und dann auch noch Corona . . .

. . . oder warum die Asiaten Mundschutz tragen und wir nicht . . .

Nebel im Außen, Nebel im öffentlichen Leben
Nebel im Außen, Nebel im öffentlichen Leben

Breaking News: alle Hamster sind ausverkauft! 🙁

Ein Gang durch den örtlichen Supermarkt offenbart die Deutsche Tragödie: der Deutsche an sich (wer ist das?) hat so viel Schiss, nicht mehr zum geregelten Scheißen zu kommen, dass er die Klopapierregale leer kauft, einen Vorrat anlegt für die nächsten zehn Jahre. Während Franzosen und auch die Italiener dafür sorgen würden, dass für die für das Leben wichtigsten und schönsten Dinge, gutes Essen, gutes Trinken und gutes Vögeln, alle essentiellen Zutaten vorhanden sind, beschränkt sich der Deutsche (an sich!) auf die Regale mit Teigwaren, Desinfektionsmittel und ~ zuallererst! ~ Klopapier. Was für ein Volk!

Darüber könnte man sich nun prächtig amüsieren, wenn es nicht ein Symptom für eine, nein mindestens zwei eklatante kollektive Fehlleistungen wäre. Die eine ist der Ich!-Ich!-Ich!-Egoismus, der sich in der Deutschen Seele wieder einmal Bahn schlägt. Denn an sich sollte man denken, daß für alle Widrigkeiten des Lebens genug Klopapier vorhanden und nachlieferbar ist. Nur wenn der Deutsche (an sich!) das Klopapier für drei bis zehn Jahre im Voraus kauft, dann geht halt ein Drittel der Bürger leer aus. Die Einsicht der Bergpredigt, dass für alle genug da ist, wenn man teilt, die hat sich auch in zweitausend Jahren nicht durchgesetzt.

In die selbe Kategorie fällt auch das Phänomen, daß in Arztpraxen und Kliniken die Sterilium-Spender sich in Luft auflösen. In der Freiburger Uni-Klinik scheinen ganze Flure von den Spendern befreit zu sein, die dort dringend nötig wären, um die Weiterverbreitung der Infektion zu verhindern. Ich!-Ich!-Ich! In der politischen Dimension kommt diese Einstellung dann an, wenn der Export von Schutzkleidung verboten wird und die deswegen nicht da zur Verfügung steht, wo sie am dringensten benötigt wird. Das Europäische Projekt kommt ganz schnell an ein nationales Ende, wenn die eigenen Interessen oder gar das eigene Leben bedroht sind. Grenzen zu, und aus mit Europa.

Im Bewusstsein, dass mit diesem Artikel kein Blumentopf zu gewinnen ist, aber auch im Bewusstsein, dass in den letzten Wochen einiges so schief läuft, schreibe ich lieber als mich an die Straße zu stellen und anhaltend laut zu schreien. Auch wenn mir das wahrscheinlich nicht sehr viel Sympathien einbringen wird.

Fakt ist, daß eine Bedrohung durch das Virus existiert, unbestritten. Sinn machen auch ~ vernünftige ~ Versuche, die Verbreitung des Virus zu bremsen.

Fakt ist aber auch, daß die Medien von der Panikmache leben. Corona ist ein gefundenes Fressen, andere Nachrichten sind in der Medienlandschaft kaum mehr aufzufinden.

Fakt ist außerdem, daß sich die Politik in einem Wettbewerb um die noch krassere Maßnahme befindet, um die Pandemie zu bekämpfen. Verstärkt wird das, weil sich etliche Politiker in einem Schaulaufen um die Kanzlerschaft befinden, weswegen es überwichtig erscheint, Führung (und das Bedürfnis nach Führung ist die zweite kollektive deutsche Fehlleistung!) und Profil zu zeigen. Je härter die Maßnahme, desto schärfer das Profil. Grundrechte werden reihenweise auf Basis von Verwaltungsverordnungen ausgehebelt. Noch bevor die Krise im Griff ist, werden Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die massiv in Grundrechte eingreifen. Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt, auf Handydaten soll zugegriffen werden. Die feuchten Träume unserer Innen- und Sicherheitspolitiker werden wahr. Und die Medien hinterfragen nicht kritisch, sie blasen ins selbe Horn.

Laßt uns einmal Zahlen sprechen: 44 ~ die Zahl der Todesfälle (Ende letzter Woche) in Deutschland seit Beginn der Pandemie. Über 3 Tausend ~ die Zahl der Todesfälle in Italien. Beide Zahlen steigend, denn vor ein paar Tagen waren bei gleicher Panik ’nur‘ zwölf Tote in Deutschland zu beklagen. Es werden mehr werden, sicher. Und jeder einzelne mag zu viel sein. ABER: auch wenn es eine unangenehme Tatsache ist, die wir am liebsten verdrängen. Der Tod steht am Ende jedes Lebens, auch des eigenen. Die Erkenntnis tut weh, aber es wird sich NICHTS daran ändern. Und deshalb setzen wir die Zahlen einmal in Relation, das heißt: wir stellen eine Verbindung her.

In Deutschland 44 Todesfälle, in Italien über dreitausend. Frage: Wohin sollte Hilfe primär fließen?

Die außergewöhnlich starke Grippewelle 2017/18 hat nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler rund 25.100 Menschen in Deutschland das Leben gekostet. Das ist weitgehend unkommentiert von Medien und Politik an uns vorüber gegangen.
Über dreitausend Verkehrstote in Deutschland, Jahr für Jahr. Aber keiner will das Autofahren verbieten. Im Gegenteil, ein gewisser beScheuerter Verkehrsminister hält es (im Gegensatz zu seiner Maut nur für Ausländer, die den Steuerzahler vermutlich mehr als eine halbe Milliarde €uronen kosten wird) für gegen den gesunden Menschenverstand, ein Tempolimit auf unseren Autobahnen einzuführen. Das nebenbei auch noch viel fossile Energie einsparen würde, d.h. gegen den Klimawandel helfen würde. Aber der Herr Verkehrsminister möchte gerne so schnell fahren, wie es seine Dienstkarosse hergibt: Ich!-Ich!-Ich!

Auch unser Gesundheitsminister hatte noch vor weniger als einem Jahr die Notfallversorgung für 628 kleine Kliniken gestrichen ~ 736 Notfallzentren bundesweit sollten reichen. Aber das Gedächtnis des Wahlvolks ist eben erfreulich kurz, weswegen er jetzt mit umgekehrter Argumentation Punkte sammeln kann. Und die Medien blasen die Blähungen dieser Politschauspieler weitgehend unkritisiert in die Landschaft.

Dass seid fast 40 Jahren im Zuge der neoliberalen Ideologie Funktionen der öffentlichen Grundversorgung privatisiert und eingedampft werden, rächt sich jetzt gerade im Kernbereich Gesundheit, aber nicht nur da. Die jeweiligen Protagonisten der Politik der Ellenbogengesellschaft (sie nannten und nennen es Leistungsgesellschaft), die sich ihre Gesetzesvorlagen inzwischen von den entsprechenden in die Regierungsorganisation eingebundenen (embedded!) Lobbyverbänden schreiben lassen, sehen sich aber wie Herr Scheuer oder Herr Spahn nicht in der Verantwortung, hoffen auf eine Anschlußverwendung als Aufsichtsräte, wie das die führenden politischen Köpfe der Vergangenheit erreicht haben. Dass die privaten Investoren (hießen früher übrigens Kapitalisten) im Gegensatz zu kommunalen oder staatlichen Einrichtungen Gewinn erzielen wollen und deswegen per se immer teurer sein müssen, interessiert diese Leute nicht, die Rechnung zahlt später der Bürger, der Steuerzahler. Und die ärmsten der Armen, die unten aus der Gesellschaft gekickt werden!

Und wie ist es mit den tausenden im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge der letzen Jahre?
Was ist mit den in griechischen Lagern festgehaltenen Flüchtlingen? Da findet gerade die größte Corona-Party der Welt statt, weil z.B. im für dreitausend Menschen konzipierten Lager Moria 19Tausend Menschen eingesperrt sind, die nicht mehr nach draußen dürfen. Was ist mit denen, die in Syrien (Idlib) wegen völkerrechtswidriger Invasion einer unserer Nato-Partner und auch Partner des europäischen Flüchtlingsdeals davonlaufen? Aus den Nachrichten verschwunden, und wir haben nichts damit zu tun? Mal ganz ehrlich, ich brauche kein Klopapier, wenn ich kotzen muss!

Aber zurück zum Anfang, zum Subtitel dieses Artikels: wieso tragen eigentlich die Asiaten, auch die Chinesen, in so einer Situation diese Papiermasken vor dem Gesicht? Wo doch erwiesen ist, daß sie nur beschränkten Schutz davor bieten, sich anzustecken? In China ist das Tragen dieser Masken in der Öffentlichkeit in dieser Krise vorgeschrieben. Sind die dumm? Beileibe nicht! Denn was diese Masken verhindern oder zumindest vermindern ist, dass ein Träger des Virus dieses in die Umwelt pustet und andere ansteckt. Wie ein Tempolimit also eine einfache UND wirksame Maßnahme, um ein Problem wenn nicht zu lösen, aber doch um Dimensionen zu verringern. Mensch müsste zwar ein wenig seinen Egoismus zügeln (sieht ja schon ein wenig komisch aus), würde aber zeigen, dass man Verantwortung übernehmen würde für die Gesundheit seines Mitmenschen. Weil man nie wissen kann, ob man selbst Virusträger ist, würde man davon ausgehen, dass man es ist, und zum Schutz der anderen aktiv werden. Dazu noch Wasser und Seife, und die Probleme wären erheblich kleiner. Das Leben könnte weitgehend normal weiter laufen, ohne die feuchten Träume der Politiker in Erfüllung gehen zu lassen. Nur müssten diese Masken auch vorrätig sein. Sind sie nicht. Denn die werden inzwischen, wie fast alles, in China hergestellt, wo die gerade dringend gebraucht werden. Und mit einer vernünftigen Vorsorge lässt sich in Deutschland, und wahrscheinlich auch in ganz Europa, kein Profil schärfen, keine Lorbeeren gewinnen. Traurig, aber wahr . . .

So verbringe ich diese Zeit weitgehend in der freien Natur und halte mich ein wenig mehr als sonst auf Distanz zu meinen Mitmenschen. Mit ein wenig Abstand ist die Ansteckungsgefahr so gut wie Null. Hausarrest ist nicht unbedingt nötig, wenn man einige wenige Spielregeln einhält. Auf den Gedanken kommen Politiker, die es sich nicht vorstellen können, aus dem Haus zu gehen, ohne jedem die Hände zu schütteln, dem sie begegnen, und ohne ihnen die Ohren abzukauen.

Eine Erkenntnis zum Schluss: es gibt tatsächlich Schlimmeres als zu sterben ~ nämlich vor dem Tod nicht gelebt zu haben! Oder dumm zu sterben. Oder als Egoist zu sterben . . .

