Ein Platz zum leben? oder der verrottete Kapitalismus

* ein Platz zum leben? * oder der verrottete Kapitalismus
* ein Platz zum leben? oder der verrottete Kapitalismus *

Ihr erkennt das Motiv (das sich vergrößern läßt) wieder? Nicht wundern, ich möchte dieses Sofa zum Aufhänger für einen Artikel aus der politisch-philosophisch-kapitalismuskritischen Ecke machen, das habe ich mir viel zu lange verkniffen.

Man hat mir Hintergründe über die von mir zwar vor einiger Zeit realisierte, aber nicht mehr recht präsente Situation in Spanien mitgeteilt: daß sich viele Menschen selbst töten, weil sie, zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit, die Raten für ihre Wohnung nicht mehr zahlen können und zwangsgeräumt werden. Dazu muß man wissen, daß es in Spanien relativ unüblich ist, eine Wohnung zu mieten. Man kauft auf Kredit und zahlt monatliche Raten an die Bank. Wegen der Immobilien- und Wirtschaftskrise konnten nun viele, die in die Arbeitslosigkeit rutschten, diese Raten nicht mehr bezahlen, wurden zwangsgeräumt, die Wohnung versteigert . . . der zynische Witz an der Sache ist, daß die Banken auf grund des zusammengebrochenen Immobilienmarktes die Wohnungen selbst für einen Appel und ein Ei ersteigerten, der offiziell erzielte Erlös bei weitem nicht den Kredit tilgte, der Besitzer, der oft schon Jahre monatlich für die Wohnung bezahlt hatte, diese zwar loshatte, aber weiter die monatlichen Raten zu bezahlen hatte ~ eine Schuld zu tilgen, die er sein Leben lang mit sich herumzutragen hat. Mir kommt ein Spruch von F.K.Waechter in den Sinn: Die Bürde des Menschen ist unantastbar . . . eine satirische Überspitzung des ersten Artikels unseres Grundgesetzes.

Ebenso und bedeutend mehr unantastbar ist offensichtlich das Recht der Banken, Gewinne zu realisieren. Banken werden als systemrelevant mit Milliarden gerettet, Menschen können vor die Hunde gehen!

Nach dem selben Muster, aber in größeren Maßstab läuft die Debatte über die verschuldeten südlichen Eurostaten, im Besonderen momentan Griechenland. Da ist, wir erinnern uns, eine linke Regierung gewählt worden, die die Reformforderungen der Troika ablehnt. Denn diese ‚Reformen‘ schlagen, wir ahnen es nicht nur, wir wissen es und können es nachlesen, vor allem auf die ärmere Bevölkerung durch. Die Reichen haben ihr Vermögen schon ins Ausland gebracht, zahlen legal, wie die Reeder, oder illegal, wie die besserverdienenden Selbstständigen, wenig oder gar keine Steuern. Abhängig Beschäftigten sind die Wege der Steuersparmodelle versperrt, ihr Anteil wird gleich von Lohn, Gehalt und der Mehrwertsteuer weggefressen. Gespart wird, wo es den nicht Vermögenden weh tut: Gesundheit, Bildung, (vor allem soziale) Infrastruktur.

Die deutsche Politik ist sich mit dem deutschen Michel vor allem in Gestalt des Forenleserbriefschreibers der großen Onlinezeitschriften einig: Verträge müssen erfüllt werden, Schulden müssen bezahlt werden! Mal abgesehen davon, daß es mir bei so machen Äußerungen so manchen Politikers und so manches Foristen die Fußnägel hochrollt ~ das deutsche Recht kennt den Begriff der Sittenwidrigkeit, der Verträge ungültig macht und aufhebt. Es spricht viel dafür, daß der oben beschriebene Sachverhalt des spanischen Wohnungsbesitzers wie auch die Forderungen der Troika, die jetzt mal eben umgetauft worden ist, den Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllen.

Die EU, an deren Spitze der Zögling von Goldmann Sachs Mario Draghi steht, hat mit dem Versprechen wirtschaftlicher Prosperität in den €uroraum gelockt, und Goldmann Sachs hat Griechenland dabei geholfen, seine Bilanzen zu fälschen, damit es die Vorgaben schafft. Auch Deutschland hat großes Interesse an der €uro-Mitgliedschaft von Griechenland gehabt, hat zum Beispiel für Milliarden Waffen, veraltete Bestände aus Bundeswehr und NVA auf Kredit an die Griechen verkauft.

