besinnliche Weihnacht . . .

über mir auf dem Hügel
über mir auf dem Hügel

All den Lesern meines Blogs möchte ich ein fröhliches, glückliches und besinnliches Weihnachtsfest wünschen, auch wenn ich selbst nichts mit einer Religion anfangen kann, die sich das Symbol einer Folterung zum Tode als Logo ausgesucht hat. Im Übrigen auch mit keiner Religion, in deren Namen irgendwelche selbsternannte Bevollmächtigte andere Menschen quälen und umbringen.

Denen, aber auch denjenigen, die sich nach dem Motto ‚wir haben ja nichts gegen Fremde, aber sie sollten schon von hier sein, oder sich zumindest Mühe geben, so zu werden wie wir‘ jetzt auf den Straßen der Republik herumtollen, und allen anderen Sündenbocksuchern, auch denen in der Politik, möchte ich zurufen: Besinnt euch! Mit einer Empfehlung als Weihnachtslied ein Song von Wolfgang Niedecken und BAP: Kristallnaach!

Nachdem ich mich gestern abend an einem Artikel über die Lütt, die ‚alles was anders ess stührt, die mem Strom schwemme, wie’t sich jehührt‘ in Rage geschrieben habe, mache ich es heut kurz und verschiebe diese Abrechnung auf später. Heute ist zu schönes Wetter, und wie gesagt ~ fröhliches, glückliches und besinnliches Weihnachten!

Foreign Affairs ~ Published by the Council of Foreign Relations

Ein Artikel von Roman Baudzus auf Telepolis hat mich auf einen Artikel von John J. Mearsheimer vom Magazin Foreign Affairs (Published by the Council of Foreign Relations) aufmerksam gemacht, der nun, als von wahrlich nicht im Verdacht russisch angehauchter Seite stehend zu sein, in einer ausführlichen Analyse bestätigt, daß der Westen, sprich USA und Europa für die Eskalation der Ukraine-Krise verantwortlich ist. Und macht Vorschläge zur Beendigung der Krise.
Der Titel des Originalartikels: Why the Ukraine Crisis Is the West’s Fault. Wer sich die englischen Sprachkenntnisse nicht zutraut, liest den Artikel auf Telepolis
Wer die Seriosität des Councils anzweifelt, liest auf Wikipedia nach. Mit Empfehlung von Her Majesty the Queen, Elisabeth II
Man fragt sich, wann auf diesen Artikel auch vom Rest der deutschen Medien Bezug genommen und das arg schräge Bild in ein wenig gerade gerückt wird!
Obwohl der Artikel schon letzte Woche veröffentlicht zu sein scheint, habe ich von deutschen Medien außer Telepolis bis jetzt nichts davon gehört . . .

Kurzer Nachtrag ~ Medien, Krieg, Waffen

Zum Umgang der deutschen Medien mit dem Ukraine-Konflikt ist auf Telepolis eine sehr interessante Analyse von Stefan Korinth erschienen, zwei Teile, beide Links hier:
Kiewer Ente im deutschen Blätterwald
Kiewer Ente im deutschen Blätterwald 2
Selbes Thema, Florian Rötzer auf Telepolis: Ukraine: Todesstrafe und Lizenz zum Töten