Nachtrag zum Klimapaket :(

oder: Vom Können und vom Wollen

Wie die Süddeutsche in zwei Artikeln beschreibt, hat die Bundesregierung alle Zahlen zu den CO²-Minderungszielen aus ihrem Entwurf für das Klimaschutzprogramm gestrichen, womit die jährliche Revision der Klimaschutzziele wohl gestorben sein dürfte. Wie sie in einem anderen Artikel schreibt, muß die Deutsche Bahn erst einmal 900 neue Mitarbeiter einstellen, um ihre Planungsabteilung darauf vorzubereiten, wie man die angekündigten zusätzlichen Milliarden vom Bund sinnvoll verwenden könnte. Da klemmt es also schon an den Voraussetzungen, um das Geld überhaupt abrufen zu können.
Somit haben sich die einzigen zwei positiven Punkte des Klimaschutzprogramms, die ich in meinem Artikel aufgeführt hatte, aus dem Bereich der Realität in das Reich des Märchens verabschiedet. So richtig wundern tu ich mich ja nicht darüber, denn wie heißt es so schön? Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen. Und wenn es am Wollen hapert, bleibt das Können auf der Strecke! Wer sich von den Lobbyisten der Wirtschaft seine Agenda diktieren läßt, dem kann man das Wollen nicht ernsthaft abnehmen, und so sind dann auch die Ergebnisse!

FridaysForFuture ~ 20. September in Koblenz

FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz
FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz

Das mußte sein! Da letzten Freitag die jungen Streiter für den Klimaschutz, FridaysForFuture, auch uns ältere Semester weltweit zu den Demos eingeladen hatten, hab ich mich per Zug von Andernach nach Koblenz aufgemacht, um an der da angekündigten großen Demo teilzunehmen. Und mit mir zum Glück auch noch viele andere, sodaß der große Platz vor dem Bahnhof zur symbolisch angekündigten Zeit fünf vor zwölf gut gefüllt war.

FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz
FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz

Meine letzten Erfahrungen auf Demos liegen jetzt auch schon mehr als anderthalb Jahrzehnte zurück, insofern war das durchaus auch ein emotionales Erlebnis. Aber ich konnte feststellen, daß sich so arg viel nicht verändert hat. Man skandierte die selben Parolen ~ Leute laßt das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein! ~ und gewisse Menschen hatten die selben Probleme mit dem Einreihen, die sie auch damals schon hatten. Ich rede jetzt weniger von den außenstehenden Zuschauern als von denen, die so gerne auf einen Zug aufspringen, den sie selbst nicht in Fahrt gebracht haben, die sich vordrängeln und glauben, daß man um so mehr Einfluß bekommt, je lauter man seine Parolen brüllt. Und so sehr ich der Meinung bin, daß ein Systemwechsel weg von Kapitalismus und Neoliberalismus tatsächlich eine Voraussetzung dafür ist, daß sich wirklich etwas ändert, so sehr bin ich auch davon überzeugt, daß die alte Taktik des Kaperns von Parolen, das laute Brüllen und das Vordrängeln eben gar nichts ändert und nur die alten Kämpfe perpetuiert, und dadurch auch alles weiter läuft wie gehabt. Solidarität muß man nicht nur einfordern, man muß sie auch leben! Und das geht anders! Das war eine Veranstaltung von FridaysForFuture, und an sich sollte sich der antikapitalistische Block nach den jungen Leuten einordnen. Nur war da der Egoismus wieder größer und FFF etwas bedröppelt dann ziemlich weit hinten. Weil genau dieser Egoismus des Ich!Ich!Ich! das Problem ist, das nicht nur den Klimawandel verursacht . . . Herr, laß Hirn regnen!

angeführt von Musik ~ Sambatruppe piripiri
angeführt von Musik ~ Sambatruppe piripiri

Ansonsten alles gut! Die Demo wurde von der Sambatruppe PiriPiri rythmisch angeführt und angeheizt, die Veranstaltung war nicht nur durch die Regenbogenflagge schön bunt und vielfältig. Und vor allem auch friedlich. Greenpeace war dabei, ExtinctionRebellion, und viele individuelle Einzel- und Paarkämpfer, die mit eigenen selbstgemalten Schildern der Politik die Leviten lesen wollten. Gut so!

System Change not Climate Change
System Change not Climate Change

Daß die Politiker unserer Regierung entgegen ihrer Verlautbarungen immer noch nicht begriffen haben, daß die Zeit für’s NichtsTun schon lange abgelaufen ist, konnte man dann nach der Veröffentlichung des sogenannten Klima*Paket*s bewundern, das wie zu erwarten nicht mal ein Päckchen geworden ist, nicht einmal eine Warensendung, sondern nur ein Prospekt mit Ankündigungen, das nicht das Papier wert ist, auf das es gedruckt wurde. Klimazertifikate, die verschenkt werden, Preise für den Handel mit denselben, die 2021 mit € 10/t anfangen sollen, bis 2025 steigend auf € 35/t. Zur Erinnerung: Der aktuelle Börsenpreis für CO²-Zertifikate liegt bei gut 26 €uronen! In der Schweiz gibt es eine sogenannte Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe (nicht Treibstoffe!) seit 2008, im Moment liegt der Preis bei 96 Franken/t, das sind in €uro 85! Und so geht es auch gleich weiter ~ um zu zeigen, wie ernst ihnen das Thema ist, fliegen 5 Regierungsmitglieder in 4 Flugzeugen in die USA zum UN-Klimagipfel, zur UN-Vollversammlung und zu einem Treffen mit dem sogenannten Verteidigungsminister, wobei schon der Flug unserer frischgebackenen Verteidigungsministerin um die 360000 €uronen aus der Staatskasse saugt . . .

Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!!!
Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!!!

Die ursprünglich avisierte Ausschüttung eines CO²-Preises zurück an die Bevölkerung (wie in der Schweiz) ist klammheimlich unter den Teppich gekehrt worden. Es gibt eine Erhöhung der Pendlerpauschale um 5 €urocent, die aber schon die erste Erhöhung des Spritpreises von 6 €urocent nicht ausgleichen wird, weil die Pauschale nur für den einfachen Arbeitsweg gilt. Außerdem wird die Pendlerpauschale nur an die ausbezahlt, die lange Arbeitswege haben, eine Steuerung hin zu kürzeren Arbeitswegen, wie sie vernünftig wäre, findet also nicht statt. Kein Systemwechsel, alles bleibt im Interesse der Wirtschaft, flexibel hat nur der Arbeitnehmer zu sein! Wie wäre das, nur mal kurz angedacht, wenn der Arbeitgeber, der ja die Arbeitswege verursacht, der die Arbeitnehmer für die Produktion oder die Dienstleistung braucht, die Arbeitswege der Mitarbeiter entlohnt und die CO²-Abgabe bezahlt? Das wäre sozialverträglich und würde auf Dauer das System umweltverträglicher gestalten.

jetzt marschieren oder später schwimmen!
jetzt marschieren oder später schwimmen!

Es wird in der Politik viel darüber geredet, daß man die ‚kleinen Leute‘ mit den geringen Einkommen nicht überlasten dürfte, daß der Klimawandel (eigentlich die Maßnahmen dagegen!) sozialverträglich abgefedert werden müßte. Allerdings gibt es fundierte Studien, die belegen, daß die CO²-Bilanz der Bürger unabhängig vom Umweltsbewußtsein mit dem Einkommen steigt. Man konsumiert mehr, man wohnt in einer größeren Wohnung, die beheizt oder im Sommer gekühlt werden will, man fährt das größere Auto, macht die weiteren Reisen, sogar der moderne 4K-Fernseher schluckt mehr Energie. Bei einer reellen Rückerstattung einer reellen CO²-Abgabe würden also automatisch diejenigen profitieren, die wenig CO²-Emmissionen verursachen, insbesondere die Bezieher kleiner Einkommen egal welcher Art! So wie das jetzt gestrickt worden ist, gibt es nur den Effekt, daß der Staat wieder mehr Geld aus den Bürgern saugt, mit dem er Unsinn machen kann, wie zum Beispiel den sogenannten Wehretat zu erhöhen (gegen wen wehrt sich Deutschland?).

die Regenbogenflagge ~ PEACE!
die Regenbogenflagge ~ PEACE!

Schon Ende der 90er-Jahre hatte damals die SPD unter Lafontaine die Idee, die Ökosteuer auf Treibstoffe dazu zu verwenden, Einkommen unter 1500 Mark von Sozialabgaben frei zu stellen. Aber Schröder fuhr dann lieber eine neoliberale Politik, die die unteren Schichten belastete (Hartz IV) und einen Berg von Altersarmut in der Zukunft noch verursachen wird, weil die Leut ohne Job halt auch nichts in die Rentenkasse einzahlen konnten. Man könnte durch gezielte Maßnahmen wie eine spürbare CO²-Steuer den Resourcenverbrauch minimieren, gleichzeitig Arbeit billiger machen und die kleinen Einkommen entlasten. Man könnte das Soziale wieder in die Marktwirtschaft bringen. Man könnte einen Teil des Geldes in genossenschaftlichen oder kommunalen, nicht gewinnorientierten Wohnungsbau stecken. Möglichkeiten gibt es, man muß es nur wollen!

nicht könnte, hätte, wollte ~ MACHEN!
nicht könnte, hätte, wollte ~ MACHEN!

Nur zwei Punkte gibt es, die ein wenig Hoffnung machen ~ die Bahn freut sich darüber, daß ein Teil der Mehreinnahmen für ihre Investitionen gespendet werden soll. Hoffentlich minimiert sich dann auch ihr Verbrauch von Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken, der bis jetzt noch bei 34% liegt. Außerdem müßten dann natürlich die durch die Erneuerbaren überflüssig gemachten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, anstatt den Kohlestrom zu exportieren! Und auch der Braunkohletagebau müßte eingestellt werden! Hambi bleibt!

es gibt keinen Plan(eten) B!
es gibt keinen Plan(eten) B!

Der andere Punkt ist der, daß jährlich! abgecheckt werden soll, ob die Einsparung der CO²-Emmissionen auch das geplante Soll erreicht. Nur scheint rein gar kein Plan darüber zu existieren, was denn passieren soll, wenn die Zielvorgaben NICHT erreicht werden ~ worauf ich jeden Betrag wetten würde! Es bleibt also spannend! Herr, laß Hirn regnen!!!

Ich möcht' ein heißes Date ~ keinen heißen Planeten
Ich möcht‘ ein heißes Date ~ keinen heißen Planeten
auch dabei ~ der Eisbär
auch dabei ~ der Eisbär
ohne Bäume keine Träume
ohne Bäume keine Träume
vermüllte Landschaft und Hambacher Forst
vermüllte Landschaft und Hambacher Forst
Gier ist das Gift ~ der Klimawandel das Fieber
Gier ist das Gift ~ der Klimawandel das Fieber
wie viel Zeit bleibt?
wie viel Zeit bleibt?