Ich sags mal so: Wenn ich bei jemanden Begehrlichkeiten wecke oder verstärke, ihm zur Erfüllung dieser Begehrlichkeiten Kredit gebe, obwohl ich genau weiß, daß der die nie und nimmer zurückzahlen kann, und ihn hinterher in Geiselhaft nehme, diese Kredite trotz allem zurückzuzahlen; wenn das nicht sittenwidrig ist, was sind dann gute Sitten? Wenn eine finanzwirtschaftsgesteuerte Immobilienblase platzt, in eine europaweite Wirtschaftskrise eskaliert und deswegen ein Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, hat dieses Kreditinstitut als Teil der Ursache das Recht, sich eine momentan nicht verkaufbare Immobile unter den Nagel zu reißen und den Kreditnehmer auf die Straße zu setzen und ihm dann noch weiter Geld abzupressen?

Wir mästen spätestens seit Maggie Thatcher und in Deutschland Helmut Kohl die Finanzwirtschaft durch Entfesselung der Märkte, die unkontrolliert im Nanosekundentakt ihre Margen aus der Wirtschaftsleistung ziehen. Der Wähler hat nicht mehr wirklich die Wahl, wenn auch sozialdemokratische Parteien die Konservativen rechts überholen, wie das Helmut Schröder mit der Agenda 2010 gemacht hat.

An dieser Stelle sollten wir einmal mit der Mär aufräumen, daß die schmarotzenden Griechen, Portugiesen, Spanier sich mit den Finanzhilfen der Troika (will heißen, auf Kosten vor allem der deutschen Steuerzahler) ein lässiges Leben machen. Die vielen hundert Milliarden €uro landen garantiert nicht bei ‚den Griechen‘, ‚den Portugiesen‘, ‚den Spaniern‘, die landen über eine nanosekundenkurze Umleitung bei den großen Banken und Hedgefonts, die schon in den Jahren und Jahrzehnten vorher ihre Gewinne mit den Krediten und Staatsanleihen gemacht haben. Sie landen bei den Vermögenden, vor allem im Norden, auch in Deutschland. Die Befürchtung, diese Hilfszahlungen müßten irgendwann vom deutschen Steuerzahler getragen werden, sind allenfalls insofern real, daß im Fall der Fälle auch bei uns der sogenannte ‚Kleine Mann‘ zur Kasse gebeten würde, wie jetzt schon in Griechenland, Portugal und Spanien. Die ‚Großen‘ haben zu viel Erfahrung, sich um ihre Verantwortung zu drücken, schieben ihre Gewinne ins Land der gefälligsten Steuergesetzgebung, wie zum Beispiel Luxemburg, wo man ~ als Konzern ~ oft weniger als ein Prozent bezahlt.

Das Problem ist ein weltweit agierendes Finanzsystem und deren Profiteure, die allem Anschein nach auch alle Politiker in der Tasche haben, zumindest die, die an der Macht sind. Die erst an die Macht kommen, sacken sie zu Zeiten dann schon noch ein.

Man kann so tun, als ob dieses Finanzsystem von Gott gegeben und unabänderlich wäre, oder wie Frau Merkel das ausdrückt, ‚alternativlos‘ ist. Man kann hingehen, und die ’soziale Marktwirtschaft‘ in ‚marktkonforme Demokratie‘ umtaufen. Neusprech für Kapitalismus, für Diktatur des Kapitals.

Jedenfalls setzt man sich laut einer aktuellen Studie dem Verdacht aus, linksextremistische Ansichten zu pflegen, wenn man die Zustände kritisiert. Frau Merkel und ihre Alternativlosigkeit werden vom Verdacht des Extremismus freundlicherweise ausgenommen . . . Herr Schroeder, was wundern sie sich? Ich wundere mich allenfalls über seltsame Definitionen und Fragestellungen.

>>>>> Für heute Schluß, ich hab auch noch anderes zu erledigen. Übermorgen weiter. Um solange Mißverständnissen vorzubeugen: Ich bin für den €uro, für Demokratie, für SOZIALE Marktwirtschaft. Für die Würde des Menschen, für ein Leben in Freiheit. Aber Politik und Finanzwirtschaft sollten für die Menschen da sein, nicht der Mensch für die Politik und das Kapital! <<<<<

27. und 28. Februar 2015, weiter im Text!

Im vorletzten Abschnitt ein paar Korrekturen angebracht, da war ich wohl nicht mehr ganz konzentriert bei der Sache . . . pünktlich zum Thema erschien kurz nach dem Post der vorangehenden Ausführungen dann ein Artikel von Harald Schuhmann auf Zeit Online, der ziemlich deutlich beschreibt, auf welche Weise mit Griechenland umgegangen worden ist, und auch die Zielrichtung, die die sogenannten Reformen haben. Das Ganze praktischerweise ohne demokratische Kontrolle (womit sich auch wieder der Kreis schließt zum Banner oben rechts ~ auch TTIP, der kleine Bruder CETA und TISA werden hinter verschlossener Tür verhandelt. Bevor der Vertragstext vorliegt, soll man nicht diskutieren, hinterher ist es plötzlich zu spät, läßt sich nichts mehr ändern. Demokratie mutiert zur Realsatire).

