschaftler Informationen teilen und finden könnten. Seine Entwicklungen, die dem Netz zugrunde liegen, die Netzprotokolle http, die Seitenbeschreibungssprache html, das System der URLs, Webserver und Suchmaschine patentierte er deswegen nicht, sondern gab die Techniken frei. Und er hat damit eine Entwicklung in Gang gesetzt, die unser aller Leben stark verändert hat. Und sich ständig weiterentwickelt.

Inzwischen ist dieses Web hochgradig kommerzialisiert. Ein Klick auf die Datenschutzeinstellungen z.B. von spiegel.de offenbart, dass das Nutzerverhalten eines jeden Lesers von mindestens ¡105! Werbefirmen verfolgt wird, die Informationen wie z. B. Cookies und Geräte-Kennungen auf dem Gerät des Lesers speichern und abrufen. Anzeigen werden personalisiert, der Nutzer wenn möglich sogar über verschiedene Geräte hinweg getrackt. In der Regel ist eine Klick-Orgie nötig, um dieses Verhalten zu unterbinden, wobei Inhalte dann unter Umständen nicht mehr oder nicht mehr vollständig angezeigt werden.

Auch von der Benutzerseite hat sich einiges verändert. Als ich mit dem Blog begann, gingen die meisten Leute noch mit dem heimischen PC oder vom Arbeitsplatz aus ‚ins Internet‘. Das Handy gabs zwar schon, das war aber zum telefonieren da, Emails hätte man gerade noch empfangen können, aber mehr als drei, vier Worte hätten auf dem Display keinen Platz gehabt. Dann kam das I-Phone, wenig später Smartphones auf Android-Basis und die ersten Tablets. Ab da hatte man das Internet in der Tasche, war immer Online.

Auch von den Anwendungen her überstürzte sich die Entwicklung. 2011 hatten Blogs ihren Zenit schon überschritten. Facebook und kurz danach Twitter und WhatsApp kamen auf und wurden immer beliebter, dann kamen noch Instagram und YouTube und Konsorten dazu. Die ’sozialen‘ Netzwerke eroberten das World Wide Web, man konnte sich und seinen ‚Followern‘ Nachrichten und Bilder, dann auch Videoclips in Echtzeit zuschicken. Jeder war mit jedem jederzeit online verbunden. Und jeder, absolut jeder konnte mit Selfies bis hin zu Bildern vom eigenen Hintern (Butt-Selfie) sich selbst im Internet zelebrieren. Aber: wer da nicht mitmachte, fiel plötzlich aus dem Informationsfluss heraus. Das Internet, das World Wide Web, spaltete sich in ‚Gated Communities‘, in denen die Menschen immer mehr Zeit verbrachten. Einen Blog zu verfolgen, dafür fehlte dann eben doch die Zeit. Und wer nicht in Facebook, WhatsApp oder Instagram angemeldet ist, wird nach ein paar Bildern, ein paar Zeilen Text ausgesperrt.

Die Suchmaschine von Google wurde zum übermächtigen Global Player, die Dienste von Google wie Maps wurden unverzichtbar, auch für mich. Google kaufte dann auch noch YouTube, und neben Musik- und Katzenvideos wurden Video-Blogs in, Vlogger übernahmen die Aufmerksamkeit, die man vor noch gar nicht zu langer Zeit einem Reiseblog geschenkt hatte. Lesen wurde zu anstrengend, es war einfacher, mit halbem Ohr einem Vlogger zuzuhören, und nebenbei Geschirr zu spülen oder zu kochen. Komplexe Zusammenhänge nachzuverfolgen scheint nicht mehr nötig zu sein, alles muss in leicht verdaulichen Häppchen verpackt und mit Schlagwörtern garniert sein.

