Nachtrag zum Klimapaket :(

oder: Vom Können und vom Wollen

Wie die Süddeutsche in zwei Artikeln beschreibt, hat die Bundesregierung alle Zahlen zu den CO²-Minderungszielen aus ihrem Entwurf für das Klimaschutzprogramm gestrichen, womit die jährliche Revision der Klimaschutzziele wohl gestorben sein dürfte. Wie sie in einem anderen Artikel schreibt, muß die Deutsche Bahn erst einmal 900 neue Mitarbeiter einstellen, um ihre Planungsabteilung darauf vorzubereiten, wie man die angekündigten zusätzlichen Milliarden vom Bund sinnvoll verwenden könnte. Da klemmt es also schon an den Voraussetzungen, um das Geld überhaupt abrufen zu können.
Somit haben sich die einzigen zwei positiven Punkte des Klimaschutzprogramms, die ich in meinem Artikel aufgeführt hatte, aus dem Bereich der Realität in das Reich des Märchens verabschiedet. So richtig wundern tu ich mich ja nicht darüber, denn wie heißt es so schön? Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen. Und wenn es am Wollen hapert, bleibt das Können auf der Strecke! Wer sich von den Lobbyisten der Wirtschaft seine Agenda diktieren läßt, dem kann man das Wollen nicht ernsthaft abnehmen, und so sind dann auch die Ergebnisse!

FridaysForFuture ~ 20. September in Koblenz

FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz
FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz

Das mußte sein! Da letzten Freitag die jungen Streiter für den Klimaschutz, FridaysForFuture, auch uns ältere Semester weltweit zu den Demos eingeladen hatten, hab ich mich per Zug von Andernach nach Koblenz aufgemacht, um an der da angekündigten großen Demo teilzunehmen. Und mit mir zum Glück auch noch viele andere, sodaß der große Platz vor dem Bahnhof zur symbolisch angekündigten Zeit fünf vor zwölf gut gefüllt war.

FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz
FridaysForFuture ~ 20.September in Koblenz

Meine letzten Erfahrungen auf Demos liegen jetzt auch schon mehr als anderthalb Jahrzehnte zurück, insofern war das durchaus auch ein emotionales Erlebnis. Aber ich konnte feststellen, daß sich so arg viel nicht verändert hat. Man skandierte die selben Parolen ~ Leute laßt das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein! ~ und gewisse Menschen hatten die selben Probleme mit dem Einreihen, die sie auch damals schon hatten. Ich rede jetzt weniger von den außenstehenden Zuschauern als von denen, die so gerne auf einen Zug aufspringen, den sie selbst nicht in Fahrt gebracht haben, die sich vordrängeln und glauben, daß man um so mehr Einfluß bekommt, je lauter man seine Parolen brüllt. Und so sehr ich der Meinung bin, daß ein Systemwechsel weg von Kapitalismus und Neoliberalismus tatsächlich eine Voraussetzung dafür ist, daß sich wirklich etwas ändert, so sehr bin ich auch davon überzeugt, daß die alte Taktik des Kaperns von Parolen, das laute Brüllen und das Vordrängeln eben gar nichts ändert und nur die alten Kämpfe perpetuiert, und dadurch auch alles weiter läuft wie gehabt. Solidarität muß man nicht nur einfordern, man muß sie auch leben! Und das geht anders! Das war eine Veranstaltung von FridaysForFuture, und an sich sollte sich der antikapitalistische Block nach den jungen Leuten einordnen. Nur war da der Egoismus wieder größer und FFF etwas bedröppelt dann ziemlich weit hinten. Weil genau dieser Egoismus des Ich!Ich!Ich! das Problem ist, das nicht nur den Klimawandel verursacht . . . Herr, laß Hirn regnen!

angeführt von Musik ~ Sambatruppe piripiri
angeführt von Musik ~ Sambatruppe piripiri

Ansonsten alles gut! Die Demo wurde von der Sambatruppe PiriPiri rythmisch angeführt und angeheizt, die Veranstaltung war nicht nur durch die Regenbogenflagge schön bunt und vielfältig. Und vor allem auch friedlich. Greenpeace war dabei, ExtinctionRebellion, und viele individuelle Einzel- und Paarkämpfer, die mit eigenen selbstgemalten Schildern der Politik die Leviten lesen wollten. Gut so!

System Change not Climate Change
System Change not Climate Change

Daß die Politiker unserer Regierung entgegen ihrer Verlautbarungen immer noch nicht begriffen haben, daß die Zeit für’s NichtsTun schon lange abgelaufen ist, konnte man dann nach der Veröffentlichung des sogenannten Klima*Paket*s bewundern, das wie zu erwarten nicht mal ein Päckchen geworden ist, nicht einmal eine Warensendung, sondern nur ein Prospekt mit Ankündigungen, das nicht das Papier wert ist, auf das es gedruckt wurde. Klimazertifikate, die verschenkt werden, Preise für den Handel mit denselben, die 2021 mit € 10/t anfangen sollen, bis 2025 steigend auf € 35/t. Zur Erinnerung: Der aktuelle Börsenpreis für CO²-Zertifikate liegt bei gut 26 €uronen! In der Schweiz gibt es eine sogenannte Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe (nicht Treibstoffe!) seit 2008, im Moment liegt der Preis bei 96 Franken/t, das sind in €uro 85! Und so geht es auch gleich weiter ~ um zu zeigen, wie ernst ihnen das Thema ist, fliegen 5 Regierungsmitglieder in 4 Flugzeugen in die USA zum UN-Klimagipfel, zur UN-Vollversammlung und zu einem Treffen mit dem sogenannten Verteidigungsminister, wobei schon der Flug unserer frischgebackenen Verteidigungsministerin um die 360000 €uronen aus der Staatskasse saugt . . .

Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!!!
Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!!!

Die ursprünglich avisierte Ausschüttung eines CO²-Preises zurück an die Bevölkerung (wie in der Schweiz) ist klammheimlich unter den Teppich gekehrt worden. Es gibt eine Erhöhung der Pendlerpauschale um 5 €urocent, die aber schon die erste Erhöhung des Spritpreises von 6 €urocent nicht ausgleichen wird, weil die Pauschale nur für den einfachen Arbeitsweg gilt. Außerdem wird die Pendlerpauschale nur an die ausbezahlt, die lange Arbeitswege haben, eine Steuerung hin zu kürzeren Arbeitswegen, wie sie vernünftig wäre, findet also nicht statt. Kein Systemwechsel, alles bleibt im Interesse der Wirtschaft, flexibel hat nur der Arbeitnehmer zu sein! Wie wäre das, nur mal kurz angedacht, wenn der Arbeitgeber, der ja die Arbeitswege verursacht, der die Arbeitnehmer für die Produktion oder die Dienstleistung braucht, die Arbeitswege der Mitarbeiter entlohnt und die CO²-Abgabe bezahlt? Das wäre sozialverträglich und würde auf Dauer das System umweltverträglicher gestalten.

jetzt marschieren oder später schwimmen!
jetzt marschieren oder später schwimmen!

Es wird in der Politik viel darüber geredet, daß man die ‚kleinen Leute‘ mit den geringen Einkommen nicht überlasten dürfte, daß der Klimawandel (eigentlich die Maßnahmen dagegen!) sozialverträglich abgefedert werden müßte. Allerdings gibt es fundierte Studien, die belegen, daß die CO²-Bilanz der Bürger unabhängig vom Umweltsbewußtsein mit dem Einkommen steigt. Man konsumiert mehr, man wohnt in einer größeren Wohnung, die beheizt oder im Sommer gekühlt werden will, man fährt das größere Auto, macht die weiteren Reisen, sogar der moderne 4K-Fernseher schluckt mehr Energie. Bei einer reellen Rückerstattung einer reellen CO²-Abgabe würden also automatisch diejenigen profitieren, die wenig CO²-Emmissionen verursachen, insbesondere die Bezieher kleiner Einkommen egal welcher Art! So wie das jetzt gestrickt worden ist, gibt es nur den Effekt, daß der Staat wieder mehr Geld aus den Bürgern saugt, mit dem er Unsinn machen kann, wie zum Beispiel den sogenannten Wehretat zu erhöhen (gegen wen wehrt sich Deutschland?).

die Regenbogenflagge ~ PEACE!
die Regenbogenflagge ~ PEACE!

Schon Ende der 90er-Jahre hatte damals die SPD unter Lafontaine die Idee, die Ökosteuer auf Treibstoffe dazu zu verwenden, Einkommen unter 1500 Mark von Sozialabgaben frei zu stellen. Aber Schröder fuhr dann lieber eine neoliberale Politik, die die unteren Schichten belastete (Hartz IV) und einen Berg von Altersarmut in der Zukunft noch verursachen wird, weil die Leut ohne Job halt auch nichts in die Rentenkasse einzahlen konnten. Man könnte durch gezielte Maßnahmen wie eine spürbare CO²-Steuer den Resourcenverbrauch minimieren, gleichzeitig Arbeit billiger machen und die kleinen Einkommen entlasten. Man könnte das Soziale wieder in die Marktwirtschaft bringen. Man könnte einen Teil des Geldes in genossenschaftlichen oder kommunalen, nicht gewinnorientierten Wohnungsbau stecken. Möglichkeiten gibt es, man muß es nur wollen!

nicht könnte, hätte, wollte ~ MACHEN!
nicht könnte, hätte, wollte ~ MACHEN!

Nur zwei Punkte gibt es, die ein wenig Hoffnung machen ~ die Bahn freut sich darüber, daß ein Teil der Mehreinnahmen für ihre Investitionen gespendet werden soll. Hoffentlich minimiert sich dann auch ihr Verbrauch von Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken, der bis jetzt noch bei 34% liegt. Außerdem müßten dann natürlich die durch die Erneuerbaren überflüssig gemachten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, anstatt den Kohlestrom zu exportieren! Und auch der Braunkohletagebau müßte eingestellt werden! Hambi bleibt!

es gibt keinen Plan(eten) B!
es gibt keinen Plan(eten) B!

Der andere Punkt ist der, daß jährlich! abgecheckt werden soll, ob die Einsparung der CO²-Emmissionen auch das geplante Soll erreicht. Nur scheint rein gar kein Plan darüber zu existieren, was denn passieren soll, wenn die Zielvorgaben NICHT erreicht werden ~ worauf ich jeden Betrag wetten würde! Es bleibt also spannend! Herr, laß Hirn regnen!!!

Ich möcht' ein heißes Date ~ keinen heißen Planeten
Ich möcht‘ ein heißes Date ~ keinen heißen Planeten
auch dabei ~ der Eisbär
auch dabei ~ der Eisbär
ohne Bäume keine Träume
ohne Bäume keine Träume
vermüllte Landschaft und Hambacher Forst
vermüllte Landschaft und Hambacher Forst
Gier ist das Gift ~ der Klimawandel das Fieber
Gier ist das Gift ~ der Klimawandel das Fieber
wie viel Zeit bleibt?
wie viel Zeit bleibt?

Nochmal zum Thema Zeit, die bleibt: Wenn man die Zeit für die politischen Diskussionen und Maßnahmen (gerade verpaßt!!!) mit einrechnet, wenn wir einrechnen, daß für das 1,5°-Ziel die Vorgaben nochmal angepaßt werden müssen, und zwar zum nächsten 5-Jahrestermin, wie man im oben verlinkten Artikel nachlesen kann, also in ein paar Monaten Anfang 2020, dann haben wir keine zehn Jahre mehr. Dann ist spätestens seit Veröffentlichung des sogenannten Klima*paket*s nicht 5 vor Zwölf, sondern 5 nach Zwölf!

Deutschland Autoland ~ Schluß damit!
Deutschland Autoland ~ Schluß damit!
make the world Greta again!
make the world Greta again!

Wir dürfen das ~ wir wollen nur spielen?!?