Deutlich wird auch, daß die ganze sogenannte Rettungsaktion nur inzeniert wurde, um die Fehlinvestitionen des (privaten) Finanzsektors zu retten ~ und als Staatschuld entweder von Griechenland (oder allgemeiner der südeuropäischen Länder, bzw bei endgültiger Pleite der staatlichen Retter der wirtschaftlich starken €uro-Länder des Nordens) zu verlagern. Das alte Spiel: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

Man sollte jetzt nicht den Denkfehler begehen, daß diese Milliardenbeträge, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen, um je nach Neusprech Griechenland, Spanien, Portugal, ‚den €uro‘ oder ‚die Banken‘ (systemrelevant!) zu retten, wirklich und wahrhaftig reales Geld darstellen. Sie werden aus dem Nichts heraus, Draghi sei Dank, in dem Moment, wo diese Hilfskredite vergeben werden, von den Zentralbanken ‚geschöpft‘, will heißen erzeugt, und würden bei Zurückzahlung auch wieder verschwinden . . . wenn sie denn zurückbezahlt werden könn(t)en. Es handelt sich sozusagen um zusätzliches, virtuelles Geld, das nur dazu erzeugt wird, den Renditewünschen der großen Investoren gerecht zu werden . . .

Nun denn, dann ist es ja nicht weiter schlimm, oder? Wenn es nicht real ist, dann können wir den Reichen und Schönen ihr Spielgeld lassen, nicht wahr? Ganz so einfach ist das leider nicht 🙁

Auch wenn es sich bei diesem Monopoly auf der einen Seite nur um Spielgeld handelt (seit der Loslösung vom Gold in der zweiten Hälfte des letzen Jahrhunderts hat sich die Geldmenge exponentiell vervielfacht), verringert sich dadurch, daß Otto Normal, abhängig Beschäftigter, nicht im selben Maß mehr Geld verdient, anteilmäßig die Geldmenge, die bei den sogenannten ‚kleinen Leuten‘ hängenbleibt. Es findet eine Konzentration des Reichtums statt, eine Umverteilung von Unten nach Oben. Darüber wundern sollten wir uns allerdings nicht, denn genau zu diesem Zweck ist dieses System ja auch erfunden worden 😉

Erinnern wir uns an eine kleine deutsche Partei mit einem großen ‚F‘ (wie Fuck!) im Kürzel, die zum Glück keine große Rolle mehr spielt, und hoffentlich nie mehr. Über Jahrzehnte hinweg hat sie ihre Macht als Mehrheitsbeschafferin in Koalitionen ausgespielt und gegen die Umverteilung gewettert. Gemeint war allerdings die Umverteilung von Geld, das eigentlich sogenannten ‚Leistungsträgern‘ zustünde, in die Sozialkassen. Das denjenigen zugute kommt, die es sich in der ’sozialen Hängematte‘ bequem gemacht hatten, Stichwort ’spätrömische Dekadenz‘. Die wahre Umverteilung ging von unten nach oben, beklagt wurde eine virtuelle von oben nach unten. Mit diesem Argument wurde Harz IV eingeführt und die Renten gekürzt und umgebaut, Mensch sollte nur noch eine Minimalrente bekommen, sollte zusätzlich privat vorsorgen. Zum Wohle des Finanz- und Versicherungssektors, mit dem zu erwartenden Ergebnis einer baldigen massiven Altersarmut. Wie sich jetzt zeigt, sehen sich in Zeiten der Finanzkrise, in denen niedrige bis negative Zinsen realisiert werden, die großen Lebensversicherungen nicht in der Lage, positive Renditen auszuzahlen. Der privat vorsorgende Bürger erhält weniger Geld zurück, als er einbezahlt hat, weil, was Wunder, der Rest für Provisionen bei den Versicherungsgesellschaften hängengeblieben ist. Auf diese Weise werden sogar diejenigen um ihr Geld beschissen, die sich eine private Vorsorge leisten konnten, geraten in Gefahr, im Alter in Armut zu rutschen. Von denen, die es sich nicht leisten konnten, weil am Ende des Geldes noch jede Menge Monat übrig war, von denen, die bei Arbeitslosigkeit und Harz IV gezwungen wurden, ihr angespartes ‚Vermögen‘ zu verbrauchen, denen, die für einen Lohn unter dem Existenzminimum arbeiten mußten, ganz zu schweigen. Es rollt eine Welle von Altersarmut auf uns zu, unaufhaltbar . . . unaufhaltbar?