Die meisten User sind sich dabei wohl nicht bewußt, welch tiefgreifende Veränderungen diese Entwicklung mit sich bringt. Sogar die, die sich selbst gerne ein besonders kritisches Weltbild attestieren, sind sich so gut wie nie darüber im klaren, wie die Informationsflüsse über die durch Werbung finanzierten kommerziellen Global Player gesteuert werden. Jede Anfrage über Google (und auch die meisten ‚alternativen Suchmaschinen‘ greifen mittelbar auf Google zu, andere funktionieren nach dem selben Modus) wird auf das Nutzerverhalten hin analysiert, sogar wenn man personalisierte Werbung ausschließt. Die ersten drei bis sechs Suchergebnisse sind eh ‚gesponsert‘, will heißen gekauft, der Rest beeinflusst vom früheren Suchverhalten. Absolut jeder Klick wird gespeichert und analysiert.

Besonders schön sichtbar ist das bei YouTube. Voreingestellt ist normalerweise der Automatik-Modus, in dem ein Video nach dem anderen abgespielt wird. Da der Service werbefinanziert ist, und damit ein starkes finanzielles Interesse besteht, den User möglichst lange auf der Plattform zu halten, um möglichst viel Werbeeinnahmen zu generieren, sind die steuernden Algorithmen, selbstlernend und sich selbst ständig optimierend, darauf aus, einem das zu präsentieren, was einem gefällt. Im Zweifel immer mehr von dem, was man schon vorher gesehen hat. Die selbe Sorte Input, die man, wie der schlaue Algorithmus weiß, vorher schon gut gefunden oder zumindest toleriert hat. Und so wird der Informationsfluss immer enger, der Nutzer bekommt Scheuklappen aufgesetzt und meint dabei, besonders gut informiert zu sein, weil er/sie auf alle Informationen eines weltweiten Informationsnetzes zuzugreift. Und da es in den weiten Welten des World Wide Web für jede, absolut jede depperte Idee genügend Futter gibt, fühlt sich der jeweilige Benutzer auch noch in einer zwar schweigenden, aber trotzdem garantiert vorhandenen Mehrheit. Konfrontiert mit den Deppen, die keinen Durchblick haben . . .

Ganz extrem ist das in den sogenannten ’sozialen‘ Netzwerken. Man findet sich in Gruppen und Grüppchen, schickt sich gegenseitig Nachrichten, Bilder und Videoclips, sortiert wird über die Likes, pusht das, was den jeweiligen Mitgliedern gefällt, verstärkt sich gegenseitig in seiner Meinung. Kontroverse Meinungen führen dazu, dass man rausfällt, na gut, sucht man sich eine andere Gruppe, wo das gefällt, was gerade Missfallen erregt hat. Und jeder, absolut jeder findet seinen Zirkel, in dem er bestärkt wird und sich wohlfühlt. Solange das Katzenbilder (der Running Gag der Kritiker) sind, die gefallen, mag das harmlos sein, wenn es um abgefahrene sexuelle Spielarten bis hin zum Verspeisen menschlicher Geschlechtsorgane geht oder extreme politische Inhalte, dann wird das zur unter Umständen tödlichen Gefahr, wie das beim Kannibalen von Pankow oder in rechtsextremen Netzwerken bis hin in die Bundeswehr oder in den Kreisen um den immer-noch-Präsidenten Trump deutlich wird.

Nochmal: niemand sollte sich bei dieser Kritik ausgenommen fühlen. Ja, auch die sogenannten Mainstream-Medien, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, und ja, auch die Politik in Bund und Ländern, alle schweben ein gutes Stück weit in ihrer eigenen Blase. Viel zu sehr spielen die Algorithmen mit einer allzu menschlichen Eigenschaft von Individuen und Gruppen: man bevorzugt die Informationen, die ins eigene Weltbild passen, die kontroversen werden eher verdrängt. Es erfordert sehr viel Energie und vor allem Zeit, Informationen auf verschiedenen, kontroversen Kanälen zu recherchieren, zu analysieren, Quellen zu checken und sich dann eine eigene Meinung zu bilden. Zeit, die auch im Journalismus immer weniger vorhanden ist, seit eben das Internet ein immer schärferes Tempo vorgibt und eine möglichst schnelle Veröffentlichung zum Muss wird. Ganz zu schweigen von immer knapper werdenden Werbeeinnahmen, also Kostendruck, und auch den entsprechenden Leitlinien von oben. Kein Journalist arbeitet im wertfreien Raum!

