make love, not war!

make love, not war!
make love, not war!

Seit ein paar Tagen befinde ich mich jetzt in Koblenz, der symphatischen Stadt, in der die Mosel auf den Rhein trifft, und der alte Herr Magirus und meinereiniger erholen uns von den anstrengenden und teils aufreibenden Kilometerfressereien durch Nordfrankreich, Belgien und Luxembourg. Tagsüber ist Arbeit angesagt, Pflege und Renovierung meines rollenden Heims, zum Beispiel säubern, anschleifen und neu ölen der Inneneinrichtung aus Buchenstabholz und Tischlerplatten. Nach mehr als sieben Jahren intensiver Nutzung sieht vieles etwas mitgenommen aus und muß wieder aufgehübscht werden. Die aufwendigeren Arbeiten an der Karosserie müssen noch eine Weile warten. Gegen Abend schwinge ich mich dann auf mein Fahrrad und rolle an der Mosel entlang in die Gegend des Deutschen Ecks und des Rheinpegels, um mich zwischen Menschen treiben zu lassen, deren Sprache ich verstehe ~ was für eine Wohltat!

Jedenfalls bietet die langsame, ruhige Arbeit an gewachsenem Holz die Muße, die vielfältigen Eindrücke, die diese Fahrt in den letzten Wochen hinterlassen hat (um nicht zu sagen, die mit Schmiedehammer und Prägestempel eingeschlagen worden sind) zu verdauen und sich setzen zu lassen. Dieser Artikel soll dazu seinen Beitrag leisten und gleichzeitig ein Abschluß dieser Reise bilden . . .

erschossen als Kämpfer im Widerstand
erschossen als Kämpfer im Widerstand

Als ich nach der Bretagne die Normandie ansteuerte, vor allem, um die Stätten der alliierten Landungen und der Kämpfe zur Beendigung der Nazi-Herrschaft über einen groß Teil Europas zu besuchen, war mir zwar klar, daß das kein Zuckerschlecken würde ~ ich bin dafür einfach ein wenig zu dünnhäutig ~ wie sehr mich das aber an emotionale Grenzen bringen würde, habe ich erst bemerkt, als ich am an sich völlig unspektakulären Utah Beach stand.

verrostete Überreste einer Landungsbrücke? am Strand von Utah Beach
verrostete Überreste einer Landungsbrücke? am Strand von Utah Beach

Am Utah Beach fanden im Rahmen der Operation Overlord die ersten Landungen der Alliierten statt, hier landete auch die 2. freie französische Division unter General Leclerc, der das Denkmal und die Waffensammlung mit einem Sherman-Panzer am Parkplatz gewidmet ist. Wie auch die ganze weitere Küste bis weit ins Landesinnere, ja bis nach Belgien und Luxembourg immer wieder mit Ausstellungsstücken dieser kriegerischen Überbleibsel gesprenkelt ist, die von den Touristen jedweder Gattung fleißig fotografiert werden. Wer das sehen mag, soll selbst hinreisen oder sich das im Internet auf vielen, vielen Webseiten anschauen ~ ich spare mir das hier . . .

Während am Strand die Einheimischen bei ablaufendem Wasser den Sand nach essbarem Meeresgetier durchsuchten, streifte ich die Kette von Bunkern und Maschinengewehrnestern entlang und versuchte mir vorzustellen, wie das hier im Morgengrauen des 6. Juni 1944 aussah, als Einheiten der französischen freien Armee und Amerikaner hier landeten. Die abgebildete Landungsbrücke, über die wohl die Sherman-Panzer von den Schiffen auf den Strand rollten, ist weniger als die Breite eines Fußballfeldes von der Mündung eines Bunkers mit schwerem Geschütz entfernt, sich hier an Land zu kämpfen war sicher schlimmer als die Hölle.

Wobei Utah Beach noch vergleichsweise simpel war. Ein Stück weiter östlich am Point du Hoc und Omaha Beach (und einigen anderen Stränden, siehe hier) war der Strand nicht flach mit niederen Dünen, da mußten sich die Soldaten erstmal die Klippen hochkämpfen, unter heftiger Gegenwehr, sprich Geschütz- und Maschinengewehrfeuer. Außerdem wurden da ein gut Teil der Panzer tragenden Schiffe schon vor Erreichen der Küste durch Minen und Geschützfeuer versenkt, so daß die Soldaten weitgehend ohne Deckung den Strand erstürmen mußten. Ein einziges Gemetzel . . .

Und nicht nur Soldaten. Zur Vorbereitung wurden, um die deutschen Truppen vom Nachschub abzuschneiden und an der Flucht zu hindern, Brücken, Straßen und auch Städte bombardiert, dabei und bei den Kämpfen sollen um die zwanzigtausend französische Zivilisten ums Leben gekommen sein. Zwanzig! Tausend! Zivilisten!

bei der Operation Cobra zerbombte Pont de la Roque über den Fluß La Sienne
bei der Operation Cobra zerbombte Pont de la Roque über den Fluß La Sienne

Die Gesamtzahl der Opfer ist so gigantisch wie das vor allem von der USA in die Schlacht geworfene Material an Waffen und Menschen. Ich zitiere hier aus der Wikipedia, einfach Copy und Paste:
Die genaue Zahl der Verluste an Soldaten während der Operation Overlord lässt sich nicht rekonstruieren. Bereits vor dem D-Day – zwischen April und Mai 1944 – verloren die Alliierten annähernd 12.000 Männer und mehr als 2000 Flugzeuge. Die Alliierten hatten seit dem D-Day etwa 53.700 Tote (37.000 Tote bei den Landstreitkräften und 16.714 Tote bei den Luftstreitkräften), 18.000 Vermisste und 155.000 Verwundete, die Deutschen 200.000 Tote, Vermisste und Verwundete und weitere 200.000 Kriegsgefangene zu verzeichnen. Von den Alliierten sind insgesamt 32.807 der Gefallenen in Kriegsgräberstätten in der Normandie begraben, während es bei den Deutschen 77.866 sind. Die Opfer unter der französischen Zivilbevölkerung beliefen sich auf etwa 20.000 Menschen.