Inzwischen hat sich die deutsche Regierung entschlossen, zur Bekämpfung des IS (Islamischer Staat) Waffen in den Irak zu schicken. Nach Möglichkeit, ohne zuvor das Parlament in die Entscheidung einzubinden (Demokratie?). Man munkelt von Milan Panzerabwehrraketen an die kurdische Peschmerga. Jawohl, es graust einem bei den Meldungen über die Menschenrechtsverletzungen und Morde der islamistischen Gewaltfanatiker, von denen eine nicht geringe Anzahl wohl aus westeuropäischen Staaten, auch Deutschland kommt. Ausgeblendet wird dabei, daß erstens dieses ganze Pulverfass Naher Osten durch von Völkerbund/UN initiierte Staatenbildung nach rein technokratischen Gesichtspunkten entstanden ist, was seit bald hundert Jahren zu bewaffneten Konflikten führt. Und daß zweitens die Probleme durch die interventionistische Politik vor allem der USA, aber auch Englands (und ein paar mehr, die sogenannte Koalition der Willigen) ständig angefeuert werden. Und daß drittens die Waffen der IS aus amerikanischen Beständen stammen, die der IS von der regulären irakischen Armee erbeutet hat. Weniger Waffen in der Region, weniger Intervention wären auf Dauer mehr Sicherheit.
Die ‚ultima ratio‘ von militärischem Eingreifen und von Waffenexporten scheint die einzige ratio zu sein, das einzige, was manche Politiker im Hirn haben. Deutschland liefert gerne Waffen genau an die Regime, die auch die islamistischen Fraktionen in den Krisengebieten des nahen Osten unterstützen (Saudi-Arabien, Katar).
Zum Thema drei Leseempfehlungen:

Heribert Prantel in der Süddeutschen: Falsch, falscher, am falschesten

Thomas Pany, Telepolis: Waffenlieferungen in den Irak

Jakob Augstein im Spiegel: Deutsche Waffenlieferungen: Bekämpfen, was wir selber schaffen.

Das Deutsche Eck ~ Mosel trifft Rhein

Mosel (links) trifft Rhein (rechts) ~ das Deutsche Eck
Mosel (links) trifft Rhein (rechts) ~ das Deutsche Eck

Da das Wetter gestern nachmittag noch recht freundlich geworden ist, habe ich mich nach Koblenz zum Deutschen Eck aufgemacht, wo die Mosel, Richtschnur der zweiten Etappe dieser Reise, in den Rhein fließt. Parkplatz für den alten Herrn direkt am Deutschen Eck war natürlich nicht zu haben, aber ich stehe hier grad hundert Meter von der Mosel weg, wo ein schöner Radweg am Fluß entlang führt direkt zum Eck und damit auch in die Innenstadt . . . den hab ich dann auch benutzt und mich unter die vielen Touristen aus aller Herren Länder gemischt, die um das Denkmal mit dem alten Kaiser Willhelm (dem ersten) herumwuseln, Fotos machen und sich fotografieren lassen.

der gar nicht so alte alte Willhelm
der gar nicht so alte alte Willhelm

Wobei der alte Kaiser streng genommen gar nicht so alt ist, und auch kein Original. Denn das von 1897 wurde in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs durch Artilleriebeschuß zerstört, über lange Jahre, von 1953 bis 1990, waren auf dem leeren Sockel als Mahnmal der Deutschen Einheit die Wappen der Länder angebracht, inclusive der ehemaligen Ostgebiete wie Pommern, Schlesien und Ostpreußen. Oben auf dem Sockel nur die Bundesfahne. Erst 1993 wurde nach einigen Kontroversen das neue Reiterstandbild von Europas größtem fahrbaren Gittermastkran auf den Sockel gehievt.

Besuch aus Japan ~ freundliches Gruppenbild
Besuch aus Japan ~ freundliches Gruppenbild
nochn Gruppenbild ~ bitte freundlich lächeln!
nochn Gruppenbild ~ bitte freundlich lächeln!

Seither ist das Deutsche Eck Touristenmagnet und spült Geld in die Kassen der lokalen Gastronomie. Und auch mir hat es gefallen, über den Platz zu flanieren, dem Akkordeonspieler mit den Musettes und Tangos zu lauschen, und den Durst mit einem Hefeweizen unter dem Koblenzer Pegel zu löschen.

der Platz vor dem alten Willi
der Platz vor dem alten Willi
Flanieren mit Musik ~ Tangos und Musettes
Flanieren mit Musik ~ Tangos und Musettes
Der Pegel bei Koblenz ~ zeigt nicht die Uhrzeit, sondern den Wasserstand des Rheins
Der Pegel bei Koblenz ~ zeigt nicht die Uhrzeit, sondern den Wasserstand des Rheins