Auch in der Politik ist die Scheuklappe Teil der Grundausstattung. Spätestens seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts sind das immer mehr neoliberale Scheuklappen geworden, der Einfluss der NeoCons und der transatlantischen Thinktanks reicht inzwischen über die christlichen Parteien, die gute alte SPD, die Grünen bis in einen Teil der Linken. Der Einfluss der Wirtschaft, vor allem auch der Finanzwirtschaft mit ihren Lobbyisten ist so stark geworden, dass das wirtschaftszentrierte transatlantische und Nato-Framing gar nicht mehr in Frage gestellt wird. Hinweise auf eine Faktenlage, die dieses Framing aushebelt, werden ignoriert, Emails an Redaktionen von Leitmedien und Politiker der Grünen nicht beantwortet, wie ich anlässlich einer Artikelserie über die Rüstungspolitik und das Verhältnis Nato / Russland / China feststellen konnte. Denn außerhalb der eigenen Blase gibt es nur Verschwörungstheoretiker und Trolle . . .

Die Antwort kann aber eben gerade nicht die sein, auf YouTube nur noch die Meinungsäußerungen zu suchen, die die eigene Meinung stützen, und alles andere zu ignorieren. Denn die eine einzige wahre und allgemeingültige Wahrheit gibt es nicht, die Realität ist eine facettenreiche, komplexe Angelegenheit. Das zu ignorieren führt, wie das auch die Krise um Corona gezeigt hat, schon im privaten Bereich von Familien oder Freundschaften zu schmerzhaften Spaltungen, im öffentlichen, im politischen Umfeld zu Gewalt mit der Tendenz zu Unfreiheit, Intoleranz und Erodieren der eh schon anmarodierten Demokratie. Und die Funktionsträger dieser Demokratie arbeiten daran fleißig mit!

Zurück zum Blog, zu diesem Blog. Ich hatte mir zum Jahreswechsel ernsthaft überlegt, ob der Entwicklungen im Allgemeinen und der immer weiter schrumpfenden Gefolgschaft meine Webseiten ganz einzustellen. Schließlich kostet mich dieses Engagement neben einer erklecklichen Summe an €uronen jede Menge Arbeit, und es stellt sich irgendwann schon die dringliche Frage, für was das denn gut sein soll. Wieso einen Haufen Geld und Arbeit versenken, um ein World Wide Web zu füttern, das sich immer mehr von der ursprünglichen Idee von Freiheit und Vielfalt, von gegenseitigem Respekt und Toleranz entfernt. Wenn das, was man da so verströmt, immer weniger bei realen Menschen ankommt, immer mehr nur noch von den Servern dieses Netzes durchgekaut und zu einer einzigen, stinkenden Masse von Informationen verrührt wird, aus dem sich jeder seine eigene Matschburg baut?

Moos im Winterschlaf
Moos im Winterschlaf

Nun, zumindest für ein Jahr geht der Blog, gehen meine Webseiten in die Verlängerung. Es wird Veränderungen geben, ein Umzug zu einem neuen Provider steht an, weil der alte Provider nicht willens war, seine Politik für SSL-Zertifikate zu verändern und mich das alle drei Monate einen ganzen Tag Arbeit für reine Verwaltung gekostet hat. Die Bilderwebsite ralfgutmann.eu wird nach einem Dutzend Jahren grundlegend neu aufgebaut werden. Ich selbst trete auch in eine neue Lebensphase, wo es genau langgeht ist noch nicht klar. Es bleibt also spannend. Und ich hoffe, dass auch ein paar Leser gespannt bleiben . . .