Die nächsten Tage hat es mir immer wieder die Tränen in die Augen getrieben, denn an Zeugnissen für diese gewaltigen Kämpfe mangelt es weder an der Küste der Normandie, noch auf dem Weg, den die alliierte Armee über Nordfrankreich, Belgien und Luxembourg genommen hat. Überall Soldatenfriedhöfe (von denen ich drei besucht habe, den großen deutschen bei Caen, den großen amerikanischen bei Colleville Saint-Laurent, beide in Frankreich, und den amerikanischen in Belgien bei Bastogne), Wälder von Kreuzen oder in den Boden eingelassene Namensplatten, Denkmäler und Museen mit davor ausgestellten Panzern und Geschützen. Der zweite Weltkrieg ist überall präsent, auch nach 70 Jahren, und wen wundert das? Bei den Opfern, die das an Menschenleben gekostet hat? Da ist sogar die militaristisch-heldenhafte Darstellung der Vorgänge verständlich, die mir als ehemaligen Wehrdienstverweigerer die Fußnägel hochrollt . . .

Einschüsse an einer deutschen Panzerglocke ~ die Energie der Geschosse läßt den Stahl schmelzen
Einschüsse an einer deutschen Panzerglocke ~ die Energie der Geschosse läßt den Stahl schmelzen

Aber was macht das mit mir als Deutschen der Nachkriegsgeneration, die nur mittelbar über die Eltern und deren Nazi-Sozialisation samt Niederlage (nach der alles nicht mehr gut sein durfte, was vorher gut war) betroffen war? Eines ist sicher, ich bin heilfroh, nicht unter Adolf Hitlers Faschismus aufgewachsen zu sein, und bin dementsprechend dankbar. Aber wie soll man Dankbarkeit in Worte fassen angesichts von hunderttausenden Toten? Ich, als, wie Helmut Kohl das mal verfänglich genug ausgedrückt hat, mit der Gnade der späten Geburt ausgestatteten Menschen, empfinde eine tiefe Schuld gegenüber jenen Kämpfern, die nie angemessen beglichen werden kann. Und Respekt vor ihrem Einsatz, der zu vielen, jeder einer zuviel, das Leben gekostet hat. Allerdings gegenüber denen, die damals, in diesem vielleicht(?) letzten moralisch zu rechtfertigendem Krieg die viel bemühte Freiheit verteidigt haben, nicht gegenüber denen, die auch heute nur zu leicht selbst verursachte Konflikte mit Waffengewalt lösen wollen . . .

Heute vor 70 Jahren, am 26. Juni, wurde die Charta der Vereinten Nationen unterschrieben, am 24. Oktober 1945 trat sie in Kraft. Die United Nations sollten die Welt sicherer machen und von der Geisel des Kriegs befreien, allerdings ohne wirklichen Erfolg. Zwar wurden in der Zeit der großen Blöcke und des kalten Kriegs die Welt nicht in atomaren Schutt und Asche zerlegt, dennoch wurden laut Infocenter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge von 1945 bis heute mehr als 40 Millionen Menschen in kriegerischen Auseinandersetzungen getötet. Wem das nicht die Tränen in die Augen treibt . . . Die Menschheit hat nicht wirklich gelernt aus diesem letzten großen Krieg, die Militarisierung schreitet wieder voran, das Denken in Blöcken, die Durchsetzung egoistischer Interessen mit Waffengewalt.

no more war! gesprengte Kammer einer 105mm Kanone
no more war! gesprengte Kammer einer 105mm Kanone

Cap de la Hague

* Normandie, Sonntag am Strand ~ Rundumblick *
* Normandie, Sonntag am Strand ~ Rundumblick*

Allem Anschein nach ist zumindest die Westküste der Normandie bis hoch zum Cap de la Hague ein einziger, langer Strand aus feinstem Sand, im Einfluß von Ebbe und Flut mal ein paar hundert Meter, oder auch nur wenige Meter tief. Dahinter Dünen. Je nach dem, wo man sich gerade aufhält, auch mal ganz oder fast ohne Menschen, aber es gibt auch Strand mit Gesellschaft 😉 Klicken und sich überraschen lassen!

Wiederaufbereitungsanlage für nukleare Brennstäbe La Hague
Wiederaufbereitungsanlage für nukleare Brennstäbe La Hague

Gestern bei prallem Sonnenschein an der Wiederaufbereitungsanlage für nukleare Brennelemente La Hague vorbeigefahren, auf einer dreispurigen Straße, damit die Tieflader mit den Castoren auch ohne Probleme durchkommen. Hochsicherheitsgelände mit doppeltem Zaun, der Zwischenraum gefüllt mit Natodrahtspiralen, vornehm aus Edelstahl, in der Sonne glitzernd, dazu mehrere mit elektrischer Hochspannung geladene Drähte, alle paar Meter Kameras und Scheinwerfer. Schlimmer als die Mauer in Berlin, dabei ist Kernkraft doch sooo ungefährlich 🙁

Leuchtturm am Cap de la Hague ~ flott fließt die Flut heran
Leuchtturm am Cap de la Hague ~ flott fließt die Flut heran

Das eigentliche Ziel aber war das Cap de la Hague mit seinem Leuchtturm, denn diesen Zipfel der Normandie wollte ich doch noch mitnehmen (nicht verraten, nicht daß die Gallier noch sauer werden und mir die Polizei auf den Hals schicken ;)). Wenn die Flut da hereinkommt, ist das Wasser um den Leuchtturm wie ein sehr schnell fließender Fluß, ein Boot muß sich da sehr anstrengen, ein Schwimmer hat keine Chance . . . von nun an also Rücksturz nach Deutschland, wie Commander McLain vom Raumschiff Orion sagen würde. Aber immer hübsch langsam, an der Kanalküste entlang 😉

Heute morgen wollte Joe, mein Provider, seinen Laden dicht machen, aber was das für meinen Internetzugang bedeutet, weiß man nicht so genau. Noch funktioniert das. Und wenn ich so bedenke, wie lange ich , allerdings extrem sparsam, mit den letzten 50 MB ausgekommen bin ~ ob das mit rechten Dingen zugeht? Man wird sehen. Vielleicht leiste ich mir auch die 150MB im Europapaket mit der deutschen SIM, dann könnte der Blog weiterlaufen . . .

Gerade ist die Verbindung über das Netbook zusammengebrochen. Handy direkt geht noch, aber wie lange?