Trotzdem ~ ein paar Assoziationen und damit auch ein paar politische Bemerkungen lassen sich nicht vermeiden. Das ganze Deutsche Eck strotzt von martialischer Symbolik, und der alte Willhelm I war nicht bekannt als Pazifist oder Demokrat. Eher für die Kriege von 1864, 1866, 1871 und dafür, die (demokratischen) Revolutionen von 1848 niederzuschlagen . . . initiiert wurde die Replik durch den ehemaligen Verleger der Rheinzeitung, Werner Theisen, womit etwas salopp auch die deutsche Qualitätspresse mit im Spiel ist. Dazu noch der Deutsche Orden, der namensgebend für das Eck auf der Halbinsel seine Ballei (Verwaltung) für den Bereich Koblenz eingerichtet hat. Der zumindest ehemals mächtige Deutsche Orden ist historisch signifikant mit der Ostkolonisierung des Baltikums (Deutschordenstaat) verbunden . . .

Das Säbelrasseln gen Osten hat ja zur Zeit ~ während zum Gedenken des hundertsten Jahrestages des Beginns des ersten Weltkriegs alle über die ‚Schlafwandler‘ von 1914 jammern ~ wieder mal Konjunktur, und die westliche (wobei ich nur die deutsche mitkriege) ‚Qualitätspresse‘ rasselt kräftig mit, veröffentlicht in Massen ungeprüfte Eilmeldungen von Twitter-Accounts der ukrainischen Machthaber, schreit nach Sanktionen für Russland und Nato-Truppen für die Ukraine, während seltsamerweise die Ermittlungen zu den tödlichen Schüssen auf dem Maidan im Sand verlaufen, genauso wie das für von einem rechten Mob in Brand gesteckte Gewerkschaftshaus in Odessa mit mindestens 46 Toten, ohne daß da nachgehakt wird. Beim Absturz des Malaysischen Flugs MH17 über dem Kampfgebiet wurde genauso eilig der Finger auf Russland gezeigt, obwohl es berechtigte Zweifel daran gibt, daß die Maschine von Russland aus abgeschossen wurde, siehe hier. Der offizielle niederländische Untersuchungsbericht ist offensichtlich abgeschlossen und der malayischen Regierung übermittelt, soll aber erst im September veröffentlicht werden. Man fragt sich schon, was für Absichten da verfolgt werden . . .

Auch die deutsche Politik klappert kräftig mit, besonders enttäuschend für mich war ein Interview von Telepolis mit Gernot Erler. Da war ich persönlich betroffen, da ich dem Mann vor ein paar Jahren tatsächlich persönlich meine Stimme gegeben hatte. Zitat: „Im Gegensatz zu Russland lehnt die EU politische Interventionen in Nachbarstaaten ab“. Offensichtlich gibt man mit Eintritt in eine Regierungskoalition an der Garderobe seinen kritischen Verstand ab, anders ist so eine Aussage nicht erklärbar. Mit der EU-(und NATO-)Osterweiterung ist automatisch eine Intervention in die ‚Nachbarländer‘ verbunden, sogar ein Assoziierungsabkommen ist, ja was denn, wenn Gegenleistungen gefordert werden? Was anders als eine Intervention ist es, wenn sich eine Frau Merkel von Gottes Gnaden Gedanken über einen Herrn Klitschko oder eine Frau Timoschenko als Präsidenten der Ukraine macht? Sowohl die EU, die USA als auch Russland haben in der Ukraine global-machtpolitische und wirtschaftliche Interessen und verfolgen die mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, auch unfeinen. Zur Erinnerung: Deutsche bewaffnete Soldaten in der Ukraine, 2013/14 ~ sogenannte Militärberater. Keine Partei hat da saubere Finger.

Die EU hat sehr wohl Interessen in der Ukraine, und das sogar (auch) in dem Sektor, der in der Europäischen Gemeinschaft die meisten Subventionen verschlingt: dem Agrarsektor.