Wie wurde Norbert Blüm nicht verlacht, als er die Rente als ’sicher‘ bezeichnete. Mit Blick auf den demographischen Wandel (die Deutschen sterben aus!) wurde von von interessierter (Lobby-)Seite vorgerechnet, daß immer weniger junge Menschen für die immer mehr werdenden alten Menschen immer mehr Geld einzahlen müßten, was notgedrungen zum Zusammenbruch des Rentensystems führen müßte. Deswegen unausweichlich, alternativlos: Kürzung der Rente, private Vorsorge . . .

Wie oben bemerkt, das geht schief. Bei genauerer Analyse sieht man allerdings auch, daß diese Lobbyinduzierte Argumentation am Kern des Problems vorbeigeht. Die staatliche Rente war als ‚Generationenvertrag‘ angelegt, will heißen, die jeweils arbeitende Generation versorgt die aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen mit, weil die ja früher für die noch nicht arbeitende Generation gesorgt hatten. Logisch, oder? Jede aktive Generation baut auf der Leistung vorhergehender Generationen auf, jede noch nicht aktive Generation ist auf die jetzt arbeitende angewiesen.

Das System würde auch weiter funktionieren, wenn man das denn wollte. Aber es wird mit Bedacht zu Grunde gerichtet! Nicht nur, daß der Finanzminister in Zeiten knapper Kassen immer wieder seine Finger im Rententopf hatte und sich da für Dinge bediente, die mit der Rente nichts zu tun hatte. Wenn man z.B. aus politischen Gründen bei der Wiedervereinigung Rentner integriert, die vorher nicht ins System einbezahlt haben, ist das, zwar berechtigt, aber wie bei der kürzlich eingeführten Mütterrente eine gesamtpolitische, will heißen aus Steuern zu finanzierende Aufgabe, die eben nicht aus Beiträgen gedeckt sind.

Was aber viel durchschlagender ist: Im Prinzip ist unsere Rentenversicherung als durch Beiträge finanzierter Pool angelegt, in dem nur das Bruttoeinkommen abhängig Beschäftigter Personen als Bemessungsgrundlage dient. Wenn, wie zumnindest in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, die Produktivität pro eingesetzter Arbeitsstunde immer weiter ansteigt, beschleunigt durch immer weiter umgesetzte Automatisierung und Computerisierung, ohne daß die Lohn- und Gehaltsentwicklung der Produktivitätsentwicklung nachfolgt, hat das selbstverständich auch Auswirkungen auf die Rentenkasse. Wenn wie in den zurückliegenden neoliberalen Jahren Arbeitsplätze zuerst nach Osteuropa, dann in den fernen Osten bis nach China exportiert werden, dann hat das Auswirkungen auf die Rentenkasse. Wenn deswegen die Arbeitslosigkeit auf 5 Millionen steigt, nach den alternativlosen Regeln des Marktes das Lohnniveau in den freien Fall übergeht, ein immer größerer Anteil der Bevölkerung im Wirtschaftsprozess nicht mehr gebraucht und abgehängt wird, Arbeitslose in prekäre Scheinselbständigkeit gelockt (wer erinnert sich noch an die sogenannte Ich-AG?) oder nach einem Jahr in Harz IV entsorgt werden, wenn ein dereguliertes Finanzsystem den Vermögenden nahelegt, ihr Geld in einer virtuellen anstatt in der realen Wirtschaft zu vermehren, ohne sie steuermäßig adäquat an den Gemeinschaftsaufgaben zu beteiligen, während für die abhängig Beschäftigten der Reallohn nach Inflationsausgleich ständig sinkt, wird dieses, und zwar nicht nur das Rentensystem, sondern die Gemeinschaft selbst, kollabieren.

Geld ist ganz offensichtlich genug da. Trotz immer wieder induzierter Krisen wächst die Wirtschaft insgesamt immer weiter, der Finanzminister freut sich jedes Jahr über gestiegene Steuereinnahmen, jedes Jahr ein neuer Rekord. Und jedes Jahr jammert der Finanzminister, daß für diese oder jene dringende Aufgabe kein Geld vorhanden wäre, und jedes Jahr konzentriert sich immer mehr Vermögen bei denen, die viel, sehr viel haben, und noch viel mehr, immer mehr haben wollen . . .

Wenn denn, wie gezeigt, die wirtschaftlichen und politischen Rahnenbedingungen so gestaltet sind, wie sie sind, stehen Wirtschaft und Politik in der Verantwortung: Laut Grundgesetz ist nicht die Bürde, sondern die Würde des Menschen unantastbar. Ich bezweifle, daß ein Bezieher von Harz IV, ein Arbeitsloser oder Praktikant ohne Aussicht auf einen Job, ein Rentner unterhalb des Armutsniveaus die Würde seines eigenen Daseins spürt.