Wie sagt der Anglophone so gerne: I wish you what! 🙂

Die Nixe Isa

Nixe Isa, die findet man immer wieder an der Donau
Nixe Isa, die findet man immer wieder an der Donau

Die Donaunixe Isa läuft einem an der Donau immer wieder über den Weg. So freizügig, wie sie sich präsentiert, wundert einen nicht, dass sie in alten Zeiten die Schiffersleut sehr beschäftigt und ab und an so abgelenkt hat, dass das zu einem Unglück führte. Nun ja, wenn man sich auf die Damenwelt einlässt, muss man mit sowas rechnen 🙁 die untere würde mir vom Gesicht her besser gefallen, auch an der Figur gibt es nichts auszusetzen. Aber der Blick! Diese ausgebohrten Augen! Nein danke! Und was will ein Mann schließlich mit einer Frau aus Holz? Und dann noch mit Fischschwanz? Wer weiß, ob das überhaupt zusammenpasst, in der Mitte, meine ich 😉

Isa
Isa
Isa
Isa
Isa
Isa

noch’n Kunstwerk!

oder: WOHIN Milch und Honig fließen

Piroge im warmen Abendlicht
Piroge im warmen Abendlicht

Ein Artikel, der jetzt auch schon mehr als eine Woche in der Pipeline steckt, aus gutem Grund ~ auf der einen Seite gehört er in den Bereich Kunst, der in den letzten Wochen hier in Oberösterreich einiges Bemerkenswertes in diesen Blog gebracht hat. Auf der anderen Seite geht es um viel mehr. Dieser Artikel gehört mindestens genauso sehr in die Kategorie der politischen Artikel, hier Polis-Angelegenheiten genannt, die mich immer besonders viel Energie für die Recherchen kosten, mich aber vor allem mental so weit herunterziehen, dass die Arbeit an einem Artikel mir die Laune zerschießt, weil das Gefühl der Machtlosigkeit gegen den Irrsinn mich überschwemmt. Und trotzdem, weil es immer noch und wieder aktuell ist, führt nichts an der Erkenntnis vorbei, dass dagegen anschreiben immer noch besser ist als nichts zu tun.

aus der erläuternden Tafel beim Werk
aus der erläuternden Tafel beim Werk

Mit der abgebildeten Piroge sind im Dezember 2006 fast einhundert Menschen von Afrika aus in dem zwar vor der afrikanischen Küste liegenden, aber zu Spanien und damit Europa gehörenden Teneriffa angekommen. Fast tausend Kilometer in einer offenen Nussschale aus Holz über einen Ozean, der auch in diesem Monat wahrlich nicht für eine Kaffeefahrt geeignet ist. Die Künstlerin, Photographin und Produzentin Susanne Posegga holte das Boot für das Projekt ’stranded‘ von Christoph Dräger im Rahmen des Festival der Regionen 2007 nach Schlierbach (OÖ), später war es auch bei Linz09 zu sehen. Seit 2009 steht es auf dem Hochwasserdamm von Ottensheim bei Linz, wo ich es entdeckt habe.

Piroge im warmen Abendlicht
Piroge im warmen Abendlicht

Im Mai 2011 begab sich Susanne Posegga in den Senegal, um die Geschichte des Flüchtlingsbootes nach den Namen und der Bemalung zu recherchieren und zu dokumentieren, fand heraus, wem das Boot gehört hatte, und dass die Namen an den Seiten die seiner Ehefrau und seiner Großmutter sind. Das Boot musste er aus Not verkaufen, und genau an diesem Punkt fängt die Geschichte an, in die Kategorie der Polis-Angelegenheiten zu fallen! Und ist immer noch, nach 14 Jahren, hochaktuell!