Einer geht noch? Mont Saint Michel

gibts da was zu sehen? der Schatten links am Horizont ~ Mont Saint Michel ~ grau und Regen
gibts da was zu sehen? der Schatten links am Horizont ~ Mont Saint Michel ~ grau und Regen

Das Wetter meint es gut mit uns 😉 Um den alten Herrn Magirus von seiner unangenehmen Salzschicht zu befreien, hat es gestern abend noch gewittert und einen Platzregen geschickt. So ganz sauber war er trotzdem noch nicht, deswegen heute den ganzen Tag grau und Regen, Regen, Regen. Kein Fatz Salz mehr zu finden, gut so!

Nachschlag ~ Fort la Latte von der anderen Seite . . .
Nachschlag ~ Fort la Latte von der anderen Seite . . .
Fort la Latte ~ bei genauerem Hinsehen klettern Ritter? oder doch Touristen? auf dem Turmdach herum
Fort la Latte ~ bei genauerem Hinsehen klettern Ritter? oder doch Touristen? auf dem Turmdach herum

Mont Saint Michel liegt schon nicht mehr ganz in der Bretagne, und ist nur noch pro forma auf meiner Bretagnekarte mit abgebildet. Man mag je keine weißen Flecken auf der Karte! Die Region hier nennt sich Manche, der Ärmel, wie Ärmelkanal, und gehört schon zur Normandie. Schon vorher hat die Felsküste aufgehört, flacher Sandstrand, und landeinwärts mehr (Laub-)Bäume, sehr symphatisch. An der Küste allerdings auch sehr touristisch, mit entsprechend vielen Verbotschildern für die ungeliebten Camping Cars. Aber wir haben ein schönes Plätzchen für die Nacht gefunden, und zum Abendessen kam sogar die Sonne heraus. Was will man mehr? Vielleicht bekommen wir ja morgen mehr von ihr zu sehen . . .

Stormy . . .

* Tintagel? Nope! Fort la Latte *
* Tintagel? Nope! Fort la Latte *

Nach zwei Tagen Sturm und infernalischem Lärm ist wieder himmlische Ruhe eingekehrt. Nach einer Nacht auf der Kante des Point du Roselier war die linke Seite des alten Herr Magirus mit einer klebrigen Salzschicht überzogen, und das in siebzig bis achzig Metern Höhe über dem Meeresspiegel! Der Wind fauchte den Steilhang hinauf und lies den alten Herrn sich in seinen Blattfedern schütteln, worauf er zornig mit den Klappen der Zwangsentlüftung klapperte. Was hätte er auch sonst mit den Klappen machen sollen als klappern? Jedenfalls mußte ich vor der Weiterfahrt erstmal Seitenscheiben und Spiegel säubern, der Durchblick war eher der durch Milchglas . . .
Ich hab die Windskala nach Beaufort nicht mehr im Kopf, aber diesen Wind, in dem sich ganze Bäume federnd neigten, würde sie wohl als Full Gale bezeichnen, mit Tendenz zu Orkan. Ich habe einen Falken beobachtet, der im Aufwind über der Steilküste schwebte ~ der mußte zeitweise die Flügel anlegen wie zum Sturzflug, nur um seine Höhe zu halten und nicht in den Himmel geblasen zu werden 🙂 Die Wellenhöhe war nicht besonders hoch, dazu fehlt einfach der Anlauf, das ist hier nicht mehr der offene Atlantik. Gegenüber liegt England, noch dazu sind wir geschützt in der Baie de Saint Brieuc. Die Wellen waren kurz und viele, und alle mit breitem Schaumstreifen bedeckt.

* am Cap Fréhel ~ Arme ausgebreitet im Wind *
* am Cap Fréhel ~ Arme ausgebreitet im Wind *
* der Möven Felsen ~ alle reden vom Sturm, wir scheißen drauf! *
* der Möven Felsen ~ alle reden vom Sturm, wir scheißen drauf! *

Gestern wieder mal einen Spaziergang gemacht auf dem Weitwanderweg GR34, der die ganze Atlantikküste entlangführt, auf der Kante der Steilküste vom Cap Fréher. Der Sturm brauste mit solcher Macht die Wände hinauf, daß ich mir den Spaß erlauben konnte, mich mit ausgebreiteten Armen gegen den Luftstrom zu lehnen, um diese Kraft zu spüren. Und die Möven hatten ihren Spaß, diese Meister im Reiten auf dem Aufwind. Beim Anblick des mit ihrem Guano bedeckten Felsens zwängte sich ein leicht abgewandelter alter Werbespruch der Deutschen Bundesbahn auf: Alle reden vom Sturm ~ wir scheißen drauf! 😉 Auf dem Rückweg zum alten Herrn blies das dann leicht schräg von hinten, und ich mußte die ganze Zeit befürchten, daß es mir die Brille von der Nase weht. Aber ein wunderschöner Pfad durch eine wild wuchernde Heidelandschaft mit teilweise knie-, dann wieder hüft- bis überschulterhohem Bewuchs aus Ginster und Farn . . .
Und dann plötzlich der Anblick dieser Burg auf der Landspitze, der mich in die Sage um Artus und Merlin katapultierte. Tintagel? Nope, Fort la Latte, und so alt, daß es in keltische Zeiten zurückdatiert, ist es wohl nicht. Aber in diesem durch den Sturm aufgewühlten salzigen blauen Dunst schwebend machte das Fort schon den Eindruck, aus den fernen Zeiten der Phantasie herübergeschwebt zu sein . . . passend dazu gabs auch urige (keltische?) Viecher zu sehen:

Beatlecow im Mittagsschlaf
Beatlecow im Mittagsschlaf
Ziegenbock beim Mittagsmahl
Ziegenbock beim Mittagsmahl

Eine Beatlecow (wie mein Opa seelig sagen würde), die sich nicht in ihrem Mittagsschlaf stören lassen wollte, und einen Ziegenbock mit enormen Hörnern, der sich nicht von seinem Mittagessen abhalten lassen wollte 😉

Kann übrigens gut sein, daß das wirklich vorerst der letzte Artikel ist. Ich habe vorgestern eine SMS bekommen, daß mein Datenguthaben unter 25MB gefallen ist, also so gut wie nichts mehr. Ich hoffe, daß ich diesen Artikel samt der Bilder noch hochladen kann, zu mehr wird es wohl kaum reichen . . . tschüsssss, bis dann!