Achjaaah, saaach ich mal!
Die Bundeswehr soll neue Ausgehuniformen bekommen, wie die Welt schreibt. Schick und vor allem schneidig sollen die Bundeswehrsoldaten aussehen, dafür sollen namhafte Designer engagiert werden. Das wird Cem Özdemir und Tobias Lindner freuen, die sich so gerne in Nato-Camouflage zeigen. Keiner der beiden hat auf meine Email(s) zur Sache reagiert, man ist zu beschäftigt, Cem Özdemir will ja jetzt die Führung der Bundestagsfraktion der Grünen. Der Mann hat schließlich eine Mission!

Was gibt es sonst neues in der Truppe? Die Aufregungen um Neonazis in der Bundeswehr haben sich wieder gelegt, aber passiert ist nicht viel. Eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag hat einige Infos zu Tage gebracht: Ein Soldat am Bundeswehr-Standort Flensburg ließ sich fotografieren, wie er den Hitlergruß zeigt. „Der Beschuldigte hat danach das Foto per Whatsapp an einen Freund (kein Soldat) mit dem Kommentar ‚Sieg Heil‘ versendet“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Der Mann darf weiterhin ‚Dienst an der Waffe‘ ausüben. Kein Einzelfall: Es gibt 170 Verdachtsfälle mit 175 Tatverdächtigen. 82 Fälle stuft die Bundesregierung als „bestätigt“ ein, 52 als „nicht bestätigt“. Die übrigen 41 Fälle sind noch offen. Es gibt auch 28 Fälle aus dem Jahr 2018, in denen ein Verdacht bestätigt und der Zugang zu Waffen dennoch nicht unterbunden wurde. Dazu kommen 21 offene Fälle, in denen noch nicht entschieden wurde, ob die Vorwürfe zutreffen, und der Zugang zu Waffen weiter erlaubt blieb.

Der Militärische Abschirm Dienst MAD, der Geheimdienst der Bundeswehr, der gefährliche Extremisten aufspüren sollte, bearbeitet derzeit 428 „Verdachtsfälle mit Bezügen zum Rechtsextremismus“, 204 aus dem Jahr 2018. Nur in vier Fällen aus dem vergangenen Jahr kam der MAD zu dem Ergebnis, „dass es sich bei den Personen um Extremisten handelte“. Mehr Fälle, weniger Extremisten. Man hat da ganz offensichtlich andere interne Maßstäbe. Nicht nur der Verfassungsschutz scheint auf dem rechten Auge etwas blind zu sein. Infos z.B. aus dem Artikel hier.

Um einem Widerspruch gleich entgegen zu treten: Es mögen nicht viele sein, die in der Bundeswehr ultrarechte Einstellungen haben. Aber der interne Umgang damit zeigt ein massives systemisches Problem auf!

„Die Bundeswehr bildet Neonazis und Rassisten an der Waffe aus“, sagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. „Die wohlklingenden Beteuerungen, die Truppe habe mit Rechtsextremismus nichts zu tun, entpuppen sich allzu häufig als bloße Lippenbekenntnisse. Gleich dutzendfach leisten Ultrarechte in der Bundeswehr Dienst und kommen, wenn sie erwischt werden, mit harmlosen Verweisen davon.“

Na denn! Aber graduell ist unsere Bundesregierung doch besser, oder? Naja, dazu zwei andere Zahlen: Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Angestrebtes Volumen der deutschen Rüstungsexporte an Saudi-Arabien laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung im März 2018: Null €uro.
Tatsächliches Volumen der deutschen Rüstungsexporte an Saudi-Arabien zwischen März 2018 und März 2019: 254.577.437 €uro. Mehr als eine Viertel Milliarde €uro! Zur Erinnerung: Die Saudis sind dafür bekannt, extrem islamistische Positionen zu vertreten, auch mit Waffengewalt, zum Beispiel im Jemen, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben, den sie aber regelmäßig bombardieren. Man massakriert auch schon mal kritische Journalisten in Botschaften und zersägt sie anschließend, damit man die Leiche besser beseitigen kann. Mit den Menschenrechten und der Gleichberechtigung der Frau meint man es auch nicht wirklich ernst. Aber Pecunia non olet, sagt der alte Lateiner, Geld stinkt nicht . . .

Und nochmal was zu den Kuscheleien unserer Regierung zu den Saudis. Unsere Bundespolizei will die Ausbildung des saudischen Grenzschutzes wieder aufnehmen, wie die Zeit berichtet. Die Saudis müssen halt ihre Grenzen sichern, ob sich ihre Bomben regelmäßig in den Jemen verirren ~ schnurz!

Und was gibt es Neues von der Presse, den Medien? Auf meine Kontaktversuche zur Süddeutschen Zeitung und Spiegel Online selbstverfreilich immer noch keine Antwort, aber ich bin ja geduldig und versuche es einfach nochmal, mit einem Verweis auf meine letzten Artikel in der Kategorie Polis-Angelegenheiten. Folgende Mails an die alten Verdächtigen:

Betreff: Meine Mails vom 25. August 2019
Dringlichkeitssizung des Sicherheitsrats am 22. August 2019, Ihre Berichterstattung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider ist in Ihrer Berichterstattung die Begründung für die von Russland und China einberufene Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nicht erwähnt worden.
Die schon installierten und geplanten Abschußanlagen MK-41 in Polen, Rumänien und Japan können auch offensive und sogar mit nuklearen Gefechtsköpfen bestückte Marschflugkörper wie etwa den Tomahawk verschießen. Bei einer Reichweite von bis zu 1.670 Kilometer fiel das System damit klar unter den INF-Vertrag. Lange vor der einseitigen Kündigung durch Trump!
Fragen an Sie, über die sie einmal nachts meditieren können:
Glauben Sie, daß die Verantwortlichen in Russland oder China bei einer Vorwarnzeit von wenigen Minuten (im einstelligen Bereich) abwarten werden, bis verifiziert ist, welcher Gefechtskopf auf einer gestarteten Rakete montiert ist, bevor sie welche Gegenmaßnahmen ergreifen?
Glauben Sie, daß russische und chinesische Sicherheitsbedenken so irrelevant sind, daß sie für politisch interessierte Menschen in Deutschland uninteressant sind und deshalb nicht erwähnt werden müssen?
Glauben Sie, daß sie selbst nicht von den Auswirkungen betroffen wären?
Mit freundlichen Grüßen!

Man will wohl nicht ~ die schärfsten Kritiker der Elche ~ sind selber welche . . .

Tja, drei Tage ist das nun her, und von keinem der fünf Empfänger in der Süddeutschen Zeitung ist auch nur eine Rückmeldung gekommen, wenn man von einer automatischen Antwort wegen Urlaub einmal absieht. Auch die zwei Bundestagabgeordneten der Grünen, die ich auf den Artikel aufmerksam gemacht hatte, haben sich nicht gemeldet.

Nun hatten ja Russland und China wegen dem im letzten Artikel thematisierten Test der Amerikaner eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen einberufen, die dann tatsächlich am Freitag, also dem 23. August, in den Leitmedien besprochen wurde. Aber in KEINEM der Artikel wurde die Kritik von Russen und Chinesen an den installierten Abschußvorrichtungen MK-41 erwähnt, die eben auch offensive Waffen mit größerer Reichweite abschießen können, die wie die Tomahawks auch mit Nuklearwaffen bestückt sein können. KEINE? Nein, doch, eine habe ich gefunden: Die Sputnik News, die von den westlichen Medien oft als russisches Staatsmedium und Propagandamittel verschrien wird.

US-Raketentest am 18. August 2019. MK-41 und Tomahawk Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei
US-Raketentest am 18. August 2019. MK-41 und Tomahawk Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei

Im Gegenteil nutzten die meisten deutschen Leitmedien die Berichte über die Sicherheitsratssitzung dazu, mit dem Finger auf Russland zu zeigen: die Existenz des Marschflugkörpers Novator 9M729, vom Westen auch SSC-8 (Nato-Code) genannt, und dem Unfall beim Start eines Marschflugkörpers auf dem Testgelände Njonoksa am Weißen Meer, vermutlich SSC-X-9 „Skyfall“ (ebenfalls Nato-Code) mit Freisetzung von Radioaktivität. Das ist schön und gut, die Bedenken der Amerikaner ob der russischen Marschflugköper können selbstverständlich thematisiert werden, auch wenn die Russen die Reichweite über 500km des SSC-8 bestreiten und kein wirklicher Beleg existiert. Auch die schon aus ökologischen Gründen abzulehnenden nuklearen Antriebe des Skyfall gehören diskutiert. Dazu gehört aber die Informaton, daß auch die USA solche Nuklearantriebe in Entwicklung hatten ~ Projekt NERVA von 1954 bis 1972 und Timberwind im Rahmen von Reagans SDI-Programm bis 1992. ALLE Seiten rüsten auf, ALLE Seiten sollten vom kritischen Journalismus genau beobachtet werden!

Stattdessen finde ich in den westlichen Leitmedien fast nur Berichte, die nur die Fakten aufzählen, die dem westlichen Narrativ (Framing) entsprechen. Ein schönes Beispiel ist ein Artikel auf Spiegel Online von gestern: Russischer Roboter schafft es nicht auf die ISS, der ein abgebrochenes Andockmanöver an der internationalen Raumstation ISS thematisiert. Der Beitrag endet mit der Bemerkung ‚Die russische Raumfahrtindustrie ist weit von ihren Glanzzeiten in der Sowjetära entfernt‘ Nun gut, technische Probleme gibt es in der Raumfahrt immer wieder, egal welche Nation die Raketen nach oben schießen. Ob USA, Russland, Europa oder auch die neuen Raumfahrtnationen Japan, China und Indien. Der Transport von Material und Personen findet aber seit Ausfall der SpaceShuttle der Amerikaner überwiegend durch die russische Roskosmos statt. Der Clou an dem gestrigen Vorfall ist allerdings, daß der technische Fehler weder mit dem Roboter noch mit dem russischen Transporter zu tun hat, denn laut Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa könnte das Vorhaben an einem Signalverstärker auf der „ISS“ gescheitert sein, der zur Abstandsmessung beiträgt. Er soll wohl ausgetauscht werden, um womöglich in 24 oder 48 Stunden einen zweiten Versuch zu unternehmen, wie die Welt schreibt. In Überschrift und Schlußbeurteilung wird aber durchaus absichtsvoll impliziert, daß der Fehler auf der russischen Seite lag. Häh bitte?

Pikant ist bei der Angelegenheit, daß Spiegel Online den Artikel unter der Rubrik Wissenschaft veröffentlicht ~ aber was hat billiges Russland-Bashing mit Wissenschaft zu tun? Nun denn, was will man von einem Medium erwarten, das inzwischen seine Chefredakteure bei Bild rekrutiert . . .

Aber auch sonst: die ganze Medienwelt regt sich über Fake News auf, aber auch da gilt die alte Weisheit ‚Die schärfsten Kritiker der Elche ~ sind selber welche!‘

Die Medienlandschaft erinnert mich immer mehr fatal an Zeiten in den 19hundertzehner und 19hundertdreissiger Jahren. Die Auswahl von Fakten nach der eigenen politischen Agenda, die Dämonisierung, Verunmenschlichung und Lächerlichmachung des ‚Feindes‘ hat damals in die Weltkriege I und II geführt. Ob wir Menschen mit dem inzwischen potenzierten Zerstörungspotential einen dritten Weltkrieg überleben würden, bezweifle ich stark. Die Berichterstattung in Fragen der Militarisierung der Politik steht tendenziell in Stürmer-Tradition, sehr erschreckend! Auch der übrigens proklamierte für sich ‚die Wahrheit‘ (der Untertitel war ‚Deutsches Wochenblatt zum Kampfe um die Wahrheit‘). Wer da Ironie findet, darf sie gerne behalten.