Piroge, Heck, Ruderbeschlag
Piroge, Heck, Ruderbeschlag

Denn immer noch und wieder viel mehr afrikanische Flüchtlinge kommen auf den Kanarischen Inseln an, seit die Route über’s Mittelmeer so gut wie dichtgemacht worden ist. Die EU hat ihre Grenzschutztruppe Frontex massiv aufgerüstet, kontrolliert mit Drohnen aus der Luft, kooperiert mit (und bezahlt!) marodierende(n) bewaffnete(n) Milizen in Lybien, die die Flüchtlinge abgreifen und in Lager stecken, wo Folter und Vergewaltigung zur Tagesordnung gehören. Private Hilfsorganisationen, die in Seenot geratene Flüchtlingsboote suchen und retten wollen, werden massiv behindert, Flugzeuge und Schiffe beschlagnahmt und am Boden / im Hafen festgesetzt. In Afrika kungelt man mit viel Geld sogar mit Diktatoren, damit Flüchtlinge auf dem Weg aufgehalten werden, da sind die gern geäußerten Mahnungen zu den Menschenrechten schnell vergessen. Man kooperiert mit der Türkei, mit dem in den Medien gerne Autokrat genannten Erdogan, zahlt Milliarden, damit er die Flüchtlinge daran hindert, nach Griechenland in die EU zu kommen. Ganz konkret soll sogar das Schiff Uckermark der deutschen Bundespolizei geholfen haben, dass ein Flüchtlingsschiff, das schon griechische Gewässer erreicht hatte, von der griechischen Küstenwache zurück in türkische Gewässer getrieben werden konnte. Pushback nennt man sowas, und verstößt gegen EU-Flüchtlingsrecht und Völkerrecht.

Piroge, Innenleben
Piroge, Innenleben

Also weichen die Flüchtlinge auf die noch weitaus gefährlichere Route zu den Kanarischen Inseln aus. Insgesamt 8.157 Migranten haben allein im November, innerhalb 30 Tagen, auf Schlauch- oder Holzbooten die Kanaren erreicht, ein Rekord. Wir sprechen hier in Europa über das exponentielle Wachstum der Corona-Infektionen, aber das ‚Wachstum‘ der Flüchtlingslandungen auf den Kanaren ist nun wirklich exponentiell, was auch daran liegen wird, dass die Auswirkungen der Corona-Krise in Afrika nach UN-Bericht bis zu 90% der Bevölkerung Einkommensverluste beschert:

Flüchtlinge, die über See auf die Kanaren kommen. Quelle: Spanisches Innenministerium, epdata.es
Flüchtlinge, die über See auf die Kanaren kommen. Quelle: Spanisches Innenministerium, epdata.es

Die Statistik im Original anschauen

Bei den Recherchen zu diesem Artikel hab ich einiges gelesen (eine kleine Linksammlung am Ende des Artikels). Besonders gespannt war ich nach dem Titel auf den Beitrag unseres ZDF (mit dem Zweiten sieht man besser!) ‚Warum die Kanaren wieder Flüchtlingshotspot sind:‘ „Dass jetzt wieder mehr afrikanische Migranten den Atlantik überqueren, liegt vor allem daran, dass die Mittelmeer-Fluchtrouten über nordafrikanische Länder wie Marokko und Libyen mithilfe der EU in den letzten Jahren dicht gemacht wurden. Dazu kommen Grenzschließungen wegen der Corona-Pandemie, die die Reise auf dem Landweg erschweren.“

Wieso diese Menschen, um die hundert in einem solchen Boot, sich auf den gefährlichen und teuren (bis zu 2000 €uronen verlangen die Schlepper für ein Ticket!) Weg machen, wird nur am Rande gestreift. Am Schluss wird eine zurückgeführte Flüchtige zitiert:

Ich sage ihnen, geht nicht! Die Reise ist nicht einfach und man sieht Dinge, die man in seinem Leben nicht sehen sollte. Fatoumata Sonko

Auf gut Deutsch: Bleibt bloß weg, es lohnt sich nicht!

Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson äußert sich so: „Auf den Kanaren komme es jetzt darauf an, dass jene, die kein Recht auf internationalen Schutz hätten, effektiv zurückgeführt würden. Zugleich müsse das Recht auf Asyl gewahrt bleiben.“

Wir wollen ja schließlich keine Wirtschaftsflüchtlinge auf unserem Geldbeutel liegen haben! Aber jetzt fragen wir uns einmal tatsächlich, WIESO diese Menschen sich auf den Weg machen, Tod, Folter und Vergewaltigung riskieren. Und was die EU damit zu tun hat!