Nochmal zum Thema Zeit, die bleibt: Wenn man die Zeit für die politischen Diskussionen und Maßnahmen (gerade verpaßt!!!) mit einrechnet, wenn wir einrechnen, daß für das 1,5°-Ziel die Vorgaben nochmal angepaßt werden müssen, und zwar zum nächsten 5-Jahrestermin, wie man im oben verlinkten Artikel nachlesen kann, also in ein paar Monaten Anfang 2020, dann haben wir keine zehn Jahre mehr. Dann ist spätestens seit Veröffentlichung des sogenannten Klima*paket*s nicht 5 vor Zwölf, sondern 5 nach Zwölf!

Deutschland Autoland ~ Schluß damit!
Deutschland Autoland ~ Schluß damit!
make the world Greta again!
make the world Greta again!

Man will wohl nicht ~ die schärfsten Kritiker der Elche ~ sind selber welche . . .

Tja, drei Tage ist das nun her, und von keinem der fünf Empfänger in der Süddeutschen Zeitung ist auch nur eine Rückmeldung gekommen, wenn man von einer automatischen Antwort wegen Urlaub einmal absieht. Auch die zwei Bundestagabgeordneten der Grünen, die ich auf den Artikel aufmerksam gemacht hatte, haben sich nicht gemeldet.

Nun hatten ja Russland und China wegen dem im letzten Artikel thematisierten Test der Amerikaner eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen einberufen, die dann tatsächlich am Freitag, also dem 23. August, in den Leitmedien besprochen wurde. Aber in KEINEM der Artikel wurde die Kritik von Russen und Chinesen an den installierten Abschußvorrichtungen MK-41 erwähnt, die eben auch offensive Waffen mit größerer Reichweite abschießen können, die wie die Tomahawks auch mit Nuklearwaffen bestückt sein können. KEINE? Nein, doch, eine habe ich gefunden: Die Sputnik News, die von den westlichen Medien oft als russisches Staatsmedium und Propagandamittel verschrien wird.

US-Raketentest am 18. August 2019. MK-41 und Tomahawk Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei
US-Raketentest am 18. August 2019. MK-41 und Tomahawk Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei

Im Gegenteil nutzten die meisten deutschen Leitmedien die Berichte über die Sicherheitsratssitzung dazu, mit dem Finger auf Russland zu zeigen: die Existenz des Marschflugkörpers Novator 9M729, vom Westen auch SSC-8 (Nato-Code) genannt, und dem Unfall beim Start eines Marschflugkörpers auf dem Testgelände Njonoksa am Weißen Meer, vermutlich SSC-X-9 „Skyfall“ (ebenfalls Nato-Code) mit Freisetzung von Radioaktivität. Das ist schön und gut, die Bedenken der Amerikaner ob der russischen Marschflugköper können selbstverständlich thematisiert werden, auch wenn die Russen die Reichweite über 500km des SSC-8 bestreiten und kein wirklicher Beleg existiert. Auch die schon aus ökologischen Gründen abzulehnenden nuklearen Antriebe des Skyfall gehören diskutiert. Dazu gehört aber die Informaton, daß auch die USA solche Nuklearantriebe in Entwicklung hatten ~ Projekt NERVA von 1954 bis 1972 und Timberwind im Rahmen von Reagans SDI-Programm bis 1992. ALLE Seiten rüsten auf, ALLE Seiten sollten vom kritischen Journalismus genau beobachtet werden!

Stattdessen finde ich in den westlichen Leitmedien fast nur Berichte, die nur die Fakten aufzählen, die dem westlichen Narrativ (Framing) entsprechen. Ein schönes Beispiel ist ein Artikel auf Spiegel Online von gestern: Russischer Roboter schafft es nicht auf die ISS, der ein abgebrochenes Andockmanöver an der internationalen Raumstation ISS thematisiert. Der Beitrag endet mit der Bemerkung ‚Die russische Raumfahrtindustrie ist weit von ihren Glanzzeiten in der Sowjetära entfernt‘ Nun gut, technische Probleme gibt es in der Raumfahrt immer wieder, egal welche Nation die Raketen nach oben schießen. Ob USA, Russland, Europa oder auch die neuen Raumfahrtnationen Japan, China und Indien. Der Transport von Material und Personen findet aber seit Ausfall der SpaceShuttle der Amerikaner überwiegend durch die russische Roskosmos statt. Der Clou an dem gestrigen Vorfall ist allerdings, daß der technische Fehler weder mit dem Roboter noch mit dem russischen Transporter zu tun hat, denn laut Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa könnte das Vorhaben an einem Signalverstärker auf der „ISS“ gescheitert sein, der zur Abstandsmessung beiträgt. Er soll wohl ausgetauscht werden, um womöglich in 24 oder 48 Stunden einen zweiten Versuch zu unternehmen, wie die Welt schreibt. In Überschrift und Schlußbeurteilung wird aber durchaus absichtsvoll impliziert, daß der Fehler auf der russischen Seite lag. Häh bitte?

Pikant ist bei der Angelegenheit, daß Spiegel Online den Artikel unter der Rubrik Wissenschaft veröffentlicht ~ aber was hat billiges Russland-Bashing mit Wissenschaft zu tun? Nun denn, was will man von einem Medium erwarten, das inzwischen seine Chefredakteure bei Bild rekrutiert . . .

Aber auch sonst: die ganze Medienwelt regt sich über Fake News auf, aber auch da gilt die alte Weisheit ‚Die schärfsten Kritiker der Elche ~ sind selber welche!‘

Die Medienlandschaft erinnert mich immer mehr fatal an Zeiten in den 19hundertzehner und 19hundertdreissiger Jahren. Die Auswahl von Fakten nach der eigenen politischen Agenda, die Dämonisierung, Verunmenschlichung und Lächerlichmachung des ‚Feindes‘ hat damals in die Weltkriege I und II geführt. Ob wir Menschen mit dem inzwischen potenzierten Zerstörungspotential einen dritten Weltkrieg überleben würden, bezweifle ich stark. Die Berichterstattung in Fragen der Militarisierung der Politik steht tendenziell in Stürmer-Tradition, sehr erschreckend! Auch der übrigens proklamierte für sich ‚die Wahrheit‘ (der Untertitel war ‚Deutsches Wochenblatt zum Kampfe um die Wahrheit‘). Wer da Ironie findet, darf sie gerne behalten.

Die Verantwortung der ‚freien‘ und kritischen Presse/Medien wäre eine auf ALLEN Fakten beruhende Analyse, neutral und nicht von transatlantischen Seilschaften dominiert, und dann Aufklärung und nicht Eskalation. Propaganda gehört jedenfalls nicht dazu.

Was lerne ich sonst noch aus der Sache? Daß Webseiten und Blogs inzwischen sowas von gestern sind, daß ein Blog mit so geringer Reichweite wie es meiner halt ist, diesen sogenannten Leitmedien nicht einmal einen kurzen Check der Fakten wert ist. Wer nicht einskommasiebenmillionen Abonnenten hat wie Rezo, der ist eine Antwort dieser vielbeschäftigten Wahrheitsinhaber nicht wert, eine Auseinandersetzung mit Fakten schon gar nicht. Gott segne ihnen ihre Scheuklappen, denn außerhalb des gewohnten Sichtfelds tummeln sich nur Trolle 🙁

Alsdann, ich übergebe an die junge Generation VBlogger: Rezo übernehmen Sie!

Ganz zum Schluß, es könnt ja doch noch ein Wunder geschehen ~ auch dieser Beitrag geht wieder an die gewohnten Adressaten von Süddeutscher Zeitung, der Grünen und aus gegebenem Anlaß Spiegel Online, und, TaTaTaTaaa! an Rezo 🙂

Die Mutter aller Probleme, Morgenröte und Wege

vor Sonnenaufgang ~ Wölkchen zartrot beleuchet
vor Sonnenaufgang ~ Wölkchen zartrot beleuchet

Was ich jetzt schon lange vor mir hergeschoben habe in den letzten Wochen, wieder mal ein Artikel der Kategorie Polisangelegenheiten . . . die beschriebenen Ereignisse liegen zum Teil schon in einer längeren Vergangenheit, dem Ende zu zielt er aber in eine fernere Zukunft. Lest, und bleibt gespannt! 🙂

und auch ich bin ein besorgter Bürger . . .

Allerdings mache ich mir weniger Sorgen um irgendwelche Migranten, nicht einmal dann, wenn ein kleiner Prozentsatz unter ihnen kriminelles Verhalten zeigt. Dafür ist dann unsere Exekutive, Polizei und Rechtssprechung zuständig. Daß man einigen unter ihnen ihr verqueres Welt- und/oder Frauenbild abgewöhnen müßte, sollte durch verpflichtende Kurse in den Griff zu kriegen sein, denn die Spielregeln bei uns sind durch unser Grundgesetz und die allgemeinen Menschenrechte festgelegt, das ist lernbar, sollte man zumindest meinen . . .

An der Stelle sind allerdings Zweifel angebracht, wenn man so manche Äußerung von biodeutschen Politikern und hohen Beamten, die lieber Politiker wären, speziell aus dem Fachgebiet der inneren Sicherheit, hört. Mir fällt da der Name Seehofer ein, und bei einem Herrn Maaßen kommen mir sogar massive Zweifel, ob dieser (zum Glück!) Ex-Chef des Verfassungsschutzes jemals unser Grundgesetz gelesen hat.


Sollte Ihr Browser den Tweet nicht richtig darstellen, können Sie ihn hier in einem neuen Reiter ansehen.

Über den oben integrierten Twitter-Tweet gibt es einen schönen Spiegel-Artikel, ein gesammeltes Sünden-Register bei der Tagesschau, von der Affäre Kurnaz, wo er dafür gesorgt hat, daß ein unschuldiger in Deutschland gerborener und lebender Türke für Jahre im üblen US-Gefangenlager Guantanamo interniert blieb, über die verfassungsrechtlich unmögliche Bespitzelung von Journalisten von netzpolitik.org, das Etikettieren des Whisleblowerds Snowdon als Spion Russlands, Beratung für die AfD (Alte Naive für Deutschland!), damit die nicht durch seine Behörde beobachtet werden müsste, das Belügen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die Bezeichnung eines Videos, das Bedrohung und Jagd auf ausländisch aussehende Menschen zeigt, als ‚gezielte Falschinformation‘. All das zeigt überdeutlich, wo sich dieser Beamte, der Politik zu machen versucht, verortet. Ich selbst habe mich schon vor mehr als zwei Jahren einmal darüber geäußert, spare mir zu dieser Person also weitere Kommentare.