Die Verantwortung der ‚freien‘ und kritischen Presse/Medien wäre eine auf ALLEN Fakten beruhende Analyse, neutral und nicht von transatlantischen Seilschaften dominiert, und dann Aufklärung und nicht Eskalation. Propaganda gehört jedenfalls nicht dazu.

Was lerne ich sonst noch aus der Sache? Daß Webseiten und Blogs inzwischen sowas von gestern sind, daß ein Blog mit so geringer Reichweite wie es meiner halt ist, diesen sogenannten Leitmedien nicht einmal einen kurzen Check der Fakten wert ist. Wer nicht einskommasiebenmillionen Abonnenten hat wie Rezo, der ist eine Antwort dieser vielbeschäftigten Wahrheitsinhaber nicht wert, eine Auseinandersetzung mit Fakten schon gar nicht. Gott segne ihnen ihre Scheuklappen, denn außerhalb des gewohnten Sichtfelds tummeln sich nur Trolle 🙁

Alsdann, ich übergebe an die junge Generation VBlogger: Rezo übernehmen Sie!

Ganz zum Schluß, es könnt ja doch noch ein Wunder geschehen ~ auch dieser Beitrag geht wieder an die gewohnten Adressaten von Süddeutscher Zeitung, der Grünen und aus gegebenem Anlaß Spiegel Online, und, TaTaTaTaaa! an Rezo 🙂

Nachtrag zu Wir sind die Guten, wir dürfen das . . .

Zum Thema INF und dem Umgang mit Informatioen durch die Presse greife ich einen Artikel auf, der gestern in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist: Debatte über Medienfreiheit: Maas und Lawrow liefern sich Schlagabtausch ~ die Autorin ist Silke Bigalke, Moskau

Ich zitiere einen Satz daraus: Er (der russische Außenminister Lawrow) klagte lieber erneut darüber, dass die Amerikaner den mittlerweile obsoleten INF-Vertrag verletzt hätten, Maas (der deutsche Außenminister) widersprach routiniert.

Das ruft leichtes Stirnrunzeln bei mir hervor. Was heißt diese Formulierung konkret? Nichts anderes, als daß Maas das Argument von Lawrow nicht wirklich anhört, sondern gleich abschmettert. Wie auch sowohl die USA als auch die Nato und damit auch die deutsche Bundesregierung von vorneherein die durchaus berechtigten Proteste gegen die Installationspläne nicht berücksichtigt haben. Die Sicherheitsinteressen Russlands wurden als irrelevant betrachtet. So geht keine funktionierende Außenpolitik!

Dabei ist die Sachlage soweit klar: Die schon installierten und geplanten Abschußanlagen MK-41 in Polen, Rumänien und Japan können auch mit nuklearen Gefechtsköpfen bestückte Marschflugkörper wie etwa den Tomahawk verschießen. Bei einer Reichweite von bis zu 1.670 Kilometer fällt das System damit klar unter den INF-Vertrag. Lange vor der einseitigen Kündigung durch Trump!

Nähere Infos nochmal hier und hier.

Was heißt diese Formulierung in einer der Leitmedien der Bundesrepublik? Eine Formulierung ~ widersprach routiniert ~ die eine Vorgehensweise lobhudelt, die genauer betrachtet einer Unfähigkeitserklärung als Außenminister gleichkommt?

Ich würde mir eher wünschen, daß die Süddeutsche (und auch andere Medien, natürlich!) mit ihrer investigativen Abteilung, auf die sie so stolz ist, nicht nur die russischen Äußerungen, sondern auch die der USA und der Nato hinterfragt. Daß in zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen, besonders wenn der militärische Komplex mitspielt, jede Partei Informationen lanciert, die für die eigenen Interessen günstig sind, ist normal. Die Aufgabe der kritischen Medien ist es, die gegebenen Informationen zu hinterfragen und dann aufzuklären. So manche Lüge hat sehr kurze Beine, das läßt sich feststellen, wenn man will. Und man kann das auch berichten ~ wenn man will!

Will man?

Dieser Beitrag geht auch als offener Brief an die Redaktion und die investigative Abteilung der Süddeutschen Zeitung, und selbstverständlich an die Autorin. Ob es eine Antwort gibt? Schaumermal, dann seht ihr schon! 🙂

Wir sind die Guten, wir dürfen das . . . ?!?

Inzwischen gibt es hier ein Update vom 21.8.2019!

Lang ist’s her, aber ich kann es mir nun wirklich nicht mehr verkneifen! Also wieder einmal ein politischer Artikel, Kategorie Polis-Angelegenheiten. Nein, nur am Rande über den Klimawandel, der wird ja von allen als Sau durchs Dorf gehetzt. Ganz sicher mit gutem Grund, zweifellos. Aber da das eben alle schon tun, ist auch fast alles dazu schon gesagt worden, meist von Menschen mit bedeutend größerer Reichweite als der, die ich mit diesem Blog habe. Eine Anmerkung sei mir trotzdem erlaubt: Seit den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ist mit dem Erscheinen des Berichts des Club of Rome zu den Grenzen des Wachstums bekannt, daß unbegrenztes exponentielles Wachstum unseren Planeten und unser Ökosystem überfordert. Eine vielleicht damals noch nicht so klar sichtbare Konsequenz dieses Wachstums ist der Klimawandel, der der Menschheit inzwischen auf die Füße fällt. Trotzdem leisten wir uns ein Wirtschaftssystem, das dieses Wachstum systemisch voraussetzt, über die kreditbasierte Schöpfung des Geldes, die Grundlage des Kapitalismus. Zins und Zinseszins erfordern zwingend Wachstum, Wachstum, Wachstum über alles, und die Politik der meisten nicht nur westlichen Staaten hat sich das mit dem Neoliberslismus zu eigen gemacht und auf die Fahnen geschrieben. Die Wirtschaft treibt die Politik spätestens seit den 80er-Jahren vor sich her, unter anderem in die Klimakatastrophe.

Insofern ist das schon wichtig, die Politik (und auch unsere selbsternannte Klimakanzlerin, die bei Gelegenheit gerne als Lobbyistin der deutschen Automobilindustrie nach Brüssel reist) darauf aufmerksam zu machen, daß jahrzehntelang NICHTS getan worden ist und jetzt HANDLUNG angesagt ist. Wobei die Diskussion in der Regel mit Augenauswischerei-Argumenten geführt wird, denn in unserer Form der parlamentarischen Demokratie, durch Wahlen alle vier Jahre für längerfristige Konseqenzen der Politik nicht sonderlich empfindsam, darf vor allen Dingen eines nicht geschehen: daß eine Entscheidung irgendjemandem weh tut, der auf die nächste Wahl Einfluß hat, vor allem nicht den (wirk-)Mächtigen in den oberen Etagen von Industrie, Wirschaft und Medien.

Alle sind sich einig, daß sich alles ändern muß ~ aber bitteschön ohne persönliche Einbuße an Komfort, Wohlstand und Sicherheit! Das wird so, ohne Einschränkungen, aber nicht funktionieren, denn jeder €uro, jeder Dollar, der eine mehr, der andere weniger, mit dem wir das System füttern, wird das Klima weiter anheizen, egal, ob der Konsumartikel in Deutschland oder in China hergestellt wird, egal sogar, wo eine Dienstleistung angefordert wird.

Ende Juli war dieses Jahr der Erdüberlastungstag, der Tag, an dem der Mensch die Ressourcen verbraucht hatte, die die Erde in einem Jahr regenerieren kann. Vor 20 Jahren war der Tag noch im Oktober, schlimm genug. Schlimmer: wenn alle Menschen dieser Erde so leben würden wie die Deutschen, wäre er Ende April und wir bräuchten drei Erden, um eine ausgeglichene Bilanz zu bekommen.

Insofern hat sich auch Greta Thunberg, die Ikone der Bewegung Fridays for Future, aufs Glatteis führen lassen. Die Idee, den Atlantik klimaneutral per Segelboot zu überqueren, die hat schon was. Das allerdings ausgerechnet auf einer hypermodernen Class 60 Regattayacht zu tun, die per se für das Höher, Schneller, Weiter steht, also für die Ideologie, die den Kreisel sich immer schneller drehen läßt? Nunja!

Aber nun habe auch ich mich schon wieder hinreissen lassen und etliche Abschnitte über ein Thema geschrieben, das mit dem aktuellen Artikel nur an einem allerdings recht breiten Rand zu tun hat. Und was, bitte, soll das sein?

Ab 1. Januar 2020 dürfen Soldaten in Uniform die Bahn kostenlos benutzen! Gaaanz toll! Ist auch nicht wirklich das Thema, steht aber für eine weitere Militarisierung unserer Republik, und die ist das, was mir wirklich Sorge bereitet!

Führende Politiker von CDU, FDP und sogar der Grünen* sprechen sich für eine Entsendung deutscher und europäischer Kriegsschiffe in die Straße von Hormus aus, um die Schiffahrt vor dem bösen Iran zu schützen (Tankerkrise). In einem lesenswerten Artikel von Jürgen Todenhöfer meint er, zu seiner ‚Zeit als CDU-Abgeordneter wäre man für solche Forderungen aus der CDU geflogen‘. Weil verfassungswidrig nach Artikel 87a Grundgesetz, der Einsätze der Bundeswehr nur zur Verteidigung und ’nach einer juristisch bis heute fragwürdigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats‘ erlaubt. Weder das eine noch das andere liegt aber vor . . .

Nun sieht das ja, zumindest für mich, so aus, als ob unser Grundgesetz (ähnlich wie das Völkerrecht) schon seit etlichen Jahren gerne als Totschlagargument gegen den politischen Gegner gebraucht würde, nur lesen tut es anscheinend keiner, danach handeln schon gar nicht. Eher diskutiert man über eine Änderung des Grundgesetzes, wenn es der gerade anstehenden politischen Agenda widerspricht.
Deutschland (ganz Deutschland? Nein!) soll und will mehr ‚Verantwortung‘ übernehmen. Wohl gesprochen! Aber was heißt da ‚Verantwortung‘? Mehr ‚Verteidigungsausgaben‘? Mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr? Deutschland wird am Hindukusch verteidigt?

Auslandseinsätze der Bundeswehr ~ Quelle: Wikipedia
Auslandseinsätze der Bundeswehr ~ Quelle: Wikipedia

Zur Erinnerung die entsprechenden Artikel im Grundgesetz:

Artikel 26
[Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges; Kriegswaffenkontrolle]

(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Art. 87a

(1) 1 Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. 2 Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.

Nun denn, hat der Iran Deutschland angegriffen? Nicht daß ich wüßte. Der Iran beziehungsweise seine Revolutionsgarde hat einen englischen Tanker aufgebracht, mit der Begründung, der hätte ein Fischerboot gerammt und wäre danach weitergefahren. Das kann man glauben oder eher nicht ~ vorausgegangen ist allerdings, daß eine britische Spezialeinheit bei Gibraltar einen iranischen Tanker unter panamesischer Flagge aufgebracht hat, weil er mit iranischem Öl nach Syrien unterwegs gewesen sein soll ~ was Iran allerdings bestreitet. Die Aufforderung zur Beschlagnahme kam anscheinend direkt von Mike Pompeo, dem amerikanischen Außenminister von Trumps Gnaden, einem expliziten Falken. Das Argument war, daß der Tanker gegen die Sanktionen der USA und der EU gegen Syrien verstoße, wobei das in Bezug auf die EU auf etwas wackligen Füßen steht, denn die Sanktioen verbieten den Export von Öl aus Syrien, nicht die Lieferung nach Syrien:

Die EU verbietet den Import, den Kauf, die Beförderung, die Finanzierung von Rohöl und Erdölerzeugnissen, die in Anhang IV der VO 36/2012 definiert werden, aus Syrien oder mit Ursprung in Syrien.