Gehen wir also zurück zu der oben abgebildeten Piroge. Der Besitzer musste sie ein paar Wochen, bevor sie zu dem Sprung zu den Kanaren ansetzte, ‚aus Not‘ verkaufen. Wirtschaftliche Gründe also. Wie kommt es dazu?

Fischgründe der spanischen Flotte 2010 ~ die Ozeane hier bunt, je röter, desto mehr Fisch wird gefangen. Land grau. Vor der afrikanischen Küste fehlt der weiße Rand der 200-Meilen-Zone!
Fischgründe der spanischen Flotte 2010 ~ die Ozeane hier bunt, je röter, desto mehr Fisch wird gefangen. Land grau. Vor der afrikanischen Küste fehlt der weiße Rand der 200-Meilen-Zone!

Ein aktueller Artikel von Greenpeace erhellt ein wenig das Dunkel. Die Küste vor Westafrika wird von überwiegend aus Europa stammenden Trawlern leergefischt, hochsubventioniert. Allein die direkten Subventionen an eine einzige Firma (PFA) beliefen sich zwischen 1994 und 2006 auf 21,2 Millionen Euro. 142,7 Millionen zahlte sie für die Fischereirechte vor Marokko und Mauretanien. Für den Treibstoff für die Trawler wird keinerlei Steuer verlangt, auch eine Subvention! 78,2 Millionen Euro Jahr für Jahr – nur durch die Fischereiaktivitäten der PFA. Greenpeace thematisiert das unter ökologischen Interessen, das macht natürlich Sinn. Laut EU selber sind bis zu 88% der kommerziell genutzten Bestände überfischt, sie sinken rapide, die Fangquoten sind viel zu hoch, als dass sich die Bestände erholen könnten. Eine Subvention macht von der Seite her keinen Sinn!

Aber was hat das mit den Flüchtlingen zu tun?

So macht man einen kompletten Wirtschaftszweig nicht nur eines Landes, sondern von ganz Westafrikas kaputt!

Denn das Geld landet natürlich nicht bei den Fischern, sondern in den Taschen einer korrupten politischen Kaste. Die gesamte Küste Westafrikas wird von hochtechnisierten Trawlern leergefischt, für die heimischen Fischer mit ihren Pirogen bleibt da nichts mehr übrig, die werden in den Ruin getrieben. Die Menschen können dann ihren Fisch in Dosen kaufen, von der EU importiert! Von welchem Geld? Interessiert uns nicht!

Schlimm genug! Wenn das das Einzige wäre!

Kredite

Die Weltbank gewährt afrikanischen Staaten die für die Entwicklung dringend nötigen Kredite nur unter strikten Bedingungen, die vor allem eine Öffnung für ausländische, sprich westliche sogenannte ‚Investoren‘ beinhalten, am liebsten über sogenannte ‚Freihandelsabkommen‘ („Economic Partnership Agreements“, kurz EPAs). Dadurch hat Europa dann die Möglichkeit, in der EU hochsubventionierte landwirtschaftliche Erzeugnisse (fast 60 Milliarden €uro schüttet die EU jedes Jahr an ihre Landwirte aus!) zum Teil unter Gestehungspreis nach Afrika zu exportieren. Die heimischen Bauern können mit den Preisen nicht konkurrieren und müssen aufgeben.