Wenn wie in Dresden zugereistes GesoX mit Hitlergrüßen und braunen Parolen ausländisch oder links aussehende Menschen bedrohen und hinter ihnen herlaufen (die wollen nur spielen?!?), und die zuständigen Innenminister von Land und Bund und der Verfassungsschutzpräsident der Meinung sind, daß es keinen Mob gegeben habe, dafür aber einen (zugegebenermaßen anonymen, weshalb wohl?) Poster eines dokumentierenden Videos der falschen Darstellung oder gar Fälschung beschuldigen, DANN mache ich mir Sorgen! Schlimm genug, daß kaum 70 Jahre nach Beendigung eines tausendjährigen Reiches Minderheiten wieder im öffentlichen Raum Sorgen um ihre Sicherheit haben müssen, wenn die entsprechenden exekutiven und politischen Organe den Feind nur auf der linken Seite suchen und den auf der rechten (das hat leider rein gar nichts mit Recht zu tun!) Seite verharmlosend schönreden, dann müssen sämtliche Alarmglocken läuten, dann müssten sogar die noch vorhandenen Luftschutzsirenen aus den Zeiten des kalten Krieges losgehen.

Daß ein offensichtlich nur lokalen Parteiinteressen sich verpflichtet fühlender Politiker zum Innenminister der Bundesrepublik aufsteigt, wird sich hoffentlich irgendwann von selbst erledigen. Die CSU dampft in ihrem panischen Landeswahlkampf gerade ihren Stimmenanteil selbst ein, indem sie die AfD mit dem Thema Migration rechts überholen will. Auch ein Herr Seehofer wird seinen Preis zahlen müssen, warten wir das ab. Seehofer wollte Maaßen unbedingt noch befördern, das hat zu Protesten geführt und ist dann storniert worden. Aber der Herr Maaßen wird tatsächlich im Innenministerium dem Herrn Seehofer zuarbeiten, und mir graut vor der politischen Agenda der beiden!

die Mutter aller Probleme? die Mutter aller Probleme!

Seehofer hat nach den Ausschreitungen von Chemnitz lange geschwiegen, um dann mit dem Spruch an die Öffentlichkeit zu treten, daß Migration ‚die Mutter aller Probleme‘ sei. Er reiht sich damit in die Reihe derer ein, die in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Probleme der Wirtschaftskrise den Juden in die Schuhe geschoben haben. Die dann den unter das Existenzminimum der Teilhabe am Wohlstand der Gesellschaft gedrückte Teil der Bevölkerung mit übler Propaganda gegen ‚die Juden‘ (sind an allem schuld!) gehetzt hat, bis hin zum Holocaust, während diese gleichen Hetzer sich mit Posten und Pöstchen bereichern konnten, und den großen Konzernen (z.B. IG Farben, Krupp) weiter das große Geld zustömte.

Nein, Herr Seehofer, die Mutter aller Probleme ist nicht die Migration, die Migration ist nur die Folge der Mutter aller Probleme, einer politischen Ideologie, die die Interessen der großen Wirtschaft über die Interessen der Menschen setzt. Die den Strom des Geldes von denen, die wenig haben, national von denen mit geringem Einkommen zu denen, die Millionen und Milliarden ihr Eigen nennen, global von den Ländern der ‚dritten Welt‘ zu denen der ‚ersten Welt‘ (siehe diesen Artikel unten, Linksammlung zur Afrikapolitik), immer weiter anfeuert. Ganz vorne mit dabei die USA und Europa, aufstrebend China und auch Russland.

Mindestens seit den 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, hier in Europa mit Thatcher und Kohl, ist Politik im Auftrag der Wirtschaft nur noch damit beschäftigt, das Ellenbogenprinzip gegen das Solidaritätsprinzip durchzusetzen. Kapitalisten werden seither Investoren genannt, Sozialabbau wird als Reform schöngeredet, die Ausbeutung von Entwicklungsländern als Globalisierung. Als einziger ‚christlicher Wert‘ zählt noch der Shareholder Value. Keine Tagesschau ohne vorherigen Börsenspiegel, der klar und deutlich macht, was wirklich zählt in dieser schönen, neuen Welt: Geld, Geld, Geld! Nicht für die Vielen, sondern nur für die Wenigen, schon lange nicht mehr die oberen Zehntausend, sondern je nach Sichtweise die oberen zehn Prozent, das obere Prozent, oder gar das obere Promille.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung besitzen die reichsten zehn Prozent fast 64 Prozent des gesamten Vermögens in Deutschland. Während die Zahl der Niedriglöhner steigt und der Reallohn des ’normalen‘ Arbeitnehmes stagniert bis fällt, ist alleine im lezten Jahr das Vermögen der 1000 reichsten Deutschen um 13% gestiegen. Sie besitzen zusammen 1,177 Billionen €uro. Die 44 reichsten Haushalte besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Die Politik tut nichts dagegen, viel dafür. Unter Kohl wurde die Vermögenssteuer abgeschafft, die nach der Finanzkrise 2008 diskutierte Finanztransaktionssteuer hat sich in Wohlgefallen (der Finanzindustrie) aufgelöst. Spätestens seit Schröder mit Harz IV macht auch die SPD Politik für die wenigen Reichen, eine Frau Nahles läßt sich für einen Mindestlohn feiern, von dem auch bei Vollzeit keine Familie ernährt werden kann und die direkt in die Altersarmut führt. Ihr Vorgänger Müntefering knüppelte mit dem Satz ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen‘. Und das in einer Situation, in der Arbeitsplätze in Billiglohnländer exportiert werden, bis nach Fernost, und immer mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung (Industrie 4.0) verloren gehen.

Politik für die Vielen anstatt für die wenigen Reichen wird nicht mehr gemacht, DAS ist die Mutter aller Probleme, deswegen laufen die Abgehängten hinter irgendwelchen Populisten her. Die Migranten sind nur die Sündenböcke, die jetzt für das Versagen einer Politik geprügelt werden, gemacht von Politikern, die nur noch mit dem Schachern um irgendwelche Posten beschäftigt sind, die sich die Gesetze, die sie abnicken, von irgendwelchen Lobbyorganisationen schreiben lassen. Die (parlamentarische) Demokratie schafft sich ab, der Weg zur Diktatur des Kapitals wird freigemacht.

Upgrade am 31.10.2018 ~ gerade habe ich auf Telepolis ein lesenswertes Interview mit Hannes Hofbauer gelesen, der beleuchtet, wie von Unternehmerverbänden mehr Migration gefordert wird, um den Arbeitsmarkt unter Druck zu setzen. Zitat:“Die gewerkschaftsnahe Hans Böckler-Stiftung hat errechnet, dass die Löhne und Gehälter in Deutschland zwischen 1995 und 2004 um – preisbereinigt – 0,9 Prozent gesunken sind. Seit 1992 gab es (bis 2016) keine Reallohnerhöhung.“ Auf der anderen Seite werden durch sogenannte Freihandelsabkommen wirtschaftliche Strukturen in Entwicklungsländern zerstört, um für europäische Produkte Absatzmärkte zu schaffen, während deren Erzeugnisse auf dem europäischen Markt nicht konkurrenzfähig sind. Zitat: „In Ghana kamen beispielsweise vor dem Partnerschaftsabkommen 95 Prozent des Geflügels von heimischen Züchtern, nach Inkrafttreten des Abkommens waren es gerade einmal 11%. Es sind die Söhne (und Töchter) dieser Bauern, die keine Überlebensperspektive mehr in ihrer Heimat haben und sich über das Mittelmeer nach Europa aufmachen.“

Nach zwei Landtagswahlen, in denen die früher sogenannten Volksparteien jeweils mehr als zehn Prozent Stimmenanteil verloren haben, und das von inzwischen eh unterirdischem Niveau aus, und eine Partei, die nun wirklich entgegen ihrem Propagandanamen ganz und gar keine Alternative darstellt, bald in jedem Landtag vertreten ist, und auch die sogenannten Linken keine Visionen für eine Zukunft mehr präsentieren können, wundern sich die Großkopferten aller Parteien, wie der Wähler, dieses geheimnisvolle Wesen, sie nur sooo mißverstehen konnte. Sie wollten doch alle nur sein Bestes!

Wenn aber das Beste eben das Geld derer ist, die Monat für Monat malochen müssen, um das Geld für die Miete, Heizung, Strom und den Sprit für das Auto zusammenbekommen, das sie für den Arbeitsweg brauchen, während Politik nur noch für die wenigen Vermögenden gemacht wird, und die Vielen nur noch als bezahlendes Stimmvieh mißbraucht werden, denen mit vielen verschwurbelten leeren Worthülsen vorgemacht wird, daß sie als Souverän die Entscheidungen träfen, die die Nation oder gar die Union steuern; während allen aus Erfahrung immer klarer wird, daß politischer Einfluß vom (großen!) Geld abhängig ist, wundern sich unsere Politdarsteller, daß ihnen die Wähler davonlaufen.

Dabei sollten ihnen die Zusammenhänge schon klar sein, sonst würden im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung nicht die peinlichen Teile mal eben unterschlagen, ich zitiere aus dem oben verlinkten Artikel der sächsichen Zeitung: „So fehlt inzwischen der Befund: ‚Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikänderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikänderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird‘. Ebenfalls gestrichen: Personen mit geringerem Einkommen verzichteten auf politische Partizipation, ‚weil sie die Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert‘. Getilgt wurde zudem der Passus, es bestehe ‚eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen‘ “.

Verückt ist, immmer wieder die selben Handlungsweisen zu wiederholen, und jedesmal zu erwarten, daß nun alles anders wird . . .

In welcher Welt wollen wir leben? Wie sollte eine Gesellschaft aufgestellt sein, in dem die Vielen in Würde leben können? Das Bundesverfassungsgericht hat am 9.2.2010 ein an sich richtungsweisendes Urteil gefällt, ich zitiere:

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen. . . . Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber . . .

Art. 1 Abs. 1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Art. 20 Abs. 1 GG: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Und trotzdem: Auch nach der Nachbesserung dürfen die Bezüge von HarzIV durch Sanktionen gekürzt werden, obwohl sie nur das Existenzminimum und soziale Teilhabe beinhalten. Nach wie vor werden HarzIV-Bezieher durch Jobcenter-Mitarbeiter Repressionen ausgesetzt, die schwerlich mit der Würde des Menschen vereinbar sind.

Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, unseres Grundgesetzes, an die Politik ist klar formuliert ~ stetige Aktualisierung durch den Gesetzgeber. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ein menschenwürdiges Existenzminimum und Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sind sicherzustellen.

In Zeiten, in denen Arbeit immer mehr von sich intelligent wähnenden Rechenmaschinen wegrationalisiert wird und ein immer größer werdender Prozentsatz der Bevölkerung allenfalls noch als Konsumenten gebraucht wird, in Zeiten, in denen die Interessen genau derselben Bevölkerungsgruppe immer weniger berücksichtigt werden, weil es ja sooo wichtig ist, die Interessen der Shareholder zu beachten, kann das eigentlich nur eines heißen: Bedingungsloses Grundeinkommen. Das ist kein Geschenk. Wie sagt das Bundesverfassungsgericht?

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG . . . ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden . . .

Was tun? Wo ist ein gangbarer Weg?