Krieg beginnt allemal mit der Dämonisierung eines Gegners, das war 1914 so, das war 1939 so, und wir sind auch jetzt auf genau dieser Schiene. Die Medien, voran Presse und Fernsehen, haben wie Herr Erler ihren Verstand und professionelle Arbeitsmethoden (Recherche!) abgelegt, Hauptsache schnellschnell, Erster sein, interessant sein. Fundiert nur wenn das sein muß, und meistens muß es nicht!

Wie schon mal gesagt; Medien sind ein Multimilliarden-Geschäft, und im Geschäftsleben bleibt wie in der Werbung und dem Krieg als erstes die Wahrheit auf der Strecke, da hilft allenfalls selber denken und nachforschen!

Leseempfehlung:
Maidan ~ der verklärte Aufsand
Die Inszenierung des Ukraine-Konflikts durch die USA

Es wird Zeit, sich gegen das Primat des (großen) Geldes in der Politik und im öffentlichen Leben zu stemmen. Wir treiben sonst in einen Krieg, in dem allenfalls die kleinen 1 Prozent profitieren, während die 99 Prozent die Rechnung bezahlen!

TTIP ~ uuuuund tschüß, Demokratie!

Transatlantic Trade and Investment Partnership

(Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft)

Nachdem ich gestern einen sehr gut geschriebenen Artikel in der Zeit (Online) gelesen habe, möchte ich nochmal auf den roten Teaser rechts oben auf dieser Seite hinweisen und kurz erklären, wieso ich gegen TTIP bin ~ schon gar nicht in dieser Form und wie das durchgezogen werden soll.

I) Die Verhandlungen finden intransparent hinter verschlossenen Türen und unter strenger Geheimhaltung statt. Sogar die Beamten der Mitgliedsländer dürfen nur in einem verschlossenen Raum ohne Kommunikations- oder Kopiermöglichkeit für einen halben Tag Einblick nehmen, und die Zahl der Plätze ist beschränkt. Man kommt sich vor wie in einem Agentenfilm . . .
Eine öffentliche Diskussion um Ziel, Sinn und Zweck des Abkommens findet jedenfalls nicht statt. Danach soll das Abkommen nur noch durch die nationalen Parlamente durchgewunken werden, ohne daß über einzelne Komponenten beraten, geschweige denn entschieden werden kann. Das ganze wieder zu stornieren so gut wie unmöglich, da alle Mitgliedsstaaten der EU und die USA zustimmen müßten.

II) Es werden in erschreckendem Ausmaß fast nur Vertreter der Wirtschaftsinteressen beratend hinzugezogen, zivile Nichtregierungsorganisationen (Umweltschutz-, Verbraucherschutz-, Arbeitnehmerverbände) werden laut einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) so gut wie nicht berücksichtigt (nur 26 von 560 Kontakten). Hier wieder ein Artikel in der Zeit dazu.

III) Das geht noch weiter: USA und EU planen offensichtlich einen Regulatory Cooperation Council RCC (Rat zur regulatorischen Kooperation), in dem neue Gesetzesvorhaben mit Lobbygruppen ‚abgestimmt‘ werden sollen, schon bevor die Parlamente mit ihrer Arbeit anfangen. Das gießt in eine feste Form, was im berliner Abgeordnetenviertel leider schon üblich ist ~ daß Lobbyisten für unsere Regierung die Gesetze schreiben.

IV) Besonders pikant und gefährlich: Die in TTIP implementierten ‚Investitionsschutzklauseln‚, die es Konzernen erlauben würde, vor ausserstaatlichen Sondergerichten gegen Staaten zu klagen, wenn ihre Investitionen durch einschränkende Gesetze nicht die erwünschten Gewinne einfahren. Das fände außerhalb der normalen Gerichtsbarkeit statt, ohne Möglichkeit der Revision. Mögliche Spielwiesen dieser Gerichtsbarkeit: Umweltrecht, Lebensmittelrecht, Arbeitsrecht, (De-)Regulierung des Finanzmarktes, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen (Stichwort Wasserversorgung, sozialer Wohnungsbau, öffentliche Ausschreibungen, IT-Dienstleistungen, zur Freude von NSA und Konsorten) . . .