Landgrabbing

Ertragreiche Landwirtschaftliche Flächen werden weltweit immer mehr zur Mangelware, deswegen kaufen in den letzten Jahren immer mehr Investoren, in der Regel kapitalkräftige Aktiengesellschaften, große Gebiete auch in Afrika auf. Da die Landwirte da überwiegend seit Generationen Flächen bewirtschaften, zu denen sie keinen Titel, will heißen keine Besitzurkunde haben, denn so etwas hat es bis dahin schlicht nicht gegeben, wird das Land sozusagen über ihren Kopf hinweg verkauft. Die Bauern werden vertrieben. Im Land profitiert allenfalls eine Politkaste, die in den Metropolen wohnt. Auf den Flächen werden dann weniger Nahrungsmittel (~1/3), dafür eher Futterpflanzen für den Export oder ‚Energiepflanzen‘ zur Erzeugung von Brennstoffen ‚kultiviert‘. Dazu kommt dann noch, dass beim Verkauf des Landes meist auch die Wasserrechte inbegriffen sind, sodass auch das Wasser unter ausländische Kontrolle gerät!

Rohstoffe

Öl oder seltene Erden, die wir für unsere elektronischen Gadgets und die Digitalisierung brauchen, werden unter Zerstörung der Umwelt dem Kontinent entrissen, unter Inkaufnahme von der Sklaverei nicht nur ähnlichen Arbeitsbedingungen. Unseren Elektronikschrott exportieren wir wieder nach Afrika, weil es billiger ist als eine umweltgerechte Entsorgung und Recycling bei uns. Afrika als Sondermüllkippe!

Failed States

Und dann werden immer wieder Regierungen gestürzt, die Zahl der ‚Failed States‘ werden immer mehr. In dem danach entstehenden Chaos kämpfen diverse schwerbewaffnete Milizen um die Macht, die ein Leben in diesen Staaten zur Hölle machen. Der Westen, auch die EU, ist politisch, militärisch und über Waffenexporte mit daran beteiligt.

Raffgier, Ausbeutung

Der Kolonialismus ist zwar Geschichte, seine Folgen aber noch lange nicht aufgearbeitet und wieder gutgemacht. Realistisch betrachtet geht die Ausbeutung des Kontinents mit den Mitteln der finanziellen Übermacht weiter wie gehabt. Wir, die wohlhabenden Länder, allen voran die EU, zerstören mit unseren egoistischen Wirtschaftsinteressen wenigstens halbwegs funktionierende Strukturen auf dem Kontinent. Den chancenlosen Menschen, die ihr Heil in einer ~ lebensgefährlichen ~ Flucht in die Gegend der Welt suchen, WOHIN MILCH UND HONIG FLIESSEN, denen erzählen wir dann, sie seien Wirtschaftsflüchtlinge:

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson: „Auf den Kanaren komme es jetzt darauf an, dass jene, die kein Recht auf internationalen Schutz hätten, effektiv zurückgeführt würden. Zugleich müsse das Recht auf Asyl gewahrt bleiben.“

Die Ausbeutung von Afrika ist ein politischer Akt der sogenannten 1. Welt, durchgeführt mit der überwältigenden ökonomischen Macht, und wenn die nicht reicht, auch mit militärischer.

Insofern sind diejenigen, die hierherkommen, auch als politische Flüchtlinge mit Recht auf Asyl zu sehen, weil ihre Notlage durch unsere Politik zustande kommt. Punkt!

Meine direkte, ehrliche Meinung zum Schluss: ES KOTZT MICH AN!!!

Ich wünsche allen fröhliche Weihnachten!

Linksammlung:

Website von Susanne Posegga

Redaktionsnetzwerk Deutschland: Immer mehr Flüchtlinge kommen über die tödlichste Route

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson: Auf den Kanaren komme es jetzt darauf an, dass jene, die kein Recht auf internationalen Schutz hätten, effektiv zurückgeführt würden. Zugleich müsse das Recht auf Asyl gewahrt bleiben.

Deutsche Welle: Kanarische Inseln ziehen immer mehr Migranten an

Die Kanarischen Inseln erleben derzeit eine breite Flüchtlingswelle. Allein von Samstag bis Montag kamen gut 2200 Migranten in 58 offenen Holzbooten auf den spanischen Urlaubsinseln im Atlantischen Ozean an. So viele Menschen aus afrikanischen Ländern wurden zuletzt während der Flüchtlingskrise 2006 registriert, meldete die Nachrichtenagentur Europa Press. Die meisten Migranten gingen in der Hafenstadt Arguineguin im Süden von Gran Canaria an Land. Dort platzt das Aufnahmelager des Roten Kreuzes aus allen Nähten. Mehr als 1.500 Menschen teilen sich ein Dutzend Duschen und Dixi-Klos. Viele Ankömmlinge müssen zunächst auf dem Steinboden der Hafenmole schlafen.