Dem bedingungslosen Grundeinkommen wird oft nachgesagt, daß es nicht finanzierbar wäre. Aber ein Herr Draghi hat ja gezeigt, daß im Interesse der Finanzwirtschaft ohne Weiteres 80 Milliarden €uro geschöpft werden können, um faule Wertpapiere vom Markt zu kaufen. Monat für Monat. Inzwischen sind es, nach diesem Artikel zweieinhalb Billionen €uro, die Herr Draghi da versenkt hat. Eine Billion hat zwölf Nullen. Ungefähr 5000 €uro für jeden Bürger der €uropäischen Union. Ohne irgendeine demokratische Legitimation. Es ist ja nicht so, daß der Herr Draghi in einen Schrank greift und da vorhandene Milliarden herausholt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Er SCHÖPFT das Geld, er erzeugt es nach Belieben. Genauso wie jede Bank, die einen Kredit vergibt, nicht Geld verleiht, das sie hat. Nein, sie schöpft dieses Geld, möchte es mit Zinsen zurück haben. Bis auf die Zinsen verschwindet dieses geschöpfte Geld bei der Rückzahlung, die Zinsen mutieren zum Gewinn der Bank.

Neulich habe ich einen interessanten Essay gelesen: Geld für mehr Demokratie Der Autor Rob Kenius schildert die Mechanismen der Finanzwirtschaft und propagiert eine digitale, degressive (will heißen, wird negativ verzinst) Währung, die von den Staaten bzw von der Union parallel zum €uro installiert werden sollte, deren Akzeptanz auch gesetzlich garantiert würde. Ich werde jetzt nicht erklären, wie diese Währung funktionieren würde, dazu lest bitte den Artikel ~ nur soviel: die Idee hat tatsächlich das Potential, den Einfluß der Finanzindustrie auf die reale Wirtschaft und die Politik herunterzuschrauben und den Einfluß von uns Bürgern wieder zu stärken, wenn . . .

. . . ja, wenn diese Idee dazu verwendet würde, europaweit ein bedingungsloses Grundeinkommen (das aber gar nicht Thema des Artikels ist) einzuführen und auszuzahlen. Die Degression, sprich die regelmäßige Wertminderung, würde für das bedingungslose Grundeinkommen so gut wie keine Rolle spielen, denn es wird ja laut Definition für die Grundbedürfnisse verwendet, also zeitnah ausgegeben. Und damit die lokale (von Wohnort bis Europa) Wirtschaft antreiben, durch direkten Konsum. Für die Finanzindustie, für die Spekulation, die nur die Geldmenge vermehrt und den Fluß des Geldes von denen, die wenig haben zu denen, die viel haben, ist eine degressive Währung naturgemäß völlig uninteressant.

Was das bedingungslose Grundeinkommen auch könnte: Wir Bürger wären nicht mehr auf Gedeih und Verderb dazu gezwungen, für unseren Lebensunterhalt Dinge zu tun, die wir mit wachem Gewissen nie tun würden. Kriege und Waffenexporte unterstützen, die Flüchtlingsströme in Gang setzen, zum Beispiel. Immer mehr Waren herzustellen, zu kaufen und zu verkaufen, die spätestens übermorgen wieder auf dem Müll landen und unsere Umwelt zum Kollaps führen. Der Slogan ’small is beautiful‘ würde vielleicht wieder aufleben, wenn nicht die Zins-und-Zinseszins-Mechanismen der Finanzwirtschaft eine immer schnellere Rotation des Geldes, eine immer schnellere Ausbeutung der Resourcen unserer Erde erzwingen würden.

DAS ist eine Vision, meine Vision.

Zum Schluß noch eine gute Nachricht, in einer Welt, in der schlechte Nachrichten zu vielen Klicks führen. Für diese gute Nachricht erhoffe ich mir dennoch viele Klicks meiner Leser, denn wir alle können etwas tun, um diese Vision der Realität näher zu bringen. Zum einen führt ein Klick auf das Ribbon rechts oben zur Website des Bündnisses Grundeinkommen, das 2019 zu den Europawahlen antritt. Das Bündnis möchte als Einthemen-Partei das bedingungslose Grundeinkommen für Europa in die Debatte bringen. Meine Wahlempfehlung, denn hier ist der kleine Anfang möglich, es gibt keine Prozenthürde für die Europawahl. Gebt dem Pflänzchen eine Chance, auf daß es mit der Zeit ein großer Baum wird. Wandel ist machbar, Nachbar! Allemal sinnvoller, als die alten Parteien zu wählen, die sich alternativlos wähnen, oder die, die eine Alternative im Namen vorspiegeln, sich aber nur an der Naivität ihrer Wähler weiden.

Hinweisen möchte ich auf Bettina Knierim, die ich vor einem halben Jahr über ein Berufsnetzwerk kennengelernt habe, und zwar als eine unwahrscheinlich engagierte Frau, vor Energie strotzend. Sie hat mich mit ihrer Selbstbeschreibung als ‚Mensch, zumindest meistens :)‘ , in einem Berufsnetzwerk, das vor allem das Thema Karriere in den Mittelpunkt stellt, auf Anhieb überzeugt. Bettina hat sich entschlossen, sich für das Bündnis als Kandidatin aufstellen zu lassen und ist auf Platz 6 der Liste zu finden. Nochmal Wahlempfehlung im Speziellen. Für Bettina meine besten Wünsche, möge ihre Energie nie versiegen und sie trotzdem Mensch bleiben, weiter so! 🙂 Schaut euch ihre Website an!

Realsatire?!? – die Fortsetzung

Sooo, es wird Zeit, jetzt endlich die Fortsetzung der Realsatire ins Internet zu werfen, weil sonst jeden Tag neue Grausligkeiten eingebaut werden müßten. Als einzelnes Erlebnis wäre die Begegnung allenfalls eine belustigende Anekdote wert gewesen, meine alltägliche Nachrichtenschau im Internet zeigt mir aber, daß Mensch sich nicht wundern sollte, weil sich das Einzelerlebnis mehr oder weniger nahtlos in das Gebaren des Apparates der geschätzten Republik einfügt. Übertrieben? Na, schaumer mal, dann sehmer scho!

Nun bin ich in einem Bundesland aufgewachsen, das in den ersten 21 Jahren meines Lebens von ehemaligen strammen Nazis durchregiert wurde. Zuerst Kurt Georg Kiesinger, von 1958-1966 Ministerpräsident von Baden-Würthemberg, Eintritt in die NSDAP frühzeitig 1933, der dann, weil er Bundeskanzler (1966-1969) wurde, vom ehemaligen NS-Marinerichter Hans Filbinger abgelöst wurde, der kurz vor Kriegsende noch Todesurteile gegen Deserteure aussprach, regierend von 1966-1978. Eine Parteikarriere in einer Diktatur war für politisches Emporkommen in der Bundesrepublik noch nie hinderlich, im Gegenteil mußte sich Willi Brandt 1961 vom ehemaligen Chef der Stabsbatterie und Nationalsozialistischen Führungsoffizier (NSFO) an der Flak-Artillerie-Schule IV in Altenstadt, Franz Josef Strauß, fragen lassen: „Eines wird man Herrn Brandt doch fragen dürfen: Was haben Sie zwölf Jahre lang draußen gemacht? Wir wissen, was wir drinnen gemacht haben“. Übrigens schrieb Strauß später in seinen Lebenserinnerungen, er sei als Wehrmachtssoldat mehrfach „Zeuge“ von deutschen Massakern an Juden im Osten geworden . . . hat er das gemeint, als er Brandt in die Ecke der Vaterlandsveräter stellen wollte?

Olle Kamellen, und der aktuelle Bezug? Nun, EU-Digitalkommissar Günther Oettinger, bekannt für frei-von-der-Leber-Sprüche und ehedem auch bekannt dafür, Filbinger eben nicht für einen gewesenen Nazi zu halten, schwadroniert auf einer Rede vor einem Unternehmerverband über eine Pflicht-Homoehe und Frauenquote, nennt Mitglieder einer chinesischen Regierungsdelegation Schlitzohren und Schlitzaugen. Eine Entschuldigung hält er erst einmal nicht für nötig und reicht sie erst (halbherzig) nach, als er vom Kommissionspräsidenten zur Brust genommen wird. Oettinger singt auch mal die erste Strophe des Deutschlandlieds (“ . . . über alles auf der Welt!“), die nicht ohne Grund nicht (mehr) zu unserer Nationalhymne gehört. Und er fordert auch schon mal ältere Arbeitnehmer zum Lohnverzicht auf, weil sie ab 40 nicht mehr so leistungsfähig wären. Oettinger ist 1953 geboren, hat neulich seinen 63. Geburtstag gefeiert. Vielleicht sollte er sich wegen progressiver Senilität auf die Suche nach einem Pflegeplatz begeben?!? Aber nein, weil offensichtlich schon seit längerer Zeit Zweifel bestehen, daß der EU-Digitalkommissar wenigstens binär von 0 auf 1 zählen kann, soll er jetzt zum EU-Kommissar für Haushalt und Budget befördert werden. Eine Liste seiner Entgleisungen findet sich hier auf politico.eu

Anderes Thema: Wirtschaftsminister Gabriel ist mit dem Versprechen in sein Amt eingetreten, die Rüstungsexporte Deutschlands zu beschränken. Nun ist der aktuelle Bericht der Bundesregierung vorgestellt worden. Und wieder einmal ist der Rüstungsexport gestiegen, diesmal um eine halbe Milliarde €uro. Der Wert der genehmigten Exporte von Kleinwaffen sank leicht von 12,4 auf 11,6 Millionen €uro (ist der Markt etwa gesättigt?), aber die Exporte von Munition für diese Waffen hat sich von von 27 Millionen auf 283,8 Millionen mehr als verzehnfacht! Das ist das Zeug, an dem die meisten Menschen sterben! Wenn die Menschen dann von da, wo mit dieser Munition geschossen wird, hierher ins ’sichere‘ Deutschland wollen, heißt es, sie sollen da bleiben, wo der Pfeffer wächst . . . Nun denn, das ist wahrscheinlich höhere Logik, das kann ich als geistig Minderbemittelter eben nicht verstehen 🙁 Ich höre auch schon wieder die schlauen Leutchen, die meinen, wenn nicht wir das tun, dann tun das eben andere. Da sag ich nur dazu: Mir ist es lieber, wenn andere das tun und nicht wir. Man muß nicht um jeden Preis hinter jedem €uro herrennen!

Ein Thema, das über mehr als hundert Jahre alt ist. Während der Bundestag in einer Resolution den Genozid der Türkei an den Armeniern zu Recht verurteilt, geht der Der Genozid an den Hereros 1904 bis 1908 in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, allerdings vollkommen an ihm vorbei. Generalleutnant Lothar von Trotha, damals Kommandeur der „Schutztruppe“, befahl jeden Herero, auch Frauen und Kinder, innerhalb der deutschen Grenzen zu erschießen. Zitat: „Gewalt mit krassem Terrorismus und selbst mit Grausamkeit auszuüben, war und ist meine Politik.“ Von geschätzten 35.000 bis 100.000 Herero waren nach dem Krieg nur noch 14.000 bis 16.000 am Leben. Die deutsche Regierung schließt immer noch eine Wiedergutmachung aus (kostet Geld!), eine kostenfreie Entschuldigung wird angeboten. Hier ein Interview der Telepolis mit Herero-Häuptling Vekuii Rukoro anläßlich eines Kongresses zum Thema, der letzten Monat stattgefunden hat, und zu dem ich sonst nirgends etwas lesen konnte. Ein Großteil des Grundbesitzes in Namibia gehört übrigens immer noch weißen Nachfahren der damaligen Kolonialisten, da darf Geschichte nachwirken . . .