Und wie immer: Bildechen mit *chen um den Kommentar >>> klicken >>> vergrößern! 😉

côte de granit rosé

* côte de granit rosé *
* côte de granit rosé *

Bin heut ein bischen schweigsam eingestellt . . . deshalb nur ein paar Bilderchen, Silhuetten von den Felsformationen, die die See im Lauf der Jahrtausende zu organischen Formen skulpiert hat . . . nicht nur hier an der Côte de Granit Rosé, überall in der Bretagne . . . Felsen, die auf Felsen balancieren, nicht mensch-, naturgemacht . . .

* côte de granit rosé *
* côte de granit rosé *
côte de granit rosé
côte de granit rosé
côte de granit rosé
côte de granit rosé

Nix da mit Urlaub :(

Leuchtturm im Doppelpack und mehr . . .
Leuchtturm im Doppelpack und mehr . . .

Das mit dem Urlaub vom Blog ist also vorerst nichts geworden. Wider Erwarten ist nach Ende des Flatratemonates nichts weiter passiert. Null Guthaben, aber Internet weiter in gewohnter, will heißen je nach Aufenthaltsort schwankender Qualität. Soll ich mich beklagen? Was tut man also als gut dressierter Blogger? Weiterbloggen, solange es denn geht. Ohne Garantie . . .

Blick auf den Leuchtturm ~ Flut
Blick auf den Leuchtturm ~ Flut
Blick auf den Leuchtturm ~ Ebbe
Blick auf den Leuchtturm ~ Ebbe

Für mich als an das Mittelmeer gewohnter Vagabund ist es jeden Tag wieder ein überraschender Anblick, an den ich mich noch nicht gewöhnt habe. Man kommt irgendwo angefahren, vor dem alten Herrn Magirus ein mehrere hundert Meter bis zum Wasser reichender feinster Sand und Strand, du drehst dich um und bearbeitest ein paar Bilderchen, schaust auf und das Meer ist direkt vor deiner Bustür, Vagabund muß aufpassen, daß er beim Aussteigen nicht in die große Pfütze Atlantik tritt 😉

der alte Herr Magirus an seiner ganz persönlichen Bucht
der alte Herr Magirus an seiner ganz persönlichen Bucht

So gestern passiert, als ich am Nachmittag an diese schöne Bucht angefahren bin, den Bus direkt an die Kante gestellt und die Schlappen (hier Tongs genannt) ausgezogen und die 200 Meter bis zur Waterkant gelaufen bin, um Kneip in Salzwasser zu frönen . . . ein paar Stündchen später dann Wellen bis fast an die Bustür, zum Glück aber nicht so hoch schäumend wie neulich, ich hatte doch gerade erst die feine Salzpuderschicht vom alten Herrn geduscht . . .

Sonnenuntergang ~ bald!
Sonnenuntergang ~ bald!

Genauso überraschend, daß die Sonne nicht so einfach vom Himmel fällt, sondern in recht flachem Winkel runtergeschnippt wird. Der Laie wundert sich, wieso sie nicht einfach von der Wasseroberfläche abprallt und zwei, drei Hüpfer macht . . . 😉 . . . sieht man aber erst, wenn mann eine Serie von Aufnahmen analysiert.

* Sonnenuntergang, aus dem Bus geschossen ~ mit Klicküberraschung *
* Sonnenuntergang, aus dem Bus geschossen ~ mit Klicküberraschung *

Tagsüber ist es hier übrigens belebt von bretonischem Volk, während ich hier schreibe, sogar mit Musik, es wird auf acht Geigen und einem Kontrabaß gefiddelt, was das Zeug hält. Bild vielleicht morgen, das geht nicht so einfach aus der Kamera in den Blog . . .

nochn Wrack . . .
nochn Wrack . . .

. . . und sonst? Nochn Wrack oder auch zwei . . . aber jetzt erst mal raus an die frische, vor allem sehr flott bewegte Luft!

. . . oder auch zwei ;)
. . . oder auch zwei 😉

le bout du monde

au bout du monde ~ hinter diesen Felsen liegt am Horizont nur noch offener Atlantik
au bout du monde ~ hinter diesen Felsen liegt am Horizont nur noch offener Atlantik

Der westlichste Punkt dieser Reise ist erreicht ~ ich befinde mich am Point de Corsen im Departement Finisterre, dem (französischen) Ende der Erde, oder wie der Einheimische sagt, au bout du monde, am Zipfel der Welt . . . es ist eine schöner Zipfel Welt, vor allem, seit sich gestern die dicken grauen Wolken und der die letzten Tage immer wieder auftretende Regen (hoffentlich dauerhaft) verzogen haben. Gestern war es sogar recht windstill, was die Leut hier dazu animiert hat, den Strand direkt unterhalb der Steilküste zu bevölkern, auf der der alte Herr Magirus thront. Aber obwohl wir direkt an der Kante stehen, gerade mal der Küstenwanderweg geht noch vor uns durch, ist der Strand nicht zu sehen, ein paar Meter vor uns geht es quasi senkrecht nach unten. Der Blick geht nach Westen, wo am Horizont die Ile d’Ouessant liegt, und halbrechts in nordwestlicher Richtung zu ein paar Felsen, die in der von dem Sturm der letzten Tage übriggebliebenen Dünung nicht trocken bleiben. Und die Möven gönnen sich die Freude, ohne große Mühe im Aufwind die Küstenline entlangzusegeln, Patroillenflug . . .

Heracleum giganteum, Le Conquet
Heracleum giganteum, Le Conquet

Auch an Land gibts einiges zu sehen, und nicht nur Hinkelsteine. Das im obigen Bild abgebildete Haus ist kein Puppenhaus, die Herkulesstaude ist wirklich riesig, die Blätter im Durchmesser um die zwei Meter. So groß hab ich die noch nie gesehen!

* bei Klick wird das diesmal nicht größer ~ laßt euch überraschen! *
* bei Klick wird das diesmal nicht größer ~ laßt euch überraschen! *

Ansonsten sieht es so aus, daß ich mich von meinen Lesern verabschieden muß, vorrübergehend zwar, aber doch für eine ganze Weile, aus technischen Gründen. Mobiles Internet in Frankreich war die ganzen letzten Jahre keine einfache Angelegenheit, der Provider Orange hat mich immer wieder mit Einschränkungen in den Protokollen geärgert, die das Arbeiten am Blog schwierig gemacht haben. Nun hatte ich im letzten Herbst endlich eine praktikable Möglichkeit gefunden, über eine SIM von Joe-Mobile ins Netz von SFR zu kommen, das das Tethering, die Übergabe des mobilen Internets vom Handy zum Notebook, erlaubt . . . aber morgen ist leider Schluß mit Lustig, den Joe stellt seinen Betrieb ein, meine Internetflatrate läuft aus, und für die zwei, drei Wochen, die ich vielleicht noch in Frankreich bin, wieder eine neue SIM, neuen Vertrag, neue Unterschrift . . . nein danke!

