Erlaubt mir, dieses Photo, das ich im Pfälzerwald auf einem Radausflug gemacht habe, zu einer kleinen gedanklichen Exkursion in die Politik zu benutzen, in dem ich auch noch eine Erklärung für diesen „Stop Indect“-Tag einschiebe, über den die meisten von euch wohl einfach hinwegsehen . . .
Der Begriff des Eigentums, wem was gehört, was das bedeutet und was er mit seinem Eigentum anstellen kann, ist ein Schlüsselbegriff für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Ob es Privateigentum an Produktionsmitteln geben sollte oder nicht war über einen guten Teil des letzten Jahrhunderts ein Streitpunkt der politischen Systeme, der uns mehr als einmal an den Rand eines nuklearen Schlagabtauschs mit letztlich unvorstellbaren, und für einige später geborene nicht einmal mehr angedachte Folgen gebracht hat.
In diesem Fall bringt der Aufsteller dieses Schildes ~ im Auftrag des Bundes?, und wohl vor allem im Bestreben, die Kosten für die Pflege und den Unterhalt der Straße zu minimieren und die Risiken für die Folge der Sparmaßnahmen auf den Benutzer abzuwälzen ~ das Kunststück fertig, zwei gegensätzliche Begriffe ganz in der Tradition des Orwellschen Doublethink wiedersinnig zu vereinen, um Welt zu manipulieren und sich der Verantwortung zu entziehen. Denn Bundeseigentum kann per Definition kein Privateigentum sein, es ist Allgemeineigentum, Eigentum der Gemeinschaft der Bürger!
Eigentum wird von unserem Grundgesetz Artikel 14 garantiert, in Satz 2 wird aber festgestellt, daß Eigentum auch verpflichtet ~ „Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. Und das ist etwas, was die radikalsten Verfechter des Eigentums in aller Regel vergessen . . .
Für mich Spinner, dem der Anblick von Natur gefällt, die sich den Asphalt zurückerobert, war es trotzdem eine schöne Straße ;-}
Sorgen macht mir allerdings, daß Doublethink bzw dessen Artikulierung als Newspeak sich schon so weit in die politische und mediale Kultur verbreitet hat, daß das vielen Akteuren wohl gar nicht mehr bewußt ist. Man kann sich aber sicher sein, daß etliche sehr wohl wissen, was sie tun, nämlich ihre eigenen Interessen verfolgen, ohne Rücksicht auf Verluste, hauptsache, es sind nicht die eigenen . . . Und der sogenannte „kleine Mann auf der Straße“ läßt sich oft genug an der Nase herumführen . . . Das Internet als Informationsbörse macht die Situation leider nicht besser. Wenn ich die Kommentare zu vielen Artikeln der Onlinepresse verfolge, wird mir ganz anders. Jeder Depp kann seine Meinung verbreiten, und die größten Deppen haben offensichtlich das größte Bedürfnis, ihre Meinung der Öffentlichkeit auf die Augen zu drücken! Dazu gehören oft genug national gesinnte „Patrioten“ bis hin zu dunkelbraun gefärbten „aufrechten Bürgern“ . . .
Zur Sache, zum Anlaß, dem Aufhänger. Ein Artikel von Focus Money: Sparkurs weiter verschärft Ich zitiere hier ordentlich ;-} : . . . Mit dem verschärften Sparprogramm will sie die Auflagen der Geldgeber erfüllen … bislang schärfsten Steuererhöhungen im Rahmen des Sparprogramms vor, die sich für einen durchschnittlichen Arbeiter auf bis zu drei Monatsgehälter summieren können . . .
Nun, was würdet ihr tun, wenn man euch mal eben drei Monatsgehälter aus der Tasche zieht? Wo ihr eh mal gerade so zurechtkommt, oder beim Ende des Geldes noch jede Menge Monat übrig ist?
Der deutsche Michel regt sich darüber auf, daß SEIN GELD zur Rettung von Griechenland, Spanien, Portugal verwendet wird . . . aber ist das wirklich so? . . .