Überhaupt endet Geschichte nie, und die Muster hinter der schönen Fassade auch nicht. Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten hat wieder mal einen Höchststand erreicht. Derweilst machen sich deutsche Politiker Gedanken über ein Burka-Verbot. Während die reale Gefahr, durch islamistischen Terror in Deutschland zu Tode zu kommen, verschwindend gering ist, ist die reale Gefahr für einen Flüchtling, in Deutschland zu Schaden zu kommen, recht hoch. Daß ausgerechnet die deutschen Verfassungsschützer über V-Leute rechtsextremistische Gewalt finanzier(t)en, hatte ich schon in einem früheren Artikel erwähnt. Dort auch die „Bemühungen“ zur Auflkärung. Inzwischen wurde bekannt, daß der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes die Akten zum sogenannten NSU nicht versehentlich geschreddert hat, wie offiziell kolportiert, sondern durchaus absichtlich. Zur Verantwortung gezogen wurde er dennoch nicht. Weitere Ungereimtheiten kommen zum Nagelbombenanschlag in Köln zum Vorschein. Nicht nur der Verfassungsschutz, auch die Bundesanwaltschaft hielt es nicht für nötig, den in Verdacht geratenen V-Mann und bekannten Neonazi ernsthaft zu überprüfen. Die Lektüre der Website des Untersuchungsausschusses des Bundestags zum Themenkomplex lesen sich, traurig aber wahr, wie Realsatire. Die Zeugen aus den Ämtern ‚waren damit nicht befasst‘, ‚können sich nicht erinnern‘ oder ‚dürfen dazu nichts aussagen‘. Beide Ämter sind über das Bundesinnenministerium dem Kanzleramt unterstellt. Ein Schelm, wer Böses sich bei denkt. Das wären dann Verschwörungstheorien. Geht gar nicht!

Daß Polizeibeamte sich auch nicht immer auf dem Boden unseres Grundgesetzes wohlfühlen, hat man auch schon um die Aufklärungsversuche am Polizistenmord Michèle Kiesewetter mitbekommen. Gleich fünf Polizeibeamte des LKA gehörten zum lokalen Ableger des Ku Klux Klans und fanden da nichts Böses dabei. In den letzten Wochen findet man immer mehr Polizisten, die sich als Reichsbürger des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 sehen ~ aber erst, nachdem ein Reichsbürger bei einer Razzia auf vier Polizisten geschossen hat. Das geht natürlich nicht!

Wer sollte es da einem Mitarbeiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes nachtragen, daß er Gesetze und Verordnungen ein wenig durcheinanderbringt. Auch der Blogger selbst ist ja reichlich verwirrt und begibt sich zur Erholung an die inzwischen aufgetauchte Sonne . . .

Der Artikel des Tages ~ unbedingt lesen!

Carolin Emkes Rede in der Paulskirche anlässlich des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.
Die Rede
Schön, daß der Tagesspiegel die Rede ins Internet gestellt hat, die Süddeutsche, für die Emke schreibt, begnügt sich mit einer verkürzten Zusammenfassung. 🙁
Freiheit ist nichts, was man besitzt, sie ist etwas, was man tut, sagt Emke.
Ich schieb eine kleine Ergänzung hinterher: Freiheit fängt im Kopf an, muß aber in Handlung umgesetzt werden, um Relevanz zu bekommen.
Eine wirklich tolle Rede!

Kleiner Nachtrag zur Geheimdienstkontrolle ~ aus aktuellem Anlaß . . .

Das Parlament bekommt zur Unterstützung der Kontrolle der Geheimdienste einen Geheimdienstbeauftragten, der von 20 Mitarbeitern unterstützt wird . . . hört sich erstmal gut an, auch wenn zwanzig nicht gerade viel sind.

Ronen Steinke von der Süddeutschen Zeitung bringt es in diesem Artikel sehr humorvoll auf den Punkt, ich zitiere:

„In den USA haben die Geheimdienst-Kontrolleure im Parlament das Budgetrecht. Das heißt, wenn sie nicht zufrieden sind, können sie Gelder sperren. In Deutschland haben die parlamentarischen Aufseher der Geheimdienste das Fragerecht. Das heißt, wenn sie keine Antwort bekommen, dürfen sie sich ärgern.“

Kein Wunder, daß die machen, was sie wollen . . .

Über alle Maaßen oder:
Wer schützt uns und das Grundgesetz vor dem Verfassungsschutz, den anderen Diensten und unserer Regierung?

Am vergangenen Freitag, dem 10.Juni, hat sich der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Georg Maaßen, vor dem Untersuchungsausschuß zur NSA-Affäre zu der Aussage verstiegen, der Whisleblower Edward Snowdon, dem wir die Erkenntnisse über die weltweite Abhörpraxis der National Security Agency verdanken, wäre ein Agent der Russen. Oha, ob er denn Belege für diese These hätte? Tatsachen? Hätte er! Auf Nachfrage reduzieren sich diese „Tatsachen“ darauf, daß Snowdon sich in Russland aufhält und daß Rußland „Desinformationskampagnen“ gegen „uns“ führe. Und: Russland habe ein Interesse, „uns zu destabilisieren“. Als ihn Andre Hahn von der Linkspartei fragte: „Haben Sie einen Beleg dafür, dass Snowden ein russischer Agent ist?“ Antwortete Maaßen: „Nein, aber es hätte eine hohe Plausibilität.“

Oha! Harte Beweise! Weniger für Snowdons Schuld, der schließlich nur in Russland gestrandet ist, weil die USA ihm den Pass entzogen haben ~ eigentlich wollte er ja nach Equador, um dort Asyl zu suchen. Mehr ein Beleg für Maaßens Dummheit im Dienst . . . die Süddeutsche tituliert: Wie sich der oberste Verfassungsschützer im NSA-Ausschuß blamiert, die Zeit fragt gar: Ist Maaßen russischer Agent?

Die überbordende Intelligenz des Herrn Maaßen hat sich auch schon 2004 gezeigt, als er als zuständiger Referatsleiter des Innenministeriums im Falle des zu Unrecht in Guantanamo inhaftierten Murat Kurnaz beschied, daß der nicht nach Deutschland zurückkehren könne, weil „Kurnaz versäumt habe, die in solchen Fällen vorgeschriebene Verlängerung der Wiedereinreisefrist zu beantragen“ ~ aus dem Gefangenenlager heraus. Es wäre vielleicht angebracht, Herrn Maaßen einen Kurzurlaub (5 Jahre?) in Guantanamo zu spendieren. Und ihm eine Ausgabe des deutschen Grundgesetzes für Studienzwecke mitzugeben, allzu gut kennt er sich in der Materie offensichtlich nicht aus, wie die Affäre um netzpolitik.org zeigt . . . „denn offenbar habe der Präsident des Verfassungsschutzamtes in seiner Anzeige sehr konkrete Vorwürfe erhoben. Hans-Georg Maaßen sage zwar, dass er nur eine Anzeige gegen Unbekannt gestellt habe. „Aber die Namen der betroffenen Journalisten sind dort ausdrücklich und als einzige genannt““ Quelle: Tagesschau

Edward Snowdon reagierte übrigens mit einigem Humor und in deutscher Sprache über Twitter:

Durchaus harte Belege für eine recht zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes gibt es allerdings zuhauf, sodaß die Frage aus dem Titel naheliegt: Wer schützt uns und unser Grundgesetz vor dem Verfassungsschutz?

NSA: Artikel 10GG

~ Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletztlich

Der Verfassungsschutz hat sich zwei Jahre mit 19 Mitarbeitern damit beschäftigt, herauszufinden, ob oder ob nicht die NSA in Deutschland massenhaft Kommunikation abhört. Mit dem ‚eindeutigen‘ Ergebnis, daß man das weder bestätigen noch dementieren könne. Die veröffentlichten Dokumente seien ja keine Originale, sondern Abschriften von irgendwelchen Journalisten, also keine wirklichen Beweise. Auch Antennen auf Botschaften seien keine Beweise . . .
Der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen höchstpersönlich hatte 2013 einen Brief an die Regierung in Washington geschrieben und gebeten, dass seine Leute die Botschaften besuchen dürften, um die Antennen zu besichtigen. Das sei abgelehnt worden. Zu dem Special Collection Service, der Spitzeleinheit der NSA, die laut Snowden unter anderem das Merkelhandy abhörte, habe man gar keine Auskunft bekommen. Also auch kein Beweis 🙂
„Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat vorgeführt, dass es die Überwachung der Five Eyes in Deutschland nicht feststellen konnte, weil es sie nicht feststellen wollte“, so fasste Martina Renner, Obfrau der Linksfraktion bei der Berichterstattung vor dem NSA-Untersuchungsausschuss zusammen. Wer mehr wissen möchte, lese hier bei Zeit-Online

Zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes zählt auch die Spionageabwehr. Aber offensichlich dürfen unsere „Freunde“ von der anderen Seite der Nordsee (GCHQ, Großbrittanien), und des Atlantiks (NSA, Vereinigte Staaten von Amerika) das, die deutschen Dienste arbeiten denen sogar zu. Grundgesetz hin oder her . . .

NSU: Terror von rechts, finanziert und genährt vom Verfassungsschutz?