Sonnenuntergang über dem Atlantik ~ 22:06
Sonnenuntergang über dem Atlantik ~ 22:06

In der letzten größeren Stadt, Brest, habe ich noch einen Versuch gestartet, aber es war mir dann doch zu kompliziert. Inzwischen habe ich mich an den Gedanken gewöhnt, eine Zeit lang ohne die Leine Internet zu verbringen, die mich mit der öffentlichen Welt verbindet, ohne Nachrichten, welchen Unsinn die Mächtigen der Welt wieder mal treiben, ohne Emails, ohne Blog . . . und freue mich sogar darauf, die doch recht zeitaufwendige Arbeit eine Weile ruhen zu lassen: Urlaub vom Blog! Es wird eine Herausforderung sein und eine Umstellung, mal wieder die Welt einfach so zu genießen, ohne sie durch die Blogbrille zu betrachten, ohne den inneren Dialog, der ständig prüft, wie man das Erlebte in einem Artikel verwerten könnte. Ich werd mich also eine Weile treiben lassen, von nun an immer in mehr oder weniger östlicher Richtung, an der Nordküste der Bretagne entlang, die Normandie gestreift, wahrscheinlich durch Belgien hindurch, um dann in Deutschland wieder auf den Rhein zu treffen, und damit schon bekanntes Territorium 😉

Sonnenuntergang über dem Atlantik ~ halb abgetaucht, 22:10
Sonnenuntergang über dem Atlantik ~ halb abgetaucht, 22:10

Also, laßt es euch, wie ich auch, gut gehen solange! Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit, au revoir, bis dann . . .

Im Lauf der Zeit . . .

Ruhe nach ein em arbeitsamen Leben ~ Fischerboote im Hafen von Camaret sur Mer
Ruhe nach ein em arbeitsamen Leben ~ Fischerboote im Hafen von Camaret sur Mer

Zugegebenermaßen ein Euphemismus ~ die Fischerboote werden nach dem Ende ihrer Nützlichkeit zum Geldverdienen am Rand der Tidenzone abgelegt und gammeln da vor sich hin bis zum vollständigen Zerfall. Denn das Abwracken würde Geld kosten, das man lieber für andere Dinge verwenden möchte. Aber was solls, die Touristen, auch meinereiniger, lieben und photographieren diese ‚romantischen‘ Überbleibsel, gegen allzu neugierige und abenteuerlustige Zeitgenossen sind die Rümpfe mit Schildern gepflasteret: Besteigen der Boote ist strengstens verboten!

Ruhe nach ein em arbeitsamen Leben ~ Fischerboote im Hafen von Camaret sur Mer
Ruhe nach ein em arbeitsamen Leben ~ Fischerboote im Hafen von Camaret sur Mer

Irgendwo findet man, wenn man denn will, in jedem Flußlauf, der von der Tide gespült wird, möglichst weit oben, wo es den Verkehr nicht mehr stört, das eine oder andere Wrack, das dem Ablauf der Ewigkeit des Verfalls entgegendämmert, sei es ein ehemals beruflich genutztes, oder auch ein Freizeitboot, das inzwischen aus der Zeit, sprich Mode gefallen ist . . .

am Rivière de Brigneau ~ fast am Ende des Zerfalls
am Rivière de Brigneau ~ fast am Ende des Zerfalls
nur vorübergehend immobil ~ traditionelle Ketch
nur vorübergehend immobil ~ traditionelle Ketch

Zum Glück gibt es aber auch immer wieder den Fall, daß der hohe Aufwand an Geld und Arbeit nicht gescheut wird, ein altes Boot, das nicht mehr den Ansprüchen der bequemen, einfachen Bedienung und Schnelligkeit auf dem Dreieckskurs der Regatten entspricht, zu hegen und zu pflegen . . .

hochmobil ~ traditionelle Gaffelyawl
hochmobil ~ traditionelle Gaffelyawl

Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen

Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen
Point de Chèvre ~ Kap der Ziegen

Am Kap der Ziegen, keine Ziege in Sicht. Kein Wunder, es stürmt und nieselt, alles grau in grau, bei dem Wetter würde ich als Ziege auch im Stall bleiben. Als Vagabund und Blogger, der nach Tagen am Standplatz wieder mal halbwegs ordentliches Netz hat, werde ich zu Busse bleiben und die Einträge der letzten Tage vor dem offensichtlich kurz bevorstehenden Untergang der Bretagne nachholen . . . 😉

Abteilung I ~ Cimetière du Bateaux

* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *

Auf der Fahrt von Locmicélic nach Lorient neugierig gemacht durch Schilder zum Cimetière du Bateaux ~ was mochte das wohl sein? Eine Entdeckungsfahrt ab auf eine kleine Landstraße und dann ganz schmal steil hinab zum letzten Ausläufer der Bucht des Flußes Le Blavet, und da liegen sie: Boote und Schiffe aus alten Zeiten, versunken im Schlick in unterschiedlichen Graden der Auflösung . . .

* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *
Cimetière du Bateaux
Cimetière du Bateaux
Cimetière du Bateaux ~ Deck und Aufbauten hochgesprengt?
Cimetière du Bateaux ~ Deck und Aufbauten hochgesprengt?
* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux *
* Cimetière du Bateaux ~ Abschiedsbild am Morgen *
* Cimetière du Bateaux ~ Abschiedsbild am Morgen *
Sidecar ~ die Quelle im Wald
Sidecar ~ die Quelle im Wald

Abteilung II ~ Ubootbunker der Deutschen in Lorient

* Ubootbunker in Lorient ~ die Boote konnten direkt ins Dock einfahren *
* Ubootbunker in Lorient ~ die Boote konnten direkt ins Dock einfahren *

Das war ein Tip von Heike (danke, nicht nur für diesen). In Lorient war die Ubootflotte des dritten Reichs stationiert, von hier aus schwärmten die Boote aus, um Verderben über den Atlantik zu bringen. Zuerst für die Schiffe der Alliierten, mit der Zeit und den technischen und taktischen Fortschritten der Gegner neigte sich das Verderben eher den Booten selbst zu . . .