Möglichkeiten gäbe es, wenn man die gesamtgesellschaftliche Verantwortung ernst nehmen würde. Die naheliegenste: Bedingungsloses Grundeinkommen für alle, zumindest €uropaweit. Finanzieren wir nicht Rettungsschirme für Staaten oder Banken mit Milliardenbeiträgen, schöpfen wir nicht Geld durch Kredite über Banken. Schöpfen wir monatlich Geld, indem wir jedem Bürger das zum würdevollen Leben (nicht Luxusleben!) notwendige Grundeinkommen überweisen, der mit seinem Konsum die Wirtschaft genau in dem Maß antreibt, wie Mensch das braucht. Denn der Mensch, nicht der €uro, sollte das Maß der Dinge sein. Und halten wir die Geldmenge über eine Besteuerung des Finanzsektors auf stabilem Stand. Stellen wir das Finanzsystem vom Kopf auf die Füße: Eine Revolution im wahrsten Sinn des Wortes 😉

ein gemütliches Sofa braucht der Mensch ;)

Fundstück in einem verlassenen andalusischen Bauernhof
Fundstück in einem verlassenen andalusischen Bauernhof

Ein gemütliches Sofa in einer kuschligen Höhle ist eine Voraussetzung für eine akzeptable Lebensqualität . . . dieses auf einem Spaziergang entdeckte Fundstück in einem verlassenen Bauernhof ist leider nicht mehr in benutzbarem und präsentablen Zustand . . .

leider nicht mehr benutzbar und  präsentabel
leider nicht mehr benutzbar und präsentabel
sichtbar angenagt vom Zahn der Zeit
sichtbar angenagt vom Zahn der Zeit

zwei Tage im Bann der Impala

Chevrolet Impala ~ da werden Erinnerungen an die Kindheit wach
Chevrolet Impala ~ da werden Erinnerungen an die Kindheit wach

Seit drei Tagen bin ich wieder bei Pedro in Andalusien zu Gast, der seinen Lebensunterhalt vor allem mit Arbeiten an meist älteren Automobilen bestreitet. Dieses Mal hatte er ein ganz besonderes Schätzchen in der Mache, ein altes Chevrolet Impala Cabriolet SS (steht für Super Sport) mit einem V8 mit 283 Kubikinch Hubraum. Für metrisch orientierte Kontinentaleuropäer umgerechnet sind das vierkommasechsdreiacht Liter. Pedro sollte dem guten Stück wieder den schönen blubbernden V8-Sound beibringen, will heißen Ventile und Zündung einstellen. Ich war Assistent ~ durfte die Taschenlampe halten 😉 Für mich wurden Kindheitserinnerungen wach, das Chevrolet Impala Cabriolet war das Traumauto meiner Kindheit. Ich erinnere mich noch daran, wie ich als Knopf, mit den Augen gerade mal über die Türkante hinweg in den Innenraum sehen konnte, voll Begeisterung über die Formen dieses Schiffs von Auto. Das war in der Zeit, als US-amerikanische Autos noch das Wirtschaftswunder-Vorbild waren und mein Opa sich alle paar Jahre ein größeres Auto leistete . . .

V8-Emblem ~ 283 Kubikinch entsprechen 4,628 cm³
V8-Emblem ~ 283 Kubikinch entsprechen 4,638 cm³

Der Motor macht in seinem Riesenabteil einen vergleichsweise winzigen Eindruck, rings herum noch jede Menge Platz. Der Verteiler mit seinen 9 Kabelanschlüssen (eine Zuleitung, für jeden Zylinder ein Zündkabel) sieht aus wie der Kopf der Medusa, und 16 Ventile einzustellen ist eine Fleissarbeit . . .

Impala ~ Frontansicht mit Pedro
Impala ~ Frontansicht mit Pedro
Impala ~ Heck mit den typischen Rücklichtern
Impala ~ Heck mit den typischen Rücklichtern

In diesem Kofferaum könnte man ohne weiteres einen mittleren Swimming-Pool installieren 😉

Impala ~ in das zweitürige Cabriolet kann Mensch hineinlaufen, ohne die Sitze umzuklappen ;)
Impala ~ in das zweitürige Cabriolet kann Mensch hineinlaufen, ohne die Vordersitze umzuklappen 😉
Impala ~ Armaturenbrett
Impala ~ Armaturenbrett
Impala ~ Tacho bis 120 ~ Meilen!
Impala ~ Tacho bis 120 ~ Meilen!
Chevrolet Impala SS auf dem Autoanhänger
Chevrolet Impala SS auf dem Autoanhänger

Am nächsten Tag mußte das gute Stück wieder nach Hause in ihre Garage gebracht werden. Auf dem Hänger, da sie leider nicht zugelassen ist, sondern nur ab und an für Film- und Fotoeinsätze ausgeliehen wird . . .