Um die Auflagen der Geldgeber zu erfüllen, wird da gespart, wo es am einfachsten ist, beim kleinen Mann (und das ist bei uns in Deutschland genauso), der sich nicht wehren kann. Denn die Steuern des kleinen Mannes werden an den Fiskus überwiesen, bevor er sie zu Gesicht bekommt, den Rest des Geldes trägt er zu seinem Vermieter, in den Supermarkt, zur Tankstelle, es bleibt einfach nichts über, was man ins Ausland transferieren oder gewinnbringend investieren kann . . . An die Gelder der wirklich Reichen kommt der Staat nicht so einfach heran, die versickern über die Banken und sogenannte Steuersparmodelle oder gleich auf illegalem, aber wirksamem Weg in Steueroasen. Und an dieses Geld geht kaum eine Regierung ran, nicht nur, weil das schwieriger ist, sondern auch, weil die Mächtigen der Welt in der Regel selbst nicht zu den Ärmsten gehören oder eine politische Karriere auch deshalb eingeschlagen haben, um in dem großen Monopoly irgendwann mitspielen zu können.
Wohin geht das Geld, das die Geberländer (gefühlt vom Michel: WIR Deutschen) an die Südländer überweisen? Direkt an die Geldgeber, sprich die großen Banken in den Nordstaaten. Damit die Reichen noch reicher werden! Zahlen tuts der kleine Mann, hier wie dort! Profitieren tut der Kapitalsektor, die Finanzwirtschaft, und mit ihnen diejenigen, die ihr Geld international investieren können, hier wie dort. Kapital ist die Flüssigkeit, die entgegen der Schwerkraft nach oben fließt, zu denen, die eh schon mehr als genug haben.
Zurück zu dem Photo: Auch im Finanzsektor hat sich die Bedeutung des Begriffs Eigentum verschoben. Solange die Gewinne sprudeln, sind die natürlich Privateigentum, geht die Zockerei schief, müssen die Banken gerettet werden, weil systemrelevant, werden Verluste vergemeinschaftet. Alternativlos, wie es unsere Bundesmerklerin immer wieder sagt. Gehts den Banken wieder besser, gehören die Gewinne selbstverfreilich wieder den Banken, den Investoren, auch wenn der eine oder andere Staat dabei pleite geht. Im Gegenteil, es läßt sich jede Menge Kohle machen, wenn man einen Staat in die Pleite treibt, indem man auf die Pleite eines Staates wettet! Zahlen tuts der kleine Mann. Hört auf zu schreien, daß ihr nicht „die Griechen“, „die Portugiesen“, „die Spanier“ alimentieren wollt, schreit lieber, daß ihr nicht mehr den Finanzsektor Zuckerchen geben wollt!
Um es mal auf den Punkt zu bringen: Die Gläubigerbanken haben Kredite gegeben. Eine Bank, die einen Kredit vergibt, sollte sich vorher vergewissern, ob es realistisch gesehen möglich ist, daß dieser Kredit zurückgezahlt wird. Wenn der Kreditnehmer das nicht kann, hat sie Pech gehabt und sollte das nächste Mal besser aufpassen. Gibt sie einen Kredit, obwohl sie weiß, daß der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückzahlen kann, dann ist das sittenwidrig. Wenn eine der größten Investmentbanken der Welt (Goldman Sachs, JP Morgan) einem Staat (Griechenland) beim Frisieren der Bilanzen hilft um ihm die Zugangskriterien zum Euroraum zu ermöglichen, dann ist das schlicht Betrug. Der Finanzsektor hat sich verzockt, also sollte er die Verluste einstecken können wie vorher die Gewinne.
Für uns Normalmenschen, die wir nicht von den Erträgen unseres Kapitals leben können, gilt der Tip ~ kein Allheilmittel, trotzdem hilfreich ~ lebt von dem, was ihr habt, was ihr verdient, so weit als möglich. Verzichtet auf das neuste Gadget, auf das neueste Auto, auf den Urlaubsflieger ins transkontinentale Paradies. Und keine Bank kann euch so schnell unter Druck setzen.