Wenn im öffentlichen Politiker-Sprech TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) als ‚Freihandelsabkommen‘ verharmlost wird, dann werden die gravierensten Komponenten dieses Abkommens unterschlagen. Es geht vor allem um die Investitionen, es geht ums wirklich große Geld. Es geht darum, die Umverteilung nach oben ungestört und ungebremst weiterlaufen zu lassen. Demokratische Institutionen wie Parlamente stören da nur. Alle Macht dem Kapital!

Wenn die Entwicklung so weiter geht, darf das Wahlvieh zwar weiter alle vier Jahre zur Urne gehen und einen Zettel einwerfen, ihr Einfluß auf die Politik strebt aber noch mehr gegen Null, und die sogenannten Volks-Vertreter haben noch viel weniger zu gestalten als eh schon. Aber es gibt ja in den selben Abständen noch die Fußball-WM und die Olympiade . . . kauft Chips und Bier!

PS: Ich sollte mich vielleicht dafür entschuldigen, daß in diesem Artikel nur Beiträge der Zeit verlinkt sind, aber die waren wirklich informativ. Danke!

Riot Control ~ Der Bund investiert in Technik

Vor einer Weile, genauer Ende April dieses Jahres, ging eine Reihe belustigter Artikel durch die Presselandschaft, weil Polizisten als Test einen neu angeschafften Wassserwerfer mit Eiern, Tennisbällen und halbgefüllten PET-Flaschen beworfen hatten und das gute, teure (900000 €uronen) Stück dabei eine Beschädigung der Polycarbonat-Windschutzscheibe davontrug . . .

In den Meldungen versteckt irgendwo die Information, daß der Bund (? ~ Polizei ist eigentlich Ländersache . . .) bisher 14 dieser Wasserwerfer für die Länder angeschafft hat, 61, nach anderen Informationen 78 sollten es insgesamt bis 2019 werden

In einem Bericht des mdr vom 20. September 2013 wird die neue Generation von Wasserwerfer W10 als ’sanfter Riese‘ beschrieben, weil der Wasserstrahl auch breit gestreut weich eingestellt werden kann, um die Verletzungsgefahr für die Gegner zu verringern . . . löblich, löblich, dafür lohnt es sich allemal, fast 55 oder gar gut 70 Millionen Millionen €uros auszugeben, nicht wahr?

In einem Telepolis-Artikel vom 13.10.2010 stehen aber auch ein paar Details, die die gegensätzliche Option beschreiben. Der neue kann mit einem um ein Drittel verstärkten Druck von 10 Bar bis zu 3300 Liter pro Minute verschießen . . . und: ‚vor den eigenen Zwangsmitteln durch eine Außenluftfilteranlage geschützt, können dem Strahl sowohl CN- wie auch CS-Tränengas zugemischt werden.‘ Der Spiegel berichtet, daß die Beamten begeistert sind von dem neuen Fahrzeug und sich darum balgen, einmal auf dem Kommandoplatz sitzen zu dürfen . . .

Keiner der damaligen Artikel warf die Frage auf, für welchen Zweck das BMI (Bundesinnenministerium) diese Menge von gepanzerten Fahrzeugen mit Wasserkanonen finanziert, die nur für den Einsatz gegen Menschenmassen brauchbar sind.

Man sollte sich aber schon mal Gedanken machen, denn jetzt tauchen neue Meldungen auf, mit welcher Technik das BMI die Polizei ausrüstet: Insgesamt 76 Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen mit einem 4 Meter hohen Mast mit Videokamera und Richtmikrofonen, vollgestopft mit Elektronik. Dazu ein Artikel in der Telepolis von Matthias Monroy.