Chevrolet Impala SS auf dem Autoanhänger
Chevrolet Impala SS auf dem Autoanhänger
Chevrolet Impala ~ Pedro stolz wie Harry
Chevrolet Impala ~ Pedro stolz wie Harry

Und noch eine kleine Bemerkung zum Schluß: Auch wenn ich nicht immer eine Taschenlampe halte, bin ich hier ganz gut beschäftigt und muß die Bloggerei etwas vernachlässigen. Also ~ Geduld, liebe Leser . . .

Es stürmt und schüttet in Andalusien

es stürmt . . .
es stürmt . . .

Als ich für das obige Bild nach draußen gegangen bin, hat es mir gestern dauernd die Schwingtür des alten Herrn Magirus aufgezogen, weil ich sie erstens nicht von innen verriegeln konnte und zweitens nicht von außen abschließen, weil der Schlüssel drin im Bus lag. Der Schnäpper alleine war nicht genug. Auf dem Photo sieht das gar nicht sooo wild aus, weil von oben geschossen . . . Das zweite Bild hab ich dann doch lieber von innen durch die Windschutzscheibe gemacht, weil es zusätzlich noch angefangen hat zu schütten . . .

. . . und schüttet!
. . . und schüttet!

Mittags bin ich dann irgendwann losgefahren von meinem Adlerhorst auf dem Rattenfelsen, weil langsam aber sicher alle Scheiben mit einer wachsenden Salzschicht zugekleistert wurden. Den Scheiben macht das zwar nicht so viel, aber alles, was am alten Herrn aus Stahl ist, mag das gar nicht so sehr 🙁

Auch im Moment schüttelt sich der alte Herr Magirus vor den Böen in seiner Federung, und das Salz von gestern wird von heftigen Regenschauern weggespült ~ glücklicherweise! Und noch einen Vorteil hat das Wetter: Ich hab die Gegend hier noch nie so grün gesehen wie in diesem Winter!

Friedhof der Verteilerkästen

Friedhof der Verteilerkästen I
Friedhof der Verteilerkästen I
Friedhof der Verteilerkästen II
Friedhof der Verteilerkästen II
Friedhof der Verteilerkästen III
Friedhof der Verteilerkästen III
Friedhof der Verteilerkästen IV
Friedhof der Verteilerkästen IV

Eine Folge der geplatzten Immobilienblase in Spanien sind zur Bebauung vorbereitete Stadtviertel mit zum Teil kompletter Infrastruktur, Straßen, Beleuchtung, Verteilerkästen für Strom und Wasser für jedes Haus, unter Umständen sogar fest eingebaute Sammelstationen für die Mülltrennung. Da diese Projekte zumindest zur Zeit nicht mehr bearbeitet werden, sind sie dem Verfall preisgegeben. Diebe klauen, was nicht niet- und nagelfest ist, vor allem das Kupfer der Kabel verdunstet recht schnell, emotional unaufgeräumte Persönlichkeiten kühlen ihr Mütchen und machen kaputt, was sie nicht kaputt macht, weil sie an das nicht herankommen, was sie kaputt (ge)macht (hat); und die Natur holt sich langsam und geduldig ihr Terrain zurück . . .

Friedhof der Verteilerkästen V
Friedhof der Verteilerkästen V

Wieder am Meer!

der neue Platz am Meer ~ inzwischen in Andalusien ;)
der neue Platz am Meer ~ inzwischen in Andalusien 😉
die blaue Stunde, am Abend nach Sonnenuntergang
die blaue Stunde, am Abend nach Sonnenuntergang
Morgenröte
Morgenröte

. . . die alte Olive . . .

die alte Olive ~ lange tot und doch schön . . .
die alte Olive ~ lange tot und doch schön . . .

Vor ein paar Tagen habe ich es endlich geschafft, eine uralte Olive zu besuchen, die ich vor zwei Jahren im Hinterland von Torrevieja entdeckt hatte. Im letzten Winter hatte mich Google’s Navigation im Stich gelassen, kreuz und quer war ich durch die Landschaft gefahren, ohne Erfolg. Dieses Jahr hat es, mit etwas Glück und viel Geduld, dann doch geklappt . . .

. . . bei jedem Licht . . .
. . . bei jedem Licht . . .

Ich mag diesen Baum, der über den Tod hinaus seine Schönheit und seinen Charakter bewahrt. Nach einem langen Leben noch trotzig dem Verfall widersteht, und ganz nebenbei noch einer Karnickelfamilie Obdach gibt, die ihre Höhlen um sein Wurzelwerk gegraben haben.

. . . aus jeder Perspektive . . .
. . . aus jeder Perspektive . . .