Sogar wenn man jetzt nicht die Sanktionen gegen Syrien hinterfragt, kann man die britische Aktion durchaus als Akt der Piraterie sehen. Es scheint auch so, daß es eher darum geht, daß Trump seit geraumer Zeit versucht, im Zusammenhang mit Sanktionen gegen den Iran Erdölexporte da her zu unterbinden – laut Papieren ist das Öl aber im Irak geladen worden . . .

Gehen wir noch ein Stück weiter zurück: Diese Tankeraffären sind ja nicht vom Himmel gefallen, sie sind eingebettet in den Streit zwischen den USA und Iran um das Atomprogramm des Iran. In jahrelangen Verhandlungen wurde dem Iran ein Verzicht auf die Anreicherung von Uran abgerungen, unter großen Anstrengungen auch der EU, und unter Obama schließlich unterzeichnet. Und das wurde vom Iran laut Kontrolle durch die internationale Atomenergiebehörde auch eingehalten. Trump hat diesen Vertrag trotzdem gekündigt, dem Vernehmen nach vor allem deshalb, weil der Vertrag unter Obama abgeschlossen wurde . . . und mit Sanktionen die Wirtschaft des Iran und damit auch die Bevölkerung in existenzielle Schwierigkeiten gebracht.

Gehen wir noch ein gutes Stück weiter zurück. Der Streit zwischen den USA und dem Iran ist wahrlich nicht neu, der reicht noch viel weiter zurück als das Mullah-Regime dort. Der britische MI6 und der amerikanische CIA initierten 1953 mit der Operation Ajax den Sturz der ~ demokratischen ~ Regierung Mossadeqh, zusammen mit prominenten Geistlichen und der Unterstützung der iranischen Armee. Das nachdem der Iran ~ nach Auslauf des Vertrags von für den mit 20% des Ertrags aus den Erdölgeschäften der britischen AIOC, später umbenannt in BP, sehr unvorteilhaften Konditionen, die Erdölgeschäfte verstaatlichte. Was für ein Affront! Das ganze lief nicht ganz so ab wie geplant, aber Mossadegh wurde beseitigt. Schah Reza Pahlavi unterdrückte dann mit seinem Geheimdienst SAVAK alles, was nur andeutungsweise links oder im Gegenteil islamistisch war. Das führte dann 1979 zur islamischen Revolution

Wie die Geschichte gelaufen wäre, wenn Ajax nicht stattgefunden hätte, die Briten zu fairen Bedingungen weiter Öl gefördert und die USA sich aus dem Iran herausgehalten hätten? Das weiß niemand. Was man aber weiß ist, daß den Briten und der USA die Angelegenheit Iran seither immer wieder auf die Füße fällt.

Die USA haben seither, also seit ich denken kann, die Operation Ajax als Blaupause genommen, um jede für die USA oder deren Wirtschaft unangenehme Regierung zu stürzen zu versuchen. Ich erinnere an Chile und Argentinien, die danach jahrzehntelang unter Diktaturen litten, wo Opposition brutal verfolgt wurde und Menschen nicht nur in Gefängnissen verschwanden, sondern auch lebendig aus Hubschraubern über dem Ozean abgeworfen wurden. Nicaragua, wo eine rechte Guerilla-Organisation, die Contras, gegen die demokratisch gewählte sandinistische Regierung unterstützt wurde, ironischerweise mit Waffengeschäften zum verfeindeten Iran, obwohl die USA damals im Krieg Iran/Irak eigentlich auf Seiten des Irak standen. Der Irak selbst, wo Massenvernichtungswaffen frei erfunden wurden, um den Einmarsch einer ‚Koalition der Willigen‘ zu rechtfertigen und Saddam Hussein zu stürzen. Afghanistan, um AlQuaida auszuräuchern und die Taliban durch eine Marionettenregierung von USAs Gnaden zu ersetzen. Lybien, um den Schurken Gaddafi zu stürzen, der so lange ein guter Schurke, unser Schurke war, wie er Europa die Flüchtlinge vom Hals hielt. Und seit einigen Jahren Syrien, wo Assad unbedingt beseitigt werden muß.

In keinem dieser Staaten, die erfolgreich ‚befreit‘ wurden, wie das in dem in meiner Jugend beliebte Brettspiel Risiko nannte, nachdem ‚erobern‘ als nicht mehr politisch korrekt ersetzt wurde, ist ein stabiler demokratischer Staat entstanden. Fast überall terrorisieren durch die USA oder sonstige Beteiligte hochgepäppelte schwerbewaffnete Milizen die Bevölkerung und kämpfen um Macht und Reichtum, fast alle erfordern daueraft militärische Präsenz von Nato oder anderen transnationalen Strukturen, damit nicht ständig neu das Blutbad hochschwappt. Das übrigens auch in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien, das die Nato mit Luftschlägen ‚befriedete‘.

Zudem führen die USA einen nicht erklärten, mehr oder weniger geheimen Drohnenkrieg in mehreren Staaten (Afghanistan, Pakistan, Jemen, . . . ), dem überwiegend Zivilisten zum Opfer fallen. Gesteuert wird der über die Air-Base Ramstein in Deutschland, was die Bundesregierung wohl weiß, aber in Kadavergehorsam gegenüber der USA toleriert. Donald Trump hat dieses Jahr die Befugnisse des CIA im Drohnenkrieg erweitert und die eh schon minimalen Berichtspflichten gekappt, wie die Informationsstelle für Militarisierung hier berichtet.

Der durchgeknallte Egomane Trump ist leider nur das herausragendste Symptom für die militärisch aggressiven Politik, mit der die USA schon seit Jahrzehnten ihre Hegemonie bewahren und ausbauen wollen, immer um die eigenen wirtschaftlichen und Machtinteressen durchzusetzen. Die Fakten sprechen da für sich.

Ich höre da schon die Kritik aufkommen, da springt gleich der Knüppel aus dem Sack: Antiamerikanismus!!! Ja nu? Was bleibt mir da anderes übrig, wenn die Politik der USA so menschenverachtend ist?

Und der böse Russe, und die bösen Chinesen? Wir brauchen doch die Nato und die Amerikaner, um uns vor den bösen Russen zu verteidigen?

Da wird es tatsächlich einmal Zeit, ein paar Fakten aus der historischen Kiste zu zücken. Nicht der Russe hat Deutschland überfallen, das war umgekehrt Hitler und ein paar hundert Jahre vorher Napoleon. Die Russen, will heißen die UdSSR, haben sich zusammen mit den Alliierten unter Millionen zählenden menschlichen Opfern nach Berlin aufgemacht, um Europa von den Nationalsozialisten zu befreien. Stalin war wahrlich niemand, unter dem ich leben wollte (unter McCarthy übrigens auch nicht!), aber der kalte Krieg war vor allem dem Unwillen der westlichen Siegermächte geschuldet, die UdSSR als gleichberechtigten Partner zu akzeptieren. Man kungelte lieber mit den alten Faschisten, die in Westdeutschland bis in Regierungspositionen aufsteigen durften (Filbinger, Kiesinger).

Auch China kann aus den Erfahrungen seiner Geschichte schöpfen. In den Opiumkriegen 1 und 2 erzwang Großbritannien den Zugang zum chinesischen Markt für das vorher verbotene Opium, und im zweiten Weltkrieg war China von Japan besetzt.

Da der böse Russe vor den Toren Europas steht, verlangt die USA 2% des BIP als Etat für das Militär für alle Nato-Partner, um der Bedrohung Herr zu werden. Wenn wir allerdings die Daten (Fakten, nicht alternativ wie von Donald!) von SIPRI analysieren, stellen wir fest, daß die USA zehnmal soviel Geld in ihre Streitkräfte stecken wie Russland, und allein Frankreich immer noch mehr Geld für Rüstung ausgibt als das riesige Russland, dessen Ausgaben im übrigen im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben sind. Auf Einwohner umgerechnet, geben die USA jedes Jahr fast zweitausend Dollar für Rüstung aus, Russland 424, China ‚lächerliche‘ 180. Frage: Wer bedroht hier wen?

warnte

Etat 2018 Einwohner $/Einwohner
USA 648798 325,4 1993
China 249997 1386 180
Russland 61388 144,5 424
Großbrittannien 49997 66,2 755
Frankreich 63800 65 981
Deutschland 49471 83,1 595

Etat in Millionen US$, Einwohner Millionen

Aber die bösen Russen haben doch die Krim annektiert?

Die ‚Annektion‘ stellt sich bei genauerem Hinsehen als Segregation, als Abspaltung heraus. Es gab eine Volksabstimmung der überwiegend russischstämmigen Bevölkerung, die sich mit großer Mehrheit für den Anschluß an Russland entschied, was einen historischen Zustand wiederherstellte. Es fiel kein einziger Schuß, es gab kein einziges Todesopfer, im Gegensatz zum Donbass. Dafür blockierte Russisches Militär (die Russen haben da ihren Schwarzmeerhafen) die ukrainische Armee in ihren Kasernen, weil das sonst tatsächlich blutig geworden wäre.

Der Westen hat diese Abstimmung und den Anschluß zu Russland nie anerkannt, wogegen bei der Teilung Jugoslaviens alle abgespaltenen Teilrepublicken schnell anerkannt wurden ~ wie üblich wurde mit zweierlei Maß gemessen.

Gorbatschow und Reagan bei der Unterzeichnung des INF-Vertrags
Gorbatschow und Reagan bei der Unterzeichnung des INF-Vertrags
Genauso operiert der Westen, USA und Nato, beim Streit über die Mittelstreckenraketen. Trump kündigte im Februar auf Mitte des Jahres den INF-Vertrag, den Gorbatschow und Reagan 1987 unterschrieben hatten, angeblich, weil Russland mit den Marschflugkörpern Novator 9M729 schon seit Jahren gegen den INF-Vertrag verstoße. Nun waren die aber eine Reaktion auf die Installation eines angeblichen Raketenschutzschildes gegen Iran und Nordkorea in Polen und Rumänien. Dessen Abschußsilos Mark 41 Vertical Launch Systems, die der Hersteller Lockheed Martin als „fortschrittlichstes Kampfsystem der Welt“ beschreibt, das auch zu Offensivzwecken eingesetzt werden könne. Die Silos in Polen, Rumänien und Japan können auch mit nuklearen Gefechtsköpfen bestückte Marschflugkörper wie etwa den Tomahawk verschießen. Bei einer Reichweite von bis zu 1.670 Kilometer fällt das System damit klar unter den INF-Vertrag. Quelle: Malte Daniljuk auf Telepolis. Inzwischen auch in Japan installiert, geben die USA jetzt zu, daß das System zumindest auch gegen Russland installiert wurde. Die Proteste Russlands wurden ignoriert. Wieso wird das in Politik und Medien nicht thematisiert? Zweierlei Maß!

Ein Nachschlag, nur einen Tag nach Veröffentlichung dieses Artikels: Am Sonntag startete die USA in Kalifornien eine Tomahawk-Variante aus einer MK-41. Nähere Infos hier!

Noch ein Update: In keinem der Beiträge unserer Leitmedien wird thematisiert, daß die USA im Rahmen des ‚Raketenschutzschilds‘ in Polen, Rumänien und Japan schon die Abschußvorrichtungen für die Tomahawks installiert haben oder aufbauen. Wird hier absichtlich oder einfach aus Faulheit verschleiert, daß die USA schon seit geraumer Zeit das INF-Abkommen torpediert haben? Wenn ich als mehr privater Blogger mit ein paar Klicks diese Fakten recherchieren kann, müßte ein professioneller Qualtätsjournalist noch viel mehr Möglichkeiten haben, an diese Informationen zu kommen und sie der Welt zugänglich zu machen!