Im Zuge des Prozesses um den NSU gegen Beate Tschäpe erfährt man immer mehr Erstaunliches:

Tino Brandt war von 1994 bis 2001 Informant des Thüringer Verfassungsschutzes. Die Zusammenarbeit endete mit seiner Enttarnung. Die rund 200.000 D-Mark, die Brandt für seine Dienste über die Jahre vom Staat erhielt, will er zum Großteil in die rechte Szene gesteckt haben . . . Er sagt mehrfach, dass über ihn wiederholt Geld vom Verfassungsschutz in die rechte Szene geflossen sei, auch zur Unterstützung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Quelle: Spiegel

Thomas Richter alias Corelli ~ Das BfV bezahlte Richter Autos, seine Schulden und Abschlussprämien. Auch die Kosten einer „Unterbringung durch befreundeten Auslandsdienst“ und „Kosten einer Sprachschulungsmaßnahme im Ausland“ fielen mit Tausenden Euro ins Gewicht. Er erhielt Sonderprämien, nachdem seine umfangreiche EDV-Anlage von der Polizei beschlagnahmt worden war. Der Verfassungsschutz finanzierte den Neukauf. Insgesamt erhielt Richter vom Verfassungsschutz im Laufe der Jahre 296.843 Euro. Quelle: Wikipedia

In einem Geheimdokument des BKA aus dem Jahr 1997, das dem SPIEGEL vorliegt, erhoben die Polizisten schwere Vorwürfe gegen die Nachrichtendienste, ein knappes Jahr bevor das Jenaer Trio in den Untergrund ging. In dem „Positionspapier“ kritisierten die Kriminalisten den Umgang mit den rechten V-Leuten. Kern der Aussage: Die Spitzel wirkten als Brandstifter und schaukelten sich gegenseitig hoch. Der Verfassungsschutz bekämpfe die Neonazis nicht entschieden, sondern er schütze sie. Die Informanten seien so, wie die Dienste sie führten, kein Teil der Lösung, sondern ein Teil des Problems. Quelle: Spiegel

Andreas Temme , Mitarbeiter der hessischen Landesbehörde für Verfassungsschutz, war beim Mord an Halit Yozgat am 26. April 2006 in dessen Kasseler Internetcafé kurz vor oder während der Tat im hinteren Raum des Cafés gesessen, will von dem Mord nach eigenen Angaben aber nichts mitbekommen haben. Quelle: Spiegel Online und Welt
Im Nachhinein wurden abgehörte Telefonate bekannt, in denen ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes zu Andreas Temme sagt: „Ich sage ja jedem: Wenn er weiß, dass irgendwo so was passiert, bitte nicht vorbeifahren.“ Quelle: Wikipedia
Eine Befragung der Informanten von T. wurde vom hessischen Innenministerium abgelehnt. Quelle: ebenfalls Spiegel Online

Als Zschäpe im November 2011 die Wohnung in Zwickau in Brand setzte, bekam sie, laut Protokollen, einen Anruf von einem Mobiltelefon, das auf das sächsische Innenministerium zugelassen war. Das sächsische Innenministerium sagte eine umfassende Aufklärung zu, blieb jedoch bisher eine Antwort schuldig. Quelle: ebenfalls Wikipedia

Kai Dalek ~ . . . bauten Neonazis bereits das „Thule-Netz“ auf. Über Mailboxen vernetzte sich die Szene, informierte über Aufmärsche, knüpfte Kontakte. Maßgeblich war dabei der V-Mann Kai D. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete 2012, Bayerns Verfassungsschutz habe sich über D. aktiv am Aufbau des Netzes beteiligt . . . D. war von 1987 an mehr als zehn Jahre für den bayerischen Verfassungsschutz tätig. Mit dem Sachverhalt vertraute Personen gehen laut SZ, davon aus, dass der Verfassungsschutz nach vorsichtigerer Schätzung womöglich weit mehr als 150.000 Mark an D. im Laufe der Jahre bezahlt haben könnte. Öffentliches Geld, das in den Aufbau von brauner Struktur investiert wurde. Es war Pionierarbeit, um die braune Szene zu vernetzen – und sie so schlagkräftig aufzustellen. Quelle: tagesschau, ARD

Oder mal was anderes ~ Aufklärung?

Gleich nachdem bekannt wurde, daß die beiden Uwes sich umgebracht hatten (?), wurden beim BfV Akten geschreddert. Der ausführende Beamte wurde versetzt, strafrechtliche Konsequenzen hatte die Aktion aber nicht. Quelle: Süddeutsche

Ralf Marschner „Alles sieht danach aus, als ob der V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht nur Zschäpe, sondern zeitweise das komplette abgetauchte NSU-Trio bei sich jobben ließ“. Quelle: Freie Presse.

Jochen Weingarten von der Bundesanwaltschaft: „Die Informationen des BfV über Marschner sind nicht nur VS eingestuft, [Verschlusssache] sondern außerdem als nicht gerichtsverwertbar gestempelt. Ein Nullum. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Akten vom Bundesinnenministerium gesperrt. Wir haben deshalb diese Bemühung nicht unternommen, sie uns vorzulegen.“ Quelle: Telepolis

Akten werden vom Hochwasser zerstört, Kopien tauchen wieder auf (Quelle: mdr), werden geschwärzt, gesperrt. Das verschollene Mobiltelefon des V-Manns Corelli taucht nach viermaliger Durchsuchung eines Safes doch noch auf, die zugehörigen SIM-Karten erst Wochen später (Quelle: Süddeutsche). . . das alles als Pannen oder Schlamperei zu bezeichnen wäre ein Euphemismus. Die Leute haben definitiv Dreck am Stecken. Aber wo liegt der Sinn?

Zuerst noch ein Blick zurück in die Vergangenheit:

RAF: Terror von links, initiiert, zumindest eskaliert vom Verfassungsschutz

2. Juni 1967, Studentendemonstrationen gegen den Besuch des Schahs von Persien, Mitglieder des persischen Geheimdienstes SAVAK prügelten mit Latten und Totschlägern auf die Demonstranten ein, die Ordnungsmacht sah zuerst zu, ging dann aber mit berittener Polizei ~ nein, nicht gegen die Perser, sondern auf die Demonstranten los. Am Abend wurde bei einer Demonstration der Student Benno Ohnesorg vom Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras mit seiner Dienstwaffe erschossen ~ in den Hinterkopf! Wikipedia: Kurras’ im Mai 2009 bekannt gewordene IM-Tätigkeit löste neue staatsanwaltliche Ermittlungen zu seinem Todesschuss und eine neue Debatte über dessen Ursachen und Folgen aus. Es fanden sich keine Anhaltspunkte für einen Mordauftrag des MfS, aber neue Indizien dafür, dass Kurras Ohnesorg unbedrängt und gezielt aus kurzer Distanz erschossen hatte und dabei von umstehenden Polizisten und seinem Vorgesetzten beobachtet worden war. Die Beweislage wurde jedoch nicht als ausreichend zur Wiederaufnahme seines Prozesses angesehen. Die Ermittlungen zum Mordverdacht wurden im November 2011 eingestellt. Kurras’ Motiv für die Tat ist bis heute unbekannt.

11. April 1968, Rudi Dutschke, unter anderem Frontmann des SDS und APO, wird von Josef Bachmann angeschossen und schwer verletzt, zweimal in den Kopf und in die Schulter, er überlebte knapp nach einer mehrstündigen Operation mit schweren Gehirnverletzungen und mußte sich in monatelanger Sprachtherapie Gedächtnis und Sprache wieder aneigen.

Die Studentenschaft machte vor allem die Springerpresse, die monatelang gegen die Studentenbewegung gehetzt hatte, für das Attentat mit verantwortlich und sammelte sich vor dem Springer-Verlagsgebäude, um die Auslieferung der Bild-Zeitung zu blockieren. Und jetzt kommt der Auftritt von Peter Urbach, seineszeichens V-Mann und Agent Provocateur des Berliner Verfassungsschutzes. Er verteilt aus einem Weidenkorb ein gutes Dutzend Molotowcocktails und zeigt den Demonstranten, wie man die Lieferwagen umwirft, damit das Benzin ausläuft. Auch später lieferte er Waffen (Horst Mahlers erste Pistole hat er ihm von sich aus angeboten und geliefert) Brand- und Sprengsätze an die linke Szene, unter anderem auch eine Rohrbombe zum (mißlungenen) Attentat auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin am 9.November 1969. Es war der Verfassungsschutz, der die Leute bewaffnet hat, die später die RAF gegründet haben!

Wer sich jetzt noch nicht genug aufgeregt hat, möge noch den Artikel über die Prozesse um die Ermordung von Ulrich Schmücker lesen. Akteur unter anderem der Berliner Verfassungsschutz. Schlimmer geht’s immer!

Es ist selbstverfreilich müßig, darüber zu spekulieren, ob die linke Szene ohne die milden Gaben Urbachs und des Berliner Verfassungsschutzes weiter mit friedlichen Mitteln Politik betrieben hätten, ganz sicher aber hat das Vorgehen von Verfassungsschutz und Polizei die Radikalisierung beschleunigt und verstärkt. Gewalt wurde vom Staat provoziert, genau von den Institutionen, die die freiheitliche Demokratie (GG Artikel 1, Satz 2: Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt) verteidigen sollen.

Spekulieren kann man aber über die Motive, die Verfassungsschützer von Bund und Ländern zu solchen Aktionen bringen.

Einfache, „harmlose“ Erklärung: Viel Feind, viel Ehr . . . und eine Vergrößerung des Etats, mehr Personal, mehr Einfluß? Wer wird denn gleich sowas denken?!? Pffft!

Etwas komplizierter der historische Ansatz. Die westdeutschen Dienste, allen voran die später zum Bundesnachrichtendienst BND transformierte Organisation Gehlen, waren von den Amerikanern zugelassene und unterstützte Vereine. Wikipedia über die Organisation Gehlen: „Eingestellt wurden zu einem großen Teil Ehemalige der SS, des SD, der Gestapo, der Abwehr und vor allem Offiziere der Wehrmacht“. Sogar geheime Partisanenarmeen wurden installiert und finanziert, siehe hier. „Die Amerikaner überprüften vorher Lebenslauf und Gesinnung; rechte Antikommunisten und Rechtsradikale galten als zuverlässig“. Die sogenannten Stay-Behind Partisanen sollten sich im Falle, die Russen kämen, überrollen lassen und hinter der Front durch Sabotage den Feind bekämpfen, wobei die Zielrichtung schon sehr rechts war, wie in der oben verlinkten Spiegel-Geschichte geschildert, über den Technischen Dienst, kurz TD, einer der Partisanentruppen: „TD-Leute legten schwarze Listen an von Personen, die „aus dem Verkehr gezogen“ werden sollten. Auf rund 200 Karteikarten hielt der ehemalige Abwehroffizier der Wehrmacht von Glahn als Bereichsleiter Oldenburg/Bremen die Daten von „Staatsfeinden“ gespeichert. So war zu einem Arzt aus Oldenburg etwa vermerkt: „Halbjude, starker Edelbolschewist, vermutlich Freimaurer, befreundet mit Herrn S., der SPD-Mitglied ist.“ Und: „Als der Technische Dienst 1952 aufflog, blieb die Sammelarbeit der Mitarbeiter nicht umsonst. Der Verfassungsschutz in Hannover, so berichtet von Glahn, habe nach seiner Gründung die Sympathisantenkartei des TD komplett übernommen.“

Es war die Zeit des kalten Krieges, nicht nur in den Diensten half eine rechte Gesinnung zur Karriere. Auch in der Politik waren die NS-Schergen in höchste Höhen aufgestiegen. Hans Filbinger, als Nazi-Richter mitverantwortlich für vier Todesurteile, war von 1966 bis 1978 Ministerpräsident Baden-Württembergs. Kurt Georg Kiesinger, der im Nationalsozialismus zumindest gut mitgeschwommen war, war von 1958 bis 1966 Ministerpräsident von Baden-Württemberg, von 1966 bis 1969 Bundeskanzler.