Immer wieder bleibt es interessant, wie er mit Wind und Wetter, mit den unterschiedlichsten Wolken, nach denen er seine Äste reckt; unter morgendlich warmen und weichen Licht, der harten Mittagssonne, oder im schwindenden Licht des Abends seine starke graphische Wirkung entfaltet.

. . . ein starker Charakter!
. . . ein starker Charakter!

Für so manches Wesen (oder photographisch profan: Objekt) lohnt sich immer wieder die weiteste Anfahrt. Dieses hier hat für mich eine Bedeutung über das Bildermachen hinaus.

aus der Entfernung betrachtet . . .

. . . und zur richtigen Zeit, beim richtigen Licht . . .

* Agglomeration bei Nacht ~ aus der Entfernung, auf einem Hügel *
* Agglomeration bei Nacht ~ aus der Entfernung, auf einem Hügel *

. . . sehen auch diese Mega-Agglomerationen von Einfamilienhäusern sehr schön aus. Nachts schwingen sich die Perlenketten der Straßenlaternen über die Hügel, am richtigen Ort spiegeln sich die Lichter in der davor liegenden Lagune ~ der WOW-Effekt 😉

* Lichtermeer mit Spiegelung in der Lagune *
* Lichtermeer mit Spiegelung in der Lagune *

Auch diese zwei Bilderchen lassen sich durch Klick vergrößert betrachten, probiert das aus (ich markiere diese vergrößerbaren Bilder in Zukunft mit Sternchen). Und jetzt genieße ich erstmal das Morgenrot an einem fast wolkenlosen Himmel. Allen einen schönen Tag!

Strandläufers Beute!

Strandläufers Beute ~ Zitrone, kleine Zitrone, Babyzitrone, Schneckenmuschel . . .
Strandläufers Beute ~ Zitrone, kleine Zitrone, Babyzitrone, Schneckenmuschel . . .

Nach dem gestrigen grauen bis dunkelgrauen Tag mit nächtlichem ausgiebigem Regen heute mal wieder Sonne prall an einem fast wolkenlosen Himmel. So mögen wir das! 😉

Konquista

* 'individuelle' Architektur mal fünfhundert ~ ein jeder soll sein Türmchen haben! *
* 'individuelle' Architektur mal fünfhundert ~ ein jeder soll sein Türmchen haben! *

Der Mensch ist ganz offensichtlich ein Herdenvieh. Das merkt man nicht nur an der ‚individuellen‘ Architektur, die in rauhen Massen dicht nebeneinandergeklatscht auch nur den Eindruck eines Krebsgeschwürs macht, das sich in die Landschaft frißt. Dabei ist das hier noch eine vergleichsweise ’nette‘ Urbanication, wie man das hier nennt. Jeder soll sein Türmchen haben! Ansonsten wurden hier an der Küste viele Tausende, eher Millionen Wohneinheiten dicht an dicht aneinandergeklatscht. Als die Immobilienblase dann geplatzt ist, blieben viele dieser Siedlungen unvollendet, stehen leer, manchmal leben wie auch in diesem Projekt Menschen darin ~ teils mit provisorisch fliegend verlegten Wasser- und Stromleitungen . . .

Wer mag, klickt in das Bild, um eine größere Ansicht zu sehen, je nach Betriebssystem wird der Mauszeiger dann zum Lupensymbol, mit dem man auf die Originalauflösung zoomen kann.

kein Campingplatz ~ ein normaler Parkplatz in Strandnähe
kein Campingplatz ~ ein normaler Parkplatz in Strandnähe

Genauso ‚individuell‘ reisen die jedes Jahr zahlreicher werdenden Wohnmobiltouristen, Rentnerpaare zumeist, die dem kalten Winter in Nord- und Mitteleuropa entfliehen möchten. Nicht nur aus Deutschland, auch aus Holland, Großbritannien, Belgien, Dänemark, Schweden, sogar Iren wurden schon gesehen. Wer will es ihnen verdenken? Vor der nicht unbegründeten Furcht, ausgeraubt zu werden, rotten sie sich in der Regel in Haufen zusammen, dicht an dicht, als hätten sie sich die Architektur zum Vorbild genommen.

schöne Aussicht? ~letztes Jahr war es hier noch verboten . . .
schöne Aussicht? ~letztes Jahr war es hier noch verboten . . .

Mancherorts findet dann leider der spanische Bürger, der ein Wochenende am Strand verbringen möchte, keinen Platz mehr, um sein Auto abzustellen, und auch die Strandlinie ist zugeparkt mit Plasticos (wie der Bus- und LKW bewohnende Teil der Meute die einfach gekauften Standartwohnmobile etwas abfällig nennt).

Policia und Camper ~ traut vereint?
Policia und Camper ~ traut vereint?