Deutsche Welle: Mindestens 140 Migranten vor der Küste Senegals ertrunken

Die Kanaren scheinen aus afrikanischer Perspektive zum Greifen nahe. Immer wieder wagen Flüchtlinge deshalb in (zu) kleinen Booten die Überfahrt. Nun ist diese einmal mehr zur Todesfalle geworden.

Greenpeace: Subventionen für die Plünderung der Meere

Die Arten der Fördermittel an die PFA sind sehr unterschiedlich und nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. So werden direkte Subventionen von EU und Mitgliedsstaat gezahlt, um etwa Motoren, Fanggeräte und sonstige Ausstattung an Bord der Schiffe zu modernisieren. Die direkten Fördergelder an die PFA beliefen sich zwischen 1994 und 2006 auf insgesamt 21,2 Millionen Euro.

Um ganz andere Summen geht es, wenn man den Weg der indirekten Subventionen, beispielsweise steuerbefreiter Kraftstoff und Zugangsrechte zur Fischerei vor Westafrika, an die PFA zurück verfolgt. Der EU war es geschätzte 142,7 Millionen Euro wert, der PFA zwischen 2006 und 2012 Zugang zu Fischereigründen vor Marokko und Mauretanien zu ermöglichen. Die privaten Fischereibetriebe müssen dabei nur einen marginalen Anteil selber finanzieren – zwischen 4,6 und 11,1 Prozent. Legal kommt man billiger nicht an Fisch in anderen Regionen heran.

Weiterhin erhebt die EU auf beinahe jeden Energieverbrauch Steuern – jedoch nicht in der Schifffahrt beziehungsweise der Fischerei. Verglichen mit einer realistischen Versteuerung des Treibstoffverbrauchs in der Schifffahrt entgehen dem Fiskus jährlich bis zu 78,2 Millionen Euro pro Jahr – nur durch die Fischereiaktivitäten der PFA. Unter dem Strich ergeben die unabhängigen Analysen, dass ohne finanzielle Zuwendungen aus öffentlicher Hand den Unternehmen der PFA ein durchschnittlicher finanzieller Schaden von jährlich bis zu 50,3 Millionen Euro entstehen würde.

Ausführlicher Artikel auf Telepolis zur Fischereipolitik: Der große Fischzug

Word Ocean Review

Süddeutsche Zeitung: Europa verschiebt seine Aussengrenze nach Afrika

Deutsche Welle: EU-Freihandelsabkommen mit Afrika: Hilfe oder Selbstbedienung?

Brot für die Welt: Kritik an EU-Afrika Handelsabkommen (EPAs)

„Die so genannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen stellen einen tiefen Angriff auf die Wirtschaftsstrukturen afrikanischer Länder und Regionen dar. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern werden einer unfairen Konkurrenz mit der EU ausgesetzt“, betont Roland Süß von Attac Deutschland. „Die Abkommen führen zu massiven Verlusten von Staatseinnahmen durch Zollabbau. Darüber hinaus sprechen sie den afrikanischen Ländern das Recht ab, strategische Partnerschaften mit Drittländern mit einem bestimmten Anteil am Welthandel abzuschließen. Somit stören sie viele der Prozesse, die die Afrikanische Union anstößt.“

Deutsche Welle: EU-Freihandel mit Afrika: Unfairer Deal?

Was passiert, wenn die EU einerseits versucht, Fluchtursachen zu bekämpfen, aber andererseits gleichzeitig neue schafft? Die geplanten Handelsabkommen zwischen Afrika und EU könnten genau das tun, befürchten Kritiker.