Die Auskunft des Berliner Senats an eine Anfrage von Piratenabgeordneten zur Sache hört sich noch relativ harmlos an ~ es bestünde keine Möglichkeit zur Gesichtserkennung, zur Bildsuche bzw zum Bildvergleich, auch ein Abgleich mit Datenbanken sei vor Ort nicht möglich. Im Bonner Generalanzeiger gibt sich der Geschäftsführer der Herstellerfirma Elettronica GmbH, Gerhard Henselmann, über die konkreten Spezifikationen eher zugeknöpft. Die Firma ist aber auch im militärischen Sektor tätig und rüstet zum Beispiel Fuchs Spürpanzer der Bundeswehr mit einem neuen ‚Innenleben zur Ortung und Identifizierung feindlicher Aktivitäten‘ nach.

In Anbetracht der Tatsache, daß die Europäische Union mit
INDECT ein Projekt zur automatischen Erfassung und Verfolgung ‚ungewöhnlichen Verhaltens‘ (!) finanziert und sich auch deutsche Polizei schon durch gesetzwidrige Überwachung der gesamten Handydaten- (wer war anwesend?) und Kommunikation durch IMSI-Catcher hervorgetan hat, wird meinereiner da aber schon mißtrauisch . . .

Inzwischen sind wir übrigens weiter 😉 / 🙁 die Nutzung des IMSI-Catchers ist im sogenannten Omnibus-Verfahren inzwischen legalisiert. Will in diesem Fall heißen, man hat die Legalisierung an ein Gesetz zur strafprozessualen Eingliederung der DNA-Analyse angehängt. Zitat: ‚. . . dass die Strafverfolgungsbehörden nur so den Aufenthaltsort von Sexualstraftätern feststellen könnten, sagt Bötticher. „Das Argument nehmen wir immer, wenn wir etwas bei Politikern durchbekommen wollen“, habe ihr ein Interviewpartner aus dem Sicherheitsbereich erzählt. ‚ So macht man das also!

Die Funkzellenabfrage steht zwar unter Richtervorbehalt, trotzdem ist sie sozusagen zur Normalität verkommen. Laut netzpolitik.org wurden letztes Jahr allein von der Berliner Polizei knapp 50 Millionen Datensätze erfasst, will heißen, jeder Einwohner Berlins ist statistisch gesehen 14,6 mal erfasst worden. Mensch muß ja einfach nur da sein ;(

In Afghanistan oder dem Jemen kann so eine Erfassung schon mal dazu führen, daß man von einer amerikanischen Drohne mit einer Rakete be- oder erschossen wird, auch wenn sich das Zielhandy vielleicht gerade nicht in den Händen eines Terroristen befindet. Wer gerade daneben steht, zufälligerweise, hat halt Pech gehabt ~ mit freundlicher Unterstützung unseres Bundesnachrichtendienstes!

(Zur Rolle deutscher Nachrichtendienste zum Drohnenkrieg auch ernsthaft hier)

Bei uns heißt das ’nur‘, daß man als Teilnehmer einer Demonstration erfasst ~ und gespeichert ~ werden kann, wenn man sich in der Nähe befindet. Ob das die Bereitschaft zu politischem Engagement befördert, mag ich stark bezweifeln. Schön ausgemalt in diesem Beitrag

Unser Grundgesetz garantiert in Artikel 8 grundsätzlich die Versammlungsfreiheit und in Artikel 10 das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Durch die aber genauso niedergelegten Beschränkungen durch nachrangige Gesetze heißt das inzwischen, daß ein Teilnehmer einer friedlichen Demonstration damit rechnen muß, erfaßt und registriert zu werden, und im Extremfall wie bei den Demonstrationen in Frankfurt (Blockupy) eingekesselt zu werden oder gegen Stuttgart 21 wie Dietrich Wagner das Augenlicht ausgeblasen zu bekommen . . .

Sascha Lobo interpretiert in seiner gestrigen Kollumne die immer weiter ausgeweitete staatliche Überwachung als Sucht des Staates und seiner Akteure. Ein interessanter Gedanke, und psychologisch hat das so einiges für sich. Aber es greift doch zu kurz. Außerhalb der psychischen Sphäre gibt es knallharte Interessen, es geht um Macht, es geht um viel Geld. Mit seinem Beitrag über kybernetische Gesellschaftskontrolle kommt er näher an die Motivation der Macher . . .