* nicht deutsch ~ französisches Uboot Flore *
* nicht deutsch ~ französisches Uboot Flore *
vor dem Bunker von den Deutschen versenkte Schiffe, zur Abwehr von Fliegertorpedos
vor dem Bunker von den Deutschen versenkte Schiffe, zur Abwehr von Fliegertorpedos
Torpedo, im Hintergrund Wasserbombe zur Ubootbekämpfung
Torpedo, im Hintergrund Wasserbombe zur Ubootbekämpfung

Die Stadt Lorient litt in der Zeit des zweiten Weltkriegs sehr unter den wegen des Ubootstützpunktes geflogenen Luftangriffe der Aliierten; während die Anlagen selbst kaum Schaden erlitten, wurden einige Stadtteile fast komplett zerstört. Und immer noch belastet die Anlage das Stadtsäckel, sowohl Abriss wie auch Erhalt kosten zu viel Geld. So werden einige Teile zivil genutzt, unter anderem als Hafen und Werft auch für große Sportboote, und auch als Ziel für Touristen . . .

Rückwand des Bunkers ~ an den Stahlnetzen zum Schutz vor herabbröselnden Betons wächst Efeu
Rückwand des Bunkers ~ an den Stahlnetzen zum Schutz vor herabbröselnden Beton wächst Efeu

Das führt uns direkt zur

Abteilung III, schnelle Trimarane . . .

Während der alte Herr Magirus am Quai mit dem witzigen Namen ‚Boulevard Pourquas Pas‘ (wieso auch nicht) hinter dem Bunker geparkt das Ende meiner Exkursion abwartete, ist die vordere Straße nach dem französischen Einhandsegler und Konstrukteur Eric Taberly benannt. Auf dem Gelände ist die Cité de la Voile Eric Taberly entstanden, ein Multimediamuseum über die Seesegelei, und hier gibt es auch die Werften, die die großen, schnellen Rennkatamarane und Trimarane zusammenlaminieren und warten. Ich konnte zusehen, wie ein chinesischer Riesentrimaran am Kran baumelte und dann auf einem Tieflader abgelegt wurde. Der Transport über öffentliche Straßen scheint ausgeschlossen, der ganze Act wahrscheinlich nur für einen kosmetischen Besuch auf der Werft . . . man gönnt sich ja sonst nichts 😉

Quingdao China, am Kran ~ auf den Tieflader im Vordergrund soll der Riese
Quingdao China, am Kran ~ auf den Tieflader im Vordergrund soll der Riese

Der chinesische Einhandsegler Guo Chuan hat den 97 Fuß (knapp 30 Meter) langen Trimaran, der früher IDEC hieß und mit dem der Franzose Francis Joyon 2007/08 in 57 Tagen, 13 Stunden, 34 Minuten und 6 Sekunden einhand, das heißt alleine, und nonstop um die Welt segelte (Weltrekord! ;)) gekauft und nach seiner Heimat Quingdao genannt. Er will damit durch die Nordostpassage, das heißt das arktische Meer nördlich Sibierien segeln . . . Guo selbst hat übrigens in einem Einrumpfboot, einem Class 40 monohull, 2012 von Qingdao in 137 Tagen, 20 Stunden, 1 Minute und 57 Sekunden die Welt umsegelt. Die Sekunden sind dabei wohl das Wichtigste.

Quingdao China am Haken vor dem Ubootbunker
Quingdao China am Haken vor dem Ubootbunker
Quingdao China am Haken
Quingdao China am Haken

Die Zeit, in Sekunden bemessen . . . damals, als mich das Einhandsegeln faszinierte, da war die Frage noch, ob eine nonstop Einhand-Weltumsegelung überhaupt möglich ist. Der Franzose Bernard Moitessier und sein Buch ‚La long Route – Seul entre mers et ciels‘, die deutsche Übersetzung eher etwas verunglückt ‚Der verschenkte Sieg‘ beschreibt seine Weltumrundung 1968/69, die deshalb nicht als ‚echte‘ Weltumsegelung gilt, weil er den Äquator nicht zweimal kreuzte, sondern, schon auf dem Rückweg nach Europa, im Südatlantik kehrtmachte und nochmal um Kap Hoorn, nochmal unter Australien und Neuseeland hindurch nach einer anderthalbfachen Weltumsegelung in Tahiti landete, um den Streß der Siegerehrung für den Sunday Times Golden Globe Challange zu vermeiden und seinen Frieden zu finden. Mehr oder weniger überredet dazu, die eh geplante Fahrt im Rahmen eines Wettbewerbs auszutragen, zog er die Reißleine und verabschiedete sich aus der Regatta, die seine eher spirituelle Motivation konterkarierte. Von den ursprünglich neun Teilnehmern beendete damals nur der Engländer Robin Knox-Johnson die Regatta nach den Regeln der Zeitung, die anderen mußten aufgeben. Einer, Donald Crowhurst, beging wohl Selbstmord, nachdem er, den Atlantik nie verlassend, aber regelmäßig Funksprüche eine vollständige Erdumrundung vorgebend sendend, die psychische Belastung dieser Lüge nicht mehr ertrug . . .

Ist die Machbarkeit erstmal bewiesen, sucht man sich neue Herausforderungen. Zweimal nonstop, dreimal (Jon Sanders) ~ gegen den Wind (Chay Blyth), (Wilfried Erdmann) ~ und dann geht’s nur noch um die Zeit und Geschwindigkeit. Moderne Renntrimarane und Katamarane erreichen über 37 Knoten, um die 70 Km/h, inzwischen ist der Stand der Technik der Katamaran, der auf Hydrofoils über dem Wasser schwebt . . . diese Maschinen verzeihen aber keine Fehler, auch nicht die kleinsten.

Oder man segelt eben die Nordostpassage mit einem Trimaran, viel Erfolg, Guo Chan!

Update im November 2016:
Guo Chuan ist bei dem Versuch, einen neuen Rekord bei der Einhand-Überquerung des Pazifiks seiner Liste der Rekorde hinzuzufügen, anscheinend über Bord gegangen. Dabei scheint seine Sicherungsleine direkt am korrekt eingehängten Karabinerhaken gebrochen zu sein ~ damit hatte er keine Chance mehr, an Bord des schnellen Trimarans zurückzukommen. Näheres gibt es hier und hier zu lesen . . .