In Italien nannte sich die Stay-Behind-Organisation Gladio nach dem Kurzschwert der römischen Armee. Finanziert von der CIA soll Gladio mit Hilfe des des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI und Neofaschisten viele blutige Attentate verübt haben, zum Beispiel den Bombenanschlag auf die Landwirtschaftsbank an der Piazza Fontana in Mailand 1968 mit 17 Toten oder auf den Bahnhof von Bologna 1980 mit 85 Toten. Die Anschläge wurden dann linksradikalen Gruppen in die Schuhe geschoben, um die in Italien starke Kommunistische Partei zu schwächen und in der sogenannten Strategie der Spannung die Bevölkerung dazu zu bringen, „den Staat um größere Sicherheit zu bitten“.

In Italien ist das inzwischen alles belegt (Zitat Wikipedia): Die Untersuchungskommission Terrorismus und Massaker (1994–2000) des italienischen Senats stellte fest: „Diese Massaker wurden organisiert oder unterstützt von Personen in Institutionen des italienischen Staates und von Männern, die mit dem amerikanischen Geheimdienst in Verbindung standen.“ Der italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti bestätigte am 3. August 1990 auf eine Parlamentsanfrage hin die Existenz einer „Operation Gladio“ des SISMI. Er gab an, dass Gladio auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern existiere. Im Oktober 1990 wurden Briefe des von den Roten Brigaden entführten und ermordeten Politikers Aldo Moro bekannt. Unter diesem Druck sagte Andreotti aus, dass die Operation Gladio, entgegen seinen ursprünglichen Aussagen, noch bis in die späten 1970er Jahre gelaufen und die NATO maßgeblich an der illegalen Operation beteiligt gewesen sei.

Das Europäische Parlament drückte nach einer Sonderdebatte am 22. November 1990 seinen „entschiedenen Protest“ gegenüber der NATO und den beteiligten Geheimdiensten aus. In Italien, Belgien und der Schweiz gab es Untersuchungskomissionen zum Thema ~ in Deutschland . . . nichts.

Dabei gäbe es auch bei uns genügend Anlaß, genau hinzusehen. Zum Beispiel beim Oktoberfestattentat 1980 in München. 13 Menschen wurden getötet und 211 verletzt, 68 davon schwer. Und der bayrische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union Strauß wußte auch gleich, daß der Anschlag von den Linken Terroristen kam. Unmittelbar nach dem Attentat hatte Strauß Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und besonders dessen Innenminister Gerhart Baum (FDP) attackiert: Der Linksliberale gehe zu lasch mit linken Extremisten um. Baum sei ein „Unsicherheitsminister“ und „Risikofaktor“ geworden. Dumm nur, daß schon am nächsten Tag Gundolf Köhler als Attentäter ermittelt wurde, der bei der Explosion allerdings ums Leben kam. Und der hatte Kontakte zur rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann. Die weiteren „Ermittlungen“ liefen nach ähnlichem Muster wie in der Angelegenheit NSU: Zeugenaussagen, die die Beteiligung anderer am Attentat nahe legten (siehe z.B. hier), wurden ignoriert und im Abschlußbericht nicht erwähnt, Asservate werden zerstört, Hinweise in die rechte Szene ‚übersehen‘ (siehe z.B. hier und ebenfalls nochmal hier). Einer der Zeugen, Frank Lauterjung, hatte Köhler mit zwei anderen Männern in Parkas reden sehen und auch, wie er die Bombe in einem Papierkorb deponierte, die darauf explodierte. Erst 2010 wurden Briefe bekannt, wonach Lauterjung um 1965 beim rechtsextremen Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) „Zweiter Bundesführer“ und „Standortführer“ gewesen war. Er war von anderen BHJ-Leitern als vom Verfassungsschutz eingeschleuster Provokateur verdächtigt und ausgeschlossen worden . . . Quelle: ebenfalls Wikipedia

Um zu einem Ende zu kommen: Wer solche Verfassungsschützer hat, braucht eigentlich keine anderen Verfassungsfeinde mehr. Die für die Geheimdienste, also auch Verfassungsschutzämter verantwortlichen Regierungen, egal ob Land oder Bund, die solche Vorgänge decken oder gar beauftragen, verstoßen selbst gegen unser Grundgesetz. Verfassungsschutzämter, die den Aufbau von antidemokratishen und fremdenfeindlichen Strukturen finanzierern, erfüllen selbst die Voraussetzungen für GG Artikel 9 Satz 2 ~ verbieten!

GG Artikel 1, Satz 3: Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbares Gesetz.

GG Artikel 3, Satz 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (Anmerkung: auch Verfassungsschützer, auch Regierungsmitglieder!)

GG Artikel 9, Satz 2: Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider laufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

Leider scheinen sowohl die Verfasssungsschützer als auch diverse Regierungen unser Grundgesetz nicht präsent zu haben. Anders ist nicht zu erklären, daß immer mehr Gesetze vom Bundesverfassungsgericht ganz (z.B. Vorratsdatenspeicherung) oder teilweise (HartzIV) kassiert werden müssen. Besonders dreist dann, wenn wie bei der Vorratsdatenspeicherung das Gesetz unter dem neuem Namen Höchstspeicherfrist im Kern unwesentlich verändert zur Wiedervorlage kommt, Fortsetzung folgt . . .

Zu empfehlen wäre den Damen und Herren eine intensive Lektüre des schmalen Bändchens, das von der Bundeszentale für politische Bildung kostenlos verteilt wird. Es steht auch online zur Verfügung, sogar in türkischer und arabischer Sprache (nicht in englisch, französisch oder spanisch 🙁 ) . Allerdings ist es seit meiner Schulzeit auf ein Drittel der Stärke geschrumpft, weil die Kommentare zu den vielen Veränderungen und vor allem Streichungen weggespart wurden.

Wer sucht, findet darin auch so interessante Abschnitte wie die unten folgenden:

GG Artikel 25: Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets.

GG Artikel 26, Satz 1: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

GG Artikel 102: Die Todesstrafe ist abgeschafft.

Nichtsdestrotz wird von deutschem Boden aus, mindestens seit 2011 mit Wissen der Bundesregierung, der amerikanische Drohnenkrieg gesteuert, in dem 1147 Menschen getötet wurden, um 41 Terroristen zu eliminieren. Wohlweislich ohne rechtsstaatlichen Prozess, ohne Verteidigung.

„Von Ramstein wird das Signal übermittelt, das den Drohnen befiehlt, was sie tun sollen“, sagt ein Amerikaner, der mit dem geheimen Militärprogramm vertraut ist. Von ihm stammen die Dokumente. „Ohne Ramstein könnte keine der Drohnen gesteuert werden – jedenfalls nicht in der bisher geübten Weise.“ Quelle: Spiegel

Dagegen sein: http://www.ramstein-kampagne.eu/

Nichtsdestotrotz ist das kleine Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt aufgestiegen, nach den USA und Russland, noch vor China. Dabei sind Kleinwaffen wie Pistolen und Gewehre nicht einmal eingerechnet. Und die Exporte gehen zum großen Teil in den Krisengürtel Nahost und Nordafrika, auf daß es noch mehr Flüchtlinge gebe! Quelle: u.A. Frankfurter Rundschau

Ganz zum Schluß noch ein kleines Zitat aus unserem Grundgesetz:

GG Artikel 20, Satz 4: Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutsche das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Mal wieder einen Sonnenaufgang

vorher
vorher
* ¡gleich! *
* ¡gleich! *
* ¡jetzt aber! *
* ¡jetzt aber! *

Ansonsten die Zeit nach Sonnenaufgang damit verbracht, den weiteren Reiseweg auszuarbeiten, und dabei festgestellt, daß mir der Überblick über meine Routen der letzten drei Winter fehlt. Es wird Zeit, eine neue (die alte liegt in Einzelteilen an den Falzen zerrissen) Spanienkarte mit dem Netz der Entdeckungen der letzten Jahre zu bemalen. Weil man sich zum einen besser und schöner erinnern, zum zweiten die aktuelle Route einfacher in ein neues, spannendes Gebiet legen kann . . .

Auch bei den Protokollen über die Zugriffe auf diesen Blog habe ich längst den Überblick verloren. In früheren Zeiten ließen sich noch menschliche und maschinliche Zugriffe unterscheiden, weil Bots und Spider in der Regel ordentlich gekennzeichnet waren. Seit ich aber einige politisch gefärbte Artikel über NSA/Datenschutz und Kapitalismuskritisches in diesem Blog veröffentlicht habe, herrscht Überschwemmung in den Logs. Viel Zugriffe aus Berlin, wo die Botschaften aller interessierten Länder sitzen. Ich selbst kenne da keine Handvoll Leute, aber der Blog hat da viele Freunde. Auch aus den anglo-assoziierten Ländern der Five Eyes, und um gerecht zu sein, natürlich auch aus ukrainischen, russischen und chinesischen Ecken der Welt. So gewinnt man also Freunde 😉

Aber ich bin ja nicht der einzige, der so langsam den Überblick verliert. Auch unser Kanzleramt, zuständig für die Kontrolle der Geheimdienste, auch des BND. Und der BND selbst, der bei der Unmenge von Selektoren, der Suchbegriffe, nicht mehr imstande war, die auszusortieren, die offensichtlich zur Ausspionierung der europäischen Rüstungsindustrie und europäischen Politikern in die von der NSA übermittelten Aufgabenlisten ~ sicherlich nur aus Versehen . . . ~ gerutscht waren. Aber immer noch ist das Kanzleramt mehr damit beschäftigt, unseren transatlantischen ¡Freunden! so tief wie möglich in den Hintern zu kriechen . . .

Auf der anderen Seite ist es ungeheuer wichtig, die zwanzig Männekens eines russischen Motorradklubs aufzuhalten, die eine Ausfahrt von Moskau nach Berlin zur Erinnerung an das Ende des zweiten Weltkriegs und die Rolle der Sovietarmee bei der Bekämpfung von Hitler und Nazi-Deutschland machen wollen. Aufgepaßt! Die Leutchen sind schließlich ¡Putin-Freunde! und deswegen ¡böse! Wer weiß, was die alles ¡Demokratiegefährdendes! auf ihren Maschinen transportieren. Polen hat vorsichtshalber dem Klub den Transit verboten, man hat ja seine Erfahrungen mit Russen, die in Richtung Berlin durchmarschieren . . .

In Deutschland überschlägt sich die Presse: Provokation! Die Russen kommen! Laut Bild, jederzeit Garant für korrekte Berichterstattung (¡uhhh!), hat die deutsche Botschaft in Moskau zehn Visa ausgestellt. Da das Bundesinnenministerium und die Sicherheitsbehörden ¡massive! ¡Bedenken! hatten, hat laut Bild das Kanzleramt das Auswärtige Amt aufgefordert, die Visa wieder zu annulieren . . .

Jaja, die ¡Freie Welt! Ließe man den Klub seine Reise machen, würden die vielleicht sogar auf den Trichter kommen, daß bei allen Verdiensten der sovietischen Armee bei der Terminierung des NS-Staats Stalin nun wirklich nicht viel besser war als Hitler . . .

Die Links lasse ich diesmal weg, kann jeder nach Wunsch in unseren Medien nachvollziehen. Und wie immer lassen sich die Bilderchen mit den *chen um den Kommentar mit Mausklick vergrößern . . .