Und für die Staaten, die Länder, die Gemeinden sollte eigentlich das selbe gelten. Nur das findet nicht statt. Es ist anscheinend immer noch einfacher, jedes Jahr ein höheres Steuereinkommen zu generieren (über Verbrauchssteuern wie die Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, und ähnliches funkt das fast automatisch ~ wenn die Preise steigen, steigt auch das Steueraufkommen) und den Rest über Kredite zu finanzieren. Jede Interessengruppe schickt ihre Lobbyisten, um ihren Einfluß auf die Politik zu nehmen. Je mehr Geld die Interessengruppe hat, desto mehr Einfluß, desto sicherer kommt noch mehr Knete zurück. Umkehrschluß: Wer kein Geld hat, hat keinen Einfluß, und wird immer mehr ausgenommen, und so klafft die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander, auch und besonders bei uns in Deutschland. Und so fließt das Geld immer dahin, wo schon viel Geld ist, die Reichen werden reicher, die Armen immer ärmer, national, international. Das System heißt Kapitalismus, das Werkzeug (Neo-)Liberalismus. Die Ausrede Globalisierung . . . „alternativlos“
Europa als Idee war mal sehr viel mehr als der €uro. Es war auch die Idee eines gemeinsamen Kulturraums, in dem Menschen in Freiheit und Sicherheit leben können. Mir kommt es so vor, als ob Europa inzwischen nur noch €uro und €urokrise wäre. Wir geben dem €uro, und vor allem denen, die gerne mit dem €uro, mit vielen €uros, mit so vielen wie möglichen €uros spielen wollen, zu viel, viel zu viel Einfluß in unserem und auch im öffentlichen Leben.
Nach außen wird Europa zur Festung ausgebaut, das Asylrecht, Bestandteil des deutschen Grundgesetzes wie auch der Deklaration der Menschenrechte, so weit reduziert, daß es schon fast nicht mehr existent ist. Damit ja nicht die, die auch von unserer Politik, mit der Macht des Geldes oder der (bei uns produzierten) Waffen, durch Unterstützung totalitärer oder Neuspech „autokratischer“ Regime entweder direkt in Leben oder Freiheit bedroht oder in Armut getrieben werden, damit die nicht bei uns auftauchen und auch ein Stückchen Freiheit, Glück, Wohlstand beanspruchen . . .
Die Armut der dritten Welt ist genauso durch das System der Finanzwirtschaft im Kapitalismus wie die (besonders seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ~ danach hat der Kapitalismus die soziale Maske abgelegt) immer weiter zunehmende Verarmung der unteren Schichten in den Ländern der ersten Welt. Auch bei uns in Europa suchen immer mehr Menschen die Mülltonnen der Überflußgesellschaft ab, um ihr Leben fristen zu können. Diese Menschen haben sich nicht aus Faulheit in die soziale Hängematte fallen lassen ~ sie werden schlicht und einfach nicht mehr gebraucht, um den Fluß des Geldes zum Geld in Gang zu halten. Denn wir exportieren nicht nur durch Subventionen soweit verbilligte Hähnchen, daß kein Betrieb in Afrika damit konkurrieren kann, wir exportieren nicht nur Waffen und Überwachungstechnik (Geduld, Geduld, INDECT kommt gleich!), nein, wir exportieren vor allem auch Arbeitsplätze in die Staaten der Schwellenländer. Den Gewinn machen die großen Konzerne, die sozialen Kosten werden ~ wieder mal ~ sozialisiert, vergemeinschaftet, dem Staat, der Allgemeinheit aufgehalst . . .
