Antoni Gaudí und die Sagrada Familia

Die Fahrt mit dem Fahrrad in Richtung Innenstadt zur von Antoni Gaudí geplanten und gebauten Kathedrale Sagra Familia war an sich schon ein Abenteuer . . . Radwege gibt es manchmal auf den breiten Alleen, als schmalen Streifen auf den breiten Flanierwegen für die Fußgänger. Meistens war ich aber auf den Bus/Taxi-Spuren unterwegs, und wenn dann so ein Bus hinter einem herfährt, und der wegen dem Verkehr auf seiner gerade ausreichend breiten Spur auch nicht überholen kann . . . da beeilt man sich ganz automatisch ;-} und ich war trotzdem eine halbe Stunde unterwegs.

Sagrada Familia von Nordost

Die Kathedrale macht von der nordöstlichen Seite erstmal einen bombastischen Eindruck, beeindruckend, aber in ihrer mit unzähligen Statuen, Figuren, Ornamenten und sonstigem Schnickschnack total überladenen Art ist dieser Eindruck bei mir auch recht zwiespältig gewesen. Die Masse von Details schlägt einen schier tot . . .

und von Südwest . . .

Hier durften nur Gruppen von mehr als 20 Personen rein, also um das Gebäude herumgelaufen, und siehe da: Von der Seite aus macht sie einen sehr viel aufgeräumteren Eindruck, schlanke, nach hinten geneigte Säulen laufen oben zu Spitzbögen zusammen, und im Mittleren hängt Jesus, nur an den Handgelenken, an einem Kreuz, das waagerecht aus der Wand ragt . . .

Blick zum Altarraum

Innen wird es dann schlicht überwältigend. Ein Wald aus schlanken Säulen, die sich oben verzweigen und ins Gewölbe laufen, spannt einen dermaßen hohen Raum auf, daß man diese Höhe fast mehr empfindet als unter einem freien, blauen Himmel.

nach Süden Licht . . .

Lichtdurchflutet durch die auf der Südseite aus klarem Glas bestehenden Fenster macht der Raum einen total luftigen und riesigen Eindruck. Ehrlich, schöneres habe ich noch nicht von menschenhand erbaut gesehen!

. . . und Licht . . .

Die Photos hier geben euch hoffentlich einen kleinen Abglanz dieses Erlebnisses, mehr kann das leider nicht sein. Mehr Photos, auch in größerer Auflösung,  gibts auf www.ralfgutmann.eu, schaut unter den Aktuellen oder in der Galerie. Photographieren ist an sich erlaubt, aber nur ohne Stativ, und in einigen Bereichen, die aber wegen der Perspektive besonders interessant wären, sind keine Aufnahmen erlaubt, die sind für Gebete reserviert – es ist halt eine Kirche . . .

. . . gaaanz weit oben . . .

Anton Gaudí, Architekt der katalanischen Modernisme (bei uns hieß das Jugendstil), hat 1882 angefangen, diese Kirche zu bauen, und ist über dieser Aufgabe arm geworden und schließlich 1926 darüber gestorben. Es wird immer noch daran gebaut, und das wird wohl auch noch dauern. Immerhin: 8 von geplanten 12 Türmen, für jeden Apostel einen, stehen schon . . .

. . . und weiter wird gebaut ~ Ensemble mit Kränen . . .

Saint-Exupéry schreibt in einem seiner Bücher, ich glaube es war Terre des Hommes (deutsch Wind, Sand und Sterne) von einem Schuster, der sich im Lauf seines Lebens in Schuhe verwandelt . . . Gaudí hat sich, unter anderem, in die Sagrada Familia verwandelt, und das war, glaube ich, ein erfülltes und Sinn-volles Leben . . .
Die 13 €uro Eintritt haben sich auf jeden Fall gelohnt, keine Frage . . . daß allerdings während meines Besuchs der Kirche mein mit viel Liebe individualisiertes Fahrrad von einem Schlawiner zu einer Spritztour überredet wurde, von der es den Rückweg nicht mehr gefunden hat 8-[ . . . das hätte nicht unbedingt sein müssen! Zumindest an so einem Ort könnte der liebe Gott schon aufpassen, daß da nichts weg kommt . . .
Nun, die Chance, in einer Millionenstadt ein geklautes Fahrrad wiederzubekommen, sind wohl nicht sehr hoch. Eine Anzeige bei der Polizei hätte sich schon deswegen nicht gelohnt, nur den Rest des Nachmittags gekostet. Wundern tuts mich allerdings, weil erstens das Fahrrad nun wirklich nicht mehr neu und schick ausgesehen hat, und zweitens ein groß angelegtes Fahrradleihsystem in Barcelona installiert ist . . . man kann sich fast überall ein Fahrrad von einem Stellplatz nehmen, fährt damit wohin man muß und stellt es wieder an einem anderen Stellplatz ab . . . Nun ja, so gings halt zu Fuß weiter, zu einem Stadtbummel durch das Barri Gòtic, das alte Judengetto, wo die Gassen so eng sind, daß das Fahrradfahren eh verboten ist . . . und dann die Ramblas entlang (die wohl im Plural angeführt werden, weil zwischen zwei Einbahnstraßen eine breite Fußgängerallee bis zum Hafen führt ;-}, den überdachten Markt, den Hafen . . . Barcelona ist eine schöne Stadt, in der man sich durchaus wohlfühlen kann (mit einem gescheiten Fahrradschloß!), mit allen Vorzügen des Großstadtlebens im Süden, zum Beispiel, daß da auch im Januar die Weiblichkeit im Minirock flanieren kann . . .
Für den Heimweg habe ich dann das U-Bahnsystem benutzt, aber mangels genauer Ortskenntnis bin ich wohl mindestens 2 Stationen zu früh ausgestiegen, da war ich noch 2,6 Kilometer Luftlinie von meinem Bus weg. Das ich das so genau sagen kann? Nun, ein Segen für den Vagabunden ohne Ortskenntnis ist das Smartphone mit eingebautem GPS, dem man, wenn man daran denkt, vorher mitteilen kann, daß es sich einen Standort merken soll, und das einen dann auch wieder dahin zurückführt ;-} Allerdings mit der irritierenden Angewohnheit, bei jeder mit Energiesparlampe bestückten Straßenlaterne und bei jedem Bauzaun aus Blech eine andere Richtung anzuzeigen, weil der Magnetsensor dann Norden in einer anderen Richtung wähnt ;-[
So hat das also bis halb 11 gedauert, daß ich den Bus wiedergefunden habe, und ich war richtig geschafft und total steif!
Aber ohne dieses Gadget hätte ich den Bus in dieser Riesenstadt nie wiedergefunden . . .