US-Raketentest am 18. August 2019. Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei
US-Raketentest am 18. August 2019. Bild: US-Verteidigungsministerium/gemeinfrei

Schon 2016 warnte der Architekt des Vertrags und Friedensnobelpreisträger Gorbatschow „Die Nato hat angefangen, sich auf den Übergang vom Kalten Krieg zu einem heißen Krieg vorzubereiten.“ und sagte „Sie sprechen nur über Verteidigung, aber im Grunde treffen sie Vorbereitungen für Angriffshandlungen.“

Und wozu das Ganze? Nun, Trump hat ganz offiziell erklärt, dass die militärische Aufrüstung vor allem auch den Wirtschaftsstandort USA stärken soll. Es geht um viele Milliarden Dollar in fast dem einzigen Bereich, in dem die USA, was den Export betrifft, noch konkurrenzfähig sind. Die verlangten 2% des BIP für die Militärausgaben würden zum guten Teil in die USA fließen. America first, make Amerika great again. Und wenn die Welt dabei vor die Hunde geht . . .

Deutschland mischt übrigens kräftig mit. Allein im 1. Halbjahr 2019 wurden Genehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern mit einem Gesamtwert von 5.329.994.096 Euro erteilt. Fast 5,4 Milliarden €uro in einem halben Jahr und trotz Verschärfung der Bedingungen doppelt so viel wie im ersten Halbjahr 2018!

In seiner Abschiedsrede am 17. Januar 1961 warnte der US-Präsident Dwight D. Eisenhower vor dem militärisch-industriellen Komplex als eine Gefahr für die demokratischen Institutionen und die Demokratie. Durch die Einwirkung dieses Komplexes auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft könne die politische Führung veranlasst werden, Konflikte eher militärisch als politisch lösen zu wollen und damit als verlängerter Arm der Lobby der Rüstungsindustrie agieren:

“In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the military-industrial complex. The potential for the disastrous rise of misplaced power exists and will persist. We must never let the weight of this combination endanger our liberties or democratic processes. We should take nothing for granted. Only an alert and knowledgeable citizenry can compel the proper meshing of the huge industrial
and military machinery of defense with our peaceful methods and goals, so that security and liberty may prosper together.”

„Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können.“

Spätestens seit die USA 2002 einseitig vom ABM-Vertrag über die Begrenzung von antiballistischen Raketenabwehrsystemen zurückgetreten sind, ist die Rüstungspirale wieder im Gange und beschleunigt sich immer mehr. Durch die Entwicklung neuer Hyperschallraketen und Marschflugkörper schrumpft die Vorwarnzeit auf Minuten, die Gefahr eines gewollten oder auch versehentlichen nuklearen Schlagabtauschs wird immer größer, größer als damals im kalten Krieg.

Auch wenn ein darauf folgender Nuklearer Winter ~ und damit schließt sich der Kreis ~ die Klimaerwärmung zumindest vorübergehend bremsen würde, hätte weder die Menschheit noch die Natur viel davon. Es wäre die ultimative Apokalypse. So wenig, wie die Rüstungsproblematik in Politik und den Medien präsent ist, stehen die Chancen nicht schlecht, daß der nukleare Winter die Klimakatastrophe überholt.

PS: Die Grünen waren einmal eine pazifistische Partei, aber das ist lange her. Inzwischen posieren prominente Mitglieder der Grünen bei Manövern der Bundeswehr in Camouflage. Eine Email, die ich am 27 Juni des Jahres sowohl an Cem Özdemir als auch an Tobias Lindner geschickt habe, blieb leider unbeantwortet . . .

Das Kreuz mit dem Kreuz

Was tun mit dem (Holz-)Kreuz, wenn der Stein kommt?
Was tun mit dem (Holz-)Kreuz, wenn der Stein kommt?

Ein Tip von einer Freundin (Danke, Christiane!) und allemal einen Besuch wert: die Wallfahrtskirche Gschnaidt, beziehungsweise die dazugehörigen Felder mit den provisiorischen Holzkreuzen, die auf jedem Friedhof aufgestellt werden, bis dann der obligatorische Grabstein gesetzt wird. Wohin dann damit? Auf den Müll? Oder mit nach Hause nehmen? Da sträuben sich so manchem die Haare.

hier in rauhen Massen aufgestellt ~ die provisorischen Holzkreuze
hier in rauhen Massen aufgestellt ~ die provisorischen Holzkreuze

Mitte der achziger Jahre des vorigen Jahrhunderts muß einem verzweifelten Menschen die Idee gekommen sein, das arbeitslos gewordene Holzkreuz seines verlorenen Anverwandten bei der Wallfahrtskirche Gschnaidt zur letzten Ruhe aufzustellen. Sozusagen als zweiten Ort der Erinnerung. Vielleicht hat der Verstorbene sich selbst gerne da aufgehalten, wer weiß?

im Hintergrund die Wallfahrtskapelle Gschnaidt
im Hintergrund die Wallfahrtskapelle Gschnaidt

Jedenfalls ist es nicht bei dem einen Kreuz geblieben. Wo ein Kreuz steht, kann man/frau ja auch noch eines dazustellen, und noch eines, und noch eines. Die Idee hat so vielen Menschen so gut gefallen, daß inzwischen um die zweitausend Kreuze den Platz um die Kirche zu einem Erlebnis machen, das kaum einen Menschen emotional unberührt läßt, auf die eine oder andere Art. Von Irritation bis Gruseln oder auch Frieden reichen die Gefühle.

Wallfahrtskapelle Gschnaid ~ Blick ins Innere
Wallfahrtskapelle Gschnaid ~ Blick ins Innere

Die ehemalige Messnerin Maria Zaha, die sich jahrelang um die Kreuze gekümmert hat, sich aber letztes Jahr vierundachzigjährig in den verdienten Ruhestand begeben hat, bat darum, keine Kreuze mehr aufzustellen, weil ihr die Arbeit zu viel würde, und auch die Entsorgung der vermodernden Kreuze als Sondermüll, da lackiert, zu aufwändig wäre ~ die Bitte wurde nicht erhört. Immer wieder stehen neue Kreuze auf dem Gelände . . .

Wallfahrtskapelle Gschnaidt ~ Altar
Wallfahrtskapelle Gschnaidt ~ Altar
Wallfahrtskapelle Gschnaidt ~ Decke
Wallfahrtskapelle Gschnaidt ~ Decke
Fürbitten ~ Maria oder die Engel sollen helfen . . .
Fürbitten ~ Maria oder die Engel sollen helfen . . .

Für mich selbst war der Besuch von Gschnaidt ein Anlaß, über Tod, Sterben, die Endlichkeit des individuellen Seins nachzudenken. Und wie Mensch, wie Gesellschaft damit umgeht. Wie die institutionellen christlichen Religionen damit umgehen. Und mit dem, was davor liegt, dem Leben.

wieder draußen ~ Kreuze mit Trauerflor
wieder draußen ~ Kreuze mit Trauerflor

Damals, als ich im Übergang von der Kindheit zur Welt der Erwachsenen das selbständige Denken erlernt habe, da war Jesus ‚in‘, wie man so sagt. Jesus Christ Superstar, man!!! Das Zeitalter des Wassermanns war angekündigt, sollte die Welt mit Liebe überfluten, und alles würde gut! Love, Peace and Understanding! So ganz hat das nicht einmal auf dem Woodstock-Festival geklappt, das sich demnächst zum 50ten mal jährt. Aber das Marketing für Film und Musikalben war jedenfalls phänomenal und hat das Festival zur Legende gemacht. Daß es auch da schon Einzelfälle von sexueller Belästigung bis zur Vergewaltigung gab, ließ man dafür mal eben unter den Tisch fallen.

Kreuz mit Trauerflor
Kreuz mit Trauerflor

Zurück zum Thema. In einem Roman von James A. Michener, Titel im Original ‚The Drifters‘, im Deutschen wieder einmal verballhornt zu ‚Die Kinder von Torremolinos‘, gab es zu der angesagten schönen neuen Welt (des Wassermanns), die die Jugend erschaffen wollte, einen Kommentar eines der älteren Protagonisten ~ frei aus dem Gedächtnis zitiert: ‚Eine neue Welt habt ihr erst erschaffen, wenn ihr neue Wege gefunden habt, eure Toten zu bestatten.‘ Allerdings hat sich da noch nicht allzuviel getan, genauso, wie das Zeitalter von Liebe, Frieden und Verständnis noch immer auf sich warten läßt.

auch im Tode durch Perlenkette vereintes Paar
auch im Tode durch Perlenkette vereintes Paar

Was geblieben ist, ist das Kreuz. Und da fängt für mich schon die Schwierigkeit an, die Irritation. Was soll ich bloß von einer Religion halten, die sich als Symbol, als Logo sozusagen, ein Folterwerkzeug ausgesucht hat, Folter bis zum Tode? Die sich die Religion der Liebe nennt, deren körperliches Ausleben aber immer noch mit Sanktionen belegt, wenn sie nicht in genau der vom großen Papa vorgeschriebenen Weise stattfindet? In der Ehe, aber um Gottes Willen nicht mit Verhüterli? Ehe, aber nur zwischen Mann und Frau? Und nur diesem einen Mann und dieser einen Frau? Und wenn die sich endgültig auseinander gelebt haben, gilt jede andere Liebe als Ehebruch, als Verstoß gegen das heilige Sakrament der Ehe, die nur Gott selbst persönlich aufheben kann? Und wenn die Priester dieser Religion sich an Kindern vergreifen, dann wird vertuscht, was das Zeug hält? Und die eine Hälfte der Menschheit in dieser Religion, oder ich sag jetzt mal Kirche, nur in untergeordneter Funktion tätig werden darf, weil unfähig, direkt mit Gott, dem Allmächtigen, in Kontakt zu treten?

Priesterecke
Priesterecke

Allmächtiger! Wenn man der Schrift folgen kann, haben die Jünger dieser Religion den expliziten Auftrag, die frohe! Botschaft zu verkünden. Christ (= der Gekreuzigte!) ist auferstanden? Davon ist allerdings in der Praxis recht wenig zu merken. Sogar die Engel schauen allenfalls pflichtsbewußt, öfter aber streng im vollen Bewußtsein des göttlichen Auftrags und der darin implizierten Macht. Maria, die ‚Mutter Gottes‘, irgendwo zwischen verlegen ob der beschränkten Rolle, die ihr in dieser Religion zugestanden wird, manchmal schon eher in Richtung grenzdebil. Und INRI läßt sich hängen . . .

Christus und die Muttergottes
Christus und die Muttergottes

Böse ist er heute wieder, der Gutmann! Allerdings mehr aus Verzweiflung über die Verwirrspiele dieser Kirche. Allmächtiger! Wenn es in dieser Kirche um etwas anderes ginge als um Macht, darum, das dumme Fußvolk nach der Pfeife der Mächtigen tanzen zu lassen. Aber diese Kirche(n) sind viel zu sehr im alten Testament verhaftet, im Testament des zornigen, rachsüchtigen, kontrollierenden und strafenden Gottes, anstatt an dem der Liebe. Da bleibt die Freude am Leben, da bleibt Lebensfreude auf der Strecke . . .

gibt es den richtigen Zeitpunkt? Zu früh gestorben?
gibt es den richtigen Zeitpunkt? Zu früh gestorben?

Übrig und letztlich unbefriedigt bleiben menschliche, allzu menschliche Bedürfnisse. Sinn-stiftende Erklärungen für alle Unwägbarkeiten, mit denen Mensch in das Leben geworfen ist ~ und da wieder herausgerissen wird. Ein Leben, das als Individuum endlich ist, das aber über Liebe, Liebe zum Mitmenschen, Liebe zum Partner, Geburt, Liebe zum Kind, über individuelle Grenzen, über den Tod hinaus perpetuiert wird, von Generetion zu Generation. Auf Hilfe, wenn ein geliebter Mensch aus dem Leben fällt. Es sollte möglich sein, in Freude zu leben, auch im Angesicht der Endlichkeit des persönlichen Lebens. Es sollte möglich sein, Lebensfreude (und dazu gehört auch Sinnesfreude!) und die Vermittlung von Lebensfreude als (göttlichen?) Auftrag, Kern und Sinn dieses Lebens zu begreifen.