Wenn, wie in den letzten Jahrzehnten beschleunigt geschehen, wenig Reiche immer reicher werden und logischerweise viele immer ärmer, besteht auch in unserer spätrömischdekadenten Welt mit Brot und Spielen (Fußball, Flachbildfernseher, Pommes und Bier) die Gefahr, daß soziale Spannungen irgendwann doch zu Unruhen führen, auf die dann reagiert werden muß. Also vorher Bescheidwissen (deshalb Überwachung der Bürger) und auf Aufmüpfigkeit reagieren können (deshalb Wasserwerfer) . . .

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, von der ‚marktkonformen Demokratie‘ (will heißen, dem entfesselten Kapitalismus, gesteuert durch Lobbykratie der viel! Besitzenden, legitimiert durch Wahlen alle vier Jahre, in denen sich der Wahlbürger aus den von Parteien und Medien präsentierten Politschauspielern für die nächsten Jahre aussuchen kann, wer ihn an der Nase herumführen darf) wieder zurückzukehren zu der oft beschworenen SOZIALEN Marktwirtschaft. Oder so . . . man darf ja mal träumen, oder?

Dreieckland . . .

Regenbogen nach heftigem Niederschlag am Rhein
Regenbogen nach heftigem Niederschlag am Rhein

Das Dreieckland, die Gegend im Dreiländereck zwischen Baden/Deutschland, Elsaß/Frankreich und Baslerland/Schweiz war mal bekannt für heftige Aufstände gegen das Durchdrücken der Kernkraft, wie neulich beschrieben . . . inzwischen ist das vergleichsweise ruhig geworden, die Badener wehren sich ein wenig gegen einen Ausbau der Güterbahnlinie entlang der Rheinebene, aber alles geht sehr gesittet zu 😉

Waterworld ~ Baggersee
Waterworld ~ Baggersee

Aber es gibt den Rhein, wo ich immer wieder ein wenig Ruhe finde, und den einen oder anderen Baggersee, in dem ich mich erfrischen kann. Zur Zeit tatsächlich noch eine Erfrischung, wie ich das gerne mag. Später im Jahr ist mir der eine oder andere Tümpel schon zu warm . . .

Die Europawahl hat wie erwartet keinerlei Veränderung in der politischen Situation gebracht, man streitet sich darüber, ob der von den Wahlgewinnern protegierte Kommissionspräsident es denn nun tatsächlich werden soll, denn der liebe Herr Cameron vom Reich der Insel kann ihn nicht leiden. Die noch liebere Frau Merkel (hört, hört!) wackelt mal hin, mal her, es wird unter den Regierungschefs geküngelt wie eh und je. Demokratie hin oder her, sobald der Wähler seinen Zettel in die Urne geschmissen hat, kann der Politiker wieder machen, was er will, der Bürger hat seine Pflicht getan, und gut ist!

Auch in der Ukraine geht alles weiter wie gehabt, Bürgerkrieg. Die pro-westliche Regierung schickt Militär in die aufmüpfigen Gebiete und läßt Leute umbringen, die nicht so gerne unter die ‚beschützenden‘ Flügel der per se ‚guten‘ USA schlüpfen wollen.

Die deutsche Medienlandschaft funktioniert wie geschmiert nach den Interessen ihrer vermögenden Besitzer, sogar der Spiegel (Online), ehemals das ‚Sturmgeschütz der Demokratie‘, streut eine Statistik in die Welt, die Russland als bösen Buben hinstellen, weil seine Militärausgaben ~ im Verhältnis zum BIP ~ höher als die der USA seien und im europäischen Vergleich unangefochten an der Spitze liege . . . aber was will man von einem Verlag erwarten, der seine Chefredakteure inzwischen bei der Bild abwirbt 🙁

In absoluten Zahlen sieht das allerdings etwas anders aus. Die USA alleine geben über sieben mal (7,2888 mal, um halbwegs genau zu sein) so viel für ihr Militär aus, nur zwei von den drei Ländern Deutschland, Frankreich oder Großbritannien zusammengenommen schlagen Russland. Von den Gesamtausgaben der NATO, die ihr Terrain immer weiter gen Russland ausstreckt, ganz zu schweigen. Die SIPRI-Daten lassen sich hier als Excel-Tabelle herunterladen ~ und enthalten sowohl die BIP-bezogenen als auch die absoluten Zahlen seit 1988.