In Europa dreht sich alles nur noch um die (€uro-) Krise, und während eine Erhöhung irgendeines Budges im sozialen Sektor um wenige €uro als nicht finanzierbar abgelehnt wird, sind „unbeschränkte“ Rettungsschirme in der Größe von hunderten und aberhunderten Milliarden €uros für den Finanzsektor „alternativlos“ und werden aus dem demokratischen Entscheidungsprozess ausgeklinkt, ja, die vom Finanzsektor ermauschelten Entscheidugsträger (Beispiel Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, der früher Vicepräsident der Investmentbank Goldman Sachs war und heute noch Mitglied der G30, der Group of Thirty, einer Lobbyorganisation der Großbanken ist), werden schon im Voraus von jeglicher juristischer Verfolgung für ihr Handeln freigestellt (Artikel 32 ESM) ~ ein Freifahrschein, die eigenen und die Taschen der Auftragsgeber zu füllen . . . unsere Demokratie ist schon lange zur Lobbykratie pervertiert!
Parallel dazu läuft von der EU finanziell unterstützt die Forschung an Verfahren, durch breit angelegte informationstechnische Verknüpfung von Daten öffentlicher Videokameras inklusive Videodrohnen, Daten aus Internet, sozialen Netzwerken, Emailverkehr, Telefonverkehr vorausschauend „abweichendes Verhalten“ zu detektieren, um „Verbrechen“ verhindern zu können, bevor sie überhaupt entstehen . . . INDECT ist nur eines der Forschungsvorhaben, die die EU kräftig finanziell unterstützt Man muß sich mal in Ruhe vor Augen führen, was da abgeht: Wir alle sollen sowohl im realen öffentlichen Raum als auch im virtuellen Raum der Bits und Bytes einer vollautomatisierten Überwachung unterworfen werden ~ während gleichzeitig, um den Fluß des Geldes zum Geld zu garantieren, die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter geöffnet wird, sozialer Sprengstoff gelegt wird, der vorraussehbar zu mehr Widerstand führen wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Was gibt es zu tun?
Die bestehende Umverteilung / Konzentration des Kapitals stoppen!
Brecht die Macht des Finanzsektors!
Demokratie, nicht Lobbykratie!
Bedingungsloses Grundeinkommen, möglichst weltweit!
Utopie? Selbstverständlich, aber Utopien sind eine Richtschnur. Man braucht einen Punkt am Horizont, auf den man sich zubewegt, damit man sich nicht im Wirrwarr um einen herum verirrt!
Und nicht vergessen: Obwohl kaum etwas so großen Einfluß auf unser Leben hat wie Geld, das wir in der Tasche haben oder eben auch nicht ~ Geld ist eine rein virtuelle Sache, letztlich nur Nullen und Einsen auf den Servern der Banken. DER Glaubenssatz unserer Zeit, vergleichbar mit dem Glauben an den christlichen Gott im Mittelalter. Damals wurden Kathedralen gebaut, heute Bankhochhäuser. Und ~ an Geld ist kein Mangel, es ist offensichtlich genug davon da, hunderte von Milliarden. Und wenn man mehr braucht, kann man genauso offensichtlich ganz einfach noch ein paar hundert Milliarden neu generieren, kein Problem! ;~}
Nachtrag am Samstag, dem 27.10.2012
Heute Nacht ist mir noch ein Artikel von Attac über den Weg gelaufen ~ der Konflikt wird aktuell auch in Spanien von den Sicherheitskräften schon mit Gewalt angegangen. In Griechenland sowieso schon seit länger . . .
Parallel dazu legt unsere Regierung ein Gesetz vor, das den Internetprovidern eine Schnittstelle vorschreibt, die Sicherheitsbehörden ~ und zwar ohne richterlichen Vorbehalt ~ Zugriff auf die IP-Adressen von Benutzern des Internets gibt, sozusagen in Echtzeit. Über diese Schnittstelle sollen die Behörden die Benutzer identifizieren können und sogar Zugriff auf PINs und Passwörter bekommen, z.B. für Email und Speicherdienste (Cloud). Und zwar auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hin, das die bisherige Praxis der Weitergabe von Nutzerdaten, Passwörtern und PIN-Codes als teilweise verfassungswidrig eingestuft hat! Anstatt den Zugriff zu beschränken, werden alle Zäune niedergerissen! Der Unterschied zu totalitären Staaten in der Überwachungs-Gesetzgebung schrumpft in Deutschland und der EU langsam gegen NULL!