Kreuz mit Rose
Kreuz mit Rose

Ob diese Kiche(n) in der heutigen Zeit noch diesem Auftrag gerecht werden können, ob sie dem jemals gerecht geworden sind, das mag ich aber bezweifeln. Dazu müßte Kirche von der Macht lassen, vom eingebildeten Selbstverständnis, im Besitz der einzig seelig machenden Wahrheit zu sein, nach der sich alle anderen gefälligst zu richten haben. Und von den Insignien der Macht, also auch vonm materiellen Reichtum. Aber vielleicht kommt das Zeitalter des Wassermanns ja doch noch, mit ein wenig Verspätung . . .

Endlichkeit auch hier ~ vorgesehen zur Entsorgung
Endlichkeit auch hier ~ vorgesehen zur Entsorgung

Die Mutter aller Probleme, Morgenröte und Wege

vor Sonnenaufgang ~ Wölkchen zartrot beleuchet
vor Sonnenaufgang ~ Wölkchen zartrot beleuchet

Was ich jetzt schon lange vor mir hergeschoben habe in den letzten Wochen, wieder mal ein Artikel der Kategorie Polisangelegenheiten . . . die beschriebenen Ereignisse liegen zum Teil schon in einer längeren Vergangenheit, dem Ende zu zielt er aber in eine fernere Zukunft. Lest, und bleibt gespannt! 🙂

und auch ich bin ein besorgter Bürger . . .

Allerdings mache ich mir weniger Sorgen um irgendwelche Migranten, nicht einmal dann, wenn ein kleiner Prozentsatz unter ihnen kriminelles Verhalten zeigt. Dafür ist dann unsere Exekutive, Polizei und Rechtssprechung zuständig. Daß man einigen unter ihnen ihr verqueres Welt- und/oder Frauenbild abgewöhnen müßte, sollte durch verpflichtende Kurse in den Griff zu kriegen sein, denn die Spielregeln bei uns sind durch unser Grundgesetz und die allgemeinen Menschenrechte festgelegt, das ist lernbar, sollte man zumindest meinen . . .

An der Stelle sind allerdings Zweifel angebracht, wenn man so manche Äußerung von biodeutschen Politikern und hohen Beamten, die lieber Politiker wären, speziell aus dem Fachgebiet der inneren Sicherheit, hört. Mir fällt da der Name Seehofer ein, und bei einem Herrn Maaßen kommen mir sogar massive Zweifel, ob dieser (zum Glück!) Ex-Chef des Verfassungsschutzes jemals unser Grundgesetz gelesen hat.


Sollte Ihr Browser den Tweet nicht richtig darstellen, können Sie ihn hier in einem neuen Reiter ansehen.

Über den oben integrierten Twitter-Tweet gibt es einen schönen Spiegel-Artikel, ein gesammeltes Sünden-Register bei der Tagesschau, von der Affäre Kurnaz, wo er dafür gesorgt hat, daß ein unschuldiger in Deutschland gerborener und lebender Türke für Jahre im üblen US-Gefangenlager Guantanamo interniert blieb, über die verfassungsrechtlich unmögliche Bespitzelung von Journalisten von netzpolitik.org, das Etikettieren des Whisleblowerds Snowdon als Spion Russlands, Beratung für die AfD (Alte Naive für Deutschland!), damit die nicht durch seine Behörde beobachtet werden müsste, das Belügen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die Bezeichnung eines Videos, das Bedrohung und Jagd auf ausländisch aussehende Menschen zeigt, als ‚gezielte Falschinformation‘. All das zeigt überdeutlich, wo sich dieser Beamte, der Politik zu machen versucht, verortet. Ich selbst habe mich schon vor mehr als zwei Jahren einmal darüber geäußert, spare mir zu dieser Person also weitere Kommentare.

Wenn wie in Dresden zugereistes GesoX mit Hitlergrüßen und braunen Parolen ausländisch oder links aussehende Menschen bedrohen und hinter ihnen herlaufen (die wollen nur spielen?!?), und die zuständigen Innenminister von Land und Bund und der Verfassungsschutzpräsident der Meinung sind, daß es keinen Mob gegeben habe, dafür aber einen (zugegebenermaßen anonymen, weshalb wohl?) Poster eines dokumentierenden Videos der falschen Darstellung oder gar Fälschung beschuldigen, DANN mache ich mir Sorgen! Schlimm genug, daß kaum 70 Jahre nach Beendigung eines tausendjährigen Reiches Minderheiten wieder im öffentlichen Raum Sorgen um ihre Sicherheit haben müssen, wenn die entsprechenden exekutiven und politischen Organe den Feind nur auf der linken Seite suchen und den auf der rechten (das hat leider rein gar nichts mit Recht zu tun!) Seite verharmlosend schönreden, dann müssen sämtliche Alarmglocken läuten, dann müssten sogar die noch vorhandenen Luftschutzsirenen aus den Zeiten des kalten Krieges losgehen.

Daß ein offensichtlich nur lokalen Parteiinteressen sich verpflichtet fühlender Politiker zum Innenminister der Bundesrepublik aufsteigt, wird sich hoffentlich irgendwann von selbst erledigen. Die CSU dampft in ihrem panischen Landeswahlkampf gerade ihren Stimmenanteil selbst ein, indem sie die AfD mit dem Thema Migration rechts überholen will. Auch ein Herr Seehofer wird seinen Preis zahlen müssen, warten wir das ab. Seehofer wollte Maaßen unbedingt noch befördern, das hat zu Protesten geführt und ist dann storniert worden. Aber der Herr Maaßen wird tatsächlich im Innenministerium dem Herrn Seehofer zuarbeiten, und mir graut vor der politischen Agenda der beiden!

die Mutter aller Probleme? die Mutter aller Probleme!

Seehofer hat nach den Ausschreitungen von Chemnitz lange geschwiegen, um dann mit dem Spruch an die Öffentlichkeit zu treten, daß Migration ‚die Mutter aller Probleme‘ sei. Er reiht sich damit in die Reihe derer ein, die in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Probleme der Wirtschaftskrise den Juden in die Schuhe geschoben haben. Die dann den unter das Existenzminimum der Teilhabe am Wohlstand der Gesellschaft gedrückte Teil der Bevölkerung mit übler Propaganda gegen ‚die Juden‘ (sind an allem schuld!) gehetzt hat, bis hin zum Holocaust, während diese gleichen Hetzer sich mit Posten und Pöstchen bereichern konnten, und den großen Konzernen (z.B. IG Farben, Krupp) weiter das große Geld zustömte.

Nein, Herr Seehofer, die Mutter aller Probleme ist nicht die Migration, die Migration ist nur die Folge der Mutter aller Probleme, einer politischen Ideologie, die die Interessen der großen Wirtschaft über die Interessen der Menschen setzt. Die den Strom des Geldes von denen, die wenig haben, national von denen mit geringem Einkommen zu denen, die Millionen und Milliarden ihr Eigen nennen, global von den Ländern der ‚dritten Welt‘ zu denen der ‚ersten Welt‘ (siehe diesen Artikel unten, Linksammlung zur Afrikapolitik), immer weiter anfeuert. Ganz vorne mit dabei die USA und Europa, aufstrebend China und auch Russland.

Mindestens seit den 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, hier in Europa mit Thatcher und Kohl, ist Politik im Auftrag der Wirtschaft nur noch damit beschäftigt, das Ellenbogenprinzip gegen das Solidaritätsprinzip durchzusetzen. Kapitalisten werden seither Investoren genannt, Sozialabbau wird als Reform schöngeredet, die Ausbeutung von Entwicklungsländern als Globalisierung. Als einziger ‚christlicher Wert‘ zählt noch der Shareholder Value. Keine Tagesschau ohne vorherigen Börsenspiegel, der klar und deutlich macht, was wirklich zählt in dieser schönen, neuen Welt: Geld, Geld, Geld! Nicht für die Vielen, sondern nur für die Wenigen, schon lange nicht mehr die oberen Zehntausend, sondern je nach Sichtweise die oberen zehn Prozent, das obere Prozent, oder gar das obere Promille.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung besitzen die reichsten zehn Prozent fast 64 Prozent des gesamten Vermögens in Deutschland. Während die Zahl der Niedriglöhner steigt und der Reallohn des ’normalen‘ Arbeitnehmes stagniert bis fällt, ist alleine im lezten Jahr das Vermögen der 1000 reichsten Deutschen um 13% gestiegen. Sie besitzen zusammen 1,177 Billionen €uro. Die 44 reichsten Haushalte besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Die Politik tut nichts dagegen, viel dafür. Unter Kohl wurde die Vermögenssteuer abgeschafft, die nach der Finanzkrise 2008 diskutierte Finanztransaktionssteuer hat sich in Wohlgefallen (der Finanzindustrie) aufgelöst. Spätestens seit Schröder mit Harz IV macht auch die SPD Politik für die wenigen Reichen, eine Frau Nahles läßt sich für einen Mindestlohn feiern, von dem auch bei Vollzeit keine Familie ernährt werden kann und die direkt in die Altersarmut führt. Ihr Vorgänger Müntefering knüppelte mit dem Satz ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen‘. Und das in einer Situation, in der Arbeitsplätze in Billiglohnländer exportiert werden, bis nach Fernost, und immer mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung (Industrie 4.0) verloren gehen.

Politik für die Vielen anstatt für die wenigen Reichen wird nicht mehr gemacht, DAS ist die Mutter aller Probleme, deswegen laufen die Abgehängten hinter irgendwelchen Populisten her. Die Migranten sind nur die Sündenböcke, die jetzt für das Versagen einer Politik geprügelt werden, gemacht von Politikern, die nur noch mit dem Schachern um irgendwelche Posten beschäftigt sind, die sich die Gesetze, die sie abnicken, von irgendwelchen Lobbyorganisationen schreiben lassen. Die (parlamentarische) Demokratie schafft sich ab, der Weg zur Diktatur des Kapitals wird freigemacht.

Upgrade am 31.10.2018 ~ gerade habe ich auf Telepolis ein lesenswertes Interview mit Hannes Hofbauer gelesen, der beleuchtet, wie von Unternehmerverbänden mehr Migration gefordert wird, um den Arbeitsmarkt unter Druck zu setzen. Zitat:“Die gewerkschaftsnahe Hans Böckler-Stiftung hat errechnet, dass die Löhne und Gehälter in Deutschland zwischen 1995 und 2004 um – preisbereinigt – 0,9 Prozent gesunken sind. Seit 1992 gab es (bis 2016) keine Reallohnerhöhung.“ Auf der anderen Seite werden durch sogenannte Freihandelsabkommen wirtschaftliche Strukturen in Entwicklungsländern zerstört, um für europäische Produkte Absatzmärkte zu schaffen, während deren Erzeugnisse auf dem europäischen Markt nicht konkurrenzfähig sind. Zitat: „In Ghana kamen beispielsweise vor dem Partnerschaftsabkommen 95 Prozent des Geflügels von heimischen Züchtern, nach Inkrafttreten des Abkommens waren es gerade einmal 11%. Es sind die Söhne (und Töchter) dieser Bauern, die keine Überlebensperspektive mehr in ihrer Heimat haben und sich über das Mittelmeer nach Europa aufmachen.“

Nach zwei Landtagswahlen, in denen die früher sogenannten Volksparteien jeweils mehr als zehn Prozent Stimmenanteil verloren haben, und das von inzwischen eh unterirdischem Niveau aus, und eine Partei, die nun wirklich entgegen ihrem Propagandanamen ganz und gar keine Alternative darstellt, bald in jedem Landtag vertreten ist, und auch die sogenannten Linken keine Visionen für eine Zukunft mehr präsentieren können, wundern sich die Großkopferten aller Parteien, wie der Wähler, dieses geheimnisvolle Wesen, sie nur sooo mißverstehen konnte. Sie wollten doch alle nur sein Bestes!