Lassen wir das Thema, das wohl die meisten von euch eh nicht interessiert, und gehen zur

Abteilung IV, Point de Raz,

der wohl westlichsten Position dieser Reise. Obwohl, mal sehen, der Point St-Mathieu bei Brest sieht auf meiner Karte auch sehr westlich aus, ich werde dann mal das GPS konsultieren 😉

* Point du Raz *
* Point du Raz *
Point du Raz am Horizont in der Mitte
Point du Raz am Horizont in der Mitte
gegen die Abendsonne, Bucht beim Point du Raz
gegen die Abendsonne, Bucht beim Point du Raz

Und wie immer: *chen um den Kommentar >>> klicken, vergrößern!

Jetzt Frühstück, es ist gleich halb eins . . .

Obelix war fleißig!

* Blick über die Bucht vom Dolmen de Pierres Plates, bei Locmariaquer *
* Blick über die Bucht vom Dolmen de Pierres Plates, bei Locmariaquer *
Proa in der Bucht von Kerner, trockengefallen bei Ebbe
Proa in der Bucht von Kerner, trockengefallen bei Ebbe

Wie ja allgemein bekannt ist, hat Obelix, der Gallier, die ganzen Hinkelsteine, gallisch Menhir, in der Bretagne aufgestellt, und er konnte das, weil er als Kind in den Zaubertrank gefallen ist 🙂 Jedenfalls stolpert man hier alle paar Meter über einzelne und Ansammlungen von Hinkelsteinen. Man hat hier keine Gartenzwerge vor dem Haus, wer auf sich hält, leistet sich einen Hinkelstein, und wenn es ein zerbrochener ist, oder gleich einen Steintisch . . .

Hinkelstein vor dem Haus ~ leider zerbrochen, der vordere Teil gehört auf den hinteren. Reparatur mit Stahlstange war wohl erfolglos (Locmariaquer)
Hinkelstein vor dem Haus ~ leider zerbrochen, der vordere Teil gehört auf den hinteren. Reparatur mit Stahlstange war wohl erfolglos (Locmariaquer)
oder lieber gleich ein Steintisch? (Carnac)
oder lieber gleich ein Steintisch? (Carnac)
* Steinreihen bei Erdeven *
* Steinreihen bei Erdeven *

Wenn alle zusammenlegen, kann sich eine Gemeinde auch eine größere Hinkelsteinsammlung zulegen. Allerdings sollte man vorausschauend die zukünftige Verkehrsführung bedenken, damit man nicht einen Teil wieder für eine Straße entfernen muß, wie in Erdeven, wo die D781 durch die Steinreihen führt.

* Steinreihen bei Erdeven ~ mit Straße *
* Steinreihen bei Erdeven ~ mit Straße *

Jedenfalls gabs über das verlängerte Pfingstwochenende, das ich in Carnac und in Locmariaquer verbracht habe, Menhire satt. In Locmariaquer ist auch der größte aller Hinkelsteine zu bewundern, allerdings leider in vier Teilen, der Grand-Menhir-Brisé, der am Stück 20einhalb Meter lang war und aufgerichtet, die unteren zwei Meter im Erdboden versenkt, immer noch 18einhalb Meter in den Himmel ragte, ein Hochhaus von sieben Stockwerken! Wenn man dann noch bedenkt, daß dieser Koloß von Stein mit einem Gesamtgewicht von etwa 280 Tonnen aus dem zehn Kilometer entfernten Auray herbeigeschafft wurde ~ ungefähr vor sechseinhalbtausend Jahren!. Ein Transport über Land eines solchen Trumms wäre auch heute noch, mit moderner Technik, eine logistische Herausforderung . . .

le grand Menhir brisé aus der Entfernung über den Zaun hinweg
le grand Menhir brisé aus der Entfernung über den Zaun hinweg

Ich war an diesem Dienstag wohl ~ ausnahmsweise ~ zu früh dran. Nachdem ich die ‚archäologische Zone‘ erstmal entdeckt hatte, die gut versteckt (damit niemand den Menhir wegguckt?) hinter Zaun und hohen Hecken liegt, war das Eingangstor gut verschlossen ohne irgendeinen Hinweis auf Öffnungszeiten. Es war halb zehn, wie ich hinterher im Internet feststellte, ist zur Zeit ab zehn geöffnet. Ich tapperte nicht alleine um das Gelände herum, es gab noch drei andere herumirrende Pärchen. Nachdem ich über eine Lücke in der Hecke nur ein Bild über große Distanz ergattern konnte, entschloß ich mich schließlich, kurzentschlossen über ein Tor illegal in das Gelände einzusteigen, um ein Bild aus der Nähe zu bekommen. Die Ruhe und die Gelassenheit waren allerdings beschränkt, sodaß ich den eindrucksvollen Innenraum des Table de Marchand, der sich ebenfalls auf dem Areal befindet, leider verpaßt habe . . .

le grand Menhir brisé
le grand Menhir brisé
* le grand Menhir brisé *
* le grand Menhir brisé *

Was mag die Menschen in dieser Zeit wohl zu so einer kollektiven Kraftanstrengung bewegt haben? Wohl mag die im Lauf der gewachsenen Erfahrung nach dem Motto ‚wir können das, und wir sind stolz darauf, also machen wir das!‘ eine große Rolle gespielt haben. In für uns historisch überschaubarer Zeit gab es vergleichbar die Errichtung der großen Kathedralen, den ideellen Hintergrund lieferte da eine Religion (in diesem Fall christliche, ähnlich aber auch im arabisch-muslimischen oder fernöstlichen), die Resource Mensch stark hierachisch geprägte Machtstrukturen. Die meisten Menschen arbeiteten aber wohl freiwillig mit, als Teil eines Kollektivs mit einer gemeinsamen Idee . . . was die Megalithkultur betrifft, wissen wir darüber so gut wie gar nichts, da es keine schriftlichen Zeugnisse aus dieser Zeit gibt. In den wenigsten Dolmen wurden Gräber entdeckt, die wohl auch aus späteren Zeiten stammen könnten, so daß sogar die Theorie, es handle sich um Grabanlagen (ähnlich den ägyptischen Pyramiden), auf einigermaßen wackligen Füßen steht. Die ganze Megalithkultur ist ein großes schwarzes Loch, nichts genaues weiß man nicht. Und wie jedes Loch reizt das Hinz und Kunz, dieses Loch mit seiner eigenen Phantasie zu füllen ~ was Hinz und Kunz auch tut . . .

Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
im Inneren des Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)
im Inneren des Dolmen Mané Rethual (Locmariaquer)

Die Dolmen, das, was wir in der einfachsten und kleinsten Form als Steintisch kennen, waren dabei ursprünglich mit einem Erdhügel bedeckt, also von außen eher unscheinbar. Erst später wurden sie ~ zum Teil ~ freigelegt, Steine auch schon mal als Baumaterial geräubert; in den letzen Jahrhunderten auch durch nicht immer sensible ‚archäologische‘ Forschungen, die mehr Schatzsuche waren. Der oben abgebildete Dolmen Mané Rethual in Locmariaquer besteht gegenwärtlich zum Teil aus Betonplatten, auch ein Teil der Decke ist aus Beton gegossen. Ein eher hilfloser Reparaturversuch.

Dolmen des Pierres Plates, neben meinem Übernachtungsplatz bei Locmariaquer
Dolmen des Pierres Plates, neben meinem Übernachtungsplatz bei Locmariaquer

Den Dolmen des Pierres Plates wollte ich ausführlich auch von innen erleben und wie die Goldminen in Andalusien mit Langzeitaufnahmen ablichten. Der erste Durchgang war nicht sehr erfolgreich, die Batterie der Taschenlampe schwächelte zu sehr. Allerdings hatte ich mir zweimal den Kopf angeschlagen, nicht sehr, aber immerhin. Also nochmal zum alten Herrn Magirus zurück, beide Fahrradlampen eingepackt, Mützchen aufgesetzt, auf ein Neues! Wie man sieht, diesmal mit Erfolg, und wie ich spürte . . . wieder den Kopf angeschlagen, aber diesmal richtig, daß die Funken sprühten und im Käppchen Blut und schlimmer noch etliche Haare hängenblieben, die eh schon auch ohne Unfall weniger werden. Aber was tut man nicht alles für seine geschätzten Leser!

im Innern des Dolmen des Pierres Plates
im Innern des Dolmen des Pierres Plates

Trotzdem, es hat sich gelohnt. Der ziemlich lange Dolmen hat eine kleine Seitenkammer links direkt hinter dem Eingang, ganz hinten noch eine durch eine zweidrittel der Gangbreite verdeckende Platte eine abgeschirmte Nische. Etwa in der Mitte die gravierte Platte an der rechten Seite. Wie gesagt, jede Idee ist nur Spekulation, aber ich kann mir sehr gut eine Zeremonie zur Huldigung der Erde oder etwas in der Richtung vorstellen . . .

im Innern des Dolmen des Pierres Plates
im Innern des Dolmen des Pierres Plates
Gravur im Innern des Dolmen des Pierres Plates
Gravur im Innern des Dolmen des Pierres Plates

Nach dem Spautz am Kopf beschloß ich (nein, das war schon vorher klar), die Forschung an Dolmen vorerst ruhen zu lassen und wieder dem Gott des Kilometers zu huldigen. Da wir ganz offiziell auf einem speziell für Camping Cars eingerichteten Parkplatz ~ überall sonst wars strengstens verboten ~ genächtigt hatten, unter den bösen Blicken der Plastikogemeinde, die die Notwendigkeit des dreiminütigen Vorlaufs des Motors, um die Druckluftanlage für die Bremsen zu füllen, bevor überhaupt die Feststellbremse frei wird, weder kennt noch billigt. Einer der Gründe, wieso ich lieber frei und mit Abstand stehe . . .

Aus ähnlichen Gründen war der anschließende Abstecher an der Cote Sauvage auf der Halbinsel Quiberon, obwohl wunderschön, mit dem sehr gemischten Gefühl des Unwillkommenseins gesalzen. Ja, es hätte schon Möglichkeiten gegeben, sogar einen offiziellen Wohnmobilstellplatz. Allerdings ein eingezäuntes Ghetto, mit weit sichtbarer digitaler Füllanzeige. Ansonsten alle Parkplätze mit Balken zur Verhinderung von Wohnmobilverseuchung. Ich mag sie ja selber nicht, aber der gute alte Herr Magirus ist halt drei Meter hoch 🙁

Weiter die Küste entlang (wenn auch in Distanz) wurde es auch nicht besser. An der Bucht von Kerdurand/Kerner hatte ich einen Parkplatz an einer Wiese am Wasser gefunden, nur um bei der Rückkehr von meinem Spaziergang (auf dem ich die oben abgebildete Proa entdeckt hatte) festzustellen, daß auf der meiner Ankunft entgegengesetzten Seite des Parkplatzes wieder so ein Schild stand: Parkverbot für Camping Cars! Malvenue a Kerner!

Also wieder los! Ein paar Kilometer weiter bei Port-Lois ein Parkplatz für Wohnmobile, Zaun drumrum, direkt an der Straße. Ein Graus! Weiter . . . nach einiger Suche dann der (Park-)Platz am Hafen von Locmicélic mit Blick auf Bucht auf der einen und Yachthafen auf der anderen Seite, verwunderlicherweise legal. Das wurde auch nötig, denn diese Verbotsschilder und Balken machen müde, sooo müde!

Ob die Ghettoisierung und Konzentration in speziellen Lagern (ja, ich überspitze) wirklich die Schönheit der Küste bewahrt, möchte ich mal bezweifeln. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, sind sie trotzdem überall, die Zu-Vielen. Mal hier, mal da ein einzelner Wagen wär vielleicht das geringere Übel.

Frankreich hat seit achziger Jahren den Verwaltungen die generelle Verbote für die sogenannten ‚Gens du Voyage‚ untersagt, wobei seit 1986 die Verpflichtung zur Bereitstellung von Arealen für den ständigen oder vorübergehenden Aufenthalt der ‚Vagabunden‘ Fakt ist ~ und die Gemeinden durch die Bereitstellung wieder das Verbot anderswo durchführen können. Nun denn, die Wohnmobilisten fallen offensichtlich in dieselbe Denkschublade . . . Malvenue!

PS: Wie immer, *chen um den Kommentar, klicken, vergrößern!