Da wie auf diesem Bild die meisten der Parkplätze nur für PKW ausgelegt sind, kann ein einziges oder zwei Wohnmobile einen ganzen oder zumindest einen großen Teil eines Parkplatzes blockieren wie auf dem Bild oben.

Schon in den letzen Jahren hatte ich den Eindruck, daß in jedem Winter dreimal so viele Wohnmobiltouristen unterwegs sind wie im Jahr davor. So lange sie sich in Haufen konzentrierten und mir die etwas außerhalb liegenden ‚freien‘ Plätze in der Landschaft übrigließen, störte mich das nicht sehr. Aber auch die werden immer mehr von den Plasticos erobert. Die Konquista ist voll im Gange.

Gestern mußte ich bei der Ankunft an einem meiner traditionellen Haltepunkte auf dem Weg nach Süden feststellen, daß schon drei Plasticos da standen, wo ich in den letzten Jahren gemütlich und in Ruhe alleine mit Blick auf die Salinen stand. Die modernen technischen Möglichkeiten mit Satellitennavi für jeden und Internet führen dazu, daß jeder in einem Forum, Blog oder einfach über Email oder jetzt gar WhatsApp & Co einen entdeckten Standplatz für jeden verfügbar machen kann. Und es gibt genug Leutchen, die durch solche Posts ihre Reputation aufpolieren möchten . . .

Nicht umsonst wird man in diesem Blog nie konkrete Angaben für die schönen Plätze finden. Nicht nur gehört für mich das Suchen dieser Perlen mit dazu zum Vagabundenleben, es ist leider absehbar, daß sonst im nächsten Jahr drei, sechs, oder auch ein Dutzend Plasticos da stehen . . .

Bedauerlicherweise zerstört der Tourist, egal welcher Couleur, schon seit je her genau das, was er sucht in fremdem Land oder fremder Kultur. Auch der Rucksacktourist oder der Reisende mit einem alten Magirusbus tut das (sogar wenn er keine Geodaten veröffentlicht). Man weckt Begehrlichkeiten, schon gar wenn man einen Blog schreibt und mit schönen Bildern pflastert . . .

Das funktioniert so ähnlich wie bei der Eroberung des wilden Westens a la Lederstrumpf. Die ersten Trapper wie Daniel Boone waren wenige, keine Siedler, sie hinterließen kaum Spuren in der neuentdeckten Welt (sogar wenn sie wie Danny Boone schießwütige Arschlöcher waren). Aber die, die sie beladen mit Fellen zurückkehren sahen und ihren Erzählungen vom Wildreichtum der Wälder lauschten, die wollten diesen Reichtum auch haben und drängten westwärts, immer mehr, immer weiter. Was die Pioniere weiter nach Westen trieb, wodurch wieder die Zivilisation weiter nach Westen zog, bis der Pazifik dem ein Ende bereitete.

Für die Natur war das eine Megakatastrophe: Wo vorher Abermilliarden von Tieren ~ auf vier Beinen wie Büffel, mit Flügeln oder Flossen ~ in schier unglaublichen Mengen lebten, wurden die, die man essen konnte, vor allem aber die, die man in klingende Münze verwandeln konnte, unerbittlich bejagt bis zur Ausrottung. Riesige alte Wälder mit tausende Jahre alten Bäumen verwandelten sich in Bauholz, Streichhölzer oder Papier für die Medien der Zeit, die Zeitungen. Wer sich darüber informieren möchte, lese das Buch des kanadischen Biologen, Autors und Umweltschützers Farley Mowat, der leider im letzten Jahr gestorben ist: Der Untergang der Arche Noah – Vom Leiden der Tiere unter den Menschen. Rowohlt, 1987, ISBN 3498042971. (Sea of Slaughter 1984) Unglaublich, was vorher war, Depressionen gesichert, wenn man die Motive und die Methodik sieht, wenn man das Vorher mit dem Nachher, dem Jetzt vergleicht. Wie es der englische Titel treffender sagt: Eine Metzelei, ein Schlachten. Der Mensch als Pest des Planeten Erde.

Dumm nur, daß man auch als leicht soziophob veranlagter Mensch nichtsdestotrotz Mensch und damit Teil des Problems bleibt. Auch und gerade wenn man sich aus der Menge raushält bleibt der alte Herr Magirus ein sichtbarer Fleck in der Landschaft, ein Reiz, mal zu schauen, ob man da nicht auch . . .

Wenn ich aufs Frühjahr zu über das Landesinnere zurückfahre, wird das ruhiger werden ~ bis die Herde auch da hin nachfolgt. Nur verteilt sich das dann auf eine größere Fläche. Aber wie Farley Mowat es beschrieben hat: Manchmal ist sogar ein Riesenkontinent zu klein 🙁