Wenn aber das Beste eben das Geld derer ist, die Monat für Monat malochen müssen, um das Geld für die Miete, Heizung, Strom und den Sprit für das Auto zusammenbekommen, das sie für den Arbeitsweg brauchen, während Politik nur noch für die wenigen Vermögenden gemacht wird, und die Vielen nur noch als bezahlendes Stimmvieh mißbraucht werden, denen mit vielen verschwurbelten leeren Worthülsen vorgemacht wird, daß sie als Souverän die Entscheidungen träfen, die die Nation oder gar die Union steuern; während allen aus Erfahrung immer klarer wird, daß politischer Einfluß vom (großen!) Geld abhängig ist, wundern sich unsere Politdarsteller, daß ihnen die Wähler davonlaufen.

Dabei sollten ihnen die Zusammenhänge schon klar sein, sonst würden im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung nicht die peinlichen Teile mal eben unterschlagen, ich zitiere aus dem oben verlinkten Artikel der sächsichen Zeitung: „So fehlt inzwischen der Befund: ‚Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikänderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikänderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird‘. Ebenfalls gestrichen: Personen mit geringerem Einkommen verzichteten auf politische Partizipation, ‚weil sie die Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert‘. Getilgt wurde zudem der Passus, es bestehe ‚eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen‘ “.

Verückt ist, immmer wieder die selben Handlungsweisen zu wiederholen, und jedesmal zu erwarten, daß nun alles anders wird . . .

In welcher Welt wollen wir leben? Wie sollte eine Gesellschaft aufgestellt sein, in dem die Vielen in Würde leben können? Das Bundesverfassungsgericht hat am 9.2.2010 ein an sich richtungsweisendes Urteil gefällt, ich zitiere:

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen. . . . Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber . . .

Art. 1 Abs. 1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Art. 20 Abs. 1 GG: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

Und trotzdem: Auch nach der Nachbesserung dürfen die Bezüge von HarzIV durch Sanktionen gekürzt werden, obwohl sie nur das Existenzminimum und soziale Teilhabe beinhalten. Nach wie vor werden HarzIV-Bezieher durch Jobcenter-Mitarbeiter Repressionen ausgesetzt, die schwerlich mit der Würde des Menschen vereinbar sind.

Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, unseres Grundgesetzes, an die Politik ist klar formuliert ~ stetige Aktualisierung durch den Gesetzgeber. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ein menschenwürdiges Existenzminimum und Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sind sicherzustellen.

In Zeiten, in denen Arbeit immer mehr von sich intelligent wähnenden Rechenmaschinen wegrationalisiert wird und ein immer größer werdender Prozentsatz der Bevölkerung allenfalls noch als Konsumenten gebraucht wird, in Zeiten, in denen die Interessen genau derselben Bevölkerungsgruppe immer weniger berücksichtigt werden, weil es ja sooo wichtig ist, die Interessen der Shareholder zu beachten, kann das eigentlich nur eines heißen: Bedingungsloses Grundeinkommen. Das ist kein Geschenk. Wie sagt das Bundesverfassungsgericht?

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG . . . ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden . . .

Was tun? Wo ist ein gangbarer Weg?

Dem bedingungslosen Grundeinkommen wird oft nachgesagt, daß es nicht finanzierbar wäre. Aber ein Herr Draghi hat ja gezeigt, daß im Interesse der Finanzwirtschaft ohne Weiteres 80 Milliarden €uro geschöpft werden können, um faule Wertpapiere vom Markt zu kaufen. Monat für Monat. Inzwischen sind es, nach diesem Artikel zweieinhalb Billionen €uro, die Herr Draghi da versenkt hat. Eine Billion hat zwölf Nullen. Ungefähr 5000 €uro für jeden Bürger der €uropäischen Union. Ohne irgendeine demokratische Legitimation. Es ist ja nicht so, daß der Herr Draghi in einen Schrank greift und da vorhandene Milliarden herausholt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Er SCHÖPFT das Geld, er erzeugt es nach Belieben. Genauso wie jede Bank, die einen Kredit vergibt, nicht Geld verleiht, das sie hat. Nein, sie schöpft dieses Geld, möchte es mit Zinsen zurück haben. Bis auf die Zinsen verschwindet dieses geschöpfte Geld bei der Rückzahlung, die Zinsen mutieren zum Gewinn der Bank.

Neulich habe ich einen interessanten Essay gelesen: Geld für mehr Demokratie Der Autor Rob Kenius schildert die Mechanismen der Finanzwirtschaft und propagiert eine digitale, degressive (will heißen, wird negativ verzinst) Währung, die von den Staaten bzw von der Union parallel zum €uro installiert werden sollte, deren Akzeptanz auch gesetzlich garantiert würde. Ich werde jetzt nicht erklären, wie diese Währung funktionieren würde, dazu lest bitte den Artikel ~ nur soviel: die Idee hat tatsächlich das Potential, den Einfluß der Finanzindustrie auf die reale Wirtschaft und die Politik herunterzuschrauben und den Einfluß von uns Bürgern wieder zu stärken, wenn . . .

. . . ja, wenn diese Idee dazu verwendet würde, europaweit ein bedingungsloses Grundeinkommen (das aber gar nicht Thema des Artikels ist) einzuführen und auszuzahlen. Die Degression, sprich die regelmäßige Wertminderung, würde für das bedingungslose Grundeinkommen so gut wie keine Rolle spielen, denn es wird ja laut Definition für die Grundbedürfnisse verwendet, also zeitnah ausgegeben. Und damit die lokale (von Wohnort bis Europa) Wirtschaft antreiben, durch direkten Konsum. Für die Finanzindustie, für die Spekulation, die nur die Geldmenge vermehrt und den Fluß des Geldes von denen, die wenig haben zu denen, die viel haben, ist eine degressive Währung naturgemäß völlig uninteressant.

Was das bedingungslose Grundeinkommen auch könnte: Wir Bürger wären nicht mehr auf Gedeih und Verderb dazu gezwungen, für unseren Lebensunterhalt Dinge zu tun, die wir mit wachem Gewissen nie tun würden. Kriege und Waffenexporte unterstützen, die Flüchtlingsströme in Gang setzen, zum Beispiel. Immer mehr Waren herzustellen, zu kaufen und zu verkaufen, die spätestens übermorgen wieder auf dem Müll landen und unsere Umwelt zum Kollaps führen. Der Slogan ’small is beautiful‘ würde vielleicht wieder aufleben, wenn nicht die Zins-und-Zinseszins-Mechanismen der Finanzwirtschaft eine immer schnellere Rotation des Geldes, eine immer schnellere Ausbeutung der Resourcen unserer Erde erzwingen würden.

DAS ist eine Vision, meine Vision.

Zum Schluß noch eine gute Nachricht, in einer Welt, in der schlechte Nachrichten zu vielen Klicks führen. Für diese gute Nachricht erhoffe ich mir dennoch viele Klicks meiner Leser, denn wir alle können etwas tun, um diese Vision der Realität näher zu bringen. Zum einen führt ein Klick auf das Ribbon rechts oben zur Website des Bündnisses Grundeinkommen, das 2019 zu den Europawahlen antritt. Das Bündnis möchte als Einthemen-Partei das bedingungslose Grundeinkommen für Europa in die Debatte bringen. Meine Wahlempfehlung, denn hier ist der kleine Anfang möglich, es gibt keine Prozenthürde für die Europawahl. Gebt dem Pflänzchen eine Chance, auf daß es mit der Zeit ein großer Baum wird. Wandel ist machbar, Nachbar! Allemal sinnvoller, als die alten Parteien zu wählen, die sich alternativlos wähnen, oder die, die eine Alternative im Namen vorspiegeln, sich aber nur an der Naivität ihrer Wähler weiden.

Hinweisen möchte ich auf Bettina Knierim, die ich vor einem halben Jahr über ein Berufsnetzwerk kennengelernt habe, und zwar als eine unwahrscheinlich engagierte Frau, vor Energie strotzend. Sie hat mich mit ihrer Selbstbeschreibung als ‚Mensch, zumindest meistens :)‘ , in einem Berufsnetzwerk, das vor allem das Thema Karriere in den Mittelpunkt stellt, auf Anhieb überzeugt. Bettina hat sich entschlossen, sich für das Bündnis als Kandidatin aufstellen zu lassen und ist auf Platz 6 der Liste zu finden. Nochmal Wahlempfehlung im Speziellen. Für Bettina meine besten Wünsche, möge ihre Energie nie versiegen und sie trotzdem Mensch bleiben, weiter so! 🙂 Schaut euch ihre Website an!

Werte und die Christliche Politik

Aus gegebenem Anlaß möchte ich nochmal an das Thema des vorigen Artikels (und ich meine nicht das Chilling!) zurückkommen. Norbert Blüm, der für seine Äußerungen zur Rente seinerzeit sehr durch den Kakau gezogen wurde, hat einen ausgesprochen lesenswerten Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht. Sehr pointiert mahnt er die sogenannten ‚christlichen Werte‘ an, die leider in der Tagespolitik der Parteien mit dem vorangestellten großen ‚C‘ nicht nur gar keine Rolle spielen, sondern eher ins Gegenteil gekehrt werden.

 Wo sind sie hin, die christlichen Werte?
Wo sind sie hin, die christlichen Werte?

Nicht zum ersten Mal bin ich angenehm überrascht, daß ausgerecht aus der alten Riege der schwarzen Politik nach dem Abschied aus dem politischen ‚Geschäft‘ und einer längeren Meditation wirklich gute Gedanken in die Medien geworfen werden, die ich am liebsen in parlamentarischen Debatten hören würde, außerdem in den Ausschüssen, in denen Politik in Gesetze gegossen werden. Heiner Geisler war so einer, jetzt auch Norbert Blüm. Ausnahmen, sicherlich, aber bemerkenswerte.

Die Mitglieder der Partei mit dem großen ‚S‘ wiederum leben im politischen Ruhestand auch nicht die sozialen Werte, sondern dienen sich eher den Bossen der Genossen an, wie unser ehemaliger Kanzler und Genosse der Bosse. Wobei das weniger bemerkenswert ist als allgemeiner Usus. Und die alte Riege der Grünen neigt auch dazu, aus den Turnschuhen in den Nadelstreif umzusteigen und wegen sogenannter Jugendsünden öffentlich Abbitte zu leisten. Gut, auch da gibt es Ausnahmen wie Hans-Christian Ströbele (wer ihn wählt, quält Fischer 🙂 ).

Aber zurück zu Norbert Blüm: Nicht alles, was er so von sich gibt, bekommt meine Zustimmung. Aber mit seiner ‚die Rente ist sicher!‘- Aussage hätte er durchaus Recht gehabt, wenn denn nicht das Ziel der politischen Kampagne gewesen wäre, der Privatwirtschaft (Banken, Versicherungen und Private Equities) einen gut Teil der Altersvorsorge zukommen zu lassen. Man hätte nur soweit denken müssen, die Bezahlbasis der Rente an die sich verändernden Gegebenheiten (immer mehr Wertschöpfung mit immer weniger Lohnarbeit) anzupassen.

Denn daß die Privatwirtschaft nur so lange alles besser kann, wenn überhaupt, so lange sie sich einen möglichst hohen Anteil abzwacken kann, um sich bei Schwierigkeiten aus der Affäre zu ziehen (tut uns leid, aber so hatten wir das nicht ausgerechnet 🙁 ) ~ das hätte man sich schon vorher denken können.