Insgesamt, wenn ich so in meiner Erinnerung krame, fallen mir jede Menge Länder ein, in denen die USA in den letzen Jahrzehnten eingefallen ist. Eingeladen war sie dabei ausgesprochen selten . . .

Da aber die Russen so gefährlich sind, bietet der brave Friedensnobelpreisträger und Präsident der USA Europa mehr Unabhängigkeit vom russischen Gas durch amerikanisches Fracking-Gas . . . man müsse dazu aber das ‚Freihandelsabkommen‘ TTIP ~ auch so eine demokratieferne Veranstaltung ~ unterschreiben . . . sowohl die technische Machbarkeit als auch die ökonomische uuund ökologische Sinnhaftigkeit des Angebots liegen Lichtjahre entfernt. Außerdem möge man doch bitte die Militärausgaben erhöhen, damit die armen Amis nicht überall selbst einmaschieren müssen . . .

Und wie stehts mit dem Komplex NSA/GCHQ? Nun, der Bundesanwalt Harald Range hat sich ~ nachdem die Absicht, ALLES unter den Tisch fallen zu lassen, für eine Protestwelle gesorgt hat, doch noch dazu herabgelassen, zumindest im Fall Merkels Handy Ermittlungen zu eröffnen. Scheiß auf die Überwachung aller deutschen Bürger durch die NSA/GCHQ ~ die sei schließlich nicht belegt beziehungsweise gar nicht belegbar . . .

Aber Deutschland tut etwas: Was?
Nun, der BND möchte ein kleiner NSA werden und für schlappe 300 Millionen €uro die technischen Möglichkeiten schaffen, soziale Netzwerke in Echtzeit zu überwachen! Sonst würde man noch hinter Spanien oder Italien zurückfallen, tzzzt tzzzt tzzzt!
Und das BKA fängt, versuchsweise, damit an, biometrische Daten der deutschen Bürger mit dem amerikanischen FBI auszutauschen, damit der große Bruder auch wirklich eine vollständige Datenbank hat. Habt ihr auch alle eure Fingerabdrücke auf dem neuen Personalausweis hinterlegt?

Wie gesagt, alles beim Alten. Deutschland, schlafe ruhig. Die nächste Diktatur ist schon fast komplett, auf den nächsten Krieg müssen wir ~ vielleicht ~ noch ein wenig warten . . .

Navid Kermani ~ eine lesenswerte Rede zum Grundgesetz!

Zum 65. Geburtstag des Grundgesetzes hat der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani eine Rede gehalten, die nicht allen Abgeordneten gefallen hat. Das Lob wird gerne angenommen, aber die Teile, die den Umgang mit dem Grundgesetz und dessen Demontage kritisieren ~ das wollte man denn doch nicht so gerne hören.

Lesenswert: Hier das Protokoll der Rede . . .

Nachtrag . . .

zum Artikel über die Berichterstattung zur Ukraine und anderen Krisen . . .

Ursula hatte mir darauf einen Link geschickt zu einem Video auf Youtube von einer ZDF-Satiresendung zum Thema aus der Serie Die Anstalt zum Thema ‚unabhängige Presse‘ und Berichterstattung . . . sehr erhellend in unterhaltsamer Form 😉

Genau diese Sendung ist wohl Josef Joffe, dem Herausgeber der ZEIT, so auf die Leber gegangen, daß er sich beim Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, über die Sendung beschwert hat . . .

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema befindet sich nun in der Online-Zeitschrift Telepolis, wo ihr das nachlesen könnt.

Und am Sonntag wählen gehen, gelle!

😉