Die Riesterrente hat sich schon vor langer Zeit als €urograb für die entpuppt, die sich private Altersvorsorge überhaupt leisten können. Für die, bei denen am Ende des Geldes immer noch ein gerüttelt Maß Monat übrig bleibt, die sich private Vorsorge also gar nicht leisten können, stellt sich die Frage gar nicht.

Jetzt gerät auch die betriebliche Altersvorsorge in schwieriges Fahrwasser, denn die Politik des lockeren Geldes, die das Finanzsystem stützen sollte, knabbert an der Berechnungsgrundlage. Ein Schelm, wer Böses sich bei denkt! Am Ende wird, keine Sorge, der (Lohn-)Steuerzahler wieder die Zeche zahlen. Denn wenn die ‚Privaten Versicherer‘ pleite sind, gibt es da nichts mehr zu holen. Das eingezahlte Geld ist dann von privaten ‚Investoren‘ abgeschöpft worden . . . Solidarität von renditeorientierten privatwirtschaftlichen Unternehmen zu erwarten, erfordert schon eine schizophrene Gedankenkonstruktion!

Aber jetzt gut! Letztlich soll dieser Blog im Schwerpunkt nicht unbedingt ein politischer sein. Aber zu den Notizen (Gedanken!) aus der Außenwelt gehört ab und an auch der Blick auf das politische Theater. Demnächst geht es wieder auf Reisen, dann kommen auch wieder Berichte und Photos über ’schönere‘ Themen. Versprochen!

Tschilling am Rhein . . . und das Schicksal Deutschlands

Man(n) genießt die Ruhe am Rhein
*Man(n) genießt die Ruhe am Rhein*

Am Rheinufer zu stehen oder auch spazieren zu gehen, die Seele baumeln lassen. Sich ein wenig um die lange vernachlässigten Webseiten kümmern, und auch mal wieder das eine oder andere Photo in den kleinen schwarzen Kasten zu bringen. Und endlich auch wieder einmal ein Artikelchen in den Blog setzen . . . übrigens kann der Gutmann auch Neudeutsch, die Überschrift also kein Rechtschreibefehler, sondern ein Wortspiel. Können die Fernsehmacher auch.

Der Spielfilm mit Til Schweiger als Nick Tschiller kommt ins Fernsehen, ist aber um etliche Szenen gekürzt, weil exzessive Gewalt vor 22 Uhr im Fernsehen gar nicht geht. Nachher schon, aber auch die späten Wiederholungen werden genauso gekürzt gesendet, der Kinofilm ist mit 130 Minuten, über zwei Stunden also, eh viel zu lang. Und die Gewaltszenen braucht es anscheinend, damit die Leut im Kino nicht in ihrem Sessel einschlafen. Ääääkschen ist angesagt!

totes Holz im Kreislauf des Lebens
totes Holz im Kreislauf des Lebens

Meine reale Ruhe am Rhein steht im Kontrast zu einem erbitterten Streit in der Regierungskoalition, speziell zwischen den größeren und kleineren Schwestern der Union. Es ist Wahkampf in Bayern, die CSU fürchtet zu Recht um die absolute Mehrheit. Da werden rechte Sprüche geklopft, die AfD (Alte Naive für Deutschland) muß rechts überholt werden. Aber Seehofer, Söder und Dobrindt, die Populisten (sind immer die anderen!), haben sich verkalkuliert, die Partei mit dem noch einfacheren Weltbild wird stärker, die sogenannte ‚Christlichen‘ Pareien verlieren ~ was Wunder.

Die sogenannten ‚Themen‘ der Alten Naiven werden in den großen Medien breitgewalzt, damit die noch stärker werden. Die immer größer werdende Schere zwischen Reich und Arm in unserer Republik weitgehend übergangen, die anscheinend ‚alternativlose‘ Militarisierung der Politik (Neusprech ‚Verantwortung übernehmen‘, da rollen sich mir die Fußnägel hoch!) geht unwiedersprochen über die Bühne. Was für eine Welt! Demokratie, Humanismus, die Idee eines Europas ohne Grenzen als Totholz, das vom Pilz der allgegenwärtigen nationalistischen Parteien zerlegt wird.

Es wird über Transitlager, Ankerzentren und Ausschiffung debattiert, Schiffe mit Flüchtlingen daran gehindert, europäische Häfen anzulaufen oder am Auslaufen gehindert, Suchflugzeuge der Hilfsorganisationen am Boden festgehalten. Menschenrechte? Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (GG Artikel 2 Satz2)? Würde des Menschen (GG Artikel 1 Satz 1)? Unpraktische Reliquien aus einer verträumten Vergangenheit?!?

Es wird Zeit, Zeit aufzustehen und Klartext zu reden: diese Flüchtlinge, die da auf dem Mittelmeer ersaufen auf dem Weg ins Land ihrer Hoffnung, das sind MENSCHEN! Menschen, die sich gezwungen sehen, aus ihrer Heimat zu fliehen, in der ein oft von westlichen Mächten der ersten Welt angezettelter Krieg herrscht, deren politische Strukturen noch aus der europäischen Kolonialzeit oder ganz aktuell um die letzte Jahrtausendwende zerstört wurden, sodaß bewaffnete Banden durch die Lande marodieren und ein friedliches Leben unmöglich machen. Länder, die von der westlichen Welt ausgebeutet werden (Sklavenarbeit für seltene Erden, großflächige Umweltzerstörung durch Ölförderung für die Expansion der Wirtschaft der ersten Welt, Export von Giftmüll und Elektronikschrott, weil das nach europäischen Umweltstandarts zu teuer ist, Zerstörung von landwirtschaftlichen Strukturen durch subventionierten Export von landwirtschaftlichen Produkten aus den reichen europäischen Staaten, Aufkauf von ertragreichem Ackerland und Vertreibung der Landbevölkerung, nicht zuletzt Ausbreitung der Wüsten durch den vor allem von Europa und den Vereinigten Staaten induzierten Klimawandel) und die von der Weltbank in ständiger finanzieller Abhängigkeit gehalten werden, damit das auch so bleibt.

In der Zeit dieses sogenannten ‚Asylstreits‘ habe ich das Buch ‚Gomorrha‘ von Roberto Saviano gelesen, eine Dokumentation über die Neapolitanische Camorra. Das mag euch jetzt ein wenig weit hergeholt erscheinen, aber das ist ein überaus lesenswertes Buch, das vor allem aufzeigt, wie verflochten die kriminellen und die sogenannten ‚legalen‘ Aktivitäten der Camorra sind, und wie sie mit ihrer geballten (durch die Kombination eben von kriminellen und legalen Geschäften entstehen Preisvorteile, die sie den Markt dominieren lassen) wirtschaftlichen Macht Verwaltung und Politik in die Tasche steckt. Wie Menschenverachtung zum allumfassenden System wird.

Das System der Camorra ist Raubtierkapitalismus in Reinkultur. Und man erzähle mir nicht, daß das in Deutschland kein Thema wäre. Die Dieselaffäre hat inzwischen die ganze europäische Autoindustrie erfaßt, keine deutsche Automarke ist außen vor. Es wird von Mogeleien geredet, wo es um massiven Betrug geht, zum Schaden jedes Autokäufers, ohne daß eine Entschädigung ins Auge gefaßt wird, weil die Autoindustrie und die daran hängenden Arbeitsplätze dann tot wären ~ too big to fail. Die Autoindustrie ist das goldene Kalb unserer Zeit. Die ‚Klimakanzlerin‘ (CDU) setzt Europa unter Druck, damit unsere Premiumfahrzeuge weiter die Umwelt verpesten können, ein grüner Ministerpräsident (ein grün angemalter Schwarzer) verstärkt die Lobbyarbeit. Verkehrstote und Gesundheitsschädigungen zählen nicht.

Auch die Landwirtschaft in Deutschland ist im ‚System‘ integriert, die Verklappung von Gülle ruiniert das Grundwasser; unsere Politik tut nichts dagegen, bis die EU uns eine Strafe verpasst. Die Lizenz zum Verteilen von Giften in der Landschaft und in die Natur steht nicht zur Debatte. Das europaweite Verbot von Glyphosat wird durch den deutschen Vertreter gekippt. Im Zweifel werden auch illegale Mittel eingesetzt. Ich weiß von einem konkreten Fall (im Kleinen), wo die Wortäußerung gegen eine Hähnchenmast mit dem Ansägen der Obstbäume im heimischen Garten quittiert wurde.

Zurück zur ‚deutschen Schicksalsfrage‘, der Asyldebatte. Während die Asylanträge nach der Spitze vor zwei Jahren (Syrien) ständig zurückgegangen und eigentlich nicht mehr der Rede wert sind, werden (Transit-)Lager in Europa und in Nordafrika diskutiert, um den ‚Asyltourismus‘ einzudämmen.
Eine Satire auf Telepolis bringt die Debatte auf den Punkt, treibt die Argumentation auf die Spitze, und entlarvt die Motivation der ‚ehrenwerten Gesellschaft‘ dieser Politiker: Deutschland könnte doch seine unbestrittene Erfahrung in der Errichtung und Betreibung von Lagern in die Waagschale legen und die Errichtung dieser Lager in Deutschland (denn sonst will sie keiner haben!) anbieten, ganz Europa wäre dankbar. Oha, darf Satire wirklich alles? Die Kommentare will man erst gar nicht lesen.

Ja, in dem Fall darf die Satire das meiner Meinung nach sehr wohl. Denn hier werden die ‚ehrenwerten Herren‘ demaskiert. Es geht in der ganzen Debatte nur darum, daß von denen (,die alles, was anders ist, stört (BAP)) Menschen, die ihnen nicht passen, aus den Augen geschafft werden, daß die Ungerechtigkeiten dieser Welt zum eigenen Vorteil (und bestünde er nur aus den Wählerstimmen in der eigenen Provinz) zementiert werden, anstatt für eine bessere, gerechtere Welt einzutreten. Seehofer sagt, das wären keine geschlossenen Lager, weil die Menschen ja zurück könnten in das Land, aus dem sie kommen. Aber was, wenn das Land (Östereich) sie wie angekündigt nicht zurücknehmen will? Es erinnert an den Roman von B. Traven ~ das Totenschiff.

Es wird Zeit, aufzustehen und es diesen Leuten ins Gesicht zu sagen: NICHT IN MEINEM NAMEN!

Ein kleiner Lichtblick zum Schluß: der französische Verfassungsrat tritt für die Freiheit ein, anderen zu helfen, mit einem humanitären Ziel, wenn dies ohne Gegenleistung geschieht. Das im Verfassungsrang von Liberté, Egalité, Fraternité, speziell der Brüderlichkeit. Vor dem Hintergrund, daß die Unterstützung von illegal eingereisten Migranten oder gar Hilfe bei der Einreise mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bis 30000 €uro geahndet werden konnte. Allerdings legt der Verfassungsrat Wert auf die Feststellung, daß diese Entscheidung keine Unterstützung für die illegale Einreise von Migranten darstellen soll ~ schaumermal!

Kleine Linksammlung zur Afrikapolitik (kopieren und in die Adresszeile damit):
https://www.heise.de/tp/features/Afrika-retten-mit-neoliberalen-Parolen-3744495.html
https://www.researchgate.net/publication/227582534_The_causes_and_impact_of_the_african_debt_crisis
https://www.heise.de/tp/features/Die-Pluenderungsmaschine-3572547.html
https://www.heise.de/tp/features/Freihandel-und-Fluechtlinge-3336741.html?seite=all
https://www.heise.de/tp/features/Es-braucht-Billionen-fuer-nachhaltige-Entwicklung-weltweit-3650126.html?seite=all